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Einleitung: Propaganda und Macht Meinung ist Macht

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Wenn ich jemanden dazu bringe, meine Meinung zu Fragen und Themen aller Art zu übernehmen oder einen Konsumenten zu einem Produkt des Marktes zu überzeugen, wenn ich Meinung herstellen oder verändern kann, dann habe ich Macht. Das entspricht auch in etwa der Definition von Macht von Max Weber, bei dem Macht jede Chance bedeutet, den eigenen Willen durchzusetzen und so auf das Denken und Verhalten einzuwirken.

Für die Meinungsbildung in der Gesellschaft insgesamt, also der sog. »öffentlichen Meinung« ist allerdings für Karl Marx klar, dass in der (kapitalistischen) Klassengesellschaft »die Gedanken der herrschenden Klasse […] die herrschenden Gedanken« sind. Und weiter:

[Das heißt] die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht. Die Klasse, die die Mittel zur materiellen Produktion zu ihrer Verfügung hat, disponiert damit zugleich über die Mittel zur geistigen Produktion, so dass ihr damit zugleich im Durchschnitt die Gedanken derer, denen die Mittel zur geistigen Produktion abgehen, unterworfen sind. (Marx 1845/1962, S.46)

Marx sagt damit, welche Meinung in der Gesellschaft die herrschende Meinung wird, er sagt aber (noch) nichts darüber, wie diese Meinung in der Bevölkerung hergestellt wird. Das ist unsere Frage.

Diese Meinungsherstellung geschieht in einer Gesellschaft auf vielen verschiedenen Wegen, über diverse öffentliche Medien, über institutionelle Sozialisationsagenturen aller Art vom Kindergarten zur Schule und Universität, Familie, Kirche, Justiz, über Arbeitsprozesse, Konsum, Kulturereignisse oder auch direkt über Werbeagenturen, Think Tanks, Lobbygruppen.

Brecht setzt in seinem Turandot den Tui ein, einen Intellektuellen, der die kaiserliche Meinung verbreitet oder, in kleinerem Format als Medienmacher, Meinungen und Ideologien als Ware verkauft. Durch diese »Tuis« werden über Sprache und Bild die Gedanken der Herrschenden zu herrschenden Gedanken. Sie wirken als Meinungsführer und prägen die öffentliche Meinung.

Es geht um kürzere Beeinflussungen in einzelnen Fragen oder um längere Sozialisationsprozesse, das heißt Prozesse, die das Individuum in die Gesellschaft mit ihren Normen und kulturellen Eigenheiten integrieren sollen. Diese Prozesse bergen in sich Widersprüche, sodass sie im Sinn der Herrschenden auch schiefgehen können. Das hat Peter Brückner sehr schön hervorgehoben:

Es ist im Interesse von Herrschaft, dass einige Beherrschte lernen zu denken, aber dann können sie auch über das Interesse der Herrschaft nachdenken. Immer bereiten die gleichen Techniken der Sozialisation beides vor: die Auslöschung jeder Autonomie und die Tendenz, Freiheit zu maximieren. Das treibt zur Reflexion, nicht nur zur kontinuierlichen Unterwerfung. Diese Widersprüchlichkeit des Sozialisationsprozesses zwingt die Inhaber von Herrschaftspositionen zu einer fortlaufenden Nachproduktion falschen Bewusstseins. Nicht nur die Revolution, auch die Reaktion ist nur als permanente denkbar. (Brückner 1968, S. 153)

Ein ungeheuer großer Apparat steht dafür zur Verfügung, zur Herstellung eines gesellschaftlichen Konsens. Diese Vielfalt und Größe der Beeinflussungsapparate zeigen zum einen, wie wichtig es den Mächtigen ist, Macht über Meinung, über Zustimmung, zu bekommen, und zum anderen, wie viel Anstrengung es kostet, damit das »autonome Subjekt« zum Schweigen gebracht wird, damit die Manipulation, die Beeinflussung funktionieren kann.

Im Einzelnen und in besonderen Situationen scheint dies allerdings ziemlich einfach zu sein, wie wir angesichts der aktuellen Corona-Politik leider feststellen mussten. Mit den probaten Mitteln »Angst« und stetiger Wiederholung wurden große Teile der Bevölkerung rasant schnell mobilisiert.

Es geht hier also bei der Meinungsherstellung um Zustimmung, um gesellschaftlichen Konsens. Denn unsere Gedanken, Ideen Meinungen und Bedürfnisse sollen so sein, wie die der Herren. Wir sollen wollen, was wir sollen. Nur dadurch haben die Herrschenden die Macht und können sie Macht behalten, lenken, dirigieren, kontrollieren.

Albrecht Müller von den »Nachdenkseiten« stellte 2010 zu dieser Herstellung von Konsens fünf Thesen auf:

1.Meinung macht Politik. Die öffentliche Meinung ist oft maßgeblich für die politischen Entscheidungen.

2.In vielen Fällen bestimmt allein die veröffentlichte Meinung, also die von den tonangebenden Personen, Gruppen und Medien mehrheitlich vertretene Meinung, die politischen Entscheidungen.

3.Meinung kann man machen.

4.Wer über viel Geld und/oder publizistische Macht verfügt, kann die politischen Entscheidungen massiv beeinflussen.

5.Die totale Manipulation, die gleichgerichtete Prägung des Denkens vieler Menschen ist möglich (Müller 2010, S. 10 f.).

Müller zitiert dazu noch George Orwells Roman 1984: »Und wenn alle anderen die von der Partei oktroyierte Lüge akzeptierten […], dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit« (Orwell 1949/2020, S. 45).

In dieser Einleitung wollen wir uns auf das Wirken der Massenmedien konzentrieren, und die Anfänge dieser wissenschaftlichen Praxis skizzieren.1 Wir sehen daran, in welche Vorstellungswelt über Demokratie und über das Publikum, diese Theorien und Praxis der Massenkommunikation eingebettet sind. Die Klassiker etwa ab der Zeit des Ersten Weltkrieges sprechen hierzu eine sehr offene Sprache, und die erschreckt. Auch wollen wir fragen, wie weit und wie lange wir relativ autonom sind, trotz der Beeinflussungen, oder wann es so weit ist und unter welchen Umständen, dass wir uns manipulieren lassen.

Macht

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