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Vorwort

Die Schweiz gibt in einer Generalklausel ihrer Armee den Auftrag, zur Verhinderung von Kriegen und zur Erhaltung des Friedens beizutragen. Da die Demokratie die Idee eines Friedenskonzepts in sich trägt, gilt dieser Auftrag sinngemäß wohl für alle Streitkräfte demokratischer Staaten. Dieses Ziel scheint weder in der Schweiz noch sonst wo zufriedenstellend gelöst zu sein – die Weltgesellschaft steckt tief in einer selbstverschuldeten Sackgasse; so lasse ich mich mit diesem Text auf das Thema ein, warum nicht nur Diktaturen, sondern auch Demokratien dem Ideal einer friedlichen Entwicklung nicht recht gewachsen sind.

Von den 41 Jahren, die ich mit dem österreichischen Bundesheer beruflich verbunden gewesen bin, war ich die kleinere Hälfte beim Heerespsychologischen Dienst mit Meinungserhebungen und den größeren Teil der Zeit an der Landesverteidigungsakademie im Bereich der Sozialwissenschaftlichen Forschung aktiv.

Im weiten Spektrum von Sicherheitspolitik bis zur Pädagogik ist mir die Ungerechtigkeit vieler Menschen dem Bundesheer gegenüber aufgefallen; wegen seines natürlich militärischen Erscheinungsbildes steht es häufig in der gleichen Kritik, die in den demokratischen Staaten dem Krieg gilt. Zwei Weltkriege, in denen die Österreicher auf der Verliererseite standen, hatten in der Einstellung einen Paradigmenwechsel eingeleitet, aber ihn nicht auch emotional und rational vollzogen.

Das Bundesheer ist dem Frieden verpflichtet – und darauf passen viele auf; der Kampf an der Wirtschaftsfront wird so wie weltweit auch in Österreich mit wenig Rücksicht auf die Bedingungen, die für Frieden notwendig sind, geführt und zu wenige haben das bemerkt. Der ökologische Grundsatz „global denken – regional handeln“ ist nicht zur Anwendung gekommen.

Einer der Gründe, warum es so schwer ist, der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen, liegt in der verbreiteten Dominanz des Sehens vor dem Denken – das Bild eines Marktes ist optisch friedvoller als das Bild eines Panzers. Da ich meiner Blindheit eine Sonderperspektive verdanke, kann ich einer Täuschung, die das Sehen bei vielen Menschen erzeugt, leichter entgehen und kann dem aktuellen Weltmarkt eher die kriegsträchtige Wirkung ansehen, deren Darstellung einen Teil dieses Textes ausmacht. Die Wahrnehmung mit der Dominanz des Sehens und eine mit der Dominanz des Hörens schafft andere „Bilder“ – es lohnt sich, sie abzugleichen.

So beschäftige ich mich mit dem Problem der Wahrnehmung; hier beziehe ich mich auf die Ergebnisse der modernen Gehirnforschung und auf meine Erfahrungen mit dem Yoga; diese beiden sind zwei verschiedene, aber miteinander kompatible Erkenntnistechniken. Auf Grund meiner Beschäftigung mit Yoga in Theorie und Praxis versuche ich diese Erfahrung einzubringen. Indem der Aspirant seine Aufmerksamkeit auf die wahrnehmbaren Funktionen des Gehirns richtet, sucht er seine Sensibilität und damit seine Resilienz zu stärken.

Eine Demokratie wird in einer Verfassung beschrieben; die juridische Dimension schafft sie aber nicht. Sie entsteht und lebt aus dem Umgang der Menschen miteinander, hat also auch eine sozialwissenschaftliche Dimension. Neben meiner Arbeit im Heerespsychologischen Dienst studierte ich Rechtswissenschaften und konnte mich so in beide Denkweisen einleben. Demokratisches Bewusstsein ist gegeben, wenn die Menschen neben dem Anspruch auf Freiheit auch die Bereitschaft zur Verantwortung für andere haben. Ein hierarchisches System weist das Recht auf Herrschaft und die Pflicht zum Gehorsam verschiedenen Gruppen zu.

Weil die Entwicklung der christlichen Kirche gut dokumentiert ist, lassen sich an ihrem Beispiel die zwei entsprechenden Formen des Umgangs der Menschen miteinander deutlich zeigen: zum einen ist es der brüderliche Umgang, der der Demokratie entspricht; zum anderen ist es der patriarchalische, der einem autoritären Herrschaftssystem zuzurechnen ist. Der innerkirchliche Konflikt zwischen Herrschafts- und Befreiungstheologie ist noch im Gang; und in jeder Gesellschaft gibt es diese beiden Mentalitäten auch, wenn auch in unterschiedlichen Quantitäten.

Ein aktuelles Problem der Gesellschaftswissenschaft ist die Tatsache, dass in der liberalen Wirtschaftstheorie der Wirtschaftsprozess weitgehend unabhängig von der gesellschaftlichen Wirklichkeit außerhalb dieses Spektrums betrachtet wird. Beim Kampf des Kapitalismus gegen den Kommunismus ist der Kommunismus zwar vom Kapitalismus besiegt worden; der Wettbewerb zwischen den beiden Wirtschaftsformen hat aber blind gemacht für die mangelnde Verträglichkeit der modernen Wirtschaft an sich. Diese wird nun wegen der Globalisierung gerade durch den Corona-Virus herausgefordert; die Natur bringt sich als ökologischer Faktor ins Spiel. Der Ausgang ist offen.

Vor der gegenwärtigen Krise ging es vor allem um Wettbewerb, heute geht es um Solidarität. Worum wird es nach der Krise gehen? Wenn man aus der Erfahrung lernen will, wird die Krise eine Neuorganisation des gesellschaftlichen Lebens hervorbringen, die nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die ökologische und die militärische Sicherheitspolitik betreffen wird.

Mit dem Hinweis auf den demokratischen Grundsatz, der andere könnte auch recht haben, stelle ich im folgenden Text meine Meinung zur Disposition und räume ein, dass die Leser die Wirklichkeit genauer sehen und besser interpretieren mögen.

Der andere könnte auch recht haben

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