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Großstädte, Metropolen, Weltstädte: Für viele sind das die einzigen Orte, an denen es sich leben lässt. Orte, an denen sich Menschen aus allen sozialen Schichten, aus allen Regionen eines Landes und aus aller Herren Länder auf engstem Raum begegnen – und wo sie sich zugleich prima aus dem Weg gehen können, wenn sie das möchten.

„Stadtluft macht frei“, sagt man, seit es Städte gibt. Sicher, heute muss niemand mehr in die Stadt ziehen, um der Leibeigenschaft zu entkommen. Zumindest in Westeuropa ist der Unterschied von Stadt und Land – obwohl es da durchaus viele Regionen mit spürbarem Wohlstandsgefälle gibt – auch nicht mehr automatisch mit dem Unterschied von arm und reich gleichzusetzen. Wenngleich man nicht leugnen kann, dass sich manche ländlichen Regionen als „Verlierer“ von Urbanisierung, Globalisierung, Digitalisierung oder einer anderen „-ierung“ fühlen. Es gibt leider Regionen, die mit Arbeitsplatzmangel, Abwanderung und „Überalterung“ ihrer Bevölkerung, infolgedessen mit Ausdünnung ihrer sozialen Infrastruktur zu kämpfen haben. Ich sage nur „Landärzte“.

Dass Stadtluft frei macht, dass Städte den Menschen mehr Chancen bieten, mehr Freiräume eröffnen und vor allem über größere Attraktionen verfügen, wird niemand ernstlich bestreiten. Sonst wäre ja auch schwer zu erklären, warum die Städter bei uns seit 1950 eine Zweidrittel-Mehrheit bilden. Weltweit leben heute 54 Prozent der Menschen in Städten, in Deutschland liegt der „Urbanisierungsgrad“ bei 75 Prozent.

Der Wachstumstrend gerade der Großstädte ab 100.000 Einwohnern ist stabil. Seit der Jahrtausendwende sind allein die 26 deutschen Städte mit mehr als 250.000 Einwohnern im Schnitt um über 8 Prozent gewachsen. In Berlin leben derzeit 307.000 Menschen mehr als im Jahr 2000. Prozentual gesehen liegt die Hauptstadt auf Platz zehn der Zuzugs-Bundesliga. Warum ich die so nenne? Weil, wenn Städte wachsen, dann wachsen sie fast immer durch Zuzug.

Daneben boomt der Tourismus, eine „Erfindung“ des 18. Jahrhunderts, in den traditionsreichen Metropolen. Großstädte sind Besuchermagnete – auch für die Chancen und Risiken dieses Langfristtrends liefert Berlin jede Menge Blaupausen.

Dass Menschen in die Stadt kommen, aber nicht immer in der Stadt leben wollen, dass viele Menschen „nur“ in Städten arbeiten, und dass noch sehr viel mehr Menschen da „nur“ einkaufen, flanieren, ausgehen oder etwas besichtigen wollen, weist auf einen weiteren Punkt: auf das gerade in Deutschland nicht immer einfache Zusammenspiel von Städten und ihrem Umland. Und auf die auch nicht bloß folkloristischen Rivalitäten zwischen amtlichen und heimlichen Hauptstädten.

Schließlich die Gruppe derjenigen, für die die Großstadt vor allem ein in Stahl und Beton gegossener Alptraum ist. Gedränge, Schmutz, Lärm und Verkehrschaos rund um die Uhr. Dunkle Ecken, in denen sich unkontrolliert allerlei dubiose Subkulturen breitmachen. Multikulti-Chaos, No-go-Areas, Drogen, Prostitution, Gewalt und Verbrechen. Und über allem natürlich korrupte Regenten und völlig unfähige Verwaltungen. All diese Mythen verstellen den nüchternen und realistischen Blick. Ja, Stadtleben macht Arbeit, bietet dafür aber auch sehr viel.

Berlin ist heute zweifellos eine der attraktivsten Metropolen der Welt. In Berlin zeigen sich die Reize, die Herausforderungen und die Chancen der Großstadt wie in einem Brennglas. Hier haben die großen Entwicklungen moderner Städte häufig später eingesetzt, sich dafür aber umso rasanter vollzogen. Eine dreizehneinhalbjährige Amtszeit als Regierender Bürgermeister kommt beim Tempo Berlins fast einer Epoche gleich. Wer über die Zukunft europäischer Städte reden will, der kann über Berlin nicht schweigen. Was immer Sie von meiner Stadt, was immer Sie von mir und meiner nun auch schon wieder dreieinhalb Jahre zurückliegenden Amtsführung halten: Bisken wat kann ich schon sagen über Berlin. Weshalb in diesem Buch meine Stadt die Hauptrolle spielt, nicht das ehemalige Stadtoberhaupt.

Sexy, aber nicht mehr so arm: mein Berlin

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