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Kapitel 6

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Elijah

Pax: Was hast du an?

Ich lese die Nachricht und schaue dann auf meine Klamotten herab. Ich frage mich, ob es einen bestimmten Dresscode für die Bar gibt, in die er mich heute schleppt, um mir anscheinend das Flirten beizubringen, von dem ich nichts wusste. Ich bin mir vollkommen sicher, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin, aber wenn er seine Zeit verschwenden will, kann ich einen Abend lang mitspielen, glaube ich.

Elijah: So ziemlich das, was ich immer trage – Jeans, ein Shirt mit V-Ausschnitt und einen schwarzen Blazer. Ist das für die Bar in Ordnung? Ich habe nicht wirklich viel anderes. Ich nehme an, dass ich auf den Blazer verzichten könnte?

Pax: Nein.

Pax: Ich meinte: Was hast du gerade an? ;)

Ich schaue wieder an mir herab und versuche herauszufinden, was er meint. Fragt er nach den Marken meiner Klamotten? Denn mal ehrlich: Wer weiß sowas?

Elijah: Ich verstehe nicht.

Pax: Ich flirte, Einstein.

Elijah: OH!

Pax: Lass es uns noch einmal versuchen… Was hast du gerade an? ;)

Elijah: Uhm… Ich bin mir nicht sicher, was ich sagen soll. Wenn ich nichts Freizügiges trage, lüge ich dann? Oder soll ich mich bis auf die Unterwäsche ausziehen, damit ich nicht lüge, wenn ich sage, dass ich nur Unterwäsche trage?

Elijah: Abgesehen davon: Ist das, was ich dir eben gesagt habe, dass ich trage, in Ordnung für die Bar heute? Ich könnte mir etwas anderes einfallen lassen, wenn es das nicht ist.

Pax: Du bringst mich um, kleiner Nerd. Lol

Elijah: Es tut mir leid, ich habe dir gesagt, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin.

Pax: Bist du nicht, aber vielleicht müssen wir mit deiner einzigartigen Persönlichkeit arbeiten, um deinen eigenen Flirt-Stil zu entwickeln.

Elijah: *seufz* Ich bin hoffnungslos.

Pax: Was du trägst klingt in Ordnung, ich hole dich in einer halben Stunde ab.

Elijah: Das musst du nicht tun. Ich kann mir ein Taxi nehmen.

Pax: Das macht mir keine Umstände. Bis gleich.

Ich kann nicht glauben, dass ich dem Ganzen tatsächlich zugestimmt habe. Nach unserer Nacht in der Spielhalle haben wir wieder die ganze Woche über Nachrichten ausgetauscht und es war eindeutig, dass Pax das hier ernst nimmt. Es schien so, als habe er die ganze Woche damit verbracht, genau die richtige Bar zu finden. Er hat mir Anmachsprüche geschickt, wenn ich jemanden ansprechen möchte, an dem ich interessiert bin, und mir detailliert die Art von Körpersprache erklärt, auf die ich achten soll. Inklusive Youtube-Videos als Verweise.

Beinahe hätte ich ihm gesagt, er solle die ganze Sache vergessen. Es ist zu viel, zu stressig und zu sinnlos. Ich brauche kein Süßholz raspelnder Casanova sein, der Typen in einer Bar aufreißt. Vielleicht sterbe ich als Jungfrau; das ist für mich in Ordnung.

Das ist eine Lüge. Für mich ist das überhaupt nicht in Ordnung, aber es scheint weniger schmerzhaft zu sein, als wirklich zu versuchen, jemanden zu finden, mit dem ich diese Dinge tun kann.

***

Es ist eine andere Bar als die, in der wir uns letztes Mal getroffen haben, aber es ist mehr oder weniger gleich – Musik, die ein bisschen zu laut ist, viele Männer, die in unterschiedlichem Maße angetrunken sind und miteinander flirten, gedämpftes Licht. Soweit ich das beurteilen kann, ist das der Leitgedanke aller Bars, ob nun gay oder nicht.

»Möchtest du etwas trinken?«, fragt Pax. Seine Hand legt sich auf meinen unteren Rücken, als er mich durch die Menge führt. Ich erlaube mir eine Sekunde der Schwäche und lehne mich seiner Berührung entgegen, ehe ich mich vorwärts bewege.

»In Ordnung, aber nur ein Drink«, stimme ich zu. Noch immer wird mir schlecht bei dem Gedanken an den Kater, den ich letztes Mal hatte.

»Verstanden«, erklärt er mit einem Hauch Belustigung. »Schnapp du dir den Tisch und ich gehe zur Bar, um uns Drinks zu organisieren.«

Ich ergattere den Tisch, auf den er gedeutet hat, und gleite auf den hohen Barhocker. Während ich warte, lasse ich meine Aufmerksamkeit durch die Bar schweifen. Wie alle miteinander interagieren und sich umeinander bewegen, ist eine organisierte Art von Chaos, das mich fasziniert. Ich stelle sie mir als Elemente vor; einige davon krachen ineinander, um chemische Reaktionen zu erzeugen oder, wenn sie Glück haben, etwas vollkommen Neues und anderes zu werden, als sie vorher waren.

Ein Mann nähert sich dem Tisch mit einem wölfischen Grinsen und ich lächele ihn im Gegenzug höflich an.

»Hi«, sagt er, als er mich erreicht hat.

»Ähm, hi. Sorry, willst du den Tisch haben? Ich warte auf einen Freund, aber ich bin mir sicher, dass wir teilen können, wenn du willst.«

Seine Augenbrauen ziehen sich für einen Moment zusammen, ehe er in lautes Gelächter ausbricht. Ich zucke bei dem Geräusch zurück, mein Magen dreht sich um. Ich habe etwas Dummes gesagt und jetzt lacht er mich aus. Es ist anders als vorhin, als ich von Pax' Nachrichten verwirrt war; dieser Mann lacht nicht mit mir, wie Pax es getan hat.

»Mir ist der Tisch scheißegal, Süßer.«

»Oh.« Ich bin mir nicht sicher, was ich sagen soll. Warum ist er hier? Dann trifft mich die Erkenntnis. »Oh.«

»Die Person, auf die du wartest, ist er dein Freund?« Der Mann beugt sich über den Tisch, seine Augen verschlingen mich schamlos. Alles in allem sieht er nicht schlecht aus, aber irgendetwas an ihm sorgt dafür, dass ich mich allein deshalb schmutzig fühle, weil seine Augen auf mir ruhen. Mich schüttelt es, wenn ich daran denke, dass mehr als nur sein Blick mich berühren könnte.

»Ähm… ja«, lüge ich und seine Miene trübt sich.

»Schade. Wenn sich das ändert, such nach mir.« Er zwinkert mir zu, ehe er davonstolziert. Ich sacke erleichtert zusammen und stoße einen langen Atem aus.

»Was ist passiert? Er wirkte interessiert?« Pax taucht so plötzlich auf, als hätte er sich aus der Luft materialisiert. Ich erschrecke mich und funkle ihn dann böse an.

»Hast du mich beobachtet?«

Er zuckt die Schultern, stellt meinen Drink vor mir ab und lässt sich auf den Hocker mir gegenüber gleiten.

»Ich war auf dem Rückweg und habe bemerkt, wie er auf dich zugekommen ist. Ich wollte nicht dazwischenfunken.«

»Er war nicht mein Typ«, entgegne ich, nehme einen Schluck meines Getränks und gebe ein überraschtes Geräusch von mir, als die süße Mischung auf meine Zunge trifft. Ich habe keine Ahnung, was es ist, aber es schmeckt viel besser als das, was ich letztes Mal hatte.

»Was ist denn dein Typ? Ich brauche Einzelheiten, wenn ich dir helfen soll, jemanden zu finden.«

»Ich weiß es nicht.« Ich fahre mit meinem Zeigefinger über den Rand des Glases.

»Komm schon, Einstein, du musst doch wissen, was du heiß findest. Sei nicht schüchtern«, ermuntert er mich.

Meine Augen gleiten auf hoffentlich unauffällige Art und Weise über Pax. Als ich angefangen habe, für ihn zu schwärmen – was sich anfühlt, als wäre es eine Ewigkeit her –, war er nicht der Mann, der er heute ist. Damals schien sein Kleidungsstil oberkörperfrei mit schäbigen Cargohosen zu sein, die eigentlich auf den Müll gehörten. Er hatte keine Tattoos, sein Haar war etwas länger und unordentlicher und er hatte keinen Bart. Der Mann vor mir könnte eine ganz andere Person sein mit seinen Hemden, den stets hochgekrempelten Ärmeln, damit man die bunten Tattoos auf seinen Unterarmen sehen kann, seinem modern frisierten Haar und dem Hauch von Stoppeln an Kinn und Wangen. Was ist mein Typ? Es ist schwer zu sagen, denn beide Versionen von ihm entfachen ein Feuer in mir, wie es niemand sonst je getan hat.

»Ich glaube, es liegt mehr an der Persönlichkeit als am Aussehen«, sage ich.

»Das ist von außen schwerer zu erkennen, aber nicht unmöglich. Wonach suchen wir? Intelligenzbestien wie dir, oder was?«

Ich schüttele harsch den Kopf und meine Zunge schnellt hervor, um meine Lippen zu befeuchten. »Selbstbewusst, witzig, vielleicht ein bisschen arrogant.«

»Du machst es mir zu leicht, Einstein«, erklärt er mit einem Zwinkern, ehe er seinen eigenen Drink anhebt und einen Schluck trinkt. »Solche Typen kann man leicht erkennen und noch leichter mit ihnen flirten.«

»Ach ja?«

»Sicher. Diese Art Mann musst du nur wissen lassen, dass du an ihrer Aufmerksamkeit interessiert bist. Dann sind sie mehr als bereit, sie dir zu geben.«

Ich trinke einen weiteren Schluck meines Getränks und nicke zittrig. Mit meiner Zunge sammle ich ein paar süße Tropfen von meinen Lippen, während ich nervös auf meinem Platz herumrutsche.

»Also, uhm… wie… wie würde ich jemanden wissen lassen, dass ich… ähm… interessiert bin?« Mein Herz schlägt so heftig, ich schaffe es kaum, die Frage zu stellen, aber Pax scheint das gar nicht zu bemerken, denn er lässt seinen Blick abwesend durch die Bar schweifen.

»Mach ihm ein Kompliment, schau ihn an, als wäre er der einzige Mann in der ganzen Bar, für den du Augen hast. Ein paar beiläufige Berührungen schaden auch nicht. Du musst es nicht übertreiben, aber wenn du ihn mit deinem Arm streifst, kann das schon einen Funken entfachen, den er nicht ignorieren kann.«

Pax

Ich lasse meine Augen weiterhin durch die Bar wandern, in der Hoffnung, dass Elijah, wenn ich ihn nicht anschaue, den Ärger auf meinem Gesicht nicht bemerkt. Ich bin mir nicht einmal sicher, was mir so unter die Haut geht. Vielleicht ist es die Tatsache, dass ich schon seit Wochen niemanden mehr aufgerissen habe. Das würde jeden verärgern.

Warme Finger streichen über meinen Unterarm und ich erlaube es meiner Aufmerksamkeit endlich, sich wieder auf Elijah zu richten, denn genau dort will sie auch sein. Der schüchterne Ausdruck in seinen Augen ist zurück und seine Wangen sind gerötet, ob nun vom Alkohol oder seiner Nervosität kann ich nicht sagen. Er fährt die Umrisse des Drachens auf meinem Unterarm nach, seine Berührung entfacht Funken auf meiner Haut, wie Feuerstein auf Zündholz.

»Ich mag deine Tattoos.«

»Ja? Ich hätte dich nicht für einen Tattoo-Typen gehalten«, sage ich, nicht in der Lage, meinen Blick von Elijah abzuwenden, als er durch seine langen Wimpern zu mir aufschaut. Sein gelocktes Haar fällt ihm in die Stirn.

»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das bin, aber dir stehen sie.«

Irgendetwas brennt in meiner Magengrube. Es ist ein ähnliches Gefühl wie die Lust, die ich für One-Night-Stands verspüre, aber irgendwie brennt sie tiefer in mir, heißer und mit mehr Verzweiflung, als ich je gespürt habe. Ich räuspere mich und ziehe meinen Arm zurück, weg von seiner Berührung.

»Ich glaube, es sollte mich nicht überraschen, dass du schnell lernst«, scherze ich und lächle, um zu verstecken, dass mein Herz zu schnell schlägt und mein Schwanz stahlhart in meiner Jeans ist. »Jetzt lass uns ein echtes Ziel zum Üben finden.«

Seine Miene verdunkelt sich, als er seine Hand zurück auf seine Seite des Tisches zieht.

»Ich denke, ich habe meine Meinung geändert«, sagt er und rückt seine Brille höher auf seine Nase.

»Was?«

»Ich glaube nicht, dass ich mit irgendwelchen beliebigen Typen flirten möchte. Zumindest nicht heute Nacht«, gesteht er mir. »Ich nehme mir einfach ein Taxi nach Hause und du kannst hierbleiben und Spaß haben. Ich habe dich in den letzten Wochen ohnehin zu sehr in Beschlag genommen. Ich bin mir sicher, dass du mich gern loswerden würdest.« Er gibt ein leises, selbstkritisches Lachen von sich.

»Wenn du keine Lust aufs Ausgehen hast, warum fahren wir nicht in deine Wohnung, bestellen Pizza und schauen uns einen Film an oder so«, schlage ich vor.

»Das willst du nicht.« Er schüttelt den Kopf, erhebt sich und steckt die Hände in die Hosentaschen. »Du hast gesagt, dass das hier deine Vorstellung eines lustigen Freitagabends ist.« Er nickt zur Menschenmenge, die die Bar füllt.

»Nee, heute hab ich keine Lust darauf.« Ich schiebe mein halbleeres Glas beiseite und stehe auf. »Lass uns gehen.«

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