Читать книгу 700 - - Страница 7
4
ОглавлениеSpät nachts schlug Konstantin die Augen auf. Wieder einmal war er vor der Glotze eingeschlafen, hatte vor der flimmernden Bilderflut kapituliert. Nun war er wach. Aber nicht einfach so. Etwas hatte ihn geweckt.
Er rieb sich die Augen und hievte sich aus dem Sessel. Straßenlicht drang durch die Fenster. In der schummrigen Dunkelheit tastete er sich zum Nachtlicht vor. Einen Augenblick lang zweifelte er daran, tatsächlich wach zu sein. Doch die Gewissheit, dass man nicht schläft, kommt rasch, wenn man nicht schläft.
Etwas pochte leise gegen seine Tür. Was hatte das zu bedeuten? Die Stadtpolizei klopfte an, und die DeSi trat in der Regel gleich die Tür ein. Was also war das? Ein Tier, das sich ins Treppenhaus verirrt hatte? Konstantin schaltete das Licht ein und lugte durch den Türspion. Nichts, nur Dunkelheit. Und das leise Pochen.
»Ist da wer?«, brummte er dumpf. Das Pochen verstummte. Konstantin legte die Kette vor und schob die Tür einen Spalt weit auf. Vor ihm auf der Schwelle kauerte eine junge blonde Frau. Die zierliche Hand umklammerte einen schimmernden Gegenstand.
»Hilfe«, flüsterte sie. »Hilf mir.«
Konstantin löste die Kette und zog das Mädchen auf die Beine. Sie wehrte sich nicht, zitterte nur erbärmlich. Ein junges Ding war sie, halb so alt wie er vielleicht. An ihren Händen klebte Blut.
Auch du, dachte er. Wo ist denn dein Vieh? Brüllt es noch?
Das Mädchen schwieg und schlug die Augen zu Boden.
Konstantin seufzte. Warum nur vor meiner Tür ... und was werden deine Eltern wohl zu diesem Schlamassel sagen? Dann bemerkte er das Blut auf ihrem T-Shirt. Viel Blut.
»Bist du verletzt?«
Kopfschütteln.
Sie drückte sich an ihm vorbei in die Wohnung. Sie war hager, kaum volljährig, ihre Klamotten – abgesehen vom roten Farbeinschlag – abgetragen, verschlissen. Es war unvernünftig, ihr Asyl zu gewähren, hochgradig unvernünftig. Doch die getriebenen blauen Augen rührten ihn an. Da stand sie: ängstlich, neugierig, mit der städtischen Fürsorge, der Stadtpolizei oder Schlimmerem im Schlepptau. Konstantin kannte das Leben auf der Flucht, wusste um die Strapazen, und wie dankbar man für einen trockenen, sicheren Platz war. Es würde gehen. Für den Augenblick.
Plötzlich polterten Schritte durchs Treppenhaus.
Jetzt haben sie mich.
Sieben Jahre Einsamkeit, und jetzt haben sie mich.
Konstantin drückte die Tür zu, sanft wie eine Liebkosung, doch wie ein Donnerschlag sprang sie ins Schloss. Die Schritte rückten näher. Stufe um Stufe. Konstantin presste sein Ohr gegen das Holz. Das Mädchen hatte sich derweil in den Sessel verkrochen, die Finger in die Lehnen gekrallt. Konstantin dachte unwillkürlich an das Blut. Das würde er nie mehr aus dem Polster bekommen.
Draußen waren zwei Menschen. Womöglich drei. Sie schwiegen und kamen von unten herauf. Er wagte nicht, durch den Türspion zu blicken, starr vor Angst.
Jetzt haben sie mich. Und alles nur wegen eines Mädchens.
Stille.
Nichts rührte sich jenseits der Tür.
Dann jedoch polterten die Schritte weiter. Und jemand lachte glockenhell. Das konnte keine DeSi sein. Es war die Hure aus der Wohnung über ihm, die ihren Geschäften nachging. Konstantin sank zu Boden. Beinahe hätte auch er gelacht, wie er da hockte - ein beleibter Buddha, getaucht in goldenes Nachtlicht.
Beinahe.