Читать книгу Choreographie - Handwerk und Vision - Konstantin Tsakalidis - Страница 44
Fokus
ОглавлениеRichtung und Klarheit im Raum werden nur dann ersichtlich, wenn hinter den Bewegungen die Intension der Richtung steht. Das ist der Fokus. Der Fokus entsteht, indem der Tänzer in seinem Geist von der Richtung, in die er sich bewegen wird, eine klare Vorstellung hat. Es ist eine räumlich gerichtete Empfindung. Der Fokus ist eine körperliche Empfindung, ein Verhältnis zum Raum, das mit einer Spannung zu einer gedachten Richtung und zum Bühnenraum als Ganzes zu tun hat.
Haben Sie jemals in einem Raum das Gefühl bekommen: „Ich muss hier raus, aber wie?" Ohne auf die Tür zu starren, antizipieren Sie die Richtung, in der die Tür liegt. Die Tür wird fokussiert. Nachdem die Fokussierung stattgefunden hat und Sie sich auf dem Weg befinden, werden Sie während des Weges die Tür im Fokus behalten. Der Weg wird zielgerichtet sein, und ein Außenstehender wird sich nicht fragen, in welche Richtung Sie eigentlich gehen. Er wird klar erkennen, dass es sich um die Tür handelt und nicht zum Beispiel um das Aquarium. Haben Sie kurz vor der Tür schon das „Geschafft-Gefühl" wird die Zugkraft Ihres Weges abnehmen. Sie werden nicht mehr so aussehen, als ob Sie von einem Magneten aus dem Raum gezogen würden, sondern eher wie jemand, der einfach auf eine Tür zugeht. Das heißt, dass die Richtung, auf die Sie zugehen, jetzt weniger wichtig wird.
Im Tanz spielt der Fokus eine wesentliche Rolle, um der Richtung und damit dem Raum eine Bedeutung beizumessen. Die Tänzer haben die Möglichkeit, einen räumlichen Kontext zu empfinden, und der Zuschauer wird an dieser Empfindung partizipieren. Der räumliche Kontext aber wird sich nur herstellen, wenn die Richtung für den Tänzer wichtig ist, und er damit einen Fokus hat.
Ein Fokus kann bei Bewegungen sowohl innerhalb der Ki-nesphäre wie auch mit großen Wegen, die über die Bühne zurückgelegt werden, hergestellt werden. Vermeidet es ein Regisseur bei gewissen Schauspielern, lange Wege quer über die Bühne zu choreographieren, dann liegt es oft daran, dass die in der Szene aufgebaute Spannung in dem Moment in den Keller rast, wo Schauspieler X einmal quer über die Bühne muss.