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Der persönliche Raum - Personal Space.

Der durch die Anatomie bedingte bewusste Raum liegt vor unserem Körper - zwischen Hüfte und Kopf. Dieses räumliche Bewusstsein nimmt zur Seite hin ab und verliert sich in Richtung Rücken und abwärts der Gürtellinie geradezu ganz. Es hängt mit der Position unserer Augen und deren Sichtfeld zusammen, das sich auf den Aktionsradius unserer Arme konzentriert. Dieser Aktionsradius ist der vertraute Bereich außerhalb unseres Körpers.


Grau: Primäres Aktionsfeld des Menschen

Obwohl sich das Aktionsfeld des Tänzers über die gesamte Kinesphäre erstreckt, ist selbst bei gut ausgebildeten Tänzern der Raum auf der Körperrückseite weitaus weniger präsent als die Vorderseite. Der durch das klassische Ballett abgedeckte Armbereich, von der ersten bis zur fünften Position, dominiert das Bewusstsein, und es ist eine Herausforderung an das Training und das choreographische Denken, die weniger präsenten Bereiche der Kinesphäre mit dem gewohnten Vorderseitenaktionsbereich der Arme gleichzusetzen.

Die Anzahl der Gesten und Bewegungen ist endlos. Trotzdem haben Tänzer wie Choreographen immer wieder das Gefühl, sie würden hauptsächlich nur die gleichen fünf Bewegungen wiederholen oder im besten Fall variieren. Das Schlimme daran ist, dass es oft nicht nur ein Gefühl, sondern eine traurige Tatsache ist, und das, obwohl die Anzahl der Gesten und Bewegungen doch eigentlich unendlich sein sollte. In den Beinen und Füßen wiederholen sich Schritte und Muster, in den Armen und im Oberkörper sind es Gesten und Formen, die sich im Laufe der Jahre in den Körpern etabliert haben. So raubt uns die Gewöhnung an das Repertoire die Freiheit, und die endlosen Möglichkeiten, sich tänzerisch im persönlichen Raum zu artikulieren, schlummern irgendwo in der Versenkung. Der persönliche Raum wird nicht mehr als eine leere Tafel, auf die sich mit dem Körper zeichnen lässt, empfunden, sondern als ein Bereich der täglich erneut stattfindenden Wiederholung.

Im Kapitel „Bewegungsgestaltung" finden Sie unter der Überschrift „Manipulation" Techniken, die es ermöglichen, die Wiederholungen zu variieren. Weniger Wiederholungen treten auch dann auf, wenn ich mir des Spielraums bewusst bin, den ich eigentlich zur Verfügung habe, bzw. den Spielraum so verkleinere, dass er in einer Überschaubarkeit einlädt, spielerisch mit ihm umzugehen. Dazu reduziere ich die endlose Anzahl an Richtungen, die innerhalb der Kinesphäre möglich sind, auf etwa 114.

Die technische Auflösung des persönlichen Raumes

Wie auf Seite 78 beschrieben, lassen sich auf einer Ebene 16 horizontale Richtungen definieren. Sieben solcher Kreise auf unterschiedliche Höhen (Levels) verteilt, ergeben 112 Richtungen. Hinzu kommt die Richtung „gerade nach oben" und „direkt nach unten" Damit sind wir bei 114 Richtungen.


Die sieben Levels (Ebenen) im Raum des Tänzers

Eine andere Variante ist, den Uhrkreis aus der Horizontalen in die vertikale Ebene zu kippen, um diesen gekippten Vertikalkreis nun auf der horizontalen Raumuhr auszurichten, ihn also horizontal von 0 bzw. 12 bis 5 zu drehen (ab 6 steht der Kreis wieder in derselben Richtung wie bei der 12).


Orientierungssystem mit „Zifferblättern"

Bei diesem System ergeben sich 128 Raumrichtungen. Jede dieser Richtungen lässt sich durch unterschiedliche Körperteile (Bodyparts) anvisieren. Schon allein dadurch potenziert sich die Zahl der möglichen Variationen. Ob Sie mit 114 oder 128 Richtungen arbeiten oder ein anderes System anwenden, mit dem Sie die Kinesphäre des Tänzers in Diagonalen und Geraden zerteilen, ist letztendlich egal, wichtig ist, das Bewusstsein und die Sensibilität für den gesamten zur Verfügung stehenden choreographischen Ausdruck durch die Raumrichtung innerhalb der Tänzerkinesphäre zu entwickeln.

Choreographie - Handwerk und Vision

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