Читать книгу Zwischen den Zeilen - Kora Kutschbach - Страница 5

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Ich bin Ava Louisa Swan! Dieser so simpel erscheinende Satz, kostete mich unendlich viel Kraft, Überwindung und Zuspruch; die mich behandelnden Ärzte und Psychologin unendlich viel Geduld und meinen Bruder unendlich viele schlaflose Stunden.

Nicht, dass ich zu einer Lüge gezwungen worden wäre, denn ich bin Ava Louisa Swan, aber gerade dieses „ich bin”, war ein für mich zu diesem Zeitpunkt ein unerträglicher Zustand, der mir bittere Tränen in die Augen trieb, den Hals zuschnürte und das riesige Loch in meinem Herzen jedes Mal aufs Neue ein Stückchen weiter aufriss.

Ich konnte und wollte nicht verstehen, aus welchem Grund sich die komplette Aufmerksamkeit der Ärzte auf mich richtete, sich die Krankenschwestern rührend um mich bemühten und das von schwarzen Augenringen und tiefen Sorgenfalten gezeichnete, mittlerweile ausgemergelte Gesicht meines Bruders stets einen Funken Hoffnung zeigte, sobald ich meinen starren Blick von dem marine-blauen Vorhang des Fensters abwandte oder sich meine geballten Fäuste leicht entspannten. Weshalb wollte jeder, dass es mir besser ging, sei es auch nur ein kaum messbares Bisschen? Weshalb wollte jeder diesen gottverdammten Satz: „Ich bin Ava Louisa Swan” von mir hören? Weshalb wollte niemand einsehen, dass es kein „ich bin” mehr gab? Meine äußere Hülle existierte zwar, aber mein Inneres bestand nur noch aus Schmerz, niemals enden wollendem Schmerz; Leere, niemals mehr zu füllender Leere; und Verzweiflung, niemals zuvor empfundener Verzweiflung. Kurz gesagt, mein Inneres war gefüllt mit entsetzlicher Trauer!

Hätte ich nun auch nur ein winziges Wort gesprochen oder hätte ich dem Drang nach Entspannung auch nur für einen kleinen Moment nachgegeben, hätte ich riskiert, einen Teil dieser Trauer zu verlieren. Und das durfte ich nicht zulassen, denn mit dieser Trauer wäre dann der letzte Strohhalm, an den ich mich mit aller noch verbliebenen Macht klammerte, verschwunden. Nein, das durfte nicht geschehen!

Heute kann ich das Handeln der Ärzte und Schwestern nachvollziehen, heute empfinde ich die Ambitionen meines Bruders als dankbare Hilfe und heute weiß ich, wie dumm und egoistisch meine Gedanken und mein Verhalten waren. Aber ich bezweifle auch, dass man in meiner damaligen Situation von „Gedanken” und „Verhalten” sprechen konnte. Erstens war ich nicht mehr Herr meiner Gedanken im herkömmlichen Sinne und zweitens verhielt ich mich nicht, sondern resignierte! Eine Ausnahmesituation, die wir, mein Bruder und ich, zu überwinden hatten. Nein, überwinden mussten, um in ferner Zukunft einmal wieder klar und bewusst „denken” und uns verantwortungsvoll und unbeschwert „verhalten” zu können. Der Weg zu diesem, für jeden anderen Menschen alltäglichen Ziel, sollte lang und mühevoll und mehr als beschwerlich werden, aber irgendwie, und oftmals weiß ich gar nicht genau wie, haben wir es geschafft!

Ich bin dir unendlich dankbar, mein geliebter Finn! Gemeinsam sind wir durch die lodernde Hölle gegangen, gemeinsam haben wir das Verließ der totalen Verwirrung hinter uns gelassen! Doch du warst schon immer der Stärkere von uns beiden! Du warst mein Fels in der Brandung, die mich davonzureißen drohte. Du warst die ewige Flamme, die mich durch die tiefste aller Dunkelheiten führte. Du glaubtest an mich, als ich mich längst aufgegeben hatte. Du bist mein Engel auf Erden. Du bist immer für mich da. Wie habe ich einen Bruder wie dich verdient? Ich weiß es nicht! Ich weiß nur, dass ich ohne dich nicht mehr Ava Louisa Swan wäre. Ich habe dich unwahrscheinlich lieb und schätze dich als unersetzbaren Teil meines nun wieder frohen Herzens!!!

Zwischen den Zeilen

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