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Sie wusste nicht, woher ihr Körper die Flüssigkeit dazu nahm, aber Mona spürte, das ihre Blase voll war. Sie petzte die Beine zusammen und versuchte, nicht daran zu denken, wie dringend sie auf die Toilette musste.

Wenn ihr Entführer nicht bald kam, würde sie sich erneut einmachen.

Wie viel Zeit war vergangen?

Die Eiswürfel im Wasserglas waren bereits geschmolzen. Bis zum Rand stand das Wasser nun im Glas. Drohte überzulaufen. Zuerst war es eine Qual gewesen, das Wasser anzusehen, weil sie es so dringend zu sich nehmen wollte, nun war es eine Qual, den vollen Rand zu betrachten, weil sie sich genauso ihre Blase vorstellte: kurz vor dem Überlaufen.

Mona bekam keine Luft und als sie den Mund öffnete, um einzuatmen, klebten ihre ausgetrockneten Lippen aneinander und rissen auf. Sie schmeckte Blut und war dankbar dafür. Endlich ein Geschmack. Auch wenn es Blut war. Alles war besser als die staubige Trockenheit, die sie zuvor geschmeckt hatte.

Sie überlegte, sich die Lippe weiter aufzubeißen, um einen winzigen Tropfen Blut trinken zu können. Aber auch das würde sie nicht vor dem Verdursten bewahren.

Vermutlich hätte sie noch mehrere Stunden mit dem Durst ausharren können, aber ihre volle Blase veränderte alles. Es waren zu viele Quälen, die sie durchleiden musste. Durst, Hunger, der unbändige Drang, pinkeln zu müssen, der schmerzende Rücken, die trockene Kehle, die tauben Arme und die blutenden Handgelenke ...

Nein, sie hielt es nicht mehr aus.

Mit der letzten Kraft, die sie noch besaß, holte sie Luft und ... wimmerte.

Mona versuchte zu schlucken, dann setzte sie erneut an: »Hallo?«

Okay, das war besser, aber noch nicht laut genug. Komm schon, streng dich an!, spornte sie sich selbst an. Sie holte erneut tief Luft und diesmal rief sie laut: »Hallo? Bitte...«

Kraftlos fiel ihr Kopf nach vorne, da sah sie Schatten unter dem Türspalt.

Das Schloss knackte und ein Mann, der mit einem Gewehr bewaffnet war, trat in den Türrahmen. »Was quiekst du hier herum?«

»Bitte ...«, sie schüttelte den Kopf, »... ich will ...« Wasser, eine Toilette, nach Hause ...

Aber das würde er ihr wohl kaum gewähren.

Ihr Entführer sagte, sie dürfte nach ihm schreien, also versuchte sie eine andere Taktik: »... mein Herr.«

»Ich bin nicht dein-«

»Nein«, unterbrach sie, »ho ... hol meinen Herrn ... bitte ... kann nicht ... schreien.«

Der Mann lachte und schloss die Tür hinter sich. Aber sie hörte ihn noch amüsiert sagen: »Er wusste, du würdest einknicken.«

Leider stimmte das.

Aber das lag allein an der Tatsache, dass sie leben wollte. Der Überlebensinstinkt war nun mal im Menschen verankert. Es würde lange dauern, bis sie diesen loswurde und sterben wollte.

Ein bisschen geschlagen zu werden, ausgepeitscht, aufgehängt und angepinkelt zu werden, reichte da nicht aus.

Mona wollte leben! Also musste sie wohl oder übel um Gnade flehen.

Es dauerte nicht lange, da öffnete sich die Tür erneut und ihr Peiniger kam herein. Alleine und mit einem zufriedenem Grinsen auf dem Gesicht.

Schnell senkte Mona den Blick.

Er kam auf sie zu, hob das Glas vom Boden auf und ging in die Hocke.

»Sieh mich an!«

Sie tat es und sah ihn noch immer lächeln.

»Was willst du? Sprich!«

»Ich muss ... «

Er gab ihr eine Schelle.

Seufzend fragte er: »Wie sollst du mich anreden? Antworte!«

»Mit Herr.«

»Dann tu das doch!«

Mona atmete aus und sah ihm wieder in die Augen. »Herr, ich ...«

Sie brachte es nicht über sich, ihn wirklich darum zu bitten, sie auf die Toilette zu lassen.

Er zog eine Augenbraue hoch. »Du ... was

Tränen traten ihr in die Augen.

»Sprich endlich oder ich peitsch dich aus, weil du ohne Grund nach mir rufen ließt!«

»Ich verdurste, Herr«, brachte sie hervor. »Und ich muss meine Blase leeren.«

»Ah, ich verstehe!« Er lachte und erhob sich. »Es ist eine fürchterliche Qual, nicht wahr? Solange die natürlichen Körperfunktion zurückhalten zu müssen. Dann willst du also zur Toilette und bist bereit, zu trinken? Antworte!«

»Ja, Herr.«

Er lachte wieder leise in sich hinein.

Dann sah sie, wie er das Wasserglas schräg hielt und die Flüssigkeit langsam auf den Boden fließen ließ. Man glaubte nicht, dass es eine Qual war, das mit anzusehen und hören zu müssen, während man eine volle Blase hatte, wenn man es nicht selbst durchleiden musste.

»Bitte ...«, weinte Mona flehend.

Bei der Hälfte hielt er inne. »Bitte ... Was?«

»Herr«, stieß Mona aus. »Ich bitte um Gnade, Herr.«

»Oho!« Er lachte und stellte das Wasserglas auf den Boden. »Na das sind ja ganz neue Töne!«

Sie hörte, wie er die Hose öffnete. »Sie mich an!«

Mona hob den Blick.

»Du bist bereit, zu trinken?«

Oh Gott ... bitte nicht.

»Antworte!«

Tränen liefen ihr aus den Augen, als sie antwortete: »Ja, Herr.«

»Alles, was dein Herr dir anbietet? Antworte!«

»Ja, Herr. Alles, was Ihr mir anbietet.«

»Gut.« Er grinste. »Mund auf!«

Mona sah, wie er sich in die geöffnete Hose griff um das verhasste Teil hervor zu holen. Sie schloss die Augen und öffnete zögerlich unter schlurzen den Mund.

»Weiter«, befahl er. »Viel weiter!«

Mona schluckte, dann öffnete sie den Mund erneut, diesmal weit.

Sie wartete und wartete, weinte dabei wegen der Demütigung ... Dann spürte sie etwas Hartes an den Lippen. Etwas Bekanntes! Im nächsten Moment rann kaltes, sprudelndes Wasser über ihre Lippen.

Überrascht öffnete sie die Augen und trank in eifrigen Schlücken.

Er lächelte sie an, während er ihr die Öffnung einer kleinen Plastikflasche an die Lippen hielt.

»Langsam, langsam!«, warnte er. »Verschlug dich nicht.«

Gierig trank sie, während er die Flasche immer höher hielt.

»So ist es gut. Braves Mädchen!«, sagte er zu ihr.

Bei der Hälfte, setzte er die Flasche ab, obwohl Monas Durst noch lange nicht gestillt war, aber das gab ihr die Gelegenheit, nach Luft zu schnappen.

»Und?« Er schraubte die Flasche zu. »Was verspürst du jetzt? Immer noch Abscheu und Ekel vor mir? Oder ist da bereits ein Anflug von Dankbarkeit?«

Mona sah auf, weinend brachte sie hervor: »Danke!«

»Das hättest du schon viel früher haben können«, sagte er. »Aber nein, du wolltest dich ja quälen.«

Er hatte nie vorgehabt, ihr seinen Urin zugeben, erkannte sie jetzt ernüchtert. Sie hatte sich austricksen lassen!

»So«, sagte er zufrieden. »Regel Nummer Vier: Du nimmst das zu dir, was ich dir geben und zwar genau dann, wenn ich es dir gestatte! Bestätige das!«

»Ja, Herr.«

»Wiederhole es!«

»Ich trinke und esse nur das, was mein Herr mir gibt und zwar genau dann, wenn er es mir erlaubt.«

»Gut!«, lobte er. »Sehr gut sogar.«

Er erhob sich und ging zur Tür.

Ungläubig sah sie ihm nach. Sie hatte da immer noch ein dringenderes Problem ...

Die Tür fiel hinter ihm zu und sie war erneut den Tränen nahe.

Sollte sie es wagen und nach ihm rufen? Hatte er es vergessen? Sollte sie es etwa einfach laufen lassen und darin knien?

Gerade als pure Verzweiflung sich in ihr breit machte, kam er zurück.

Erleichtert stieß sie die Luft aus und senkte schnell den Kopf, weil sie ihn ja nicht ansehen durfte.

Er lachte leise und erkannte: »Du dachtest, ich hätte dein kleines Problem vergessen, hm?«

Sie reagierte nicht, weil er es nicht befahl.

»Habe ich aber nicht«, sagte er und hielt ein Steckbecken in ihr Sichtfeld.

Mona erstarrte. Nein ...

Er lachte: »Hast du etwa geglaubt, ich bringe dich zu einem Badezimmer? Damit du auf dem Weg dorthin einen Fluchtversuch wagen kannst?«

Erstaunlicherweise wäre ihr die Idee nicht gekommen. Der Schmerz in ihrem Unterleib hatte diesen Gedanken nicht zugelassen. Sie wollte einfach nur ihre Blase leeren.

»Na komm«, hörte sie ihn sagen.

Eine Hand glitt zwischen ihre Knie, er drückte sie auseinander und Mona wagte es nicht, ihn daran zu hindern. Dann schob er das Steckbecken unter sie.

»Sieh mich an!«

Zögernd hob Mona den Blick.

»Regel Nummer Sechs: Du pinkelst erst dann, wenn ich es gestatte!« Er sah sie eindringlich an. »Wenn ich sehe, dass du dich eingemacht hast, bestrafe ich dich dafür. Also halt es ein, egal, wie schlimm es ist. Nicke, wenn du verstanden hast.«

Sie nickte und hoffte, er würde sie in Ruhe pinkeln lassen ...

»Du darfst«, sagte er milde. »Jetzt! Weil du brav getrunken hast.«

Mona zögerte, ihr Blick glitt von seinem Gesicht zur Tür. Nicht, das sie fliehen wollte, - konnte sie ja nicht, da sie immer noch an der Decke hing.- Aber ... er sollte rausgehen.

Er lachte und warnte: »Also entweder du hörst jetzt auf, dich zu zieren, oder ich gehe wieder und du hältst es bis zum nächsten Abend ein.«

Mona sah ihn flehend an.

Er schnallste mit der Zunge. »Tu das nicht! Keine flehenden Blicke.«

Noch eine Minute verstrich, in der Mona unschlüssig über dem Steckbecken saß.

»Also wenn ich in der Lage bin, meinen Schwanz rauszuholen um dir ins Gesicht zu pissen, dann wirst du es ja wohl auch schaffen, in eine Bettpfanne zu urinieren.«

Nicht, wenn er direkt vor ihr saß und sie ihm dabei ins Gesicht sehen sollte.

»Du solltest dich lieber schnell daran gewöhnen«, sprach er auf sie ein. »Das ist schließlich nicht das letzte Mal, das du das tun musst.«

Monas Lippen zitterten, als sie zu weinen begann.

Er seufzte: »Du schämst dich? Antworte mir!«

»Ja, Herr.«

Er nickte, als verstünde er das. »Das tut ihr alle. Aber du bist doch mein ganz besonderes Exemplar, oder? Du lernst schnell, also lern auch das schnell. In etwa einer Minute verschwinde ich sonst, dann musst du es einhalten. Schaffst du das nicht, muss ich dich bestrafen. Zweimal. Weil du nicht gehorcht hast und weil du es nicht halten konntest.«

Mona atmete tief ein und aus.

»Also, passiert da jetzt noch etwas? Antworte!«

Sie nickte und sagte: »Ja, Herr.«

»Gut!« Er lächelte, dann befahl er: »Sieh mich dabei an.«

Oh Gott ... warum tat er ihr das an?

Aber Mona konnte es nicht mehr halten und sie war sich sicher, dass sie keine weitere Strafe ertragen würde. Also sah sie ihn an, spürte, dass ihr Kopf rot anlief, während sie ihre Blase leerte.

»Na also, war das so schwer?«, fragte er, als es endlich vorbei war.

Die Scham würde sie aber noch eine halbe Ewigkeit spüren.

Er zog das Steckbecken unter ihr hervor und schnippte laut mit den Fingern. Die Tür glitt auf und der Mann mit dem Gewehr kam herein.

»Nimm das mit nach draußen«, trug ihr Entführer dem Mann auf.

Dieser nahm das Steckbetten an sich und verschwand wieder.

Zufrieden sah ihr Peiniger sie wieder an. »Du warst heute wirklich sehr brav. Weißt du, was das bedeutet? Antworte!«

»Nein, Herr.«

»Nein?« Er grinste milde und erhob sich. »Also erst einmal bedeutet das, deine Strafe ist vorbei, wie versprochen. Deine Hände sind also wieder frei.«

Er ließ eine Hand in seine Hosetasche gleiten und fischte etwas hervor. Dann streckte er die Arme aus und befreite Monas geschundene Gelenke von den Handschellen.

Da bemerkte Mona, das allein die Kette sie aufrecht gehalten hatte. Denn als sie los gebunden wurde, fiel sie recht unspektakulär nach vorne.

Sie rollte sich zusammen und hielt sich das linke Handgelenk, das am schlimmsten schmerzte.

Er kümmerte sich nicht darum, er stieg über sie hinweg und ging zur Kettenvorrichtung. Es klirrte und klimperte, bis die Kette wieder oben hing.

Sie hörte ihn rumwerkeln und wagte einen Blick über die Schulter. Ihr Haar lag wirr über ihrem Gesicht, weshalb sie nicht viel sah, aber sie traute sich nicht, ihr Handgelenk loszulassen, um ihr Haar zu richten.

Sie sah, dass er an einem Tisch stand, der noch nicht lange im Raum sein konnte. Er war also das ein oder andere Mal herein gekommen, als sie zeitweise bewusstlos an der Kette gehangen hatte.

Er sammelte einige Utensilien ein. Das Wasserglas, die Gerte, die Handschellen, eine Zange, die er zum Glück nicht benutzt hatte. Noch nicht ...

»Die Flasche mit Wasser lasse ich dir, bis ich wieder da bin«, sagte er. »Stell sie, wenn sie leer sein sollte, neben die Tür. Sie ist aus Plastik, also schlag dir aus dem Kopf, sie als Waffe benutzen zu wollen.«

Mit seinen Utensilien schlüpfte er durch die Tür und ließ sie alleine.

Ausatmend ließ Mona den Kopf auf den kalten, nassen Boden fallen. Sie war froh, nicht mehr an der Kette hängen zu müssen. Sie war auch froh darüber, dass ihre Blase leer war, und das sie eine halbe Flasche mit Wasser zur Verfügung hatte, die sie sich gut einteilen würde.

Es war erstaunlich, wie wenig ihr Peiniger ihr geben musste, um bei ihr Glücksgefühle hervor zu rufen.

***

Alessandro hatte es geschafft, unbemerkt das Haus seines Bruders verlassen zu können.

Er war von einer Villa zur nächsten Villa gefahren; von einem machtbesessenen Idioten zum anderen.

Er hörte die Schläge schon, bevor er im Obergeschoss um die Ecke gebogen war und in das Zimmer sehen konnte, zudem man ihn geschickt hatte.

Zu dem Raum gab es nicht viel zu sagen. Dunkel, kahle Betonwände, nackte Glühbirnen, die von der Decke hingen. Käfige, Ketten, Andreaskreuze, Tische mit allerlei Folterinstrumenten und eine Handvoll nackter, blutender, wimmernder Menschen. Ein Anflug von Erinnerungen ging durch ihn hindurch.

Er betrat den Raum und ging drei Schritte, bis er zu dem Mann gelangte, der schwer atmend über einem anderem hing.

»Beeindruckend«, sagte Alessandro zynisch. »Mit was für einem ... Elan du doch an die Sache heran gehst.«

Der andere dunkelhaarige Mann drehte sich zu ihm um. An seinen Händen klebte Blut, weil er zuvor mit den Fäusten auf ein Gesicht eingeschlagen hatte. Blutspritzer hatte er auch im eigenen Gesicht und auf seinem weißen Hemd, dessen Kragen weit offen stand. Alessandro konnte einen Blick auf die glatt rasierte Brust darunter erhaschen.

Er kümmerte sich nicht sofort um Alessandros Anwesenheit. Stattdessen wandte er sich an einen seiner Männer und beauftragte diesen: »Ruf Tie an. Frag ihn, ob der Kunde alle Körperteile seiner Ware benötigt. Vielleicht weicht die Sturheit, wenn wir diese unkooperative kleine Made kastrieren.«

Der Mann nickte und reichte seinem Boss ein Handtuch, bevor er sich davon machte.

Mit einem Grinsen wurde Alessandro nun Beachtung geschenkt.

»Du warst ja schon früher grausam, Franklin«, sagte Alessandro unbeeindruckt zu ihm und linste um ihn herum zu dem Mann dessen Gesicht wegen der Schläge bis zur Unkenntlichkeit

angeschwollen war. Er verzog angewidert das Gesicht. »Aber Kastration geht sogar für deine Verhältnisse zu weit.«

Franklin wischte sich das Blut von den Händen, als er erwiderte: »Manchmal muss man sein Spektrum eben erweitern.«

Alessandro brummte zustimmend, noch immer den Blick auf den wimmernden Mann gerichtet, der hinter Franklin auf dem Boden kauerte.

»Brauchst du wirklich so viele ... Sklaven? Oder gefällt es dir einfach nur, sie zu zerstören und schmeißt sie anschließend wie benutzte Taschentücher weg?«

Franklin schnaubte und erklärte: »Die sind nicht für mich, ich bilde sie nur aus.«

»Und das offenbar recht erfolgreich.«

»Könnte man so sagen.«

»Pass lieber auf, das du nicht zuviel Aufsehen erregst, Franky, wir wollen ja nicht, das dich das gleiche Schicksal ereilt wie Kev«, warnte Alessandro mit einem höhnischen Lächeln auf den Lippen.

»Wie ich sehe, hast du mein Päckchen erhalten«, überging Franklin den Kommentar.

Alessandro sah dem Mann ins Gesicht und gab verärgert zurück: »Sonst wäre ich wohl kaum hier, oder?«

»Bist du den anderen losgeworden?«

»Noch bevor ich in den ersten Flieger stieg, ja«, antwortete Alessandro.

»Gut«, erwiderte Franklin und grinste wieder.

Alessandro seufzte entnervt und verlangte zu erfahren: »Was willst du von mir?«

Eingeschnappt sah Franklin ihn an. »Das habe ich doch in meiner Nachricht erwähnt, oder?«

»Und ich habe kein Interesse.«

»Natürlich nicht«, erwiderte Franklin sarkastisch, »deswegen bist du ja auch jetzt hier ...«

»Hatte ich eine Wahl? Und jetzt spuck es aus und verschwende nicht meine Zeit, du Wurm!«

Franklin lachte auf. »Immer noch der Alte, was?«

»Und genau deswegen solltest du dich vorsehen ...«

»Schon gut, schon gut!« Franklin hob ergebend die Hände. »Also hör zu, ich habe einen Job für dich. Deswegen habe ich dir die Mittel geschickt, um zurückkommen zu können.«

Alessandro grinste und erwiderte: »Das kannst du dir nicht leisten.«

»Denkst du?« Franklin breitete die Arme aus. »Sieh dich um. Sieh dir an, was ich innerhalb eines Jahres aufgebaut habe! Ich war ein Nichts, ein Niemand, Sandro.«

»Und ich sage es noch einmal«, warnte Alessandro und baute sich vor ihm auf, »pass gut auf, denn mein Bruder wird das nicht lange dulden.«

Franklin sah ihn unbeeindruckt an und wollte wissen: »Dann arbeitest du jetzt für Enio?«

»Nein.«

»Ah. Also kommt mein Auftrag gar nicht so ungelegen, oder? Es ist nur ein kleiner Job. Ich zahle dir die übliche Summe, die du verlangst.«

»Dich kostet es mehr«, beschloss Alessandro.

Franklin schmunzelte. »Auch gut. In Ordnung.«

Mist.

Seufzend fragte Alessandro: »Eine unkomplizierte Beseitigung?«

»Ja«, bestätigte Franklin. »Es geht um einen Kerl, der mir zu auffällig arbeitet, es ist also auch im Sinne deines Bruders.«

»Ich nehme an, es geht um die Leichen, die man jetzt des Öfteren aus dem Fluss gefischt hat«, vermutete Alessandro.

»Exakt!« Franklin wirkte verärgert. »Ein Kunde, dem es an Zurückhaltung fehlt.«

»Ich dachte mir schon, dass du nicht dahinter stecken konntest. Eine oder auch zwei Flussleichen, ja, aber nicht so viele. So blöd bist selbst du nicht.«

Franklin verzog die Lippen amüsiert wegen des Seitenhiebs. »Wie dem auch sei«, nahm er das Thema wieder auf, »mir wäre es eine sehr hohe Summe wert, wenn du ihn vor den Ermittlern schnappst, bevor er plaudern kann. Du verstehst mich?«

Alessandro war mittlerweile um ihn herumgegangen und inspizierte die Folterinstrumente auf einem Tisch. Langsam ließ er seine Finger über die Lederstreifen einer Riemenpeitsche wandern. Er hatte ja ganz vergessen, wie gut es sich anfühlte ...

»Oh, ich verstehe sogar sehr gut«, gab er schließlich zurück und wandte sich wieder zu Franklin um. »Und genau deshalb mache ich es nicht.«

Franklin verengte die Augen.

»Versteh mich nicht falsch«, sagte Alessandro und ging auf ihn zu, »du weißt, ich fand dein Handwerk in Gewisserweise schon immer ... sehr ... verlockend. Wie du es schaffst, andere zu brechen ist bewundernswert. Ich ... war schon immer fasziniert von deinem ... Talent. Und mit was für einer Freude du an deine Arbeit heran gehst ist beeindruckend ...«

»Aber?«, drängte Franklin ungeduldig.

Grinsend brachte Alessandro sein Gesicht ganz nahe an Franklins, als er hohnvoll erwiderte: »Aber ich sehe viel lieber dabei zu, wie du erneut untergehst.«

Damit ging er an Franklin vorbei.

»Das Angebot steht, Sandro«, rief Franklin ihn unbeeindruckt hinterher. »Meine Tür steht weit offen, wenn du dich anders entscheidest. Andernfalls ... spreche ich vielleicht mal persönlich mit deinem Bruder, alter Freund.«

Alessandro ging kopfschüttelnd weiter. Niemals würde er für Franklin arbeiten. Denn es war allgemein bekannt, dass alle, die für ihn Auftrage erfüllten, früher oder später den Kopf verloren.

***

»Was soll ich Ihnen bloß sagen?« jammerte Fatima und fuhr sich durchs Haar.

Tom war gerade wieder ins Büro gekommen, nachdem er kurz hatte rausgehen müssen, um ein Telefonat anzunehmen.

»Keine Spur, kein Hinweis. Nichts!« Fatima verzweifelte langsam. »Mit jeder Minute die verstreicht, sinken auch die Chance, dass Mona Lorenz noch lebt.«

Tom steckte sein Smartphone ein und beschloss: »Lass mich mit ihren Eltern reden.«

»Bist du sicher?«

»Ja.« Tom lächelte sein freundliches Jungenlächeln, das ihn noch mal ganze fünf Jahre jünger aussehen ließ. Er nahm sich seine Jacke, die über seiner Stuhllehne gehangen hatte, und sagte: »Ich fahr gleich zu ihnen, ich muss nämlich noch etwas erledigen.«

Fatima warnte ihn: »Lass dich nicht dabei erwischen, Privatangelegenheit während dem Dienst zu erledigen.«

»Ich muss nur schnell ein Medikament aus der Apotheke holen. Du weißt schon, meine Großmutter kann das nicht mehr.«

Fatima lächelte milde. Wie könnte sie jemanden tadeln, der sich so nett um seine alte Oma kümmerte? Soweit Tom erzählt hatte, wohnte er bei ihr, weil seine Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen waren. Erst hatte sie den Jungen aufgezogen und sich gekümmert, und nun, da sie alt und schwach war, kümmerte sich Tom ganz selbstverständlich um sie.

»Wenn jemand nach dir sucht, sage ich, das ich dich zu Mona Lorenz' Eltern geschickte habe, damit du ihnen Bericht erstattest.«

»Danke, du bist die Beste!«, erwiderte Tom und verließ den Raum.

Sie sollte lieber ihm danken, denn sie hatte sich davor gefürchtet, den Lorenz' mitteilen zu müssen, dass es bisher nichts Neues gab.

Ihre einzige brauchbare Spur war dieser Florian Maßbach gewesen, aber wenn sie diesen nicht fanden ...

Ihr Privathandy vibrierte in der Tasche.

Eilig, in der Hoffnung, endlich mal wieder etwas von Norman zu hören, kramte sie es hervor.

Aber die aufleuchtende Nummer gehörte nicht ihrem Partner.

Seufzend ging sie ran: »Evren!«

»Na, Schwesterherz, ist alles in Ordnung bei dir?«

»Natürlich. Kontrollierst du mich wieder?«

»Natürlich nicht. Ich sorge mich nur um dich, das ist die Pflicht eines großen Bruders.«

Und Fatimas großer Bruder nahm diese Pflicht sehr ernst.

»Nach allem was hier in der Stadt in letzter Zeit los ist ...«

»Um mich musst du dich nicht sorgen, Evren«, beruhigte Fatima ihn. »Ich habe stets meine Dienstwaffe bei mir. Mich verschleppt so schnell keiner.«

»Trotzdem sorge ich mich.«

Fatima lächelte. Sie liebte ihren Bruder dafür, dass er sie beschützen wollte, obwohl es ihr Job war, andere zu schützen.

»Aber ich rufe nicht nur deswegen an«, sagte ihr Bruder.

»Ach so?«

»Ja. Ich komme gleich vorbei und wollte fragen, ob du etwas brauchst, was ich dir vielleicht mitbringen kann.«

Erneut musste sie lächeln. Ihr Bruder war Staatsanwalt, der beste in ihren Augen. Beruflich musste er oft vorbei kommen, dann nahm er sich auch stets die Zeit, um nach seiner kleinen Schwester zu sehen.

»Nein, ich brauche nichts«, lehnte sie freundlich ab. »Aber danke.«

Trotzdem beschloss er: »Ich bringe dir ein Sandwich vorbei. Damit du mal etwas Ordentliches isst! Mama macht sich ständig sorgen, weil du so dünn bist.«

Weil es keinen Sinn hatte, zu verneinen, und weil sie so erzogen wurde, widersprach sie nicht.

Nicht, das Fatimas Erziehung streng gewesen wäre. Im Gegenteil. Sie hatte eine große und liebevolle Familie. Aber man hatte ihr Respekt vor älteren Personen beigebracht. Und eine Schwester widersprach dem großen Bruder nicht, wenn er sich liebevoll um sie kümmerte.

»Ist gut, bis gleich«, erwiderte Fatima noch, dann legte sie auf.

Evrens Besuche in ihrem Büro hatten aber noch einen Grund: Norman.

Fatimas Bruder war wenig begeistert darüber, das sie mit einem Mann zusammenarbeitete, weshalb er so oft er konnte vorbei kam und nach dem Rechten sah. Und natürlich um Norman immer wieder deutlich einzutrichtern, das er die Finger bei sich behalten sollte.

Aber so war das gar nicht zwischen ihr und ihrem Partner. Sie waren wirklich ausschließlich Arbeitskollegen. Nicht mehr aber auch nicht weniger.

Obwohl Fatima natürlich zugeben musste, das sie ihn sehr mochte. Er sah gut aus und war ein toller Ermittler. Leider würde zwischen ihnen aber nie etwas passieren. Dafür waren ihre Ansichten wohl zu verschieden.

Norman war zu sehr auf seine Arbeit konzentriert, während Fatima ein Familienmensch war und sich nach Heirat und Kindern sehnte. Norman sagte immer, er habe nur flüchtige und unkomplizierte Beziehungen, das missfiel Fatima. Sie war da eher ... altmodisch.

Natürlich hatte auch sie Beziehungen gehabt. Sie war lange mit ihrem ersten Freund zusammen gewesen, bis er sie dann wegen einer anderen verlassen hatte. Wäre das nicht geschehen, hätte Fatima ihn ganz sicher geheiratet. Seither hatten sich keine sexuellen Beziehungen mehr ergeben.

Nun wartete sie einfach ab, in der Hoffnung, dass bald »der Richtige« auftauchen würde. Bis dahin würde sie sich ihrer Arbeit verschreiben. Und das war nun wichtiger denn je. Sie musste die junge Frau lebend finden! Alles andere würde sie sich selbst nie verzeihen können.

Willenbrecher

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