Читать книгу Gleichnisse - Kurt Erlemann - Страница 20

1. Etymologie und Funktion

Оглавление

Der Begriff Metapher bedeutet etymologisch eine Übertragung (gr. metaphorá) bestimmter Merkmale eines Wirklichkeitsbereiches auf einen anderen.1 Literaturwissenschaftlich gesprochen, werden bei der Metapher Bedeutungsanteile von einem Bildspender auf einen Bildempfänger übertragen.2

Beispiel: Bei der Metapher ‚Achill ist ein Löwe‘ ist die Tierwelt der Bildspender und die Menschenwelt der Bildempfänger.

Die beiden ursprünglich unabhängigen Wirklichkeitsbereiche werden durch die Metapher (wie durch den Vergleich) zusammengebracht und in ihrer punktuellen Vergleichbarkeit bzw. Unvergleichbarkeit transparent. Hierdurch wird eine neue Sicht auf beide Bereiche ermöglicht: Es werden neue Sinnbezüge geschaffen, Erfahrungen gebündelt, die Alltagswirklichkeit neu gedeutet und Emotionen wachgerufen (po[i]etische Funktion). Damit leisten Metaphern einen wichtigen Beitrag zur Erschließung von Wirklichkeit: Neues, Unbekanntes wird durch Analogieschluss mit Bekanntem greifbar oder in seiner Differenz verstehbar. Diese Entdeckung führte in den 1960er Jahren zu einer Neubewertung der Metapher (→ 2.2.3b). Die Entdeckung der po(i)etischen Funktion der Metapher ergänzt die frühere Ansicht, Metaphern dienten lediglich der Illustration eines unanschaulichen Sachverhalts oder Geschehens. Wäre dem so, wäre die Metapher durch klares Benennen des Vergleichspunkts übersetzbar und ersetzbar:

Beispiel: ‚Achill ist ein Löwe‘ wäre dann etwa durch die Auskunft ‚Achill ist sehr stark‘ zu ersetzen – die ‚uneigentliche‘ Rede (Achill ist ja kein Löwe!) durch eine ‚eigentliche‘ Rede (Achill ist sehr stark).3

Die po(i)etische Funktion und die grundsätzliche Mehrdeutigkeit (Polyvalenz, bleibender Sinnüberschuss) lassen die Metapher indes unersetzbar erscheinen.

Metaphern zielen, gerade weil sie unübersetzbar sind, auf die Erfahrung, sie wollen in der Praxis des Lebens angewendet werden.4

Metaphorische Mahnreden wie Lk 10,2 (‚bittet den Herrn der Ernte‘) oder Mt 8,22 (‚lasst die Toten ihre Toten begraben‘) bestätigen die Aussage von Hans Weder.

Gleichnisse

Подняться наверх