Читать книгу Der Zorn der Hexe - Lars Burkart - Страница 7
5. Kapitel
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Die Menschen haben sich ein interessantes Sprichwort angeeignet: Blut ist dicker als Wasser. Nun, anscheinend war da tatsächlich etwas dran. Oder wie ließ es sich sonst erklären, dass Sabine tatsächlich in den Keller ging, sogar mehr als einmal, und alle Unterlagen nach oben trug? Sie tat es für ein Familienmitglied, von dem sie nicht einmal wusste, ob es diese Person tatsächlich gab. Für einen Fremden hätte sie das bestimmt nicht getan.
Während dieser Zeit kamen ihr Gedanken, warum das Ganze absurd war, hirnrissig. Ihr Vater hätte ihr doch bestimmt erzählt, wenn er noch Schwester oder Bruder gehabt hätte, oder? Und in der gleichen Sekunde: Warum hätte er es tun sollen? Na schön, na schön, sie wusste es nicht – und konnte nur hoffen, dass sie Anhaltspunkte fand, die das entweder belegten oder nicht.
Sie schaffte alles aus dem Keller – und danach war sie geschafft. Sie hatte ohne Unterbrechung Stunden geschuftet, und jetzt verlangte ihr Körper, was ihm zustand. Er wollte schlafen, ruhen. Doch noch konnte sie nicht. Sie musste noch etwas schleppen. Es war nämlich fraglich, ob sie noch einmal hinunter in den Keller ging, wenn sie jetzt aufhörte, sich schlafen legte und alles beließ, wie es war. Nein, diesen Mut brachte sie dann ganz gewiss nicht noch einmal auf …
Eineinhalb Stunden und unzählige Treppenstufen später war sie endlich fertig und gestattete ihrem Körper eine Pause. Sie hatte eigentlich nur vorgehabt, sich kurz hinzusetzen, ein paar Minuten zu verschnaufen und sich dann die Akten anzusehen. Doch ihre Müdigkeit machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie schlief nämlich so ein, wie sie dasaß – am Küchentisch, die Arme verschränkt, Stapel von Papier vor sich auf dem Tisch und zu ihren Füßen noch jede Menge andere, die Beine langgestreckt und den Kopf nach hinten gefallen. Nur einen Augenblick später fielen ihre Arme schlaff zu Boden, und dann drang auch schon der erste Schnarcher aus ihrem Mund. Ihre Rechte zitterte noch ein paar Mal leicht, doch dann war auch das vorbei. Sabine saß still wie eine Wachsfigur in der Küche.
Sie hatte mehrere Stunden geschlafen. Nun fühlte sie sich wie gerädert. Nicht nur, dass sie jetzt fast noch müder war als zuvor, nein, zur Krönung hatte sie auch noch einen steifen Hals und kreischenden Kopfschmerz. Dem konnte sie mit ein paar Aspirin Einhalt gebieten, aber was den steifen Hals anging, war sie mit ihrem Latein am Ende.
In einem Märchen heißt es: Die Prinzessin erwachte nach einem Jahrhundert des Schlafes selig und ausgeruht durch den Kuss eines Prinzen. Nun, Sabine war weder selig noch ausgeruht, und wenn jemand den Fehler begangen hätte, sie jetzt anzusprechen, hätte dieser Jemand mit seinem Leben gespielt. Dagegen wären die Abenteuer hierher, durch die dichte Dornenhecke hindurch und so weiter, nur Peanuts gewesen. Aber Sabine war ja auch keine Prinzessin.
Sie rekelte sich auf dem unbequemen Stuhl, streckte Arme und Beine weit von sich und grummelte missmutig. Sie war noch so müde. Sie hätte wie ein Baby weiterschlafen können, einfach nur schlafen. Babys hatten es so gut. Warum hatte das nicht so weitergehen können? Wäre `ne feine Sache, nur zum Füttern und Windelwechseln aufwachen und den Rest des Tages schlafen. Jau, das wäre was für meinereiner, hätte Bugs Bunny wohl gesagt und dabei zufrieden an seiner Möhre geknabbert.
Sabine stützte sich mit den Händen auf die Tischkante und erhob sich. Und da merkte sie, wie erschöpft sie war. Es bereitete ihr eine gewaltige Anstrengung, sich aufzurichten. Und dann auch noch gerade stehen bleiben? Vielleicht noch, ohne sich irgendwo abzustützen? Nein, das ging nun wirklich nicht! Es musste aber gehen. Sie konnte unmöglich alle Zeit hier stehen bleiben. Oder vielleicht doch? Ach, Unsinn.
Noch ein paar Sekunden blieb Sabine in dieser gebückten Haltung sitzen, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie nun stehen, sitzen oder liegen wollte. Dann fasste sie sich und richtete sich auf.
Und dann dauerte es auch gar nicht mehr so lange, bis sie sich wieder den Schriftstücken widmete.