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Kapitel 1:
Einleitung

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Corona. Kein anderes Wort dominiert die Medienlandschaft im Jahre 2020 so sehr wie dieses. Das ist kaum verwunderlich, gibt es doch kaum ein stärker einschneidendes globales Ereignis in den letzten Jahren als die Corona-Pandemie. Die damit verbundenen Auswirkungen auf alle Menschen in Deutschland, aber auch in Europa und auf dem gesamten Globus werden dementsprechend in den Nachrichten, den sozialen Netzwerken und vorrangig im sozialen Miteinander eines jeden Einzelnen widergespiegelt.

Der Beginn der Corona-Pandemie stellt daher auch einen Bruch zum vorherigen Weltgeschehen dar. Besonders in der westlichen Welt befand sich das Leben in den letzten Jahren in vielen Ländern auf der Überholspur. Wirtschaftlicher Aufschwung, ein größer werdendes Realeinkommen, sinkende Arbeitslosenquoten und zunehmender Komfort sind nur wenige Kennzahlen, die das Leben in Europa, Nordamerika, aber sicherlich auch Teilen der gesamten Welt »vor Corona« bestimmt haben. Hinzu kommt ein immer schneller werdender technischer Fortschritt, der es nahezu jeder Person ermöglicht, ohne Zeitverzug auf dem ganzen Planeten Kontakte zu knüpfen, der Arbeit nachzugehen oder mit FreundInnen zu kommunizieren. Dass der – vielmals auch kritisierte – technische Fortschritt unwesentlich später eine der bedeutsamsten Ressourcen im Kampf gegen das Virus sein würde, war gegen Ende des Jahres 2019 sicherlich noch nicht im Fokus.

Zum Jahreswechsel 2019/2020, spätestens aber im Januar 2020, kam es zu vermehrten Berichterstattungen über ein neuartiges Virus, das mutmaßlich auf einem Wildtiermarkt in der chinesischen Millionenstadt Wuhan auf den Menschen übergetreten ist. Nach ersten Analysen konnte es in die Familie der Coronaviren eingeordnet werden, eine Virusfamilie, die für zahlreiche Erkältungskrankheiten ursächlich und seit vielen Jahren bekannt ist. Über die genaue Herkunft des als SARS-CoV-2 bezeichneten neuartigen Coronavirus wurde viel spekuliert und auch abschließend kann nicht eindeutig geklärt werden, ob in Wuhan wirklich die Erstübertragung auf einen Menschen stattgefunden hat. Diese Unklarheit über die Herkunft des Virus ist wohl auch auf die EntscheidungsträgerInnen in China zurückzuführen. Sie spielten die Verbreitung des Virus und die damit verbundene, als COVID-19 bezeichnete Krankheit solange herunter, bis in China die Infektionszahlen explosionsartig in die Höhe schossen, Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenzen kamen und auch die Todeszahlen stark anstiegen. Trotz der alarmierenden Zahlen wurde das Virus in Europa und den USA lange nicht als Bedrohung angesehen, auch dann noch nicht, als auch bei uns in Deutschland die ersten Infektionszahlen vermeldet wurden. Dennoch wurden schon im Januar und Anfang Februar durch Gesundheitsämter bereits systematisch Infektionscluster aufgespürt und infizierte Personen in Quarantäne geschickt – eine Begrifflichkeit, die im Jahre 2020 eine Renaissance erlebt hat. Nur wenige Wochen später nahm auch in Europa das Infektionsgeschehen exponentiell zu, sodass zum ersten Mal von einer »Corona-Pandemie« gesprochen wurde und anfängliche Eindämmungsmaßnahmen der Gesundheitsämter keine Wirkung mehr zeigen konnten. In Italien, Spanien, Österreich, aber auch in Deutschland stiegen die Infektionszahlen drastisch an, sodass zunächst als dystopisch anmutende Maßnahmen zur Realität wurden: Als bundesweit schrittweise – oder spätestens ab dem 22. März – Geschäfte geschlossen wurden, Home-Office für viele BürgerInnen zur Pflicht wurde und andere gar Kurzarbeit antreten mussten, war die Pandemie in Deutschland endgültig angekommen. Für viele von uns bedeutete dies eine plötzliche Neuausrichtung alltäglicher Gegebenheiten: Aus dem Restaurant- oder Barbesuch mit FreundInnen wurde maximal ein gemeinsames Kochen mit dem besten Freund oder der besten Freundin. Aus großen Besprechungen in Konferenzräumen wurden Online-Meetings. Und aus Konzert- oder Theaterbesuchen wurden Filmabende – zum Teil allein vor dem Fernseher. Alle Maßnahmen bedeuteten teilweise schmerzhafte Einschnitte in die Lebensqualität. Nicht verwunderlich erscheint es daher, dass bereits im März die Entscheidungen der Bundesregierung, einen sogenannten »Lockdown« durchzusetzen, vielerorts kritisiert wurden. Neben der Beeinträchtigung des »Freizeitsektors« mussten viele MitbürgerInnen um ihren Arbeitsplatz kämpfen oder haben diesen inzwischen verloren. Da Deutschland allerdings so schnell mit starken Maßnahmen und Kontaktbeschränkungen auf die Situation reagiert hat, kann heute gesagt werden, dass im Frühjahr 2020 das Infektionsgeschehen verlangsamt und Überlastungssituationen in den Krankenhäusern weitestgehend vermieden werden konnten.

Die zum Sommer sinkenden Infektionszahlen gaben ein vermeintliches Gefühl der Sicherheit: Bis vermutlich im Jahr 2021 ein Impfstoff vorhanden sein würde, könne das Infektionsgeschehen in Schach gehalten werden. Die Einschätzungen, dass ein Impfstoff für das Jahr 2021 zur Verfügung stehen würde, scheinen sich zu bestätigen. Die deutsche Firma »Biontech« vermeldete gegen Anfang November einen Durchbruch bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen COVID-19.

Die AutorInnen verfassen dieses Buch im Oktober und November 2020. Mit Beginn des Herbstes sind die Infektionszahlen dramatisch angestiegen und haben die bisherigen »Spitzenwerte« aus März und April bei Weitem übertroffen. Trotz der steigenden Fallzahlen und der damit verbundenen schweren Verläufe durch COVID-19 werden in Deutschland die Stimmen sogenannter »Corona-Kritiker« immer lauter. Viele von ihnen werden als »Corona-Leugner« bezeichnet, da sie teilweise die Krankheit für nichtexistent halten oder aber wissenschaftsbasierte und politische Entscheidungen kategorisch ablehnen. Dass politische Entscheidungen in einer demokratischen Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, ist der Grundstein einer funktionierenden Teilhabe aller BürgerInnen am Gemeinwesen. Das Leugnen wissenschaftlicher Fakten lehnen allerdings alle AutorInnen dieses Buches vehement ab. Wir alle vertreten die Auffassung, dass COVID-19 eine ernstzunehmende Krankheit ist, die bei vielen Menschen symptomlos oder nur mit leichten Krankheitserscheinungen abläuft, in einigen Fällen aber sehr wohl extrem schwere oder gar tödliche Verläufe zeigt. Hiervon sind insbesondere ältere und vorerkrankte Personen betroffen. Zudem kann es in allen Altersgruppen zu den verschiedensten Folgeerkrankungen kommen, sodass viele Kliniken bereits sogenannte Post-COVID-Ambulanzen eingerichtet haben. Gezielt wollen wir daher mit diesem Buch dazu beitragen, das Virus besser zu verstehen und wissenschaftliche Erkenntnisse mithilfe von Texten und Do-It-Yourself Experimenten zu vermitteln.

Doch was genau ist die Motivation, ein solches Buch zu schreiben?

In den politischen, gesellschaftlichen, aber zum Teil auch in den wissenschaftlichen Debatten der vergangenen Monate ist festzustellen, dass sich einige »Mythen« zum neuartigen Virus pandemieartig über den gesamten Globus verteilen. So wird beispielsweise davon gesprochen, dass das Coronavirus im Sommer harmloser als im Winter sei, dass Masken keinen ausreichenden Schutz bieten würden, dass Desinfektionsmittel auch über eine Injektion verabreicht werden könnten, oder dass der vielfach erwähnte PCR-Test keine Aussagekraft besäße. Insgesamt 14 dieser und weiterer Mythen nimmt das Buch auf den Prüfstand: Was ist wahr, wohinter stecken gut gemeinte Ideen und was ist wirklich in das Reich der Mythen einzuordnen? Wir wollen mit diesem Buch eine innovative Form von Wissenschaftskommunikation betreiben, mit der wir bewusst Personen jeder Altersgruppe und unabhängig ihres naturwissenschaftlichen Vorwissens ansprechen. Alle LeserInnen erhalten daher zu jedem Mythos zunächst eine allgemeinverständliche fachliche Einordnung, um wichtige Grundlagen des jeweiligen Kapitels zu verstehen. Diese Grundlagen werden durch übersichtliche Infoboxen begleitet, in denen Fachbegriffe und Zusammenhänge erläutert werden. Danach sind die LeserInnen herzlich eingeladen, zu den vorgestellten Mythen selbst experimentell aktiv zu werden. Im Buch können daher spannende Experimente zur Schmierinfektion oder zur Wirkung verschiedener Maskenarten durchgeführt, die Geheimnisse hinter Desinfektionsmitteln und Seife entdeckt oder Simulationen erprobt werden, in denen Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus getroffen werden müssen – ganz im Sinne eines Bürgermeisters oder einer Bürgermeisterin einer Kleinstadt.

Unser Anspruch dabei ist es, aktuelle wissenschaftliche Informationen zum Thema Corona unterhaltsam und experimentell zu vermitteln, um die LeserInnen mit dem nötigen Wissen rund um das Thema auszustatten. Es ist wichtig, nicht unreflektierte Informationen in der realen oder der digitalen Welt zu verbreiten, sondern ein »kleiner Experte« im Zusammenhang mit der Corona-Krise zu sein. Je mehr jeder Einzelne über Virusinfektionen und vor allem über das Coronavirus weiß, desto besser gelingt es, Falschinformationen gezielt aufzudecken, Mythen mit Sachverstand zu prüfen und somit selbst ein wichtiger Bestandteil im Kampf gegen das Virus zu sein. So kann jeder von uns verantwortlich für sich und seine Mitmenschen durch die Pandemie gehen. Vielleicht kann es dann auch schneller als gedacht gelingen, die Infektionszahlen nachhaltig zu senken, erfolgreiche Medikamente oder Impfungen gegen das Coronavirus zu entwickeln und einzusetzen und so wieder ein Stück weit »Normalität« einkehren zu lassen.

Liebe LeserInnen, wir wünschen viel Spaß beim Lesen, Ausprobieren, Tüfteln und hoffentlich auch beim Verbreiten der Inhalte dieser Lektüre!


Corona zwischen Mythos und Wissenschaft

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