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Kapitel 4:
Viren, wo man nur hinfasst?

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Noch bevor der Supermarkt betreten wird, startet die Konfrontation mit dem Coronavirus. Zunächst ist der Einkaufswagen an einer Desinfektionsstation gründlich zu reinigen, dann kommt die Maske hinzu. Auch die Hände selbst können zumeist vor dem Eingang noch einmal desinfiziert werden und beim Greifen der Lebensmittel wird sich der ein oder andere vielleicht schon gefragt haben, ob nicht auch diese mit dem Coronavirus behaftet sein können. Schließlich erfolgt an der Kasse zumeist die kontaktlose Zahlung, da das Bargeld‌ als Risikofaktor gilt. Zum Schutz vor kontaminierten Oberflächen tragen einige sogar Handschuhe‌.

Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung der ‌Verbreitung des Coronavirus ist eine gründliche Hygiene. Aber muss beim Anfassen eines Einkaufswagens, von Türklinken oder Kleingeld wirklich befürchtet werden, dass das Virus überall verteilt wurde? Kann das Coronavirus hier länger existent und infektiös sein?

Es gibt im Großen und Ganzen zwei Möglichkeiten zur Übertragung der Coronaviren, wie auch für die meisten anderen Viren: Als Erstes über die Luft durch Tröpfchen‌ und Aerosole‌ (siehe Kapitel 6) und als Zweites durch die Kontaktinfektion‌, auch bekannt als Schmierinfektion‌. Damit ist jede Übertragung von Viren durch Berührungen gemeint. Diese werden zum Beispiel über Nasensekret oder Schleim verteilt, in welchen sich viele Viren ansammeln, da der Körper über diese Flüssigkeiten versucht, Viren und andere Krankheitserreger loszuwerden. Hier kann die Virenverbreitung in zwei Varianten eingeteilt werden.


TRÖPFCHEN UND AEROSOLE:

Tröpfchen sind »größere« Teilchen in der Luft mit einem Durchmesser von mehr als 5 Mikrometern, die relativ schnell zu Boden sinken. Die Größe kleinster Tröpfchen ist vergleichbar mit weniger als einem Zehntel der Dicke eines handelsüblichen Blattes Papier. Aerosole sind sehr fein verteilte Teilchen, die einen Durchmesser von 0,1 bis 5 Mikrometern haben und in Gasen und auch in der Luft schweben bleiben. 0,1 Mikrometer entsprechen ungefähr einem Tausendstel der Dicke eines menschlichen Haares. Beide bestehen aus viruslastigem Sekret, das beim Husten oder Niesen in die Umgebung gelangt.


Abbildung 4.1: Viren auf der Handoberfläche

Das Händeschütteln ist während der Corona-Pandemie zu einem Tabu geworden, und das aus gutem Grund, da auf diesem Weg eine direkte Kontaktinfektion verhindert werden soll. Dieser Übertragungsweg läuft wie folgt ab: Eine Person, die mit dem Coronavirus infiziert ist, niest oder hustet den mit Coronaviren belasteten Speichel oder das Nasensekret in seine oder ihre Hand. Durch das Händeschütteln mit einer zweiten Person, der Kontaktperson‌, werden Rückstande der mit den Viren belasteten Flüssigkeiten übertragen, sodass sich die Viren nun auch auf der Hand der Kontaktperson befinden. Dadurch ist die Kontaktperson aber nicht sofort infiziert, denn dazu kommt es erst, wenn die Coronaviren bis an die Schleimhäute‌ im Gesicht gelangen, zu denen die Nasen- und Mundschleimhaut sowie die Augenbindehaut zählen. Und das funktioniert schneller als gedacht. Wenn jemand sich ins Gesicht fasst, werden die Coronaviren in die Nähe der Schleimhäute gebracht und das geschieht beim Menschen etwa 20 Mal pro Stunde. Alles in allem kann gesagt werden: Wer einer infizierten Person die Hand gibt, riskiert eine direkte Kontaktinfektion.


Abbildung 4.2: Eintrittspforten für Viren sind die Schleimhäute im Gesicht.

Bei der Kontaktinfektion können die Coronaviren auch eine kurze Umleitung nehmen, denn viele Wege führen zum Ziel. Bei der indirekten Kontaktinfektion niest oder hustet die infizierte Person direkt auf eine Oberfläche, wie beispielsweise einen Türgriff, auf den Griff eines Einkaufswagens oder sogar auf Lebensmittel im Supermarkt. Benutzt eine weitere Person dann diesen Gegenstand, fasst sie ihn mit den Händen an. Nun befinden sich die Viren an den Händen der Kontaktperson, sodass sich das Risiko einer Infektion erhöht, weil der Weg zu den Schleimhäuten nicht mehr weit ist. Für den Fall, dass die infizierte Person nicht direkt auf einen Gegenstand hustet, sondern in die Hand, gibt es einen zusätzlichen Zwischenstopp der Viren auf dem Weg zur nächsten Kontaktperson. Dass die Viren bei diesem Umweg noch unbeschadet zum Ziel kommen, ist eher unwahrscheinlich, aber auch möglich.


Abbildung 4.3: Übertragungsweg durch Kontaktinfektionen

Zum Schutz vor Kontaktinfektionen kommen zum Beispiel beim Lebensmitteleinkauf oftmals Handschuhe zum Einsatz, die ihren Trägern das Gefühl von Sauberkeit und Sicherheit geben. Das ist aber nur der Fall, wenn sie korrekt angewendet werden, denn Erreger wie die Coronaviren haften auch an den Handschuhen. Die Wahrscheinlichkeit einer Kontaktinfektion ist daher unabhängig vom Tragen von Handschuhen gleich groß. Dies liegt vorrangig daran, dass auch mit Handschuhen ein Griff ins Gesicht möglich ist und so Viren in die Schleimhäute gelangen können. Vielmehr können Handschuhe dazu verleiten, unvorsichtig zu agieren, da sie ein vermeintliches Hygiene- und Sicherheitsgefühl vortäuschen. Die WHO‌ empfiehlt daher auch, anstelle des Tragens von Handschuhen auf eine gute ‌Handhygiene zu achten. Handschuhe bieten sich nur dann an, wenn sie im Sinne von Einmalhandschuhen unmittelbar nach dem Gebrauch sicher entsorgt werden.


WHO:

Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) ist die weltgrößte internationale Behörde, die sich um das öffentliche Gesundheitswesen kümmert. Sie ist den Vereinten Nationen (UN) unterstellt und hat ihren Sitz in Genf in der Schweiz.

Ziel der WHO ist es, allen Menschen der Welt ein gesundes Leben zu ermöglichen, sodass jeder ein soziales und wirtschaftlich produktives Leben führen kann.


Unter anderem koordiniert die Weltgesundheitsorganisation nationale und internationale Aktivitäten beim Kampf gegen Infektionskrankheiten, erhebt und analysiert Gesundheits- und Infektionsdaten, hilft beim Aufbau kostengünstiger und effektiver Gesundheitssysteme in Entwicklungsländern und verfasst den jährlichen Weltgesundheitsbericht, in dem über die weltweite Gesundheitsversorgung berichtet wird. In diesem Zusammenhang überwacht die WHO auch das globale Infektionsgeschehen der Corona-Pandemie und gibt Empfehlungen zur Krisenbewältigung für verschiedene Staaten heraus. Die WHO stufte die Corona-Pandemie am 11. März 2020 als Pandemie ein, nachdem sie sich bereits in Asien (vor allem China) und Teilen Europas, vorrangig Italien, ausgebreitet hatte. Dies wurde von verschiedenen Staaten, beispielsweise den USA, als zu spät kritisiert.

Beim längeren Tragen von Handschuhen kann es darüber hinaus passieren, dass das Material porös wird und die Erreger nicht mehr vollständig von den Händen abgehalten werden können. Beim Einkauf im Supermarkt bleibt dies aber unbemerkt. Durch die unter den Handschuhen entstehende Feuchtigkeit auf der Hand kann darüber hinaus die Hautbarriere angegriffen werden, wodurch sich Erreger leichter auf den Händen ansiedeln.

Für ÄrztInnen und PflegerInnen im klinischen Bereich ist das Tragen von Einmalhandschuhen hingegen sinnvoll, da dort ein hohes Infektionsrisiko zu erwarten ist. Im Gegensatz zu Laien sind die medizinischen Fachkräfte in der Benutzung von Handschuhen geschult und wissen genau, was zu beachten ist.

Falls die Erfahrung gemacht wurde, sich beim Tragen von Handschuhen seltener ins Gesicht zu fassen, dürfen natürlich auch weiterhin Handschuhe zum Schutz vor einer Infektion getragen werden. Dabei sind aber keine medizinischen Handschuhe notwendig, sondern es genügen bereits normale Handschuhe, beispielsweise aus Baumwolle, um diesen Effekt zu erzielen. Dies entbindet aber keinesfalls vom Händewaschen oder einer Händedesinfektion vor und nach dem Einkaufen.


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