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3 Ästhetik des Performativen und ihre Merkmale nach Fischer-Lichte

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Ausgehend von ihren Untersuchungen zum Performativitätsparadigma entwickelt Fischer-Lichte eine Ästhetik des Performativen, in der sie sich vor allem auf zeitgenössisches Theater und Performance-Kunst bezieht, jedoch gleichzeitig den Aufführungsbegriff erweitert. Wie sich zeigen wird, ist die Ästhetik des Performativen auch auf andere Arten von Aufführungen anwendbar. Grundsätzlich beschäftigt sich diese Ästhetik mit Kunstereignissen, wobei der wichtigste Aspekt dabei das Zusammentreffen von Akteuren und Publikum und die gegenseitige Wirkung aufeinander bzw. die darauf resultierenden Effekte sind, die erst das Kunstereignis hervorbringen.

Die Voraussetzung für das Stattfinden eines performativen Ereignisses bzw. einer Aufführung ist die gleichzeitige Anwesenheit von Akteuren und Zuschauern in einem Raum. Fischer-Lichte nennt dies leibliche Ko-Präsenz und bezieht sich dabei auf die Definition des Germanisten Max Herrmann vom Anfang des 20. Jahrhunderts: „Damit eine Aufführung stattfinden kann, müssen sich Akteure und Zuschauer für eine bestimmte Zeitspanne an einem bestimmten Ort versammeln und gemeinsam etwas tun.“ 28 Leibliche Ko-Präsenz geht hier über reine Anwesenheit hinaus. Auf den Aspekt der Präsenz wird im Kapitel zur Körperlichkeit noch näher eingegangen. Weitere Eigenschaften von Aufführungen sind nach Fischer-Lichte ihre Unwiederholbarkeit, Ereignishaftigkeit, Unvorhersehbarkeit und die sich ereignende Interaktion. Aufführungen sind immer performativ, da Handlungen vollzogen werden, die selbstreferentiell und wirklichkeitskonstituierend sind.

„In der Aufführung […] kommt es zu einer einmaligen, unwiederholbaren, meist nur bedingt beeinfluss- und kontrollierbaren Konstellation, aus der heraus etwas geschieht, das sich so nur dieses eine Mal ereignen kann – wie es eben unvermeidlich ist, wenn eine Gruppe von Akteuren mit einer Zahl von Besuchern mit unterschiedlichen Gestimmtheiten, Launen, Wünschen, Vorstellungen, Kenntnissen etc. zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort konfrontiert werden.“ 29

Zudem sind Aufführungen – im Gegensatz zu traditionellen Kunstwerken – flüchtig und nicht fixier- oder tradierbar. „Sie erschöpfen sich in ihrer Gegenwärtigkeit.“ 30

Bedingt durch die zunehmende Medialisierung der Kultur, rückte in den 1990er Jahren die Diskussion um leibliche Ko-Präsenz von Akteuren und Zuschauern und ihre ‚liveness‘ besonders in den USA vermehrt in den Mittelpunkt. Das „Wirkpotenzial von Aufführungen“ 31 wurde mit ihrem Live-Charakter in Verbindung gebracht. Nach Philip Auslander ist das Bewusstsein für die Wirkung von ‚liveness‘ erst durch die Entwicklung der Aufnahmetechniken und der dadurch ermöglichten medial übertragbaren Aufführungen entstanden.32 Jegliche Art von Aufführung in Kunst, Politik oder Sport konnte durch die neuen technischen Möglichkeiten medial zugänglich gemacht werden. Ohne die Gleichzeitigkeit und die leibliche Ko-Präsenz kann sich jedoch keine feedback-Schleife entwickeln.

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