Читать книгу Ceras Abenteuer - Das Geheimnis der schwarzen Stute - Lena Wege - Страница 20
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5. Geschenkt
Cera wollte gar nichts von alledem. Sie träumte gerade von Firefly, wie sie mit ihm durch die Wiesen jagte. Cailie ritt weit hinter ihnen, sie wurden immer schneller, Firefly hob ab ...
„Cera“, sagte auf einmal eine vorsichtige Stimme. „Wir müssen mal mit dir reden.“ Maggy stand neben ihr und stupste sie in die Seite. Sie standen alleine auf dem Turnierplatz. Alle Zuschauer waren gegangen und auch der Turm war leer. Das Turnier war vorbei. Auch die anderen Mädchen, sogar Cailie, waren nicht mehr da. Wolken bedeckten die Sonne und die Ränge der Arena, durch die leere Getränkebecher und Müll fegten, lagen grau und verlassen da.
Maggy und sie stiegen schweigend die Treppen hoch in Borkins Büro. Grinsend saß dieser am Schreibtisch. „Tja. Wer hätte es gedacht?“, sagte er und sah Maggy erwartungsvoll an.
Diese holte tief Luft und blickte hinüber zu den fünf Mädchen aus der Reitgruppe, die alle in einer Zimmerecke standen und stumm dem Gespräch lauschten „Also“, fing Maggy schlicht an. „Wir möchten dir danken, Cera. Wir haben uns entschlossen, dir das Pferd zu schenken, das wir gewonnen haben.“
Cera erschrak sich so sehr, dass sie rückwärts zur Tür hinausstolperte. „Schenken? Wieso?“, keuchte sie entsetzt.
„Cera, ohne dich hätten wir das Turnier NIE gewonnen. Erstens, du bist auf die Idee mit dem Hindernis gekommen, das Bernd Borkin gezeigt hat, dass die meisten Pferde ihrem Reiter nicht vertrauen. Und zweitens, du hast den Vertrauensparcours ohne Fehler gemeistert, das hätte kein anderer von uns gemeistert. Ohne dich hätten wir das nicht geschafft, Cera. Du hast uns beinahe so viele Punkte eingebracht, wie manch eine andere Gruppe nicht bis zum Ende bekommen hat. Du hast dir den Hauptpreis wirklich verdient. Außerdem wissen wir alle, wie sehr du dir ein eigenes Pferd wünscht!“
„Aber, aber ...“, stammelte Cera. In diesem Moment entglitt ihr die Fassung völlig.
„Was aber?“, hakte Maggy lächelnd nach.
„Ich weiß doch noch gar nicht, ob meine Eltern einverstanden sind. Die sparen ja schon, dass sie meine Reitstunden bezahlen können. Ich hätte gerne einen Hannoveraner wie Cailie, aber der ist viel teurer als ein Shetty, ein Isländer oder so was Wetterfestes. Die sind robuster, außerdem glaube ich, die passen viel besser zu unserem Hof. Entweder müsste ich aufhören, Reitstunden bei euch zu nehmen, oder ich müsste mein Pferd zurückgeben“, folgerte Cera traurig.
Bedrücktes Schweigen lag im Raum. Bernd Borkin hatte sich zu der Sache noch gar nicht geäußert. Bis jetzt. „Aber ihr bekommt doch noch die 400 Euro“, meinte er dann.
Maggy schlug sich an die Stirn. „Ja sicher, du bekommst dann noch das Geld. Damit kannst du dein Pferd doch behalten.“
„Ja, aber alles Geld geht auch irgendwann zu Ende, dann habe ich die schönste Zeit mit meinem Pferd gehabt“, widersprach Cera niedergeschlagen.
Auf einmal kam Cailie langsam aus der Zimmerecke auf sie zugelaufen und legte ihrer Freundin vorsichtig die Hand auf die Schulter. Ihr Blick war beinahe aufgebracht, als sie Cera in die Augen sah und leise fragte: „Cera, du kannst doch auf Turniere gehen. Warst du es nicht immer, die uns gesagt hat, dass wir nie die Hoffnung aufgeben sollen? Dass es für alles einen Lichtblick gibt? Waren das nicht deine eigenen Worte?“
Cera schloss die Augen. Nach einer Weile merkte sie, dass sie gerade nicht ganz bei sich gewesen war. Nun besann sie sich wieder. Sie hätte gerade fast ihren allergrößten Traum vergessen. Das war ihre Chance! Sie bekam ein Pferd! Jahrelang hatte sie sich schon ein eigenes Pferd gewünscht. Jede Nacht hatte sie von ihm geträumt, immer war sie mit ihren Gedanken in diese Welt mit ihrem eigenen Pferd versunken. Und jetzt endlich war ihr Wunsch wahr geworden: Sie durfte sich ein Pferd aussuchen. Wie konnte sie diesen Freudenmoment nur überhören? Sie schlug die Augen auf. Alle sahen sie an. Cera lächelte. Das Grinsen wurde breiter, schließlich wirbelte Cera herum und schlug vor Freude einen Flickflack durch den Raum. Das hatte sie früher immer getan, wenn sie gute Noten in der Schule bekommen hatte, aber ein paarmal war sie schon von ihrem Lehrer verwarnt worden, weil die Schulmöbel unter ihrer ungezügelten Energie gelitten hatten, weswegen sie es nun nicht mehr tat.
„Ist mit Cera alles okay? Sie kann doch nicht in einen ihrer Pferdeträume versunken sein?“, fragte Nika ratlos, die um ein Haar Ceras Reitstiefel ins Gesicht bekommen hätte.
„Ich bekomme ein Pferd, ein Pony, ein Pferdchen, la la la la ...“, summte sie, während sie sich im Handstand mit ihren schmutzigen Reitstiefeln gegen die schneeweiße Wand lehnte. Alle anderen starrten sie fassungslos an. Besonders Bernd Borkin, dem geradezu die Augen aus dem Kopf quollen. Er wimmerte, als wäre er selbst die arme Tapete. Nach einer Weile stellte Cera sich wieder normal hin und betrachtete die Wand mit schief gelegtem Kopf. Ihr Gesicht war rot wie eine Tomate, weil sie so lange über Kopf gestanden hatte. „Was guckt ihr mich denn so an?“, fragte sie grinsend. Sie war im Moment noch zu benebelt, um klar zu denken.
„Was ging denn gerade mit dir ab?“, fragte Sally entgeistert.
„Leute, ich hab mich gefreut! Ich krieg ein Pferd, ich bin endlich von meiner schlimmen Krankheit geheilt!“
Einen Moment lang glotzten sie alle an, dann leuchteten ihnen Ceras Worte ein und sie liefen mit einem Freudengeschrei auf sie zu und umarmten sie, froh, dass Cera bald geheilt war. Bernd Borkin allein blieb stehen. Er wusste nicht, was das für eine Krankheit war. Vielleicht hatte dieses merkwürdige Mädchen eine Allergie oder wollte eine Pferdetherapie machen? Dann löste sich Cera aus dem Knäuel der Mädchen und sah Herrn Borkin strahlend an. „Vielen, vielen Dank, Herr ...“
„Borkin, Bernd Borkin. Kurz und leicht einprägsam“, lachte Herr Borkin so lebhaft, dass die drei Falten an seinem Hinterkopf und seinem Kinn zu wackeln begannen.
„Ja, ja, ich kenne Ihren Namen doch schon längst. Ich danke Ihnen so sehr! Ich kann es noch gar nicht richtig glauben, aber ... kann man sich da wirklich ein Pferd aussuchen?“
„Jawohl, ein Pferd aus meinem Gestüt.“
„Sie haben ein eigenes Gestüt?“, fiel Cera ihm neugierig ins Wort.
„Ähm ... jawohl, ich besitze ein Stück Land in diesem Tal. Na ja, es ist kein richtiges Gestüt, eher ... Ich kaufe und verkaufe ab und zu ein paar Pferdchen, ich sammle sie sozusagen, manchmal spanne ich sie vor die Kutsche oder gebe ein paar Reitstunden und ich stelle Hengste für Decksprünge zur Verfügung. Ich kreuze ein paar Rassen und gucke, was dabei rauskommt. Das Ergebnis verkaufe ich dann wieder oder behalte es, um weiterzuzüchten. Ich hab also sehr viele verschiedene Rassen in meinem Stall. Ähm, wo habe ich aufgehört?“
„Beim Gestüt!“, quatschte Cera hinein.
„Ach ja, ich habe alles da, alles zum Aussuchen. Einen Hengst, einen Wallach, eine Stute, ein Pony, ein Fohlen ...“
„Ein Fohlen? Kann man sich da auch ein Fohlen aussuchen?“, unterbrach Cera ihn abermals. Ihre Aufgeregtheit verdrängte all ihre Höflichkeit.
„Ähm ... natürlich, jede Fellfarbe, jeder Charakter. Kurz gesagt, ein Pferd nach Wunsch.“
Ein winziges Licht der Hoffnung glomm in Cera auf, leuchtend wie ein Glühwürmchen. „Krieg ich auch das Pferd von vorhin, das gestürzt ist?“, rief sie hoffnungsvoll und eine bittende Haltung einnehmend.
Bernd Borkin stutzte leicht, dann sagte er: „Tut mir leid, aber das Pferd gehört mir nicht.“
„Sie können es diesem Typen von Litzenstein doch abkaufen, oder?“, meinte Cera flehend. Wenn sie ein Pferd haben wollte, dann nur Firefly.
„Das habe ich schon versucht, gerade erst vor ein paar Wochen, aber er hat wahrscheinlich jeden, der das American Saddlebred haben wollte, abblitzen lassen“, sagte er bedauernd und kratzte sich zwischen den Falten im Nacken. Cera war enttäuscht. Sie ließ die Hände sinken. Gewaltige Enttäuschung überkam sie. Tränen stiegen ihr hoch. Nur mühsam konnte sie den gewaltigen Kloß im Hals herunterschlucken.
Bernd Borkin war ihre Enttäuschung nicht entgangen. „Das Pferd ist ja noch verschwunden. Vielleicht verkauft von Litzenstein den Hengst mir, wenn sie ihn gefunden haben. Vielleicht denkt er dann, das Pferd sei nicht mehr sicher bei ihm“, meinte er schnell.
„Aber das Pferd wurde doch bei Ihnen gestohlen, dieser Mann müsste doch jetzt denken, das Pferd wäre in Ihren Ställen nicht mehr sicher!“, wandte Cera ein und wischte schnell eine kleine Träne aus ihrem Augenwinkel.
„Ach komm, sei doch nicht so traurig. Herr Borkin hat doch ganz viele Pferde, da wirst du sicherlich eins finden, das noch schöner ist als dieses Saddlebred. Du weißt ja, es gibt immer zwei, die füreinander bestimmt sind. Prince Danny und ich haben uns gleich verstanden“, meinte Cailie und legte einen Arm um Cera.
Diese blickte traurig zu Boden. Vielleicht fand Cera wirklich noch ein Pferd, das genauso wie Firefly war. Manchmal kam etwas in das Leben spaziert, was man am wenigsten erwartet hätte.
Langsam gingen Cera und Cailie hinaus. Cera hatte sich noch einmal mit einem traurigen, aber dankbaren Lächeln verabschiedet. Auf einmal setzte sich die ganze Mädchentruppe in Bewegung und verschwand durch die Tür. Nur noch Maggy und Borkin standen im Raum.
„Also, ähm ... Ihr Turnier war sehr außergewöhnlich. Ganz anders als die anderen Turniere, bei denen wir bisher mitgeritten sind ...“, begann Maggy zögerlich.
„Ja, also, das sollte auch so sein. Als Junge fand ich Turniere langweilig. Immer dasselbe. Irgendwann wollte ich mal ein Turnier veranstalten, das anders als die anderen ist. Mit vielen Spielen, perfekt für Jugendliche wie mich damals. Ich kaufte mir das Gestüt und baute diesen Turnierplatz. Als dann ...“ Bernd Borkin erzählte Maggy über eine halbe Stunde die Geschichte seiner Karriere. Sie waren aus seinem Büro heraus und zum weißen Turm gegangen. Auf dem Dach des Turms war eine kleine Terrasse mit Stühlen und einem Tisch. Herr Borkin bestellte für sich und Maggy jeweils einen Kaffee und Donauwellen. Maggy stocherte gelangweilt in ihrem Tortenstück herum, bewunderte Borkin aber für seine Mühe.