Читать книгу Ariowist und Birkenfeuer - Lennart Pletsch - Страница 10
ОглавлениеProlog
Die altvertraute Furcht überkam den Jungen und er schreckte von seinem Lager auf. Das Herz pochte ihm bis zum Hals, verschreckt sah er sich um. In der Kammer herrschten Dunkelheit und Totenstille. Eine Grabkammer war dieser Raum für ihn wahrhaftig.
Der Mond warf seinen fahlen Schein durch das hohe Fenster des Turmes und tauchte die Betten um ihn herum in ein gespenstisches Schummerlicht. Schemenhaft konnte der Knabe die schlafenden Wächter erkennen, die dort lagen.
Es dauerte einen Augenblick, bis er begriff, dass er ganz Herr seiner Sinne war. Er war frei! In den Nächten ließ der Dämon von Zeit zu Zeit von ihm ab, jedoch nur, wenn der Junge schlief. Am Morgen dann dauerte es wenige Augenblicke, bis er wieder in sein Inneres fuhr. Selbst der böse Geist schien eine Ruhezeit zu brauchen.
Doch so plötzlich aus dem Schlaf erwacht, hatte sein Meister noch nicht vom ihm Besitz ergreifen können. Ein ungeheurer Gedanke überkam den Knaben: er konnte fliehen!
Er konnte entkommen und zurückkehren.
Nach Hause.
Nach Albenbrück.
Gerade wollte er sich von der Schlafstätte erheben, da ließ ihn eine Gestalt an der Wand erstarren. Das grässliche Schattenbild des Dämons war dort erschienen und prangte nun mit ausgebreiteten Schwingen über ihm. Das ausgefranste Federkleid und der Hakenschnabel waren trotz des begrenzten Lichtes deutlich zu erkennen. Ebenso zeichnete sich der kräftige Menschenkörper unter dem Gewand des Raubvogels auf der Mauer ab. Der Junge ließ alle Hoffnung fahren.
Er spürte, wie ihn der Geist mit kalten Händen umklammerte und ihn zurück auf das Lager drückte. Anfangs hatte er sich noch dagegen gesträubt. Längst aber hatte er begriffen, dass er dem Dämon machtlos ausgeliefert war, sobald dieser sich ihm zuwandte.
Lass endlich ab von mir!, sprach der Junge zu seinem Herrn. Er hatte rasch begriffen, dass ihr Gespräch ohne Worte auskam. Er konnte den Dämon zwar laut und deutlich hören, als stände er in Fleisch und Blut vor ihm. Doch seine eigenen Worte an den Geist sprach er nur in seinem Kopf aus: Ich bin dir doch längst nichts mehr wert!
„Du bist wertvoller als jeder andere Krieger. Es bedarf mehr als eines kräftigen Mannes für unsere Pläne“, raunte ihm der Geist zu, „denn das Fleisch ist schwach und auch der stärkste Hüne zerfällt alsbald zu Staub. Für unsere Pläne bedarf es viel mehr.“
Dein Wille ist nicht der meine, ist es nie gewesen!
„Ich spüre, wie sich eine Bedrohung auftut, die uns vernichten könnte.“
Du allein musst dich fürchten. Für mich gibt es nur Erlösung.
„Schweig still, du Narr!“, herrschte ihn der Dämon an und der Junge spürte, wie sich eisige Klauen um seine Gurgel legten.
„Wirst du mit mir vernichtet, verschmelzen unsere Geister bis in die Ewigkeit. Du wirst noch an mich gebunden sein, wenn das ganze Menschengeschlecht längst von dieser Welt hinweggefegt ist.“
Allmählich löste sich der Würgegriff wieder und der Junge atmete auf. Doch anstatt nun zu Kräften zu gelangen, schwanden ihm die Sinne und er fiel in einen dämmerartigen Schlaf, ohne aber ganz das Bewusstsein zu verlieren.
„Es wird sich bald unser Feind erheben und das Schwert aus seinem Verlies befreien, wo es schlummert seit so langer Zeit“, zischte der Dämon bedrohlich, „doch werden wir darauf gefasst sein. Wir werden ihn erwarten. Und wir werden ihn vernichten, so wie ich es dir weise.“
Ganz in seiner Trance gefangen, war dem Jungen, als gingen fremde Worte durch seinen Kopf.
Wer ist es, der das zustande bringen kann?
„Er ist erwacht“, zischte der Dämon, „es wird vollbracht. Das heilige Schwert aus der Dunkelheit zu bergen, Ödnis über die Insel zu bringen, Tod und Verderben. Es ist der Ariowist erwacht!“