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2. Das Schwert im Berg

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„Unser ganzer Dank gilt den tapferen Männern, die in der vergangenen Nacht Großes geleistet haben. Ihr seid die Verteidiger des Reiches und nicht nur der ganze Hof, sondern auch das ganze Volk schaut mit Bewunderung auf Euch.“

König Arkil hatte ein feierliches Gewand angelegt, er trug eine weite purpurne Robe, deren Kragen mit weißem Pelz besetzt war. Auf seinem Kopf saß die Reichskrone und strahlte im Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster des Thronsaals hinein schien. Es war spät am Nachmittag und der gesamte Hofstaat hatte sich im Saal versammelt, um der Ehrung beizuwohnen.

Dirion nahm kaum wahr, was sein Vater verkündete, denn er hatte nicht mehr schlafen können, nachdem er zum Schloss zurückgekehrt war. Nun hinderte ihn die Erschöpfung daran, seine Aufmerksamkeit auf die Ansprache zu richten. Außerdem waren es dieselben Floskeln, die er seit nunmehr fünf Jahren ständig zu hören bekam. Und er sah es inzwischen mehr als Pflichtgebot denn als Moment des Triumphs an, sich vor versammelter Gesellschaft lobpreisen zu lassen.

Das einzige, was ihn momentan beschäftigte, war eine bevorstehende Hochzeit.

„Also rufe ich Euch, Marschall Eristrian zu mir…“

Dirion ließ noch einmal die Geschehnisse der letzten Stunden an seinem inneren Auge vorbeiziehen. Nachdem er mit seinem Bruder zum Schloss zurückgeritten war, hatte er schnellstmöglich seine Gemächer aufgesucht, denn er hatte erwartet, darin Kyjera vorzufinden.

Doch sein Bett war leer gewesen und als er nach seinem Kämmerer rufen ließ, konnte dieser ihm bloß die Auskunft geben, dass sich seine Verlobte nach der Alarmierung nicht wieder in seinen Gemächern eingefunden hatte. Im Thronsaal war sie auch nicht gewesen, obwohl Dirion ihr doch ausdrücklich gesagt hatte, dass sie sich zu den anderen Edelleuten begeben sollte. Also war er, noch in kompletter Montur des Kampfes, quer durch das Schloss geeilt, um an ihren üblichen Aufenthaltsorten nachzuschauen.

Schließlich fand er Kyjera im Ostturm vor dem großen Fenster, das zum Meer gerichtet war. Von hier aus betrachtete sie die Sonne, welche in der Ferne über dem Wasser aufging. Da sie auf seine Ankunft nicht reagierte, ging er auf sie zu und verharrte einen Augenblick.

Unschlüssig wartete er ab und ließ schließlich seine Hände auf ihre gleiten, die sie verschränkt vor sich hielt. Zu seiner Erleichterung wich sie nicht aus, sondern lehnte sich rücklings an ihn. So stand er hinter ihr und hielt sie im Arm, während die Sonne den Himmel hinaufkletterte. Gesprochen hatten sie allerdings kein Wort mehr.

Als das Leben auf dem Schloss erwachte und auf dem Innenhof Stimmen zu vernehmen waren, löste sie sich aus seinen Armen, gab ihm einen zarten Kuss, wandte sich dann aber ab und verschwand.

Dirion hatte beschlossen, ihr nicht zu folgen. Doch als er jetzt im Thronsaal stand und die Huldigungen entgegennahm, bereute er es, denn er hatte sie auch den restlichen Tag nicht mehr angetroffen. „Schließlich war es mein Sohn, der mit seinen tapferen Mannen die Triganer in dem großen Tempel der Draken schlug, bevor sie entweihen konnten, was heilig und unberührt ist.“

Dirion schob sich an einigen Rittern vorbei nach vorne und trat vor den König. Dann ging er auf die Knie und neigte sein Haupt. Arkil legte seine Hand auf den Kopf des Prinzen und sprach mit erhabener Stimme: „Der Segen unseres Hauses sei mit dir auf allen Pfaden, dunklen wie lichten!“ Die versammelte Menge klatschte. „Ich danke Euch“, antwortete Dirion demütig und erhob sich wieder.

Dein Segen für meine Ehe wäre mir weitaus lieber, Vater, dachte er bei sich, nickte kurz den wichtigsten Abgeordneten unter den Hofleuten zu und kehrte dann schnell wieder zu seinem Platz zurück, wo ihn niemand bei seinen Tagträumen beobachtete.

Aus dem Augenwinkel sah er jedoch, dass er selbst in hinterster Reihe nicht unbeobachtet war, die Augen eines Mannes waren ständig auf ihn gerichtet. In einer Ecke des Thronsaals, ein ganzes Stück von Dirion entfernt, stand ein schlanker, groß gewachsener Edelmann, dessen offene Pelzrobe bis zum Boden reichte. Darunter konnte Dirion einfache Leinenkleider in dunklen Farben erkennen, sowie ein paar Reiterstiefel.

Er hatte den Grafen schon öfters bei Ratsversammlungen angetroffen, doch nie waren sie sich außerhalb von offiziellen Zusammenkommen begegnet oder hatten je ein Wort gewechselt, das sich nicht um Politik und Krieg drehte. Jetzt allerdings schien Dirion das ganze Interesse des Mannes geweckt zu haben.

Egrodt von Asyc war an die fünfzig Jahre alt und trotz seiner kantigen Züge, dem ergrauten langen Haar und einem ewigen Dreitagebart hatte er etwas Erhabenes und Edles an sich.

Dirion entschloss sich dazu, nach der Ehrung zum Grafen hinüber zu gehen und ihn zu begrüßen. Gerade, als er diesen Beschluss gefasst hatte, war Aldrĭn an der Reihe. Der junge Prinz trat vor den König und wurde für seinen ersten Kampf gelobt, den er in eigener Führung unternommen hatte. Obwohl er versuchte, möglichst unberührt zu erscheinen, konnte Aldrĭn den Stolz über seinen Erfolg nicht verstecken und ein Lächeln huschte über seine Lippen, als er sich - das Medaillon um den Hals gehängt - wieder erhob und sich der klatschenden Menge zuwandte.

Dirion lächelte ihm zu, als sich ihre Blicke kurz trafen und unweigerlich warf es ihn in Erinnerung zu dem Tag zurück, als ihm selbst zum ersten Mal der Respekt des Hofes gezollt wurde. Alles war ihm so richtig erschienen in diesem Augenblick, er war sich sicher, dass er genau an diesen Ort gehörte, um seine Aufgabe zu erfüllen.

Mit den Jahren im Krieg wich sein Stolz jedoch einer Erschöpfung, die sich bald schon durch sein ganzes Leben zu ziehen schien. Erwachte er morgens in seinem Zelt, so lag der bevorstehende Tag wie eine erdrückende Last auf ihm und wenn er nachts vom Feld kam, dann ließen ihn die Bilder des Leids nicht einschlafen. Kehrte er nach Wochen zur Stärkung wieder zurück in das Schloss, so hielt es ihn nie mehr als ein paar Tage.

Eine beständige Ruhelosigkeit hatte Besitz von seinem Herzen ergriffen. Und kein Augenblick verging mehr, in dem er nicht das Gefühl hatte, seine Männer auf dem Schlachtfeld mit jedem Atemzug, den er nicht an ihrer Seite verbrachte, ein wenig mehr dem Tod zu überlassen.

„Friede und Ewigkeit!“

Darauf hatte Dirion gewartet. Ein Murmeln erhob sich, während die Menschen langsam durch das Eingangsportal aus dem Thronsaal drängten. Dirion ließ seinen Blick kurz über die Köpfe wandern, um zu sehen, wo sein Bruder stand. Er wollte noch einige Worte über die Nacht mit ihm wechseln und seine Eindrücke erfahren. Doch er fand ihn nicht in der Gruppe, als ihn auch schon eine Hand an der Schulter packte und eine Männerstimme ihn zurückhielt: „Wartet noch einen Augenblick, mein Prinz!“

Es war Egrodt von Asyc. Der Graf nickte ihm lächelnd zu, während er Dirion anerkennend auf die Schulter klopfte. Diese Geste passte rein gar nicht zu seinem sonstigen Erscheinungsbild. Egrodt von Asyc trat, soweit Dirion sich erinnern konnte, meist mit einer Ernsthaftigkeit auf, die Zweifel daran schürten, ob der Mann überhaupt zu Heiterkeit befähigt war.

„Es freut mich wirklich, Euch wohlauf wiederzusehen! Dieses Mal kam es ja wie aus heiterem Himmel.“ „Das stimmt“, Dirion zögerte, bevor er weitersprach, so irritiert war er von der Herzlichkeit des Mannes, „wart ihr draußen?“ Der Graf nickte: „Allerdings kam ich erst mit der Nachhut und Euer Bruder hatte schon saubere Arbeit geleistet. Ihr wurdet im Tempel überrascht, hörte ich? Es tut mir Leid um Euren Verlust.“

Dirion zuckte mit den Schultern, denn besonders nahe hatte ihm der tote Ritter nicht gestanden. „Er hat uns eine große Ehre erwiesen und den Kampf schließlich zu unseren Gunsten entschieden, indem er sein Leben gab.“

Dirion widerte es an, was er gerade gesagt hatte und es erschien ihm, als seien fremde Worte aus seinem Mund gekommen. Die Heldenverehrung von Toten schien ihm gänzlich falsch. So war es mit dem Fortschreiten des Krieges üblich geworden, keine Trauer mehr zuzulassen, sondern zunehmend die Taten der getöteten Ritter mit denen der Götter zu vergleichen und sie schlichtweg zu Heiligen zu erklären, derer man nicht mit Tränen gedachte, sondern denen ein jeder Mann nachzustreben hätte.

Umso erschreckender war es, dass Dirion selbst zunehmend blinder dafür wurde, was eigentlich vor dem Krieg normal gewesen war. Er konnte sich kaum erinnern, welche Denk- und Redensarten, welche Zeremonien oder welches Urteil über Richtig und Falsch sich erst über die Jahre des Elends in die Köpfe und Herzen der Menschen eingeschlichen hatten. Ganz so war es bei ihm selbst geschehen.

„Sicherlich, aber er war doch trotzdem ein Freund“, entgegnete von Asyc. Dirion nickte nur stumm und obwohl von Waren nun gerade keiner seiner Freunde im eigentlichen Sinne gewesen war, erstaunte der Graf ihn mit dieser Antwort von neuem. Denn ebensolche Ansichten waren es, die Dirion in seinen Reihen fehlten.

„Ich wollte Euch eigentlich in einer Angelegenheit sprechen, die wir nicht hier bereden sollten.“

Dirion sah sich kurz um und fand nun Aldrĭn, der vorn beim König stand und offenbar in ein Gespräch vertieft war. Er verschob eine Unterhaltung mit ihm auf später und wandte sich wieder von Asyc zu: „Gehen wir doch in die Gärten, es gibt einige Abschnitte, die von den Hofleuten wenig genutzt werden.“

„Eine sehr gute Idee“, pflichtete der Graf ihm bei und sie verließen das Schloss in Richtung der Gartenanlagen, die sich auf der Ostseite des Gebäudes befanden.

***

Arkil wartete noch, bis der ganze Hofstaat den Saal verlassen hatte. Dann nickte er den beiden Palastwachen zu, woraufhin diese ebenfalls den Saal verließen und die Portaltüren hinter sich verschlossen. Er schritt zu einem kleinen Sockel hinüber, der nahe dem Thron stand, setzte seine Krone ab und legte sie behutsam auf den Marmor.

Der alte König sah zu den hohen Fenstern auf und blinzelte, während ihm die Strahlen der Abendsonne ins Gesicht fielen. Dann wandte er sich wieder Aldrĭn zu, der am Fuße der Stufen vor dem Thron verharrte. Er ging zu seinem Sohn hinunter und musterte ihn. Aldrĭn erwartete eine Erklärung, warum sein Vater ihn nach der Zeremonie gebeten hatte, noch zu bleiben.

„Ich bin froh, dass du soweit bist. Darauf hatte ich gewartet“, begann Arkil. Da er nicht weitersprach, entgegnete Aldrĭn nur knapp: „Ich habe mich immer bemüht.“

„Ja, ich weiß. Aber du bist erst jetzt bereit, denke ich.“

Sie gingen durch den Thronsaal auf eine Büste zu, welche für die Ehrung aufgestellt worden war. Sie bildete einen gesichtslosen Mann ab. Man hatte ihm den Helm und den Brustpanzer des Ritters von Waren angelegt, sodass Arkil ihm im Zuge der Zeremonie die Ehrenmedaille umlegen konnte. König und Prinz blieben einen Moment vor dem Denkmal stehen und verharrten, dann hob Arkil die Augenbrauen und schüttelte den Kopf: „Es ist eine Schande, dass wir inzwischen Tote mit Orden versehen, um sie im nächsten Moment zu vergessen.“ Aldrĭn hörte seinen Vater selten so ehrliche Worte sprechen, die zudem den höfischen Gepflogenheiten widersprachen.

Arkil hatte den Kopf gesenkt, als wollte er seiner Scham Ausdruck verleihen und Aldrĭn musterte ihn. Auf einmal schien der alte König keineswegs mehr unantastbar, sondern durch und durch menschlich und angreifbar. Vor seinem inneren Auge hatte Aldrĭn sich schon oft selbst auf dem Thron gesehen, die Last und Bürde der Krone tragend, auch wenn zuerst dem älteren Dirion die Königswürde zuteil kommen würde.

Es erschien ihm unerträglich. Wie sollte ein Mann über ein Reich herrschen, das so unfassbar groß war? Es fiel Aldrĭn schwer, sich vorzustellen, dass man als einzelner die Geschicke Hunderttausender lenken sollte. Trotzdem gelang gerade das seinem Vater. Zu dem Preis, dass er nach außen hin immer eine übermenschliche Leitfigur darstellen musste.

Aldrĭn fand es zwar einerseits erschreckend, wenn er ihn in solchen Momenten wie jetzt für einen Augenblick gebrochen sah. Doch wurde ihm auch warm ums Herz, es erinnerte ihn daran, dass Arkil bloß ein Mensch aus Fleisch und Blut war. Und mit einem Herzen, das beileibe nicht so hart war, wie man es ihm auf Ratsversammlungen und Rechtsprechungen zubilligen würde.

Der König erhob seinen Blick und sofort war das Feuer in seinen Augen wieder entfacht, als er zu Aldrĭn sagte: „Du wirst dich einer Aufgabe stellen, wie du noch nie einer gegenüber gestanden hast.“

Aldrĭn wartete auf eine Erklärung und wagte es nicht, irgendetwas Unüberlegtes zu entgegnen, während Arkil mit festem Blick die Reaktion seines Sohnes abwartete. Da Aldrĭn den Blick bloß wortlos erwiderte, bedeutete der König ihm, zu folgen und sie verließen den Thronsaal.

***

Die untergehende Sonne tauchte die Gänge, welche zur Westseite des Schlosses ausgerichtet waren, in rotgoldenes Licht, das den weißen Mauern eine ungewohnte Wärme verlieh.

Aldrĭn grübelte darüber, wohin sein Vater ihn führte, denn die Gemächer der höheren Aristokraten, sowie die Ratssäle, Bibliotheken und Schreibstuben befanden sich alle in den östlichen Trakten des Schlosses.

Sie schritten gerade durch einen Gang, in den das Abendrot durch eine Reihe hoher Fenster fiel. Diese glichen in ihrer Form denen des Bogengangs, doch war hier kein Glas eingesetzt, sodass ständig ein kühler Luftzug vom angrenzenden Gebirge herüberwehte. Von diesem Trakt aus erreichte man die Kammern der Diener und Mundschenke, sowie der Knechte und Mägde, die in der Küche arbeiteten.

Manchmal übernachteten auch die fahrenden Gaukler und Minnesänger in den Kammern, besonders im Sommer, wenn die Stallungen nicht mehr genug Platz für das fahrende Volk boten. Aldrĭn war selten in diesen Gängen gewesen, denn die Regeln des Hofes geboten es ihm, sich nur in Gesellschaft des Adels aufzuhalten.

Deswegen wusste er auch nicht, wohin die Tür führte, die das Ende des Ganges bildete und durch die Arkil jetzt hindurchging. Es musste sich um den Eingang zum Westturm handeln, wie Aldrĭn vermutete.

Diesen hatte er bisher nur über die äußere Treppe erklommen, die von der Zinnmauer auf den Rundturm führte.

Die Wendeltreppe im Inneren hatte er nicht gekannt. Umso mehr erstaunte es ihn, dass sich auf dem Weg abwärts keinerlei Fackeln oder Kerzenständer an den Wänden befanden und es ihm nach kurzer Zeit schon schwer fiel, die Stufen unter sich zu erkennen.

Schließlich standen sie vor einer Tür und Arkil zog einen Schlüsselbund hervor, an dem eine Reihe massiver Schlüssel hing, wie sie in die schweren Schlösser der Schatz- und Ratskammern passten. Arkil öffnete die Tür und dahinter ging die Wendeltreppe weiter hinab. Doch nur einige Stufen darunter schien eine Fackel den Weg zu weisen, denn schummriges Licht ließ Aldrĭn zumindest die Konturen des kalten Steins erkennen, der die Treppe bildete.

Arkil wies ihn an, vorauszugehen und verschloss die Tür hinter ihnen sorgfältig. Was hatte Aldrĭn nur zu erwarten, wenn sein Vater eine derart große Geheimniskrämerei darum machte?

Sie mussten inzwischen schon einige Klafter unter der Erde sein. Es kam dem Prinzen so vor, als hätten sich seine Augen bereits an die Dunkelheit gewöhnt, so lange gingen sie nun Stufen hinab. Außerdem wurde es zunehmend kälter und Aldrĭn glaubte sogar, Moos an den Wänden zu erkennen, was bedeutete, dass es hier feuchter war als weiter oben. Vielleicht näherten sie sich dem Grundwasser?

Plötzlich endete die Wendeltreppe und Vater und Sohn befanden sich in einem Raum, der etwa so groß war wie die Waffenkammer, in der sie sich nachts zuvor gesammelt hatten. Die Wände waren mit Holz beschlagen, die Decke hingegen bildete glattes Gestein und Aldrĭn mutmaßte, dass man den Raum geradewegs in den unterirdischen Fels geschlagen hatte. An den Wänden hingen Fackeln, welche das Licht ausstrahlten, das er bereits von weitem gesehen hatte, und schwarze Spuren von Ruß am Gestein verrieten, dass diese Feuer schon lange brannten.

Ansonsten war der Raum völlig leer, nur einige Spinnenweben zierten seine Ecken. Am Ende der Kammer, das der Wendeltreppe gegenüber lag, befand sich eine weitere Tür, wieder mit einem großen Schloss darin, und Arkil nahm wiederum den Schlüsselbund hervor. Aldrĭn wagte nicht, zu fragen, wohin sie gingen, denn er glaubte, dass sich das Geheimnis im nächsten Augenblick lüften würde. Doch als sein Vater den Weg frei gemacht hatte, verstand er, dass sie ihr Weg noch weiter in die Tiefe führte.

„Nimm dir eine der Fackeln von der Wand!“, wies Arkil seinen Sohn an und dieser löste die nächstgelegene aus ihrer Halterung. Sie durchschritten die Tür und Arkil verschloss auch diese hinter sich.

Nun gingen sie durch einen Schacht, der in den Fels getrieben worden war und genug Platz geboten hätte, um mit einer Kutsche hindurch zu fahren. Er führte aber stetig abwärts, sodass Aldrĭn vorsichtig sein musste, nicht auf dem glatten Gestein auszurutschen. Der feuchte Boden war von einem Geflecht verschiedener Moospflanzen bedeckt, er konnte Alvschimmel und Norrgenwurz auf dem Gestein erkennen.

„Wie du weißt, waren die ersten Bewohner dieses Landes die Unterirdischen. Sie haben tiefe Stollen in den Bergen angelegt, um die edlen Metalle zu Tage zu fördern, welche im Berg schlummern. Aber die meisten Zugänge sind inzwischen verschüttet.“

Sie befanden sich also tatsächlich bereits unter dem Drudenkofel, jenem Berg, an dessen Fuße das Schloss im Norden grenzte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der Stollen in seiner Form änderte und merklich breiter wurde. Aldrĭn hatte erwartet, dass er schließlich schmaler werden und sie sein Ende erreichen würden, doch der Schacht mündete in eine Höhle.

Diese war ungleich höher als der Tunnel, Aldrĭn konnte nicht einmal die Decke ausmachen, denn der Schein seiner Fackel reichte nicht aus, um über wenige Ellen hinaus etwas erkennen zu können. Es war offensichtlich, dass sie mindestens so groß sein musste wie der Thronsaal, denn die Schritte der beiden Besucher hallten bei jeder Bewegung nach, wenn auch kaum hörbar. Doch Aldrĭn bemühte sich darum, dass ihm keiner der spärlichen Eindrücke entging, die seinen Sinnen hier dargeboten wurden.

Nach wenigen Schritten schon entdeckte er Gegenstände auf dem Boden liegen. Da lagen Äxte und Steinhacken, Hämmer, einzelne Wagenräder und etliches weiteres Werkzeug, das Aldrĭn bisweilen fremd vorkam und offenbar von den Unterirdischen bei Aufgabe des Stollens zurückgelassen worden war. Was am wunderlichsten an allen Dingen schien, war ihre Größe, weil die meisten Gegenstände in ihrer Form zwar denen zumindest ähnlich sahen, welche die Menschen benutzten, jedoch immer etwas kleiner ausfielen.

Plötzlich blieb Arkil stehen und sah sich um. Aldrĭn hielt ebenfalls inne und richtete die Fackel abwechselnd in alle Richtungen, um mehr von der Höhle erkennen zu können.

„Lösch sie!“, wies Arkil ihn an. Aldrĭn wunderte sich über diese Aufforderung, zumal er nicht verstand, wie er die Fackel hier löschen sollte. Doch bevor er den König danach fragen konnte, erkannte er, dass unmittelbar neben seinen Füßen Wasser im Schein der Fackel funkelte.

Bei genauerem Hinsehen konnte er erkennen, dass es sich um ein größeres Reservoir handeln musste. Ohne weiter darüber nachzudenken, tauchte er den Stab hinein und unter scharfem Zischen erlosch die Flamme. Nun war es stockdunkel um sie herum und Aldrĭn erschauderte, denn zu der Stille kam eine plötzliche Finsternis, welche die beiden Männer zu verschlucken schien.

„Er ist schon hier“, flüsterte Arkil bedeutungsvoll. Und tatsächlich dauerte es nur wenige Augenblicke, bis Aldrĭn ein Glitzern in der Dunkelheit zu sehen glaubte. Erst war es nur ein einzelner Lichtpunkt, der vor ihnen aufblitzte und immer heller wurde, kaum abzuschätzen, in welcher Entfernung. Dann funkelte es auf einmal in der ganzen Höhle und etliche Lichtquellen flammten nacheinander auf, sodass alles in einem weißbläulichen Schimmer erglänzte.

Aldrĭn sah sich in seiner Vermutung bestätigt, dass die Höhle in etwa die Größe des Thronsaales besaß. Von der Decke hingen Tropfsteine, die mehr als eine Elle maßen, und auch auf dem Boden der Höhle wuchsen einige in die Höhe.

Das Wasser aber, in dem Aldrĭn die Fackel gelöscht hatte, gehörte zu einem unterirdischen See, der direkt vor seinen Füßen begann und einen großen Teil des Raumes vor ihnen ausmachte.

Außerdem entdeckte der Prinz nun mehrere dunkle Löcher in der Wand, die vermutlich in andere Stollen führten. Die Stollen endeten ebenfalls in der Höhle, waren aber allesamt kleiner als jener, durch den sie gerade gekommen waren.

Das plötzlich erschienene Licht wurde offenbar vom Fels selbst abgesondert. Aldrĭn traute sich nun, da er die ganze Höhle überblicken konnte, etwas näher an eine der Wände heranzutreten. Er erkannte, dass im Gestein einzelne Kristalle hervorragten, welche von milchig blauer Farbe waren und derart hell glitzerten, dass sie für die Beleuchtung ihrer Umgebung sorgten. Doch warum hatten sie erst angefangen zu leuchten, als Aldrĭn das Feuer gelöscht hatte?

Er sah wieder zu Arkil hinüber. Sein Vater hatte seinen Blick auf die andere Seite des Sees gerichtet und als der Prinz hinüberschaute, sah auch er es.

Als wäre er direkt aus der Felswand gekommen, trieb ein zierlicher Kahn, nicht größer als ein einfaches Ruderboot, über den See auf den König zu. Darauf stand eine kleine, rundliche Gestalt, dessen Gesicht beinahe gänzlich hinter einem buschigen Bart verschwand. Seine Arme fielen seitlich vom Körper ab und sahen aus, als seien sie wesentlich zu klein geraten für den Rest des massigen Leibes, der in ein erdfarbenes Lederwams eigeschnürt.

Das Männlein machte keinerlei Anstalten, zu Rudern oder das Boot sonst wie vom Fleck zu bewegen, es schien wie von selbst über das spiegelglatte Wasser zu fahren. Schließlich legte der Kahn an und sein Steuermann kletterte herab. Aldrĭn trat einige Schritte auf Arkil zu. Er traute dem Ankömmling noch nicht.

Nun konnte er dessen Füße sehen, die zu seinem Erschrecken nicht in Zehen endeten, sondern wie die einer Gans geformt waren, mit kleinen Krallen, zwischen denen sich Schwimmhäute spannten. Insgesamt war das Wesen aber nur etwa halb so groß wie der König, was seinem grotesken Aussehen etwas von seiner Unheimlichkeit nahm.

Ein Unterirdischer, dachte Aldrĭn. Das Zwergenvolk war vor hundert Jahren ins Gebirge zurückgewichen und ließ sich fortan nur noch selten im Königreich blicken. Seit Beginn des Krieges schließlich hatten nicht einmal die Reisenden, die den Pass aus dem Norden überquerten, einen Unterirdischen zu Gesicht bekommen und man vermutete bereits, sie seien gänzlich ausgestorben oder in andere Weltkreise übergesiedelt. Daher hatte auch Aldrĭn noch nie einen Unterirdischen gesehen, gleichwohl er um ihre einstige Existenz wusste. Sie waren die Ersten gewesen, die von allen Völkern Bergbau und Schmiedekunst beherrschten.

Der Zwerg machte einige tapsige Schritte auf Arkil zu, blieb dann stehen und verneigte sich. Auch der König deutete eine Verbeugung an und begann zu sprechen: „Mein teurer Freund, wie ist es Euch ergangen?“

„Das ewige Leben nimmt seinen Lauf. Der Berg ist gesund, also sind wir es auch.“ Aldrĭn verstand den Sinn der Worte kein bisschen, Arkil aber entgegnete wie selbstverständlich: „Dann möget Ihr auch morgen noch den Segen der Alten bekommen.“

Jetzt erst warf der Unterirdische einen Blick zu Aldrĭn hinüber, der immer noch in einigen Schritten Abstand verharrte. „Wir fragen uns, ob dies der Junge ist, den wir gestern reich beschenkten?“

Aldrĭn wusste weiterhin nichts mit den rätselhaften Worten des Zwerges anzufangen und war froh, dass sein Vater ihm die Antwort abnahm: „Fürwahr, Eure Gaben haben ihn gesegnet und ließen ihn wohl gedeihen.“

Das Männlein watschelte auf Aldrĭn zu und begutachtete ihn genau. Der Prinz konnte nun direkt in seine funkelnden schwarzen Augen schauen, die ihn zu durchbohren schienen. Doch mit einem Mal zeichnete sich ein breites Grinsen hinter dem verfilzten Bart ab und der Zwerg meinte mit einem glucksenden Lachen: „Dann können wir es endlich wagen, die Tore zu öffnen!“ Arkil nickte: „Es erfüllt mein Herz mit Freude, dass Eure Majestät derselben Meinung sind wie ich.“

Majestät? Dann war der sonderbare Gesprächspartner hier also ein Zwergenkönig? Dafür machte er allerdings einen äußerst schroffen und verlotterten Eindruck, fand Aldrĭn.

„Hat es dir die Sprache verschlagen, Ariowist?“ Aldrĭn wusste nicht, was er sagen sollte und warf Arkil einen hilflosen Blick zu. „Ich denke, dass wir meinem Sohn einiges erklären müssen, bevor er sich der Ehre bewusst wird, der er soeben gewahr wird“, sprach der große König zum kleinen.

***

Als Dirion und Graf Egrodt von Asyc die königlichen Gartenanlagen betraten, machte sich die Sonne gerade daran, hinter der Bergkuppe des Drudenkofels zu verschwinden. Die letzten Strahlen tauchten die Blumenbeete, die hier über mehrere Hektar hin angelegt waren, in ein warmes Rot. Der Garten befand sich zwar außerhalb der Schlossmauern, war allerdings von einem starken Außenwall geschützt, sodass man hier unbeengt, doch sorglos wandeln konnte.

Dirion schritt neben Egrodt her und wartete ab, weswegen der Graf ihn unter vier Augen sprechen wollte, während er die Rosen betrachtete, die den Sandweg säumten.

Von Asyc hob an zu sprechen: „Ihr solltet eigentlich nicht länger mit Euren Pflichten beschäftigt sein, als es unbedingt nötig ist. Das weiß ich.“

Wusste denn etwa jeder am Hof inzwischen von seiner inoffiziellen Verlobung? Dann war es doch verwunderlich, dass sein Vater diesen Umstand derart ignorierte. Aber womöglich hatte sich die Aussage des Grafen gar nicht auf Kyjera bezogen.

„Als ich in Eurem Alter war, habe ich weitaus zu wenig Zeit mit meinen Liebsten verbracht, wie mir heute scheint.“

Damit hatte sich jeder Zweifel erübrigt, Dirions wertvolles Geheimnis war längst keines mehr.

„Es ehrt Euch, dass Ihr mir trotzdem Gehör schenkt“, fuhr Egrodt fort, „denn mein Anliegen ist von äußerster Dringlichkeit, wie sich heute Nacht wieder bewiesen hat.“

Dirion wurde ungeduldig, denn der Graf hatte natürlich Recht damit, dass es jetzt wirklich Wichtigeres für ihn gab, als Gespräche mit Aristokraten zu führen. „Sprecht offen, Asyc!“, wies Dirion ihn höflich, aber bestimmt an.

Egrodt blieb stehen und räusperte sich, seine Miene wurde mit einem Mal düsterer: „Mit Verlaub, ich glaube es wird Zeit für große Veränderungen und Ihr werdet dabei die entscheidende Rolle spielen!“ Jetzt sah Dirion wieder den Mann vor sich, welchen er aus hitzigen Debatten und ebenso stürmischen Schlachten als Egrodt von Asyc kannte.

„Wir werden den Krieg verlieren, wenn wir nicht bald Unterstützung bekommen und Ihr wisst das“, Egrodts Wangenknochen traten hervor und seine Augen funkelten. Dirion versuchte, die Worte mit möglichst gleichgültigem Ausdruck aufzunehmen, doch sie erschütterten ihn innerlich so sehr, dass er zu Boden sah, um dem Blick des Grafen auszuweichen.

Dieser fuhr in energischem Ton fort: „Unsere Armeen sind verstreut. Es gibt keinen Feldherren mehr, der genug Mann unter sich versammelt hat, um eine größere Schlacht zu schlagen. Die Niederlage des Grafen von Jalúa hat den Anfang vom Ende markiert. Wenn die Triganer mit ihrer gesamten Flotte übersetzen, sind wir absolut wehrlos. Und ich fürchte, Albenbrück wird als erstes fallen, wir sitzen hier am Meer wie auf dem Präsentierteller. Der Überfall letzte Nacht war kein Angriff, das habt Ihr doch auch erkannt! Sie beginnen auszuloten, wie sie uns im Herzen treffen können.“

Dirion schluckte, dann sah er sich kurz um, ob andere Edelleute in den Gärten flanierten. Ungebetene Zuhörer konnte er sich bei derartigen Gesprächen nicht erlauben.

Als er sich sicher war, dass sich niemand in ihrer Nähe befand, sah er Egrodt an und nickte: „Ihr habt vollkommen Recht. Aber von wem erwartet ihr Hilfe? Keines der anderen Reiche hat uns je unterstützt. Um nicht auch in den Krieg gezogen zu werden!“

„Ich meinte auch kein Reich der Menschen, Dirion“, erwiderte Egrodt geheimnisvoll. Er beugte sich zum Prinzen vor und sprach mit leiser Stimme, um auch ganz sicher zu gehen, dass er nur das Ohr seines Gegenübers erreichte. „Wir müssen die Alten Reiche um Hilfe ersuchen. Und dafür muss Arkil den Thron verlassen, denn er wird es niemals dulden, dass wir uns an sie wenden.“

Dann machte Egrodt wieder einen Schritt zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete ruhig ab, wie Dirion reagierte. Dieser sah den Grafen ungläubig an: „Warum erzählt Ihr mir das? Es ist Hochverrat, so zu denken!“

„Ich hatte erwartet, dass Ihr verständnisvoller seid, Dirion“, sagte Egrodt mit fester Stimme, „Ihr wisst genau wie ich, dass unser König den Krieg nicht gewinnen kann. Ihr seid der Kronprinz, also werdet Ihr die Last zu tragen haben, welche Euer Vater hinterlässt. Da muss es doch in Eurem Interesse sein, den Schaden möglichst gering zu halten.“

So unverblümt sprach sonst nur Eristrian zu ihm. Dirion schossen etliche Gedanken gleichzeitig durch den Kopf und er überlegte fieberhaft, was er dem Grafen entgegen sollte. Auch wenn alles von dem, was er soeben von sich gegeben hatte, als Verrat am König zu werten war, hatte von Asyc doch genau das ausgesprochen, was Dirion schon lange mit sich herumtrug. Nicht einmal vor sich selbst hatte er gewagt, es in Worte zu fassen.

Es musste in der Tat etwas geschehen, wenn man den Krieg zu Gunsten des Reiches beenden wollte. Doch die Alten Reiche dafür aufzusuchen?

Die Alten Reiche, so nannte man die Dynastien all der Völker, welche lange vor den Menschen in diesen Landen gelebt hatten. Als die Draken das Wasser und das Land geteilt hatten, schufen sie zwölf Arten, die über den Kontinent herrschen sollten, so zumindest erzählte es die Legende. Das dreizehnte Geschlecht waren die Menschen, die erst tausend Jahre später erschienen. Sie besiedelten das Land der anderen Völker und wurden von diesen geduldet, jedoch wuchsen die Siedlungen der Menschen derart schnell, dass es bald zu Konflikten kam und sich die Alten Reiche nach und nach zurückzogen. Nach Beginn des triganischen Krieges legte König Arkil fest, dass fortan immer ein Menschenkönig die Herrschaft über das Festland innehaben solle.

Mit den Jahren verschwanden die Alten Völker und lebten in den Gebieten, welche für die Menschen zu unwirtlich waren, wie den Gebirgen, dem Hochland oder den großen Wäldern. Aus anfänglichem Missmut der Alten Reiche gegenüber den Menschen erwuchs zunehmend eine Feindseligkeit, die sich darin äußerte, dass man keinen Handel mehr miteinander trieb und sich auch sonst aus dem Weg ging, wo es nur möglich war. Gerade in höfischen Kreisen schickte es sich nicht, auch nur die Namen der Könige auszusprechen, die in den Alten Reichen regierten.

Dirion musste sich überwinden, sträubte er sich doch dagegen, derart heimliche Unterredungen zu führen. Dann aber nahm er seinen Mut zusammen und schob alle Scham beiseite: „Wie stellt Ihr Euch den Umbruch vor?“

„Ich habe doch Euer Vertrauen, Dirion? Oder spreche ich hier mit dem Kronprinzen, der den alten König schützen will?“

„Kein Wort aus dieser Unterhaltung wird an ein falsches Ohr gelangen“, versicherte Dirion dem Grafen.

„Also ist es abgemacht! Auch ich werde darüber schweigen.“ Etwas von Egrodts anfänglicher Anspannung schien abzufallen und er ließ seinen Blick über die Gartenanlagen wandern, während er weitersprach. „Ich werde in der bevorstehenden Ratsversammlung vorschlagen, unser heiliges Gesetzbuch zu erweitern. Wenn wir von den Alten Völkern Unterstützung erhoffen wollen, dann ist das nur möglich, wenn wir ihnen wieder Mitspracherecht in der Politik des Landes einräumen.“ „Mitspracherecht? Inwiefern?“

Egrodt lächelte: „Das Reich wurde als Republik gegründet, nicht wahr?“

„Und wäre beinahe daran zugrunde gegangen!“, entgegnete Dirion, „eine Republik ist langsam und schwach, Mitsprache hin oder her.“

„Eine neue Republik würde ja auch nicht bedeuten, dass es keinen starken Anführer mehr gibt. Es muss immer jemanden geben, der an der Spitze des Reiches steht, das ist mir klar.“

„Warum sollten wir dann überhaupt etwas verändern?“, fragte der Prinz, „nicht anders ist es doch jetzt. Die Edelleute stellen den Rat, dieser beschließt Gesetze und der König an ihrer Spitze entscheidet schließlich darüber. Das ist Mitsprache.“

„Richtig! Von daher will ich kaum an der Verfassung rütteln, das wäre ja auch nicht möglich bei der starken Führung Eures Vaters“, erklärte Egrodt geduldig, „habt Ihr Euch aber jemals gefragt, warum es seit Jahren so leblos und leer ist in unseren Landen?“

Dirion überlegte, konnte sich allerdings keinen Reim darauf machen, worauf von Asyc hinaus wollte. Also fuhr Egrodt fort: „Wir haben uns zu Unrecht zu den Herrschern der Welt aufgeschwungen! Es ist unnatürlich, dass Menschen das Reich alleine bevölkern. Aber wir haben in unserer blinden Gier alle anderen Wesen vertrieben. Und das ist der eigentliche Grund, weswegen wir schwächer sind denn je.“

Egrodt hatte sich geradezu in Rage geredet, bei Dirion hatten die so bühnenreif gesprochenen Worte jedoch ein ähnlich begeisterndes Gefühl hervorgerufen. „Ihr meint, man müsste die Könige der Alten Reiche in den Rat mit aufnehmen?“

„Ihr habt es, Dirion!“, Egrodt war sichtlich erfreut über die Erkenntnis des Prinzen.

„Aber es wird kaum möglich sein, dieses Vorhaben entgegen der Stimmung des Rates durchzubringen“, fiel es Dirion in diesem Moment ein, „ihr könntet noch so schlüssig argumentieren…“

„Deswegen benötige ich Eure Unterstützung. Ich werde die Notwendigkeit einer neuen Teilhabe der Alten Reiche in der morgigen Ratsversammlung ansprechen und Ihr müsst mir den Rücken stärken, indem Ihr den Plan aus militärischer Perspektive für unabdingbar erklärt! Wir werden sehen, wie viele Ratsmitglieder sich der Stimme des Kronprinzen widersetzen. Und sollte dies alles nicht fruchten…“ „Müssen wir den Edelleuten eben ihre Position entziehen!“, fiel Dirion dem Grafen ins Wort.

Ein kurzes Schweigen stellte sich ein, welches die Drastik des letzten Satzes in aller Deutlichkeit hervorhob. Egrodt nickte: „Wenn es die Lage erfordert, ja!“

Sie sahen sich noch einen Augenblick an, beide in dem Gefühl, soeben einen Verbündeten gefunden zu haben, mit dessen Hilfe sie von einem Tag auf den anderen alles verändern konnten. Dann sah Dirion im Augenwinkel, wie jemand in einigen Schritten Entfernung hinter einem Rosenbogen hervortrat.

Mit einem Mal wurde er herausgerissen aus dem erhabenen Gefühl, das gerade in ihm aufgestiegen war, und schon wähnte er sich als Verräter entdeckt. Doch dann erkannte er, wer da hinter den Dornen zum Vorschein gekommen war und eine unbändige Freude ergriff ihn. Egrodt bemerkte Dirions Gemütsbewegung sofort und lächelte. „Lasst Euch nicht aufhalten!“ „Wir sehen uns morgen“, sagte Dirion zum Abschied, während er schon um Egrodt herum auf den Rosenbogen zugegangen war.

***

Als die Sonne gerade hinter dem Gebirge verschwunden war und sich Dunkelheit über die königlichen Gärten legte, schloss Dirion Kyjera wieder in seine Arme. Sie trug ein langes, weinrotes Kleid, dessen Ärmel mit aufwändigen Stickmustern verziert waren und feine goldene Linien durchzogen den Stoff vom Ausschnitt bis zum Saum. Darüber trug sie einen Umhang in einem noch dunkleren Rubinrot, welcher über der Brust von einer goldenen Spange zusammengehalten wurde, die eine Taube mit gespreizten Flügeln zierte. Sie lehnte ihren Kopf an Dirions Brust, während er sie fest in seinen Armen hielt und ihr Haar küsste.

„Wo bist du gewesen?“, fragte er leise. „Am Bach, ich wollte allein sein.“ Sie löste sich aus seiner Umarmung, nahm seine Hände in die ihren und sah ihn durchdringend an. „Ich hab dich vermisst.“

Kaum hatte sie die Worte gesprochen, zog sie ihn wieder an sich und sie küssten sich leidenschaftlich. Dirion spürte, wie es in ihm brannte. Sein Herz schien zu glühen, während sich ihre Lippen immer wieder berührten. Ihre Finger fuhren unter seinen Umhang und tasteten nach seinem Rücken, während er ihren Kopf mit beiden Händen zärtlich umfasste und ihr durch die kastanienbraunen Locken strich. Die Zeit stand still für Dirion und er vergaß alle Ärgernisse, Anstrengungen und Ängste der letzten Tage und Stunden. So musste einige Zeit vergangen sein, als die Liebenden erstmals wieder voneinander abließen, denn als Dirion seiner Verlobten in die Augen sah, spiegelte sich darin der Mond wieder, der allmählich über das Meer kletterte. Sie lächelte glücklich und er erwiderte ihr Lächeln.

Dann nahm er sie bei der Hand und führte sie über die Sandwege durch das Labyrinth aus Blumen, die sich bei Sonnenuntergang allesamt zum Schlaf geschlossen hatten. Schließlich erreichten sie einen Pavillon, der am hinteren Ende der Gärten lag. Nur ein Hain aus jungen Weiden trennte das zierliche Bauwerk von der hölzernen Palisadenwand, die den Park eingrenzte.

Der Pavillon war keine zehn Ellen breit. Seine Wände bestanden aus gerundetem Holz, das in einem reinen Weiß gestrichen war und im Mondlicht strahlte. Das Dach war ebenfalls aus Holz gefertigt, jedoch hatte sein Erbauer einzelne Elemente gesägt, die Schindeln nachempfunden waren, und somit ein echtes Schieferdach nachgestellt.

Alles in allem sah der Pavillon somit aus wie eine winzige Ausgabe der spitzen Rundtürme am Schloss. Der Eingang stand offen, doch zog Dirion hinter ihnen eine Tür zu, die angebracht war, um sich auch in den Wintermonaten im Pavillon aufhalten zu können.

Das Innere des Häuschens war schlicht ausgestattet, an den Wänden waren Bänke befestigt und der Steinboden mit dicken Fellen ausgelegt. Gegenüber dem Eingang war eine kleine Feuerstelle in die Wand eingelassen, die von Feldsteinen gegen das Holz der Wände abgesichert war, und ein Abzug, der zur Hinterseite des Pavillons abging, ließ den Rauch abziehen. Einige Scheite glühten noch und tauchten den Raum in ein warmes Schummerlicht.

Dirion öffnete seinen Umhang und warf ihn auf die Bank neben sich, dann zog er die Stiefel aus. Kyjera tat es ihm gleich und legte Umhang und Schnürschuhe behutsam auf das Holz. Dann wandten sie sich wieder einander zu. Einen Moment lang verharrten sie voreinander und sahen sich tief in die Augen.

Warum rasen die schönen Momente meines Lebens nur so schnell an mir vorbei?, fragte Dirion sich. Er wollte den Augenblick festhalten, doch dann war er schon wieder davongeflogen.

Länger blieb ihm nicht, um darüber nachzudenken, denn Kyjera begann sein Hemd geschickt aufzuknöpfen und ließ dann ihre Finger über seine Haut fahren, so vorsichtig, als sei sie aus empfindlichem Papier. Dirion überkam ein Schauer, er ließ seine Hände über ihren Rücken wandern und griff dann nach den Schnüren, die ihr Kleid zwischen den Schultern zusammenhielten.

Er zog an den feinen Kordeln, löste die Schleife und öffnete ihr Gewand behutsam. Nachdem sie ihm das Hemd vom Oberkörper gestreift hatte, ließ er ihr Kleid über die Schultern gleiten, griff nach dem Stoff der Ärmel und entblößte ihre zarten Arme.

Als er das Kleid über die Hüften abgestreift hatte, fiel es von selbst zu Boden und gab die schlanken Beine frei. Dirion betrachtete seine Verlobte, die nun vor ihm in einem sandfarbenen Unterkleid stand.

Fordernd griff sie nach seinen Händen und legte sie sich auf die Hüften, während sie die Augen schloss und ihr Gesicht ihm zum Kuss entgegen neigte. Während ihre Münder sich trafen, griff sie nach seiner Gürtelschnalle, öffnete sie und die schwarze Stoffhose glitt langsam zu Boden.

Dirion, öffnete seine Augen wieder, die er ebenfalls zum Kuss geschlossen hatte, griff nach Kyjeras Unterkleid und zog es aus, dann stieg er aus den Hosenbeinen zu seinen Füßen und streifte sich die Unterkleider herunter.

Die beiden standen sich nun nackt einander gegenüber, jedoch verging kein Wimpernschlag, bis sie wie zwei Tanzende in harmonischer Bewegung zu Boden gingen, leidenschaftliche und lange Küsse austauschend und schließlich vor der Feuerstelle auf einem Fell lagen.

Dirion beugte sich über Kyjera, die sich auf den Rücken drehte und streichelte ihr über die Wange. Dann ließ er seine Finger sich ihren Weg bahnen über ihren Hals, die zarten Schultern, bis sie ihre Brüste erreichten, welche in dem gedämpften Licht schneeweiß erschienen.

Er liebkoste ihre Brust, erst zärtlich, dann mit festerem Griff, während sie mit geschlossenen Augen dalag und mit einer Hand den Arm streichelte, mit dem er sie berührte, mit der anderen nach seinen Haaren griff.

Es ist ein unbeschreibliches Glück. Das war der letzte klare Gedanke, den Dirion fasste, denn schon hatte Kyjera ihre Hand um seinen Hinterkopf gelegt und zog diesen zu sich heran. Er ließ seine Sinne ganz und gar von ihr betäuben, atmete schwer und im nächsten Moment nahm sie ihn in sich auf.

***

„Jetzt, wo du König Gnorrin kennst, ist es an der Zeit, dich mit der Herausforderung vertraut zu machen, die vor dir liegt“, sprach Arkil mit einem Blick zu dem Zwergenkönig. Dieser grummelte etwas, griff in einen Beutel, den er unter seinem Wams mit sich führte, und hielt daraufhin ein Häuflein in der Hand, das Aldrĭn zuerst für einfachen Sand hielt. Als Gnorrin damit zur Höhlenwand watschelte, warf er die Körnchen portionsweise gegen den Fels und überall, wo die leuchtenden Kristalle vom Zwergenstaub berührt wurden, schien der König sie zum Leben erweckt zu haben.

Die Kristalle lösten sich aus ihrer Position im Gestein und wanderten wie Käfer über die Felswand zueinander, bis sie schließlich eine Szene ergaben, die an die prächtigsten Sternenbilder erinnerte. Figuren begannen, sich zu bewegen und miteinander zu tanzen. Aldrĭn traute seinen Augen kaum. Es war zwar nicht das erste Mal, dass er Magie zu sehen bekam, doch war das Schauspiel, das sich ihm hier darbot, von derartiger Schönheit und Perfektion, dass es kein üblicher Zauber sein konnte, wie ihn die Gelehrten am Hofe beherrschten.

Nach einiger Zeit konnte der Prinz erkennen, dass zwei der Figuren, die über die Höhlenwand tänzelten, am wichtigsten zu sein schienen, denn sie waren größer als die anderen, ja sogar größer als Aldrĭn selbst, der in respektvollem Abstand zu der Szenerie stehen blieb. Die eine Figur trug etwas Zackenbewehrtes auf dem Kopf, was sicherlich eine Krone darstellte. Ihr gegenüber stand eine andere Figur, welche in lange Gewänder gehüllt war, die sie wie wabernde Rauchschwaden umgaben.

Dies musste der Apukune von Triga sein, der berüchtigte Fürst des Inselvolkes. Nun griff die Figur mit der Krone zu einem Gegenstand, den sie aus der Tiefe zu ziehen schien. Es war offenbar ein Schwert, denn die gekrönte Figur – Aldrĭn war sich inzwischen sicher, dass sie einen vergangenen König darstellte - erhob den Gegenstand und ließ ihn auf den Apukunen niederfahren. Dieser hielt einen Stab schützend über sich, um dem tödlichen Schlag zu entgehen und schließlich gelang es ihm, das Schwert des Königs aus dessen Hand zu schlagen, sodass die Waffe in hohem Bogen davon flog. Aldrĭn erschrak, plötzlich lösten sich Steine aus der Wand und das Schwert, eben noch an die Ebene des Fels’ gebunden, wirbelte als realer Gegenstand haarscharf über seinen Kopf hinweg quer durch die Höhle und landete schließlich platschend im Wasser, wo es geradewegs versank.

Das Schicksal des kristallenen Königs war damit besiegelt, denn entwaffnet blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Heil in der Flucht zu suchen. Damit endete das Schauspiel und alle funkelnden Steine rutschten wieder zurück an die Stelle, an der sie mit dem Fels verwachsen waren. Abgesehen von denen, welche nun wohl am Grunde des Sees lagen. Der magische Staub löste sich wieder und schwebte wie von Geisterhand zurück zu Gnorrin, der seinen Beutel geöffnet vor sich hielt, in den das Pulver hineinströmte wie in den Glaskolben einer Sanduhr. Als auch das letzte Körnchen darin verschwunden war, schnürte der Zwerg das Säckchen ruckartig zu und steckte es wieder unter sein Wams.

Für einen Moment war es still in der Höhle und keiner der Männer sagte etwas. Aldrĭn betrachtete nachdenklich die Stelle im See, an der das Schwert versunken war. „Hat es dir die Sprache verschlagen, Ariowist?“, fragte der Unterirdische unwirsch. „Nein, Eure Majestät“, erwiderte Aldrĭn direkt, doch in Wahrheit hatte der Zwerg seine Gefühlsregung schon ganz richtig gedeutet.

Jetzt mischte sich Arkil wieder ein: „Was du gesehen hast, ist die Geschichte, welche in dieser oder ähnlicher Gestalt seit Generationen in unserer Familie an den nächsten Sohn überliefert wird. Es ist die Sage, die uns in Erinnerung rufen soll, welches Vermächtnis wir in uns tragen.“

„Welches Vermächtnis meint Ihr?“ Jetzt traute Aldrĭn sich, offen zuzugeben, dass er nicht den leisesten Schimmer davon hatte, warum er all diese wundersamen Dinge heute Nacht zu Gesicht bekam. „Es wird einst einen König geben, der sich des heiligen Schwertes bemächtigt, das den Apukunen bezwingen kann“, erklärte Arkil, „denn nur ein Schwert, das die Götter selbst geschmiedet haben, ist in der Lage dazu.“

„Das klingt alles mehr nach einer Sage als nach einer tatsächlichen Möglichkeit, ihn zu schlagen. Jede Waffe prallt an ihm ab, ohne ihm zu schaden, als sei seine Haut aus Stein“, entgegnete Aldrĭn.

„Unsinn!“, grummelte Gnorrin, „nicht jede Waffe. Deine Klinge vielleicht, aber die ist ja auch weich wie Butter, mein lieber Prinz.“ Der Unterirdische lachte demonstrativ einige Male, dann sah er Aldrĭn unter seinen buschigen Augenbrauen streng an und erklärte: „Das Schwert, dessen du dich bemächtigen wirst, ist aus dem Stahl der Draken geschmiedet. Dem Stahl der Götter selbst! Und so alt, dass nicht ein Unterirdischer mehr lebt, der um diese Schmiedekunst weiß. Würdest du mit einem dieser Schwerter eurer Landsknechte versuchen, sie abzuwehren – es würde zerbersten wie ein Baum, der vom Blitz getroffen wurde!“ „Wie kann es dann sein, dass noch kein König zuvor die Waffe gegen den Apukunen geführt hat?“

„So geschah es doch!“, wandte Arkil ein, „oder warst du nicht aufmerksam bei unserer kleinen Vorführung?“ Aldrĭn überlegte einen Augenblick, dann fiel sein Blick wieder auf den See und er begriff: „Der König hat sie verloren.“ Arkil lächelte: „Ja, so kann man es sagen.“ „Doch, verloren! Das gute Stück…“, mischte Gnorrin sich empört ein, räusperte sich aber sofort entschuldigend.

„Wie dem auch sei“, setzte Arkil seine Erzählung fort, „es war in dieser Sage immerzu die Rede vom König, der den Apukunen mit dem heiligen Schwert bezwingen kann. Nur war dies an eine Bedingung geknüpft, die es allen Anwärtern bisher unmöglich machte, die Aufgabe zu vollbringen.“

„Eine Bedingung?“, fragte Aldrĭn, der noch immer nicht ganz davon überzeugt war, was die beiden Könige ihm nahelegten. Er konnte nicht glauben, dass es ein magisches Schwert sein sollte, dass ihren Feind vernichten konnte. Und noch weniger hielt er es für möglich, dass gerade er dabei eine entscheidende Rolle spielte.

„Ja, derjenige, welcher das Schwert erfolgreich zu führen vermag, muss mutiger als Löwen, aber von gänzlich reinem Herzen sein, berichtet uns die Sage“, meinte Arkil und sah Aldrĭn bedeutungsvoll an. „Und das ist - Ariowist!“

Aldrĭn bemerkte, dass beide Könige ihn auffordernd anblickten, was ihm das Gefühl gab, sich erklären zu müssen. „Jetzt rückt doch bitte heraus damit, was Ihr von mir erwartet?“, fragte er kapitulierend.

„Du bist der nächste Anwärter“, antwortete sein Vater knapp. Aldrĭn lächelte ungläubig: „Das kann nicht sein. Ich bin doch nicht - ohne Euch enttäuschen zu wollen, aber - reinen Herzens?“ „Das Schicksal hat dich erwählt, Prinz“, sprach Gnorrin bedächtig.

„Habt Ihr Euch je dieser Verantwortung gestellt, Vater?“, fragte Aldrĭn aufgebracht und im nächsten Moment tat es ihm leid, die Frage so respektlos gestellt zu haben. Doch Arkil zeigte Verständnis für die Unruhe seines Sohnes: „Ich war der König, der das Schwert verlor, Aldrĭn“, sagte er ruhig, „denn offensichtlich war ich nicht derjenige, den die Götter erwählt hatten.“

Aldrĭn nickte und suchte nach den richtigen Worten, doch bevor er erneut protestieren konnte, fiel Gnorrin wieder ein: „Das Schwert liegt jetzt am Grunde des Sees. Es ist gebannt an die Wurzel des Drudenkofels.“ Das waren sicherlich noch mehrere Dutzend Klafter! Völlig unmöglich, danach zu tauchen, dachte Aldrĭn. Doch er besann sich eines Besseren, statt schon wieder die Worte der beiden in Frage zu stellen. Es war wohl in dieser Nacht nichts Ungewöhnliches, dass man ihn mit unmöglichen Aufgaben konfrontierte.

„Wie kann ich das Schwert erreichen?“ Arkil lächelte: „Es freut mich, dass du deine Aufgabe annimmst!“ Was bliebe mir auch anderes übrig?

„Du wirst danach tauchen müssen!“ Danach tauchen? Das war doch reiner Selbstmord! Im dunklen, eiskalten Wasser konnte er kaum ein paar Sekunden die Luft anhalten, geschweige denn ein Schwert finden. Doch wieder riss Aldrĭn sich zusammen und wartete ab, welche Lösung ihm die Könige dafür anbieten würden. „Dir wird nichts geschehen, denn du wirst sehen und atmen wie ein Meereslebewesen“, versicherte sein Vater ihm.

Aldrĭn besah den düsteren Abgrund, der sich da in der Höhle auftat und es grauste ihm davor, blindlings ins Ungewisse zu springen. Doch trotz aller Befürchtungen hätte er seinem Vater zu jeder Zeit sein Leben anvertraut und es gab sicherlich kaum einen größeren Beweis seiner Treue als diesen. „Wird es den Krieg beenden, wenn ich Erfolg habe?“, fragte er Arkil. „Das wird es“, antwortete dieser ernst, „doch musst du nun den ersten Schritt tun.“

Aldrĭn seufzte und legte sein Gewand ab, sodass er nur noch Hemd und Hose trug. Dann setzte er langsam einen Fuß vor den anderen in Richtung des Sees. „Am Grunde des Sees“, erklärte Gnorrin, „wirst du Angst haben. Aber zögere nicht, sonst bist du verloren!“ Aldrĭn erschütterte jetzt nichts mehr. Seine Angst konnte ohnehin kaum größer sein. Also begann er langsam, einen Fuß ins Wasser zu setzen.

Es war, wie zu erwarten, eiskalt und er zitterte immer mehr, je tiefer er sein rechtes Bein darin versenkte. Dann trat er auch mit dem anderen Fuß ins kalte Nass und ein Schauer lief ihm über den Rücken. Noch einmal sah er sich um zu Gnorrin und Arkil, um eine letzte Zustimmung zu diesem wahnsinnigen Vorhaben zu bekommen.

Die beiden warfen ihm aufmunternde Blicke zu, weswegen der junge Prinz sich darauf besann, nicht mehr über die Gefahr nachzudenken und so schnell wie möglich unterzutauchen. Mit jedem Schritt, den er nach vorne machte, versank er tiefer, denn es ging steil bergab. Schließlich tastete sein Fuß die Kante, von der aus es senkrecht in das Erdinnere ging. Inzwischen hatte er sich, soweit es möglich war, an die Kälte des Wassers gewöhnt. Also holte er tief Luft und tauchte dann ein in den dunklen Abgrund.

Es dauerte nur wenige Schwimmzüge, bis sich bewahrheitete, was Arkil versprochen hatte. Er konnte zunehmend besser die Umrisse der Felswände erkennen, die ihn umgaben, und schließlich war es so hell wie eben noch in der Höhle um ihn herum. Aldrĭn erkannte, dass es auch hier die leuchtenden Kristalle im Fels waren, die ihm Licht spendeten.

Doch allmählich wurde ihm die Luft knapp. Dann hoffen wir mal auf das Wunder, dachte er, während er vorsichtig begann, durch seine Nase zu atmen, um im Zweifelsfall direkt wieder nach oben zu schwimmen. Doch es geschah wieder so, wie sein Vater es ihm versichert hatte. Aldrĭn konnte tiefe Atemzüge nehmen, als sei er an Land und Luft würde in seine Lungen strömen.

Beflügelt von dieser wundersamen Erfahrung schwamm der Prinz mit kraftvollen Zügen weiter in die Tiefe. Er konnte kaum einschätzen, wie lange es gedauert hatte, bis zum Grund zu gelangen, doch musste es schon eine beachtliche Strecke gewesen sein, die er zurückgelegt hatte. Seine Arme schmerzten bereits vor Anstrengung, als er endlich den Boden des Sees erkennen konnte, der hier unten einen wesentlich kleineren Durchmesser besaß.

Hoffentlich musste er das Schwert nicht noch unter Kraftaufwand aus einer Felsspalte oder ähnlichem befreien! Auf allen Vieren setzte er auf dem Fels auf, der den Grund bildete. Langsam krabbelte er nun über das Gestein, doch ein Schwert, oder überhaupt irgendeinen anderen Gegenstand als Algen und Kiesel, konnte er nicht ausmachen. Plötzlich stieß er mit der Hand gegen etwas Hartes und als er prüfend den Boden abtastete, erkannte er, dass seine Suche erfolgreich war.

Da lag es tatsächlich vor ihm, genauso wie es die Kristalle dargestellt hatten, doch über und über von Algen bedeckt. Nachdem er die Waffe provisorisch vom Gewächs befreit hatte, sah er eine Klinge von beinahe zwei Ellen, die in einem matten Gold schimmerte. Erleichtert steckte der Prinz das Schwert in seinen Gürtel und stellte sich aufrecht auf den Boden, um sich dann für den Rückweg kraftvoll abzustoßen.

Als er aber nach oben sah, überkam ihn das Grauen. Unmittelbar über ihm, vielleicht einen Schwimmzug entfernt, befand sich mit einem Mal eine undurchdringliche Felsplatte. Aldrĭn schwamm vorsichtig in Richtung der plötzlich erschienenen Decke und tastete sie prüfend ab, um nicht etwa auf eine Sinnestäuschung hereinzufallen. Doch das harte Gestein gab nicht nach, so sehr er auch dagegen drückte. Er sah sich noch einmal in der Unterwasserhöhle um. Es gab keinen Ausgang mehr. Er war tatsächlich gefangen!

Panik überkam ihn, hektisch schwamm er hin und her, um auch keine Öffnung in seiner Kerkertür übersehen zu haben.

Stattdessen fand er etwas, das sein Entsetzen nur noch wachsen ließ: Auf dem Grund des Sees lagen Menschenknochen, ja sogar ganze Skelette, die ihn aus ihren schwarzen Augenhöhlen anzuglotzen schienen. Das waren die Ertrunkenen, die vor ihm gekommen waren und das gleiche Schicksal erlitten hatten wie er jetzt!

Verzweifelt wandte er seinen Blick von den unheimlichen Gerippen ab, als das nächste Unheil über ihn kam. Denn mit einem Mal spürte er, wie die Luft um ihn herum dünner wurde und er sich schließlich am Wasser verschluckte. Reflexartig hustete er und stieß damit die Luft aus, die noch in seinen Lungen war. Wolken aus Luftblasen stiegen vor seinem angsterfüllten Gesicht auf und zerstoben an der Felsdecke. Jetzt war es vorbei, er konnte den Atem nur noch wenige Momente anhalten. Schon sah er sich neben den modernden Totenmännern auf dem algenbewucherten Grund verrotten, da war ihm, als halle die Stimme des Zwergenkönigs in seinem Ohr wider: „Am Grunde des Sees wirst du Angst haben. Aber zögere nicht, sonst bist du verloren!“

Der Prinz schloss seine Augen, um sich nicht ganz von der Todesangst übermannen zu lassen. Da kam ihm mit einem Mal eine letzte Idee und er zog das Schwert aus seinem Gürtel. Mit seiner verbleibenden Kraft stach er mit der Spitze der Waffe gegen das Gestein. Der Fels bekam einen tiefen Riss an der Stelle, wo er ihn getroffen hatte. Noch einmal hieb er mit dem Schwert gegen die Decke und da zerbrach diese ganz und gar über ihm. Schützend hielt Aldrĭn die Arme über seinen Kopf, um nicht von den herabsinkenden Gesteinsbrocken getroffen zu werden, doch diese sanken langsam wie untergehende Schiffe um ihn herum herab und schlugen dumpf auf den Boden auf, wo sieWolken aus Sand aufwirbelten.

Gerettet war Aldrĭn nun aber noch nicht. Er steckte das Schwert zurück in den Gürtel und machte einige Schwimmzüge der Oberfläche entgegen, jedoch es war zu spät! Ohne es kontrollieren zu können, holte er tief Luft und bereitete sich darauf vor, eine Menge Wasser zu schlucken. Es kam anders als erwartet. Mit einem Mal konnte er wieder atmen wie zuvor.

Ungläubig sah Aldrĭn nach unten, um sich zu versichern, dass er dies alles nicht nur träumte und womöglich schon ohnmächtig neben den Skeletten der verunglückten Taucher lag. Doch da ruhten die Gesteinsplatten, die er soeben zum Grund befördert hatte und um sie herum legte sich langsam der aufgewirbelte Kies. Es dauerte einige Zeit, bis er wieder gleichmäßig atmen konnte und diese Zeit nahm er sich, um sich von der Anstrengung und dem Schrecken zu erholen.

Schließlich fühlte er sich bereit für den Rückweg und schwamm wieder nach oben, in Richtung der Höhle, aus der er gekommen war, bevor er in diesen schrecklichen Abgrund herabgetaucht war. Der Rückweg kam ihm kürzer vor, auch wenn es kräftezehrender schien, bergauf zu schwimmen, doch diesmal – so hoffte er zumindest- erwartete ihn keine weitere Prüfung am Ende des Wassers.

Endlich erreichte er die Oberfläche und schleppte sich schwerfällig an Land. Alle Muskeln seines Körpers waren müde, die nasse Kleidung hing bleischwer an ihm herab und er zitterte auf einmal am ganzen Leib, denn nun überkam ihn die Kälte, die er unter Wasser kaum wahrgenommen hatte.

Erschöpft ging Aldrĭn auf die Knie und sein Vater eilte zu ihm. Der Zwerg Gnorrin stand grinsend neben seinem Kahn und verschränkte die Arme. „Ich hab’s dir gesagt, er kann es!“ Zufrieden lachte der kleine König, dann kletterte er wieder in sein Boot und stieß sich mit einem langen Stab vom Fels ab. „Mögen die Götter ihre schützende Hand über dich halten, Ariowist!“, rief er zum Abschied und dann verschwand das Boot in einem der kleineren Höhlenausgänge, die auf der anderen Seite des Sees lagen.

„Hab Dank, alter Freund!“, rief Arkil ihm hinterher, während er seinem Sohn half, das nasse Hemd auszuziehen und ihm sein Gewand umlegte. Bibbernd richtete Aldrĭn sich auf und versicherte sich noch einmal, dass er das goldene Schwert bei sich trug. „Du hast es geschafft. Du wirst uns retten“, sprach Arkil stolz und legte seine Hand anerkennend auf Aldrĭns Schulter.

„Jetzt gerade würde ich aber lieber in mein warmes Bett“, gestand der frierende Prinz. Arkil lächelte: „Natürlich, wir sollten uns jetzt rasch ins Schloss zurückbegeben und den Berg in Frieden lassen.“

Mit diesen Worten machten sie sich auf und verließen die unterirdische Höhle, stiegen wieder den Schacht hinauf und gelangten schließlich in den holzbeschlagenen Raum, welcher vor der Wendeltreppe lag. Als Aldrĭn sich auf dem Weg noch einmal umsah, konnte er von der Höhle schon nichts mehr erkennen, denn die Kristalle hatten aufgehört, zu scheinen, sobald er sie verlassen hatte. Er fand es nach wie vor befremdlich, dass er soeben mir nichts dir nichts zum geborenen Helden erklärt worden war. Er fühlte sich weder so mutig wie ein Löwe, noch hatte er ein reineres Herz als andere. Nein, makellos war er nun wirklich nicht!

Und so schwirrten noch etliche unbeantwortete Fragen in seinem Kopf herum, als er den Weg mit seinem Vater zurückging, der beide Türen wieder sorgfältig hinter sich verschloss. Am oberen Ende der Wendeltreppe angekommen, atmete er erstmals auf, denn endlich wurde die Luft spürbar wärmer als unter der Erde. Er triefte immer noch vor Nässe, die in seiner Kleidung und seinen Haaren hing. Als sie den Gang entlangliefen, durch den sie zur Wendeltreppe gekommen waren, rückte der Prinz mit den Fragen heraus, die ihn am meisten beschäftigten. „Gnorrin hat mich immer wieder mit einem Namen angesprochen, den ich nicht kenne. Was bedeutete er?“

Ariowist, richtig. So nennen die Unterirdischen ihre größten Anführer. Nur wer ein mächtiges Heer hinter sich vereinigen kann, bekommt bei ihnen diesen Titel verliehen“, erläuterte Arkil. „Und warum“, fragte Aldrĭn weiter, „vertraut Ihr diesem Zwerg? Und er Euch?“

„Es ist schon viele Jahre her, doch einst herrschten gänzlich andere Sitten zwischen den Alten Völkern und uns. Und ich halte es eben für weiser, sich ein paar Freundschaften aus diesen guten Zeiten zu bewahren. Auch wenn ich das am Hofe nicht vertreten kann“, meinte Arkil und Aldrĭn glaubte, einen wehmütigen Unterton in seiner Stimme zu bemerken.

„Ich verstehe.“ Doch als sie vorm Thronsaal stehen blieben, um sich für die Nacht zu verabschieden, hatte er noch eine Frage auf dem Herzen, die ihm sein Vater zuvor beantworten musste.


***

Dirion warf sich seinen Umhang über, als er den Pavillon verließ und in die kühle Nachtluft hinaustrat. Er warf einen Blick auf den Garten, der in einer gespenstischen Ruhe dalag. Die Rosenbüsche wurden vom fahlen Licht des Mondes beschienen, der inzwischen hoch am Himmel stand.

Es war jetzt höchste Zeit, sich in seine Kammer zu begeben und ins Bett zu legen, dachte er, sonst wäre es die zweite Nacht ohne erholsamen Schlaf gewesen. Morgen brauchte er einen wachen Geist, wenn er sein Versprechen gegenüber dem Grafen von Asyc einhalten wollte. Also ging er durch die Gartenanlage geradewegs zum Schloss, das in der Nacht noch riesenhafter wirkte, weil man nicht genau erkennen konnte, wo die Spitztürme endeten und die vorbeiziehenden Wolken begannen.

Nachdem sie noch eine Weile beieinander gelegen hatten, war Kyjera schon früher gegangen. Sie wollte diese Nacht in ihrer Kammer verbringen, wo auch ihre Schwester Ariadne schlief. Diese war am Abend eingetroffen, um der morgigen Ratsversammlung beizuwohnen.

Dirion dachte an die vergangenen Stunden, in denen er sich diesem wunderbaren Menschen so nah fühlen durfte und es erfüllte ihn eine Glückseligkeit, von der er hoffte, dass sie ihn zumindest bis in die Träume begleiten würde. Wenn er sie schon nicht ewig festhalten konnte.

Eilig schritt er durch den Innenhof hinüber zum Portal, das direkt zum Thronsaal führte. Von dort aus war seine Kammer rasch zu erreichen. Er ging eine breite Treppe hinauf, die zum Bogengang führte, als er plötzlich Stimmen hörte. Es war nicht ungewöhnlich für diese Zeit, dass sich Menschen durch das Schloss bewegten, dachte Dirion und erinnerte sich an sein eigenes Treffen mit Eristrian in der vergangenen Nacht. Doch er merkte auf, als er hörte, dass jemand seinen Namen aussprach.

„Wieso nicht Dirion?“ Das war ganz eindeutig die Stimme seines Bruders gewesen! Dirion verlangsamte seine Schritte und blieb schließlich ganz stehen, um kein Wort des Gespräches zu verpassen, das wahrscheinlich nicht für seine Ohren gedacht war. „Wie meinst du das?“ Das war sein Vater gewesen. Arkil und Aldrĭn schienen sich unmittelbar vor dem Thronsaal zu befinden, etwa zwanzig Fuß von Dirion entfernt.

Er war auf einer der oberen Treppenstufen stehen geblieben und lehnte sich an die Wand, um nicht gesehen zu werden. Er kam sich augenblicklich schändlich vor, wie er so seine eigene Familie belauschte, doch andererseits schienen die beiden etwas zu besprechen, das ihn zwar betraf, jedoch vor ihm geheim gehalten werden sollte! Warum sonst würde man eine so späte Stunde zur Unterredung wählen?

Jetzt hörte er wieder Aldrĭn sprechen: „Weswegen ist Dirion nicht derjenige, der den Apukunen bezwingen soll? Er ist erfahrener, mutiger und stärker als ich. Er ist listenreich und einer der ruhmreichsten Krieger überhaupt.“ „Es ehrt dich, wie du über ihn urteilst“, hörte Dirion den König antworten, „und auch ich war mir lange Zeit nicht im Klaren darüber, ob er nicht der Ariowist sei. Doch halte ich ihn auch für sehr ungestüm und jähzornig, wenn es um seine eigenen Ziele geht. Er ist ein großer Krieger, aber durch seine Erfahrung im Krieg ist ihm ebenso vieles verloren gegangen von dem, was den Ariowist ausmacht. Er geht nie unvoreingenommen an die Dinge heran, sondern sieht sie von einem weitaus überlegteren Standpunkt aus, als du es vielleicht tust. Dieser Meinung ist auch Gnorrin gewesen. Und außerdem…“, Arkil machte eine kurze Pause, „habe ich jetzt eine andere Aufgabe für deinen Bruder.“

Dirion verharrte weiterhin regungslos auf der Treppe, doch innerlich glaubte er, zu zerspringen; am liebsten wäre er auf der Stelle um die Ecke gebogen, um die beiden Heimlichtuer zu stellen, doch dann besann er sich eines Besseren und wartete ab, ob sie noch einmal auf ihn zu sprechen kämen. Und was hatte es mit diesem Ariowist auf sich, den sie nun mehrmals genannt hatten?

Die Antwort hielt Arkil prompt parat: „Es liegt in deiner Hand allein, den Frieden zurückzubringen, Aldrĭn. Du wirst über das Meer nach Triga fahren. Und dort wirst du dein Schicksal erfüllen. Doch zuerst…“, mit einem Mal war alle Feierlichkeit aus Arkils Stimme verschwunden, „wirst du dir trockene Kleidung anziehen, sonst holst du dir den Tod, noch bevor du dem Apukunen gegenüberstehst!“

Damit war ihr Gespräch beendet und Dirion schlich die Treppe wieder hinunter. Er hatte beschlossen, einen Umweg zu seinen Gemächern zu machen, denn er wollte weder Arkil noch Aldrĭn in seiner jetzigen Stimmung über den Weg laufen. Warum wollten sie ihn nicht einweihen? Glaubte der König etwa, dass er die Kritik an seiner Person nicht ertrüge, welche Arkil seinem Bruder gegenüber so offen formuliert hatte?

Dirion versuchte seinen Zorn im Zaum zu halten, denn er wusste, dass es nur sein verletzter Stolz war, der ihn so aufwühlte. Morgen wäre dies alles bedeutungslos, so sagte er sich, denn morgen würde er an Egrodt von Asycs Seite in der Ratsversammlung am wesentlich längeren Hebel sitzen als alle anderen. Und dann sollte Aldrĭn doch ihr großer Befreier werden! Dirion würde in der Zwischenzeit sein neues Leben einläuten und irgendwo in den nördlichen Landen auf seinem eigenen Gut eine Familie gründen.

Ariowist und Birkenfeuer

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