Читать книгу Selbst im Traum werde ich reicher - Leonille Gottschick - Страница 11

Die Tanya-Schule war sehr weit. Wir mussten über eine Wildblumenwiese gehen. Es war weniger eine Wiese, sondern eher eine Weide, weil sie nicht gemäht wurde. Im Frühling blühte die gelbe Schlüsselblume, danach der gelbe Löwenzahn, dann die rote Mohnblume. Es gab Nelkensträuße, die der Leser als Kamille kennt. Die nickende Distel blühte lila und wenn sie verwelkt war, hat der Wind sie als Ball gerollt. In heißen Sommern trocknet auch das Gras aus. Die grüne Wiese wird hellbraun. Der Gesang der Lerche fehlte in Kereki auch nicht. Danach kamen die regnerischen Jahreszeiten. Zu dieser Zeit durchquerten wir die Wiese in Gummistiefeln. Wenn das Wasser zu groß war, sind wir ausgewichen und danach haben wir die schlammige Straße geknetet. Bis wir in der Schule ankamen, waren wir bereits müde. Ich sah auch Fata Morganen. Wie ein Spiegel, nur verkehrt zeigte sie die Kirche von Köröstarcsa. In meiner Kindheit war ich nie in Köröstarcsa. Meine Eltern sagten mir, dass es in diese Richtung sei. Auf der Straße konnte man das beobachten in der Weite. Im Winter ist meine Wildblumenwiese gefroren. Dann sind wir bis zur Schule rutschend über sie gelaufen. 100 Meter von unserer Tanya hat die Eislaufstrecke begonnen und ca. 100 Meter vor der Schule hat sie aufgehört. Sie war mehrere Kilometer lang. Wir hatten einen größeren Eislaufplatz als die Eisarena von Nürnberg. Nicht selten fiel so viel Schnee, dass er höher war als ich, oder die Schneeverwehungen hatten ihn auftürmen lassen, sodass wir nicht weiterkamen. Dann spannten meine Brüder die Pferde und wir wurden mit dem Schlitten in die Schule und wieder nach Hause gebracht. Mehrmals wurden Jani und Mari Bojti von ihrem Bruder mit dem Pferdeschlitten in die Schule gebracht, dann fuhren wir mit ihnen mit. Sie wohnten weiter nördlich von uns und wir lagen auf dem Weg zur Schule. War das nicht eine wunderschöne Kindheit? Jedes Jahr bin ich mehr als 400-mal über die Brücke bei den zwei Körös-Flüssen – Fehér Körös und Fekete Körös – gegangen, trotzdem wurde mir dafür kein Denkmal errichtet. Sándor Petőfi ist einmal über die – damalige Holzbrücke – gegangen und die Gedenksäule steht bei der Brücke am Deich. Er hat sich diese Gedenksäule nicht dadurch verdient, dass er über die Brücke bei Kereki gegangen ist, sondern weil er ein großer Dichter war. Kennen Sie ihn? Auf der Tanya hatte ich nicht immer ein Fahrrad. Einer meiner Lieblingssportarten ist heute durch Kereki zu rasen – natürlich mit deutschen Automarken – mit einer Geschwindigkeit – wenn es die Straßenverhältnisse zulassen –, dass diejenigen, die ich überhole, aus ihren Autos steigen, weil sie glauben, dass sie stehen oder träumen. Weil ich vor ein paar Sekunden noch dort war. Und jetzt bereits nicht mal am Horizont zu sehen bin. In diesen Momenten finde ich es schade, dass die Verwandten – die Familie vom Bruder meiner Mutter, Jancsi Sáli und Bözsika Sáli – nur 16 km von Mezőberény in Bélmegyer wohnen und nicht weiter weg. Ich lebte bereits in Nürnberg, aber meinen Urlaub verbrachte ich in Mezőberény. Ich habe öfter Spritztouren in Kereki gemacht. Bis die Straßen nicht umgelenkt wurden, habe ich den Platz unserer Tanya und meine einstige Schule angeschaut. Einmal träumte ich, dass UFOs in Kereki gelandet sind. Und ich war nicht weit von ihnen mit dem Auto unterwegs. Diese Wesen waren mit erhobenen Händen in meine Richtung unterwegs. „Wenn ihr schon gelandet seid, mache ich ein paar Fotos von euch“, dachte ich. Meine Kamera hatte ich immer bei mir, mit einer Ausnahme. Ich zückte sie auch in meinem Traum, knipste einige Male und drehte mich wieder ab, weil die als Feinde vermuteten Wesen bereits in der Nähe waren. In Nürnberg habe ich den Film entwickeln lassen. Stellen Sie sich vor, diese paar Bilder waren leer. Es gab keine Zeichen dafür, dass ich die Landung der UFOs in Kereki verewigt hätte. Das eine Mal, als ich keine Kamera bei mir hatte, war in Nürnberg. Ich wollte schon immer radfahrende Nonnen fotografieren. Einmal kamen mir sogar drei entgegen, aber ich konnte sie nicht abknipsen.

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Im Kapitel „Mein Nürnberg“ berichte ich von meiner hollywoodreifen Flucht aus Ungarn nach Nürnberg in Deutschland. Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, wieso die Menschen Ungarn verlassen und sich der Gefahr einer Flucht aussetzen. Bis zur Mitte der 1980er Jahren war es riskant. Von der Frau, die in Mezőberény im deutschen Pfarrhaus wohnte, besorgte ich die Adresse des 1981 von dort geflüchteten deutschen Pfarrers Zoltán Ferenczy in Lauterhofen in der Oberpfalz. Ca. 50 km von Nürnberg. Aber ich durfte nicht dort schlafen, weil ich auch eine Spionin sein konnte, nahmen sie an. Ich habe in Nürnberg im Lager übernachtet. Am fünften Tag konnte ich das Lager verlassen, weil Zoltán Ferenczy mir eine 1-Zimmer-Wohnung besorgt hatte. Es ist immer gut, wie es ist. Eines Nachts habe ich noch in Mezőberény geträumt, dass ich hier in Deutschland ein zuverlässiges Auto habe – weil unser russischer Mercedes öfter ausgeliehen war und immer kaputt zurückgebracht wurde – und ein ruhigeres Leben führen könnte als in Mezőberény. Ich kann mit Begeisterung und nicht lustlos arbeiten. Mein Traum ist in Erfüllung gegangen.

Selbst im Traum werde ich reicher

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