Читать книгу Selbst im Traum werde ich reicher - Leonille Gottschick - Страница 14

Ich habe mit unterschiedlichen Berufen Geld verdient. Ich arbeite, seitdem ich fünf bin. Damals noch nicht jeden Tag. Ich habe Futterreste von den Kühen, Schafen und den Pferden aussortiert. Im Winter musste ich um 5 Uhr aufstehen. Im Sommer habe ich sie ab 4 Uhr weiden lassen, gemeinsam mit meinem Bruder und meinen Schwestern. Dazu kamen noch die Gänse und die Schweine. Ich war Büroangestellte. Sekretärin. Arbeiterin in der Porzellanfabrik. Privathändler. Hotel Portier. Konditorin. Als Hobby habe ich geschneidert. Ich habe mehrere Arbeitsplätze nicht im Wohlwollen verlassen. Als ich gegangen bin, wurde ich traurig. Irgendwie überkam mich ein Gefühl wie nach einer Beerdigung bei den Hinterbliebenen. Nichtsdestotrotz: „Non, je ne regrette rien“, „Ich bereue nichts“. Danach fand ich immer eine bessere Stelle. Beziehungsweise bereue ich zwei Dinge: 1. Dass ich nicht Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch gelernt habe. 2. Dass ich Ungarn nicht nach dem Abitur verlassen habe. Ich bereue, dass ich diese Dinge nicht machen konnte, aber es hing nicht von mir ab. Das Lernen und Sprechen in mehreren Sprachen sind nicht unmöglich. Ágostai Kati, die Tochter meiner Cousine Kati Vértes, hat bis zu ihrem 18. Geburtstag Sprachprüfungen in drei Sprachen abgelegt: Deutsch, Englisch und Japanisch. Einer meiner Hobbys ist Autofahren. Das zweite Hobby ist Fotografieren. Das dritte ist Burgen und Schlösser besichtigen und fotografieren. Ich müsste nicht arbeiten, aber ich liebe es, mich auf den Straßen von Nürnberg zu bewegen. Dort, wo Kaiser, Könige, Fürsten, Grafen, Baronen, Aristokraten, Knechte, Mägde zu Fuß oder mit Kutschen in die Burg hinauf- oder hinuntergingen und fuhren, kann ich mit 136 Pferdestärken Spritztouren machen. Ich liebe es, wenn ich jemanden in die Burg hinauffahren oder von dort abholen kann. Im Kapitel „Ich fahre mit galoppierenden Pferden durch das Leben“ schreibe ich über meinen Traumberuf, das Taxifahren. Es ist der beste Beruf auf der Welt. Wieso? In zwei Monaten hatte ich einen neuen Beruf in der Hand. Man kann nicht zu spät kommen. Mein aktuelles Taxi habe ich in Februar 2017 mit 2.000 Kilometern bekommen. Es trägt die Konzessionsnummer 163. Die Tagesschicht parkt es in der Schafhofstraße, weil es dort am ehesten Parkplätze, auch für meinen Tiguan, gibt. Der Schlüssel ist seitdem bei mir, auch wenn ich Deutschland verlasse. Morgens werfe ich das Kuvert mit Geld und Quittungen, wenn jemand mit EC oder Kredit-Karte gezahlt hat oder wenn ich Menschen mit Behinderung transportiert habe, in den Briefkasten vom Chef. Mein Anteil ist 45 % plus das Trinkgeld. Ich kann so gegen 18 Uhr die Arbeit aufnehmen und bis 6 Uhr morgens arbeiten und darf aufhören, wann ich will. Ich nehme mir so viel Urlaub, wie ich will, und dann, wann ich mich ausruhen möchte. Ich habe bereits mehrere Hundert Bücher bei der Arbeit gelesen, während ich gewartet habe. Es gibt nicht viele ähnliche Möglichkeiten, um Geld zu verdienen. Meinen Chef – Gerhard Kronburger – sehe ich so oft wie die Mitte meines Rückens, also nie. Es gibt Leute, die es wegen der täglichen Diskussionen, Intrigen, Schelten und täglich neuen unlösbaren Aufgaben ins Grab gebracht haben. Ist es nicht viel besser, dass ich den Boss nicht sehe? Mit dem Taxi – natürlich mit Fahrgästen – habe ich den Großteil sowohl von Deutschland als auch die Nachbarländer bereist. Ich habe in der Nacht nicht viel von diesen Ländern und Städten gesehen, aber ich kann sagen – dass ich da war. Der Chef hat mir eine wunderschöne Mercedes E Klasse gegeben. 100 KW, 4,70 Meter lang, Kombi, 1,80 Meter breit und 1,30 Meter hoch. Ein „Traumwagen“. Ich muss damit nur Geld verdienen und es sauber halten. Ich reinige die Alufelgen gerne, die sind die Visitenkarte des Taxis. Sie werden noch darüber lesen können. Ich weiß, dass es auf der Erde viele, noch schönere, noch größere Autos gibt, in denen ich noch nie gesessen bin, aber wahrscheinlich auch nie sitzen werde. Wenn ich die Automarke Mercedes lobe, setzte ich meiner Zufriedenheit eine Grenze. Mein Chef hat eine eigene Diesel-Tankstelle in seinem Hof und er bezahlt die Reparaturen und den TÜV. Ich sitze in meinem Taxi, warte in der Schlange am Taxistand und das Geld steigt ein. Ist das nicht ein Traum? Mit einer minimalen Ausnahme zahlen alle. „Der Fahrgast ist der König“ ist das ungeschriebene Gesetz. Von den Königinnen und Königen fallen mir die gekrönten Leute ein. Ich beschreibe Ihnen wahrheitsgetreu, welche Königinnen und Könige meine Fahrgäste waren. Dreimal habe ich gedacht, dass die Fahrgäste mir die Kehle durchschneiden. Aber sie dachten nicht einmal daran. Beim vierten Mal war ich mir nicht sicher, ob er mich mit meinem Schal erwürgen will oder auf was er auf dem Hintersitz wartet und dabei an meinem Schal herumzieht. Sie werden später lesen, was passiert ist.

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Einmal habe ich den Fahrgast nicht dorthin gebracht, wo er hinwollte. Jugendliche haben für einen Freund, der seinen 18. Geburtstag gefeiert hat, Geld zusammengeworfen, damit er zu den schönen Frauen an der Mauer fahren soll. – Später werde ich noch erklären, was „Die Mauer“ in Nürnberg genau bedeutet. „Du denkst nicht richtig“, sagte ich ihm. „Wenn ich dich bei den schönen Frauen absetze, zahlst du das Taxi, was 10,– Euro ausmachen wird, und den Gewinn streifen die schönen Frauen ein. Du bist genau in einem Zustand, dass Leonille mit dir fertig wird.“ Er konnte überredet werden. Ich habe ihn in einen Klub mitgenommen, in dem ebenfalls schöne Mädchen sind, aber reich habe ich auch welche bekommen. Sie werden die Details dann noch lesen können.

Selbst im Traum werde ich reicher

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