Читать книгу Arschbombenalarm - Lisa Sturm - Страница 6

Kapitel 4

Оглавление

Bevor Samira zum Abendessen runterging, nahm sie sich genügend Zeit sich mächtig aufzubretzeln. Sie wollte hübsch aussehen, verführerisch aber nicht zu aufgedonnert. Yanick stand bestimmt eher auf natürliche Frauen. Darum trug sie nur ein Hauch von Make up aber auf ihren kirschroten Lippenstift wollte sie nicht verzichten. Die Haare band sie sich zu einem Pferdeschwanz zusammen und zupfte sich einzelne Haarsträhnen raus, damit es ein wenig wild und ungebändigt wirkte. Fürs Abendessen hatte sie sich für einen Sommerjupe entschieden und ein körperbetontes schwarzes T-Shirt und natürlich Sandalen. Vermutlich würde sie später ein wenig kalt bekommen aber dafür hatte sie dann bereits eine zweite Garnitur Kleider bereitgelegt. Loris hatte sie ja so oft gebeten, mehr auf ihr Äusseres zu achten. Sie solle sich stärker schminken und billiger anzuziehen. Doch das war nicht ihre Art und sie wollte sich auch nichts aufzwingen lassen. Unbewusst tat sie es aber trotzdem. Aber egal was sie anzog, oder wie sie sich stylte, es gefiel ihm eigentlich nie und daher schrumpfte ihr Selbstwertgefühl auf ein Minimum zusammen. Doch als sie jetzt vor dem Spiegel stand und sich selbst betrachtete, fand sie das erste Mal nach sehr langer Zeit, dass sie gut aussah.

Als sie in den Garten raus trat, waren einige Leute schon am Essen und sie erblickte natürlich auch gleich Yanick hinter dem Grill. Sie schnappte sich ein Bier und ging an einen der grossen Tische, wo sie sich hinsetzte und sich mit einem „hallo zusammen“ in die Gruppe einfügte. Es herrschte eine fröhliche und ausgelassene Stimmung und sie spürte wieder ein Glücksgefühl in sich, wie heute Morgen schon einmal. Als sie der Hunger packte, begab sie sich zum Grill. „Hallo Yanick“. „Wow“, entfuhr es ihm und sie lachte leise. Es war ihm also aufgefallen, wie toll sie heute aussah. „Da habe ich heute wohl mehr Glück“, fügte er noch hinzu und sie war verwirrt. „Äh, was meinst du denn damit?“ „Na ja, als wir uns hier gestern am Grill zum ersten Mal gegenüberstanden, hattest du ja keine Augen für mich sondern hast nur auf den Grill gesabbert. Es war quasi Liebe auf den ersten Blick aber nicht für mich sondern für das Steak, dass du danach verschlungen hast“. Die Leute, die um sie rumstanden, lachten amüsiert. Tatsächlich war sich Samira nicht bewusst gewesen, dass er hinter dem Grill gestanden hatte. Sie war so hungrig gewesen und dachte, ihr erstes Zusammentreffen wäre viel später gewesen. Also war es doch nicht Liebe auf den ersten Blick? Also irgendwie ja doch, zumindest von ihrer Seite denn es war der erste Blick, den sie bewusst auf ihn geworfen hatte. „Jetzt ist sie wieder in ihre Traumwelt versunken“, kommentierte er das Geschehen. Samira fehlten die Worte und ein klein wenig kehrte ihre Unsicherheit zurück. ‚Du wolltest doch kämpfen‘, sagte sie sich in Gedanken und nahm nochmals einen grosse Schluck Bier. „Ja, dann hätte ich heute gerne das Cognac-Steak vom Schwein und….ähm…“ . Eigentlich wollte sie noch anfügen, dass sie danach das knackige Stück hinter dem Grill noch anknabbern wollte aber irgendwie brachte sie das dann doch nicht über die Lippen. Yanick hatte ihr unterdessen das gewünschte Stück Fleisch auf den Teller befördert und als er ihr diesen aushändigte flüsterte er ihr ins Ohr: „Du siehst wunderschön aus, Samira. Ich freue mich schon auf später“. Beinahe hätte sie den Teller fallengelassen. Das ging ja gerade nochmals gut.

Nachdem sie aufgegessen und noch zwei weitere Biere getrunken hatte, ging sie nochmals kurz auf ihr Zimmer und zog sich um. Turnschuhe, Jeans, und ihren Kuschelpullover. Dann zog sie nochmals ihre Lippen nach und ging wieder nach draussen, wo sich Yanick zwischenzeitlich an ihren Tisch gesetzt hatte. „Ah, hast du Feierabend?“, Samira setzte sich neben ihn und er nickte fröhlich. Im Hintergrund begann gleichzeitig Country-Musik zu spielen. Überrascht drehte sich Samira um. „Wir haben heute Live-Musik“, erklärte ihr Yanick und hackte sich bei ihr unter um mit den anderen Leuten mitzuschunkeln. „Wir machen dann später noch Line Dance“, erklärte Yanick. „Was ist denn das?“ Samira hatte noch nie davon gehört. „Sie kennt Line Dance nicht“, brüllte Yanick laut in die Runde und sofort erhoben sich alle von ihren Plätzen und stellten sich in eine Formation, teils nebeneinander und teils hintereinander vor der kleine Bühne auf der die Band spielte. Sie klatschten im Takt und begannen dann mit einer Choreographie, so dass Samira nur noch staunte. Wieso konnten die das alle? Diese Leute kannten sich doch nicht mal gegenseitig. Sie stampften, tanzten und lachten. Samira hätte sich gewünscht, dass sie die Schritte auch kannte und mittanzen könnte aber es blieb ihr nichts anderes übrig als staunend zuzuschauen. Etwas später kehrten sie an die Tische zurück. „Woher könnt ihr das denn alle?“, fragte sie erstaunt. „Tja, Miss Zürich muss noch viel lernen“, grölte Yanick, bevor er einen grossen Schluck Bier nahm und sie in die Seite knuffte. „Zeigst du mir, wie es geht?“ „Sicher doch“. Geduldig zeigte er ihr die Schritte und schon bald konnte sie einigermassen mittanzen. Fröhlich hüpfte sie im Takt und strahlte dabei Yanick an, der sie irgendwann packte und sagte: „So, fertig Line Dance, jetzt tanzen wir als Paar“.

Sie schmiegte sich glücklich an ihn. Als Paar hatte er gesagt. Gedanklich baute sie bereits wieder Luftschlösser. Sie sah, wie sie sich mit Jana in ihrer Lieblingsbar, dem Julios traf und erzählte: „Ja, wir sind jetzt ein Paar“. Oder wie sie ihrem Chef gegenüber sass und sagte: „Ich habe mich entschieden meine Stelle zu kündigen, da ich zu meinem Partner nach Guttannen ziehen werde“. Der Chef antwortete dann: „Das ist aber sehr schade, da verliere ich eine ausgezeichnete Mitarbeiterin aber es freut mich natürlich, dass Sie die grosse Liebe gefunden haben und kann Ihre Beweggründe voll und ganz nachvollziehen“. Als nächstes sah sie sich im weissen Kleid mit Yanick vor der Kirche stehen und…. „Sag mal, träumst du?“, flüsterte er ihr plötzlich ins Ohr und riss sie damit zurück in die Realität. „Ja, irgendwie schon“, sie schaute ihm in die Augen, „irgendwie fühlt sich gerade alles wie ein Traum an“. „Geht mir genauso“. Er drückte sie noch viel enger an sich als zuvor und sie tanzten weiter. „Dein Lippenstift gefällt mir“, hauchte ihr Yanick ins Ohr. „Danke. Die Farbe heisst Wildkirsche“. „Mmmmhhh Wildkirschen mag ich gerne“. Yanicks Stimme löste bei ihr eine Gänsehaut am ganzen Körper aus. Nach einem kurzen Moment der Stille sprach er weiter. „Schmeckt er denn auch nach Wildkirsche?“ Samira war kurz sprachlos. Was sollte sie sagen? Probier es aus? War das zu direkt? Bevor sie etwas sagen konnte, hob er ihr Kinn sanft mit der Hand an, blickte ihr tief in die Augen und dann küsste er sie zärtlich auf den Mund. Danach küsste er sie ein zweites und ein drittes Mal und irgendwann spürte sie seine Zunge, worauf sie sich mal wild und mal zärtlich küssten, während dem sie weitertanzten. Sie machten erst eine Pause, als sie eine Stimme vernahmen: „Äh also ihr könnt gerne noch weitertanzen und äh schmusen, wenn es euch nicht stört, dass keine Musik mehr spielt“. Sie hörten Gelächter und als sie sich umschauten bemerkten sie, dass die Band bereits zusammengepackt hatte und sich nur noch wenige Leute im Garten befanden.

Es war eine herrliche Sommernacht. Die Grillen zirpten und sie setzten sich wieder zurück an den Tisch, wo sie jetzt alleine waren. Gedankenversunken sass Yanick da und blickte zum Sternenhimmel. „Was denkst du gerade?“, fragte Samira neugierig. Er schwieg einen Moment. „Ich dachte nur gerade, dass seit mein Vater gestorben ist, ich nie mehr so glücklich war wie heute“. Er nahm Samiras Hand und streichelte sanft ihren Handrücken. „Vielen Dank für den unglaublichen Tag heute“. „Vermisst du ihn noch sehr?“, Samira fand den Moment passend um über Persönliches zu sprechen, doch bevor er antworten konnte, stand Ida im Garten. „Yanick?“, flüsterte sie so laut, dass es schon kaum mehr als Flüstern bezeichnet werden konnte. „Yanick, könnt ihr bitte drinnen weitersprechen? Ihr weckt sonst die anderen Gäste“. „Kein Problem“. Yanick erhob sich und zog Samira an der Hand mit. „Du hast Zimmer Nr. 3? Ich bringe dich da hin“.

Während sie zu ihrem Zimmer gingen erzählte er ihr flüsternd von seinem Vater und von den vielen kleinen Momenten im Alltag, wo er fehlte und er an ihn denken musste. Als sie bei der Zimmertüre Nr. 3 angelangt waren, öffnete Samira diese und Yanick, der inmitten seiner Erzählungen war, folgte ihr wie selbstverständlich ins Zimmer rein. Sie setzten sich aufs Bett und Yanick redete weiter. „Viele Leute denken, wenn ein Jahr vorbei ist, dann hat man einen solchen Verlust verarbeitet und ja natürlich, es wird anders. Es tut nicht mehr so weh wie am Anfang aber trotzdem vermisse ich ihn sehr und es gibt kaum einen Tag, an dem ich nicht an ihn denke“. Yanick erzählte nochmals von dem Moment, wo er seinen Job als Zimmermann aufgegeben hatte, wie er da in der Pension mitwirken konnte und dass er seinen Entscheid nie bereut hatte. „Langweile ich dich?“, fragte er plötzlich, als Samira länger nichts mehr gesagt hatte. „Nein, gar nicht. Aber ich bin ehrlich gesagt sehr müde. Es war ein langer Tag und ich glaube, ich brauche dringend Schlaf“. Er nickte. „Dann bekommst du aber zuerst noch einen Gutenachtkuss“. Zärtlich nahm er sie in den Arm und sie küssten sich erneut wie zuvor im Garten, in dem sie kaum mehr fähig waren, ihre Küsse zu beenden. „So was ist mir ja noch nie passiert“, sprach Yanick heiser, „dass mich jemand dermassen umgehauen hat“. Obwohl Samira sehr müde war, wehrte sie sich nicht, als sie irgendwann küssend aufs Bett sanken und sich in den Armen lagen. Es war still im Zimmer und als Yanick sagte: „Ich würde so gerne in deinen Armen einschlafen und wieder aufwachen. Keine Angst, ich möchte nichts überstürzen. Es muss auch gar nichts weiter geschehen, ich möchte dich nur festhalten“, war Samira sofort einverstanden. Kurz später schlief sie auch schon ein, in Yanicks starken Armen, glücklich wie schon lange nicht mehr.

Arschbombenalarm

Подняться наверх