Читать книгу Immer weiter - Lloyd Bradley - Страница 11

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Nachdem wir in Großbritannien endlich hatten Fuß fassen können, hatte ich das Gefühl, dass uns wirklich der Durchbruch gelungen war. Ich war nun auch nach meinem persönlichen Ermessen ein Star. Das wirkte sich aber nicht sonderlich stark auf mich aus, da wir ständig so unter Stress standen, dass ich gar nicht viel Zeit hatte, um mir den Kopf darüber zu zerbrechen. Na klar, im Hinterkopf realisierte ich schon, was sich da abspielte, aber ich hielt nie inne, um nachzudenken, ob ich irgendetwas anders tun müsste. Ich sagte mir bloß: „Okay, das fühlt sich gut an, ich könnte mich daran gewöhnen!“ Und dann machte ich einfach weiter. Ich bin ein gut geerdeter Mensch, weshalb ich nie wegen einfacher Dinge aus dem Häuschen geriet. Da ich mich meinen Zielen näherte, akzeptierte ich so vieles von dem, was um mich herum geschah, ließ es aber nicht zu, dass es mich in irgendeiner Hinsicht beeinflusste. Letzten Endes gehörte alles zu meinem Plan. Deshalb sah ich das so wie alle anderen Dinge, die in meinem Leben passiert waren. Berühmt zu sein, war einfach nur ein nächster Schritt für mich. Ich verhielt mich so wie damals, als ich mit 13 von Jamaika nach London gezogen war: „Aha, na gut! Dann mal los! Ich kann mit allem umgehen, was mir widerfährt!“

Das soll aber nicht heißen, dass sich der neue Status von Boney M. nicht auf meinen Alltag auswirkte. Wir standen nun im Rampenlicht und konnten ihm auch nicht entkommen. Und warum hätten wir das auch tun sollen? Schließlich war das eine Form der Anerkennung unserer Leistungen. Ich war so zufrieden damit, dass wir für das, was wir uns vorgenommen und umgesetzt hatten, nun gefeiert wurden. Die Leute lernten uns auch als Marcia, Liz, Maizie und Bobby und nicht nur als Boney M. kennen. Wenn wir irgendwo aufkreuzten, sprachen sie uns mit unseren Namen an und die Journalisten stellten jedem von uns individuelle Fragen. Es war schon ironisch, und ich bin mir nicht sicher, ob Frank sehr glücklich darüber war, da dies bestimmt nicht seinem ursprünglichen Plan entsprach. Bei „Do You Wanna Bump?“ war er noch zu 100 Prozent der Mastermind und das Gesicht der Gruppe gewesen. Nun wurden wir aber – gerechtfertigterweise – alle zu Stars. Ich empfand das als dermaßen große persönliche Genugtuung, dass es mich nicht allzu sehr kümmerte, ob jemand verschnupft darauf reagierte. Am besten war, dass das Publikum unsere individuellen Beiträge zur Gruppe und unsere eigenständigen Persönlichkeiten zu schätzen wusste. Die Fans hatten jeweils ihre eigenen Lieblinge und schrieben uns alle einzeln an. Und nein: Ich weiß nicht, wer am meisten Fan-Post bekam.

Wir sorgten praktisch überall, wo wir auftauchten, für Aufruhr – ob wir nun als Gruppe oder solo unterwegs waren. Allerdings war das nicht so wie heute, wenn Prominente von Leuten belagert werden, die ein Selfie mit einem schießen wollen, oder einen von der anderen Straßenseite aus um ein Foto bitten. Damals und vor allem in Deutschland lief das viel verhaltener ab. Doch wenn wir auf der Straße gesichtet wurden, konnte es durchaus zu einem Menschenauflauf oder Verkehrsstau kommen. Wenn wir uns in Restaurants, Geschäften oder auf dem Flughafen aufhielten, mussten wir akzeptieren, dass alles ein wenig länger dauern würde. Für mich war das nie ein Problem. Die Leute wollten mir ja nur mitteilen, wie sehr sie mich mochten. Es gibt Schlimmeres.

Ich widmete ihnen gerne meine Zeit, schließlich handelte es sich dabei um Augenblicke, die sie niemals vergessen würden. Es war Teil unseres Jobs und es war nicht weniger wichtig, als im Studio zu singen, und es bereitete mir viel Freude.

Das hatte allerdings zur Folge, dass wir nie „dienstfrei“ hatten. Da es zum Image von Boney M. gehörte, glamourösen Fantasien zu entsprechen, mussten wir uns auch abseits der Bühne als echte Hingucker präsentieren. Wir Mädels konnten es uns nicht erlauben, in einem alten Cardigan einkaufen zu gehen. Jedes Mal, wenn wir ein Haus oder ein Hotelzimmer verließen, mussten wir wie aus dem Ei gepellt aussehen. Das war nie ein Problem für mich, da ich mich schon immer elegant kleidete – auf und abseits der Bühne. Ich hatte keinen Charakter für Boney M. erschaffen, sondern ihn schon zur Gruppe mitgebracht. Als ich noch solo aufgetreten war, hatte ich viel von Ossie Clark getragen, einem Londoner Designer, der in den späten Sechziger- und den frühen Siebzigerjahren schwer angesagt war. Ich liebte seine Designs und den Großteil seiner Blusen und Hosen aus Chiffon und Krepp. Die kosteten mich ein kleines Vermögen, da das noch vor der Zeit war, in der Designer einen kostenlos mit Klamotten versorgten, um ihre Produkte auf diese Weise zu bewerben. Damals nahm die britische Textilbranche erst langsam Fahrt auf. Deshalb waren viele der später bekannten Designer, die sich gerade zu etablieren versuchten, nicht besser dran als Popgruppen und Sänger. Ossie Clark war zwar mein Favorit, aber ich trug nicht ausschließlich seine Sachen. Ich wusste, was mir stand, und hielt manchen Boutiquen und Designern die Treue, wann immer ich mal kurz in London weilte. Ich betrieb keinen großen Aufwand, weil ich eigentlich nie eine große „Shopping Queen“ war. Die Vorstellung, die Boutiquen in jeder Stadt, in der ich mich gerade aufhielt, abzugrasen, sprach mich nie sonderlich an. Ich wusste genau, was ich benötigte, um gut auszusehen, aber ich gab nie Geld nur um meiner selbst willen aus. Das lag daran, dass meine Familie in meiner Kindheit immer knapp bei Kasse gewesen war, und so konnte ich mich einfach nicht überwinden, damit um mich zu werfen, als ich endlich genug davon hatte. Später sahen Maizie und ich uns manchmal Schmuck an – für gewöhnlich am Flughafen –, aber wenn man weiß, wie teuer der Kram war, kann man sich vorstellen, dass ich nicht allzu viel gekauft habe.

Ein paar Leute aus unserer Tour-Karawane gingen jedoch liebend gerne shoppen und begutachteten die Schaufenster, wenn wir in Paris oder Mailand auftraten. Ich hatte das zuletzt getan, als ich noch viel jünger war. Damals hatte ich die noblen Einkaufsstraßen abgeklappert, Klamotten inspiziert, die ich mir nicht leisten konnte, und mir im Kopf Outfits zusammengestellt. Nun, da ich bei Boney M. war, hätte ich in all diese Geschäfte gehen und praktisch alles, was ich brauchte, kaufen können. Aber das hätte den Spaß daran ruiniert. Ich informierte mich immer gerne in Magazinen über die neuesten Trends, aber meine Zeit war so knapp bemessen, dass es mir nicht eingefallen wäre, sie mit Schaufenster-Shopping zu vergeuden. Wenn ich Geld ausgab, war ich mir stets sicher, dass es sich um eine gute Investition handelte. Schließlich zahlen sich gute Bekleidungsstücke immer aus, weil sie besser sitzen und länger halten. Es ist sinnvoller, sich ein paar hochwertige Stücke zu kaufen, als seinen Kleiderschrank mit billigem Ramsch zu füllen.

Ich fühlte mich immer wohl dabei, meine Garderobe zur Schau zu stellen: Als Kind in Jamaika liebte ich meine Schuluniform und achtete darauf, wie ich saß, damit ich die Buntfalten, die ich am Abend so akribisch gebügelt hatte, nicht zerknitterte. Sobald ich nun gut verdiente, kleidete ich mich auffällig und war auch stolz darauf. Niemand trug täglich Klamotten von Ossie Clark. Ich hingegen stolzierte jetzt die Oxford Street in einer seiner Chiffon-Blusen hinunter. Sogar heute noch verlasse ich nicht die Wohnung, bevor ich nicht mit meinem Look völlig einverstanden bin – mein Mann Marcus kann ein Lied davon singen. Mein Hut und die Handschuhe müssen zueinander passen und sich mit den vorherrschenden Farbtönen des Ensembles ergänzen – und ich verfüge über eine große Auswahl. Wenn ich das nicht ordentlich machen kann, bleibe ich eben zu Hause.

Was bei Boney M. von mir erwartet wurde, sprach meine extrovertierte Seite an. Wenn ich in meiner Solo-Zeit ein kleines Vermögen ausgegeben hatte, so investierte ich nun eher ein großes Vermögen. Ich kaufte meine Kleider vor allem bei Dagmar Engelbrecht, einer Hannoveraner Schneiderin, die für unsere Bühnen-Outfits verantwortlich war, da ich bei ihr genau das bekam, was ich mir wünschte. So ersparte ich es mir auch, einkaufen gehen zu müssen, was ich ohnehin nie wirklich gern getan hatte. Außerdem fehlte mir nun schlichtweg die Zeit dafür. Dagmar ist immer noch meine Freundin und schon damals verstand sie, was ich wollte. Es musste besonders aussehen, aber nicht so, als würde ich damit gleich auf die Bühne steigen. Schließlich musste ich es auch noch zum Abendessen oder so tragen. Sie war in der Lage, meine Ideen zu modifizieren, und verbesserte sie sogar noch. Wenn ihr ein bestimmter Stoff in die Hände fiel oder sie eine Idee hatte, die gut zu mir passen könnte, kontaktierte sie mich einfach. Da sie meine Maße bereits hatte – und die blieben in meiner Zeit bei Boney M. immer konstant! –, konnte ich sie ganz sich selbst überlassen. Wenn ich etwas für einen bestimmten Anlass brauchte, versorgte sie mich stets rechtzeitig mit dem exakt richtigen Outfit. Somit verfügte ich über viele wunderbare Kostüme für einmalige Anlässe. Ich brauchte keine Ausreden zu finden, um voll ausstaffiert und geschminkt über den Flughafen zu staksen, und kleidete mich ein wenig sorgfältiger, was ein bisschen länger dauerte. Aber warum nicht? Das war nun mal mein Job, und wie sich herausstellte, war es der beste Job der Welt.

Unser Terminplan war randvoll. Wenn wir ein bis zwei Monate auf Tour waren, klapperten wir bis zu 20 Länder ab. Aber es machte alles großen Spaß. Wir verdienten Geld für die Plattenfirma und die Konzertveranstalter, weshalb die Budgets nun viel größer waren, was wiederum mit sich brachte, dass sich das Leben auf Tour für uns viel komfortabler gestaltete. Die Hotels wirkten gehobener und wenn wir innerhalb Deutschlands reisten oder uns am Flughafen trafen, wurden wir in einem Pullman transportiert, der Mercedes-Version einer Stretch-Limousine mit Luxusausstattung.

Im Unterschied zum ersten Jahr bestand ich bei Auslandsreisen nun auf Erste-Klasse-Flügen. Das wurde so wichtig für mich, dass es gar nicht mehr anders ging. Manchmal musste ich selbst dafür bezahlen, obwohl ein Veranstalter oder die Plattenfirma es uns zugesichert hatte. Wenn wir dann am Flughafen eintrafen, musste ich zur Kenntnis nehmen, dass wir nur in der Economy Class sitzen sollten. Oder aber die erste Klasse war zwar für uns gebucht, aber nicht bezahlt worden. Dabei ging es nicht darum, die Diva raushängen zu lassen, die glaubt, sie stünde über den anderen Leuten. Vielmehr waren die Flüge eine der wenigen Möglichkeiten, mich zu entspannen – auch wenn es sich nur um ein paar Stunden handelte. Ich brauchte dafür meinen Freiraum. Fliegen ist ohnehin schon stressig genug und ich wusste, dass ich ausgeruht sein musste, um in der Lage zu sein, eine ordentliche Show abzuliefern und dabei gut auszusehen. In der ersten Klasse konnte ich wenigsten meine Beine hochlegen, Champagner schlürfen und meine Gedanken sammeln. Nachdem wir angefangen hatten, regelmäßig mit dem Flugzeug zu reisen, war ich schnell zu dem Schluss gekommen, dass ich so am einfachsten zu etwas Zeit nur für mich käme. Allzu oft schliefen wir zu verqueren Zeiten und schlangen irgendwo unterwegs ein paar Bissen hinunter. Dagegen war die erste Klasse eine Wohlfühl-Oase, die mir half, mit all den widrigen Umständen zurechtzukommen.

Am Flughafen erwarteten uns bereits Journalisten. Manchmal wurde auch eine Pressekonferenz im Hotel abgehalten. Ich musste also wissen, was ich von mir gab und aufmerksam genug sein, um Fragen zu beantworten. Außerdem mussten wir gut aussehen, da uns immer Fotografen verfolgten, egal wohin. In der ersten Klasse konnte ich mich in Ruhe schminken und vor der Landung meinen Hut zurechtrücken, ohne dass jemand an die Toilettentür pochte.

Oft bestand auch die Gefahr, dass wir nach unserer Ankunft im Hotel keine Zeit zum Essen hätten, sondern direkt zur nächsten Location gekarrt würden, wo in der Garderobe nur kalter Aufschnitt auf uns wartete. Oder wir kamen so spät im Hotel an, dass ich nicht mehr fürs Abendessen wach bleiben wollte. In der ersten Klasse zu fliegen erlaubte es mir, eine gepflegte Mahlzeit zu mir zu nehmen und in behaglichem Ambiente zu speisen.

Die Gewichtsbeschränkungen beim Gepäck waren ein Nachteil davon, dass wir immer glamourös aussehen mussten: Je größer wir wurden und je länger wir auf Tour gingen, desto mehr eigenen Kram mussten wir mit uns herumschleppen. Bevor ich bei Boney M. ausstieg, reiste ich mit sieben Koffern. In der ersten Klasse war das kein Problem, doch ansonsten mussten wir immer Aufpreise berappen, weil wir mit Übergepäck reisten.

Jeder, der sich in irgendeiner ungewöhnlichen, fordernden Situation wiederfindet, muss seine eigenen Lösungen finden, um damit klarzukommen. Wenn nicht, wird man relativ bald mürbe davon. Liz, Maizie und Bobby hatten ihre eigenen Methoden. Mir bedeuteten die Erste-Klasse-Flüge aber so viel, dass ich mich deswegen sogar mal mit der Plattenfirma anlegte, um sicherzustellen, dass wir von nun an immer so reisten – nicht nur ich, sondern die ganze Gruppe, weil ich wusste, wie sehr wir davon profitieren würden. Ich schaltete auch im Namen der anderen auf stur und ließ die Plattenfirma und Frank wissen, wie sehr es sich für sie bezahlt machen würde, wenn wir unsere Promo-Auftritte und Konzerte zufrieden und ausgeruht absolvierten. Selbstverständlich leuchtete ihnen das ein, woraufhin sie uns die Erste-Klasse-Flüge genehmigten.

Auch bezüglich unserer Unterbringungen sprach ich ein Machtwort. Zwar hatten wir nach Take the Heat off Me die Einzelzimmer in billigen Motels gegen Doppelzimmer in besseren Hotels eingetauscht, aber ich wünschte mir eine Suite mit voneinander getrennten Wohn- und Schlafbereichen. Das würde uns etwas Privatsphäre verschaffen. Wenn dann irgendwer vorbeikäme – die anderen Mitglieder der Gruppe oder sonst wer – müsste man sie nicht im Schlafzimmer empfangen. Vor allem wenn das Bett nicht gemacht war, nervte das. Ich stamme schließlich aus Jamaika, wo dein Bett immer gemacht und frisch sein muss, wenn jemand dein Zimmer betritt. Auch erleichterten es uns die Suiten, uns zu entspannen, wenn wir gerade nicht in der Stimmung waren, uns hinzulegen. Also verkündete ich: „Ich arbeite hart und will daher auch eine Suite für mich haben – nicht nur so ein kleines Zimmer!“ Natürlich profitierten auch die anderen davon.

Zur Zeit der Veröffentlichung von Love for Sale ließ ich die ersten 18 Monate als Mitglied von Boney M. zum ersten Mal richtig Revue passieren. Ich dachte daran, wie sehr sich doch alles ausgezahlt hatte, obwohl ich ursprünglich meine Solokarriere weiterverfolgen wollte. Sogar nachdem ich mich der Gruppe angeschlossen hatte, war ich noch unsicher gewesen, was das betraf. Als ich nun zurückblickte, erkannte ich, dass nichts passiert war, was irgendwelche Befürchtungen gerechtfertigt hätte. Stattdessen schien alles in Butter zu sein. Ich fürchtete mich vor allem davor, nicht mehr wie früher die Kontrolle über meine eigene Karriere zu besitzen. Ich sorgte mich auch, dass wir nicht die bestmögliche Behandlung erfuhren. Allerdings betrieb die Plattenfirma einen großen Aufwand für uns und investierte einiges in uns, vor allem als wir anfingen, Hits abzuliefern. Wir waren somit in der Lage, uns gut zu präsentieren, und wurden maximal in den Plattenläden platziert. Wir hätten gar nicht noch mehr Promo-Auftritte und TV-Gigs absolvieren können. Ich freute mich sehr darüber, da ich das Gefühl hatte, ich würde mich jener Ebene nähern, die ich als Künstlerin erreichen wollte und von der aus ich so vielen Leuten wie möglich zeigen konnte, wozu ich in der Lage war. Natürlich mussten unterwegs ein paar Streitereien ausgefochten und Forderungen ausgesprochen werden. Darum kümmerte ich mich in der Regel, da ich schon Erfahrung als Solokünstlerin vorzuweisen hatte. Manchmal ging es dabei um Finanzielles, um die Gagen, die wir auf Tour erhielten. Doch im Allgemeinen unterhielt ich mich mit den Leuten von den Plattenfirmen über Fragen bezüglich unseres Komforts und Wohlbefindens. Auch wenn es manchmal wie ein einziger langer Kampf anmuten mochte, bekamen wir üblicherweise, was wir wollten. Die Plattenfirma wusste zwar, was sie zu tun hatte, leistete dem aber mitunter erst auf hartnäckiges Zurufen hin Folge. Auch begegneten die Leute vom Label uns anfangs ziemlich misstrauisch, da Frank sich stets zwischen sie und uns gestellt hatte, weshalb sie gar nicht so recht wussten, um wen es sich bei Boney M. eigentlich handelte. Tatsächlich waren sie sich nicht einmal sicher, ob sie es bei uns mit echten Sängern zu tun hatten. Frank begleitete uns nur selten auf Tour, weshalb wir während der Promo-Veranstaltungen rund um die ersten paar Veröffentlichungen das Gefühl hatten, sie würden uns erst einmal abtasten.

Unterm Strich erhielten wir, was wir wollten, weil letzten Endes ja wir selbst dafür aufkamen. Was immer sie einem zu Beginn auch bezahlen, holen sie sich bei den Tantiemen, die einem zustehen, wieder zurück. Sobald sie sich sicher sind, dass ein Act erfolgreich genug sein wird, um die Ausgaben zurückzuzahlen, macht es ihnen nichts aus, für alles aufzukommen. Allerdings ist es im Plattenbusiness gang und gäbe, dass Künstlertantiemen verschludert werden und die Buchhaltung dabei stets die Plattenfirmen bevorzugt. Man muss auf sich selbst achtgeben, wenn man es mit Leuten zu tun hat, die einem Geld ausgelegt haben, da für sie nur zählt, dass sie ihre Investitionen zurückbekommen – und zwar so schnell wie möglich.

Deshalb dachten wir uns, wir könnten gleich so viel wie möglich von ihnen vorab verlangen.

So läuft das eben im Showbusiness. Da es sich hier um ein Geschäft handelt, wollen alle Kapital daraus schlagen. Bis zum letzten Tropfen. Was man als Mensch braucht, oder wohin man sich in seiner Karriere entwickeln will, ist für sie stets von zweitrangiger Bedeutung – außer es hilft ihnen dabei, ihre eigenen Ziele zu verfolgen.

Sollte irgendjemand die Zahlen aus den frühen Tagen von Boney M. durchstöbern, käme sicherlich dabei heraus, dass wir nicht gerecht bezahlt wurden. Aber so einfach war das auch wieder nicht. Natürlich machte ich mir Gedanken darüber, ob ich auch bezahlt würde, aber ich bekam alles, was ich wollte und brauchte. Mein Name wurde bekannt und bis heute habe ich Fans auf der ganzen Welt. Später rückte der finanzielle Aspekt mehr in den Mittelpunkt, doch zu Beginn glich sich alles aus.

Am wichtigsten aber war, dass ich keineswegs meine Individualität zugunsten von Boney M. geopfert hatte, als ich nach der Veröffentlichung von Love for Sale Bilanz zog. Das lag zu einem Großteil daran, dass wir alle bereits gestandene Persönlichkeiten waren, als wir zur Gruppe stießen. Wir verfügten über genug Selbstsicherheit, um uns nicht völlig in der Identität der Gruppe zu verlieren. Ich persönlich fühlte mich sicher und selbstbewusst, weil ich den Respekt erhielt, den ich mir verdient hatte. Je näher uns die Fans kennenlernten, desto besser wussten sie, was sie an uns hatten.

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