Читать книгу Immer weiter - Lloyd Bradley - Страница 6

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Am 9. Dezember 1978 bestiegen Boney M. ein Flugzeug in Richtung Sowjetunion, zu der Russland damals gehörte, um eine Reihe von Konzerten in Moskau zu geben. Zu dieser Zeit wurde uns langsam klar, wie berühmt wir eigentlich waren. Das mag seltsam anmuten, da wir praktisch von Anfang an Hits überall in Europa, Australien, Neuseeland und Kanada hatten landen können. Doch in Wahrheit hatten wir einfach nicht genug Zeit gehabt, um alles eingehend verarbeiten zu können. Wir nahmen die Single „Daddy Cool“ auf, gingen sofort im Anschluss daran auf Tour, um sie zu bewerben, und kehrten dann direkt ins Studio zurück, um an der nächsten Single zu arbeiten – und dann wiederholte sich alles gleich noch einmal. Wir konzentrierten uns nur auf die Boney-M.-Welt und nicht auf die große, weite Welt als solche.

Natürlich wussten wir, dass sich die Platten gut verkauften. Im Laufe des Jahres 1978 wurde uns auch bewusst, wie sehr sich Boney M. im Pop-Alltag, der uns alle umgab, etabliert hatten, was vor allem auf Deutschland zutraf, wo sich unser beruflicher Mittelpunkt befand.

Im Verlauf dieses Jahrs gewöhnten wir uns daran, Restaurants und Bars zu betreten und dort von „Daddy Cool“, „Ma Baker“ oder „Rasputin“ begrüßt zu werden. Am Ende dieses Jahres sahen wir einander bloß noch an, nickten und lächelten. Vielleicht waren wir gegenüber unserem Status als Promis ein wenig gleichgültig geworden. Womöglich hielten wir uns auch nicht für besser als all die anderen Acts, die im Radio gespielt wurden. Schließlich lief ja immer auch ein Song vor und ein Song nach uns. Dieser Ausflug in die Sowjetunion machte uns jedoch klar, wie groß wir wirklich geworden waren.

So wie bei allem, was wir taten, kam es uns vor, dass dieser Trip sehr rasch zustande gekommen war, weshalb mir gar nicht genug Zeit blieb, mir detaillierte Gedanken darüber zu machen, was wir tun würden. Als die Limousine mich abholte, um mich zum Flughafen Heathrow zu bringen, fühlte es sich an wie ein ganz normaler Trip in irgendein x-beliebiges Land. Es war ein wenig chaotisch, als wir uns zum Abflug bereitmachten, aber das war nicht ungewöhnlich. Erst nachdem wir abgehoben hatten und ich mich mit einem Glas Champagner auf meinem Sitzplatz in der ersten Klasse entspannte, die ganz allein für uns reserviert war, konnte ich mir Gedanken darüber machen, was uns bevorstand. Für mich war dies der Höhepunkt unserer Karriere. Die Verkaufszahlen unserer Alben, die ausverkauften Tourneen, die Magazin-Titelseiten, die gebrochenen Rekorde und die Gold- und Platinauszeichnungen waren absolut fantastisch, aber das hier war etwas ganz Besonderes. Keine andere westliche Pop- oder Rock-Gruppe war bis dahin in der Sowjetunion aufgetreten. Weder die Beatles noch die Rolling Stones oder die Bee Gees. Nicht einmal Abba, die damals die größte Musikformation in ganz Europa waren. Nein, Boney M. waren die Ersten, die diesen Meilenstein für sich verbuchen konnten. Wir schrieben Geschichte.

Es war schwierig, nicht überwältigt zu sein – vor allem, wenn ich über den Ursprung dieser Gruppe nachdachte, als ein praktisch unbekanntes deutsches Rock-Talent beschloss, dass er besser für ein Leben als Produzent im Studio geeignet wäre, und sich auf die Suche nach drei glamourösen schwarzen Frauen begab, die die Platte, die er kreiert hatte, präsentieren sollten. Er wollte, dass sie den Song einmalig im Fernsehen zu einem Playback vortrugen, hatte aber darüber hinaus keine Pläne für sie.

Unter solchen Vorzeichen nach Moskau zu fliegen, war eine große Auszeichnung für diese Gruppe, die so flüchtig zusammengewürfelt worden war, nichtsdestotrotz hart gearbeitet hatte und sich mittlerweile zu einem der besten Acts der Welt zählen durfte. Ich empfand zudem ein großes Maß an persönlicher Bestätigung, da ich aus dem ländlichen Jamaika stammte, wo wir zu fünft in einem Bett geschlafen hatten – wenn wir Kinder nicht auf den Berg gegangen wären, um Gemüse zu pflücken, hätte die Familie hungern müssen. Auf diesem Flug genoss ich nun die Luxusbehandlung, die Boney M. ermöglicht hatte.

Ich war mir auch absolut im Klaren darüber, wie anders mein Leben hätte verlaufen können, und erinnerte mich daran, dass ich mich Boney M. fast nicht angeschlossen hätte. Als ich zum ersten Interview dieser Gruppe, die aus drei schwarzen Mädchen und einem schwarzen Typen bestehen sollte, erschien, war ich unbeeindruckt. Es hätte mich gar nicht noch weniger interessieren können. Erst nach ein paar Monaten und nachdem der Kerl, mit dem ich mich damals traf, mir sagte, dass ich zu alt wäre, um in eine Popgruppe einzusteigen, änderte ich meine Meinung und fragte nach, ob die Stelle noch frei wäre.

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