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Warum bloß?

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Ach, warum denn noch ein Buch zum Thema Fitness und Gesundheit über 50? Ich habe vor zwei Jahren ein erstes Buch geschrieben, über die Ursachen und schwerwiegenden Folgen unseres täglichen Zucker-Überkonsums: Zucker – tödliche Versuchung, erschienen im Braumüller Verlag (t1p.de/LBZU)1. Zumindest einem Freund habe ich damit geholfen, dem drohenden Diabetes zu entgehen. Ein Bluttest vor einem längeren Auslandsaufenthalt ergab einen schockierenden Zuckerwert von 300 mg/dl (80–100 mg/dl gilt als normaler gesunder Wert). Der Langzeitwert HBA1c im Blut, der zwischen 4,3 und 6,2 Prozent liegen sollte, lag tatsächlich bei 11 Prozent. Klarer Fall: Prädiabetes. Erst mal verschrieb der Arzt Tabletten, um die Insulinausschüttung zu stimulieren (also mehr Insulin, um den zu vielen Zucker aus dem Blut besser in die Fettzellen zu transportieren). So befördert man das Übel, statt seine Wurzel zu bekämpfen. Die nächste Stufe ist dann normalerweise – nach Erschöpfung der Bauchspeicheldrüse – das Insulinspritzbesteck, dreimal täglich pieksen. Später dann Nerven- und Nierenschäden und zum Schluss noch der amputierte Diabetiker-Fuß. Das ist die klassische Diabetes-II-Karriere. Und der Tod kommt dann auch fünf bis sieben Jahre früher als bei Nicht-Diabetiker*innen.

Nicht alle Menschen sind mit wissenschaftlichen Größen vertraut. Vom Kilogramm (kg) wissen wir, dass es 1000 Gramm (g) sind: altgriechisch „chílioi“ heißt „tausend“. Dagegen sind „mg“ Milligramm, ein Tausendstel von einem Gramm. In diesem Fall ist es das lateinische Wort für Tausend: „milli“. Und Mikrogramm, international abgekürzt „mcg“, bei uns gerne auch „μg“ (griechisches M, gesprochen: „mü“), kommt vom griechischen „mikro“, das heißt „klein“. Ein Mikrogramm (mcg) ist wiederum ein Tausendstel von einem Milligramm, also ein Millionstelgramm.

Den Liter (l) kennen wir alle, aber den Deziliter (dl) kennen eher die Österreicher („an Dezi Heurigen bitte“) und Fachleute. Und dann brauchen wir auch noch nano, kurz „n“. Das kommt vor als Nanogramm (ng) oder Nanomol (nmol). „Nano“ ist die Steigerung von „mikro“, also noch mal tausendmal weniger, ein Nanogramm ist ein Milliardstelgramm. Und das Mol? Man hat alle chemischen Elemente gewogen. Und festgestellt, dass ihr Atomgewicht in Gramm eine ganz bestimmte Anzahl von Atomen enthält, nämlich ~6x10^23 Atome, eine Sechs mit 23 Nullen. Ein Mol ist nun das Gewicht eines Moleküls als miteinander verbundene Atome. Zum Beispiel Wasser: H2O hat zwei Wasserstoff-Atome (Atomgewicht circa 1) und ein Sauerstoff-Atom (16). Ein Mol Dihydrogenoxid (das wäre der korrekte chemische Name), also Wasser, wiegt 18 Gramm – das ist ungefähr ein Schnapsglas voll – und enthält eben auch 6 x 10^23 Moleküle. Oder ausgeschrieben: 600 000 000 000 000 000 000 000 – ganz schön viel, gelt?

Alle diese Größen finden Sie in der Wikipedia: t1p.de/4h6z1

Ich hatte meinem Freund jahrelang erklärt, er habe definitiv zu viele Kilos und solle nicht dauernd Schokoriegel, Knusperwaffeln und Gummibärchen in sich reinstopfen – jetzt hatte er die Quittung und war stark verstört. Aber er hatte auch mein Buch gelesen und nahm sich dann plötzlich alles zu Herzen. Verzichtete auf Zucker, reduzierte andere schnelle Kohlenhydrate und nahm binnen fünf Monaten zwanzig Kilo ab. Nach einigen Wochen schon konnte er die Tablettendosis halbieren, nach weiteren 14 Tagen ganz absetzen. Sein BMI (Body-Mass-Index) liegt jetzt bei gesunden 25, sein Nüchternzucker bei 96 mg/dl und der HBA1c bei großartigen 5,4 Prozent. Er ist wieder „clean“ und wird kein Diabetiker mehr werden. Im Januar 2020 war er mit seiner Frau mal wieder in Indien. Nach dem Aufstehen maß er 89 mg/dl und zwei Stunden nach Milchkaffee und Frühstück erst 73, dann sogar nur 70 mg/dl, perfekt, bei Nicht-Diabetikern beginnt Unterzucker erst bei 50 mg/dl (t1p.de/0z11)1.

Genau dafür hatte ich das Zucker-Büchlein geschrieben: für meine nahen Freunde und Verwandten, die wir bei der vielen Schokolade, den Muffins und Donuts um uns herum alle Gefahr laufen, uns einen Altersdiabetes einzufangen, und es hat mich riesig gefreut, dass es zumindest einem Freund, ausgerechnet einem meiner besten, so gut hat helfen können.

Und nun sitze ich hier, fühle mich rundum pudelwohl und gesünder als seit Jahrzehnten, aber auch verpflichtet, allen, die nur irgendwie über die alltäglichen Alterszipperlein klagen, meine Geschichte vom Zaubertrank zu erzählen. Wenn meine Erkenntnisse nur ein paar Menschen helfen würden, besser zu leben, gesünder zu bleiben und sich weniger alt zu fühlen, wäre das doch toll, oder?

Zu diesem Buch nur so viel: Ich schreibe eher essayistisch, ich erzähle eher so wie am Tisch mit Freund*innen. Ich will hier keine streng wissenschaftliche Arbeit vorlegen, sondern zusammentragen, was ich bei meiner Suche erfahren habe. Für nahezu jede Überzeugung kann man Studien finden, die dieses und auch jenes belegen. Die aber oft aus statistischer Sicht mangelhaft bis ungenügend sind. Darüber hinaus werden auch selbst in hochgelobten Studien andere Vorläuferstudien falsch zitiert, weil die Autoren die Fundstelle falsch verstanden und deshalb auch falsch wiedergegeben haben. Es gibt also mehrere Fehlermöglichkeiten: Der Sachbuchautor beruft sich auf eine Studie, in der das, was er behauptet, gar nicht drinsteht. Oder es steht drin, basiert aber auf einer anderen Studie, nur steht dort gar nicht drin, wovon die Studien-Autor*innen dachten, dass es da stünde. Den bekanntesten Fall, bei dem falsch abgeschrieben wurde, kennen Sie alle: Nein, Spinat wird nicht, wie jeder kleine Junge früher logischerweise vermutet hat, vom Spielzeugmagneten angezogen, und die Menge Eisen, die er enthält, ist nicht tausendmal größer als in anderem Gemüse. Es war ein falsch gesetztes Komma, das in unzähligen nachfolgenden Berichten und Ernährungsempfehlungen munter abgeschrieben wurde und so den Mythos vom supergesunden Spinat erschuf. Das dramatischste Beispiel für falsch abgeschriebene Angaben sind wohl die 17 Zeilen im Bericht eines medizinischen Assistenten zur Frage, ob Oxycontin abhängig mache. Die Behauptung, dass es nicht süchtig mache, wurde über 15 Jahre lang immer wieder zitiert, aber niemals nachgeprüft. Die Folge sind mittlerweile 400 000 Suchttote und verheerende Zustände im Rostgürtel Amerikas.

Diese beiden Fälle zeigen aber auch ein grundsätzliches Problem, auch etwa epidemiologischer Studien, sofern sie nicht an Laborratten durchgeführt werden: Bin ich darauf angewiesen, mit Angaben von Menschen zu arbeiten, sei es, was sie essen, was sie trinken, wie viel Sport sie machen und Ähnliches, ist es schwierig, zu objektiv wahren Aussagen zu kommen. Aber wer glaubt, dass dieses Problem mit ausschließlich harten Fakten beseitigt werden könne, der irrt. Die Diskussion um die Feinstaubwerte am Stuttgarter Neckartor zeigt das nachdrücklich: Ein paar Meter, um die die Messstation anders aufgestellt ist als jene in anderen Städten, machen einen Riesenunterschied, beeindrucken die Gerichte aber nicht wirklich. Das Einzige, was also Laienleser*innen eines Sachbuchs beurteilen können, ist, wie plausibel die vom Sachbuch-Autor dargelegte Überzeugung zu sein scheint. Und die hat der Autor ja kaum selbst erdacht, sondern aus vielerlei Publikationen herausgelesen und zusammengefasst. Genau darum geht es mir: Wer will, kann alles, was ich hier erzählen werde, im Netz ergoogeln. Wahrscheinlich auch Widersprüchliches und Gegenteiliges dazu. Ich werde hoffentlich keine offensichtlich falschen Fakten präsentieren, aber vielleicht manch „wild“ klingende Theorie, für die es zwar sehr starke Hinweise, aber keine harten Beweise im Sinne klinischer Studien gibt. Und die Ihr Mitdenken erfordert, wenn es darum geht, die Plausibilität zu überprüfen. Ab und an werde ich trotz allem die ein oder andere Studie zitieren und auch verlinken.

Das Fehlen klinischer Studien ist übrigens ein immer wiederkehrendes Totschlagargument der Medizinprofis, vom Ärztebund bis zur Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Wie ich später noch zeigen werde, ist der Grund für das Fehlen solcher klinischer Studien häufig, dass sie schlicht sauteuer sind, man aber mit einem billigen Wirkstoff oder einer einfachen Therapie kein Geld verdienen kann. Man würde also die Wirksamkeit solcher Stoffe oder Therapien gar nicht beweisen wollen, weil man daraus keinen Profit schlagen kann. Und niemand, wirklich niemand in der gesamten Gesundheitsindustrie scheint ein genuines Interesse an dem alten, aber wahren Spruch zu haben, dass Vorbeugen besser ist als Heilen. Von kostenlosen appellativen Aufrufen zu mehr Bewegung und etwas weniger Essen mal abgesehen.

Ein technischer Hinweis: Ich zitiere ab und an wissenschaftliche Studien, gerne auch Artikel aus der überregionalen Presse über solche. Dazu gebe ich auch Links an. Ich nutze dabei zwei Techniken: Um die langen Links bequem abtippbar zu machen, verwende ich den Kurzlink-Service t1p.de, weil der Dienst werbefrei ist, Schutz vor Spy- und Malware bietet und auch sonst viele Vorteile hat, die man in den FAQ nachlesen kann. Danke dafür an Herrn Dipl.-Inf. Weißbach aus Dresden. Da es für gewerbliche Nutzung kein Bezahlmodell gibt, habe ich gespendet – aus egoistischen Gründen: Ich möchte, dass die Links auch in ein paar Jahren noch funktionieren.

Grau, teure Leser*innen, ist jede Theorie – sehr frei nach Goethe. Ob das stimmt? Jedenfalls sind im Folgenden alle theoretischen Textteile, die gewisse naturwissenschaftliche Kenntnisse erfordern oder stärker ins Detail gehen, grau hinterlegt. Sie müssen nicht unbedingt gelesen werden, um die Grundaussage des Buchs begreifen zu können, oder können zugunsten des Leseflusses übersprungen und gegebenenfalls nachgelesen werden.

Bevor wir nun ins Thema einsteigen, eine Danksagung vorweg: Den Redaktionen der großen deutschen Presseorgane danke ich für ihre naturwissenschaftliche und medizinische Berichterstattung und den Platz, den sie diesen Themen einräumen. Einer aber besonders: der FOCUS-Gesundheitsredaktion. Keineswegs, weil dort nur die allerfundiertesten Artikel veröffentlicht würden, sondern gerade weil dort auch Absonderliches, Wundersames und Rätselhaftes seinen Platz findet, Widersprüchliches und Abweichendes. Andere Blätter, die die vermeintliche Unseriosität auf jeden Fall vermeiden wollen, wirken dagegen geradezu langweilig. Wirklich Neues entdeckt man dort eher selten. Im Gegenteil, Studien oder Meldungen, die beweisen sollen, dass irgendetwas nicht hilft, finden dort weit leichter Raum. Besonderer Dank also an den FOCUS – aber ich weiß sehr wohl, dass man Spreu und Weizen sehr scharf trennen können muss, um diese Informationsquelle wirklich sinnvoll nutzen zu können. Herr Relotius hat uns aber ja bewiesen, dass auch andernorts, zum Beispiel im ehrwürdigen SPIEGEL-Haus, mitunter heftig Spreu produziert wird – und das mit Absegnung von ganz oben. Trotzdem auch ein Dank an den SPIEGEL für die wunderbare Serie „Ein rätselhafter Patient“.

Dem SPIEGEL-Redakteur Detlev Hacke danke ich, weil er ein viel zu wenig genutztes, aber ganz wunderbares kleines Wörtchen verwendet hat für den Ausdruck körperlicher Fitness: aus dem Bett „federn“. Bei mir: die Treppe hinauf. Und der mir damit absolut und vor allem ganz wörtlich aus dem Herzen gesprochen hat.

Dem wunderbaren Texter, Autor und Freund Christian Klippel fürs Korrekturlesen.

Last, not least der klugen pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA), die mich mit ihrem profunden Fachwissen fantastisch unterstützt hat, und meinem freundlichen Hausarzt, der mich bei meinen diversen Experimenten kritisch begleitet hat und neulich beim jährlichen Check-up auf dem Ergometer meinte: „Ich drehe Sie jetzt auf den Sportler-Modus hoch, Ihr Puls kommt ja nicht auf Touren.“ Und das mir, dem faulsten Nicht-Sportler unter der Sonne.

Das war im Sommer 2019. Im Januar 2020 war das Manuskript fertig. Dann kam Corona, und alles schien wichtiger als dieses Buch. Wenn Sie daher im Text z. B. lesen: „letzten Winter“, dann ist 2018/2019 gemeint, „diesen Winter“ muss man mit 2019 bis Januar 2020, also vor Corona lesen. Und das für „diesen Winter“, soll heißen März 2020, gebuchte Skifahren auf der Seiser Alm (S. 22) hat nach Verschiebung auf 2021 natürlich auch nicht stattgefunden. Vielleicht klappt’s ja stattdessen mit dem Wandern.

An meiner neuen, generellen Gesundheit hat sich aber auch im Corona-Jahr 2020 und bis heute (März 2021) nichts geändert, immer noch – wie für die Vorjahre geschildert – keinerlei Malaisen, natürlich auch kein Corona.

Und jetzt in medias res, mitten hinein ins Thema.

1 t1p.de/LBZU

1 t1p.de/4h6z

1 t1p.de/0z11

Nahrungsergänzung im Selbstversuch

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