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Zwei Belastungstests und eine Beobachtung

Halbmarathondistanz mit Stöcken

Die Sonne scheint, die Nebel im Neckartal lichten sich, sieben Grad, aber windig. Egal, also den großen geschlossenen Kopfhörer aufgesetzt, Musicplayer an, die Stöcke gepackt und los – mal sehen, wie weit ich komme. Erst mal auf der Sonnenseite am Neckar entlang, dann direkt der Sonne entgegen. Auf kleinen Straßen immer der Bergstraße nach, die entlang des Odenwaldes verläuft, Richtung Süden. Rohrbach liegt hinter mir, jetzt durch die Weinberge über Leimen nach Nußloch. Der Weg führt dann abwärts und endet auf der B3, weil da die Gondeln aus dem Steinbruch Richtung Zementwerk die Straße überqueren und die Gondeltrasse durch den Wald mit einem Zaun abgesperrt ist. Statt wie geplant nach Wiesloch weiterzumarschieren, stelle ich mich nach 16 gelaufenen Kilometern an die Bushaltestelle, fahre mit Bus und Straßenbahn zurück nach Rohrbach Markt und laufe wieder los. Einige Höhenmeter waren auch dabei, und die auf den letzten fünf Kilometern den oberen Gaisbergweg hinauf hätten nicht unbedingt sein müssen. Es wird auch schon dunkel, also wieder bergab und durch die weihnachtlich beleuchtete Altstadt zurück. Zu Hause angekommen, der ultimative Test: die Treppe hochrennen. Klappt. 33 000 Schritte zeigt der Zähler, 21 Kilometer, Halbmarathondistanz. Wie fühle ich mich? Gut! Oberschenkel und Waden sagen gar nichts, die Füße ein bisschen was, aber völlig harmlos. Und statt auf dem Sofa abzuhängen, setze ich mich hin, arbeite die wichtigsten Mails ab und schreibe das hier gleich mal auf, solange die Eindrücke frisch sind.

Wollen wir das mal einordnen: Über den Halbmarathon (da rennt man) heißt es bei www.figurbetont.com: „Idealerweise läuft man bereits seit mindestens sechs Monaten regelmäßig etwa zwei- bis dreimal pro Woche und kann im lockeren Tempo auch 60 Minuten am Stück durchlaufen. […] Halbmarathon-Anfänger brauchen für die 21,1 km-Distanz demnach rund 140 Minuten, bzw. 2:20 Stunden.“ (t1p.de/l78c)1

Wie viele Menschen über sechzig kennen Sie, die Halbmarathon laufen? Ok, ich habe – abzüglich Orientierungspausen – circa doppelt so lange gebraucht, weil ich gewandert und nicht gelaufen bin. Und kurze Beine habe. Für Profi-Wanderer, auch die in meinem Alter, ist das keine große Sache, da bin ich mir sicher. Die laufen jedes Wochenende 20 bis 30 Kilometer, das schreckt sie nicht. Warum auch, sind ja im Training. Aber auch hier die Frage: Wie viele Profi-Wanderer kennen Sie? Ja, ich auch keine.

Ich bin absolut untrainiert, ich sagte es ja bereits am Anfang. Und morgen Früh weiß ich dann, ob ich Muskelkater habe. Das müsste ich eigentlich unbedingt, denn als ich das letzte Mal vor vielleicht zehn, zwölf Jahren einen solchen Marsch über mehr als 20 Kilometer aus dem Stand heraus unternommen habe, war ich abends nicht nur fix und alle, sondern kann mich auch noch gut an den Muskelkater in den folgenden Tagen erinnern. Und ich bin ja nicht jünger geworden. Morgen schreibe ich weiter, heute ist ja auch noch der berüchtigte Skatabend!

Fast genau 24 Stunden später. Ich hätte an diesem Morgen gleich zwei Kater haben können. Müssen. Nach dem Aufwachen habe ich gespannt auf die Signale aus meinen Beinen geachtet, aber da war nichts. Gar nichts? Nein, selbst nach dem Aufstehen nicht. Die Füße haben mir erzählt, dass sie gestern ganz ungewohnt weit gelaufen sind, aber das war’s auch schon. Tagsüber ist mir aufgefallen, dass sich nach längerem Sitzen die ersten zwei Schritte etwas steif anfühlen, es hier und da ein klitzekleines bisschen ziept, mehr nicht. Dass auch der Kater im Kopf ausgeblieben ist, war ja schon zu erwarten gewesen.

Spät abends von der Fernsehcouch hoch, da fühlen sich dann Füße und Beine wieder etwas steif an. Aber nach zwei, drei Schritten ist das schon vorbei. Und am nächsten Morgen (Donnerstag) ist fast alles weg, nur die Waden erinnern mich bei den ersten Schritten daran, dass ich vorgestern lang und weit unterwegs gewesen bin. Also eigentlich wirklich alles gut, besser, als ich es erwarten durfte.

Kommentar dazu von meiner Bekannten Ellen: „Kein Muskelkater? Habe ich auch nicht.“ Sie lacht. Aber sie ist 20 Jahre jünger und läuft jeden Tag zehn Kilometer in fünf Viertelstunden, also schnell. Ich erkläre ihr, worauf ich zurückführe, dass ich keinen Muskelkater habe. „Das nehme ich auch“, sagt sie lachend. „Das?“, frage ich zurück. „Ja, genau dieses Fläschchen habe ich auch“, versichert sie mir – Sportlerfreunde hätten ihr dazu geraten. Ach so, Sportler*innen pflegen da ein Geheimwissen?

Weihnachtsfeiern

Vor Weihnachten häufen sich die Feiern, mal sehen, was passiert. Dienstags Skat, das Übliche, kennen wir ja schon. Mit dem Unterschied: Am nächsten Abend geht es weiter, diesmal starten wir im lauschigen Baden-Baden mit Glühwein an der Eisbahn, dann geht es mit Bier und Topinambur zu Brot, Speck und einer Schmankerlplatte weiter, und am Ende folgt ein Rum-Tasting. Vier verschiedene Sorten müssen wir probieren, zum Vergleich einen Calvados und dann den Gewinner-Rum noch einmal. Und immer flott geraucht. Am nächsten Tag leidet mein 20 Jahre jüngerer Kollege ganz ordentlich. Ich nicht.

Tags drauf unsere eigene Weihnachtsfeier, die nachts um drei in der Altstadt ihr würdiges Ende findet. Die ganze Woche war ein einziger Leber-Belastungstest, den ich auch nicht so bald wiederholen will. Aber gut zu wissen, dass dieser ungeplante Test abgesehen von etwas Müdigkeit keinerlei unangenehme Folgen für mich hatte. Anderen, weit Jüngeren, ist es deutlich anders, deutlich übler ergangen …

Sodbrennen

Und dann wäre noch von einer dritten Überraschung zu berichten. Kein Belastungstest im engeren Sinne, nur eine Beobachtung: wie gesagt, Weihnachtszeit. Ein längeres, lustiges Mensch-ärgere-Dichnicht-Spiel mit den Töchtern. Trotz meiner Versuche, Zucker zu meiden, bin ich nicht gegen Ausnahmen gefeit. Und ich meide Zucker ja nicht nur aus erkenntnistheoretischen Gründen, die ich des Langen und Breiten mal aufgeschrieben habe, sondern auch wegen der Gefahr des Sodbrennens. Kennen junge Leute kaum bis gar nicht, ältere schon. Sodbrennen kann viele Ursachen haben, zu viel Zuckerkonsum ist eine davon. Ich kenne Leckereien, die mir umgehend und schon in kleinen Mengen garantiert Sodbrennen bescheren, Blätterteigteilchen mit dieser schmatzigen, dunkelroten Paste aus getrockneten Tomaten ist eine davon, da reicht schon ein halbes Teilchen.

Frisch gebacken standen auf dem Ess-Spieltisch Dattelhäufchen und Kokosmakronen, dazu noch Dominosteine und Aachener Printen. Ich habe fünf von den Plätzchen gegessen, drei Dominos und drei Printen. Und danach mit richtig schlechtem Gewissen aufs unvermeidliche Sodbrennen gewartet. Umsonst gewartet, kein Sodbrennen mehr in diesem Theater. Kaiser-Natron und Bullrich-Salz, die gegen Sodbrennen probaten Hausmittel – beide sind einfach nur Natriumhydrogencarbonat –, gibt’s bei mir immer noch in der Medikamentenkiste. Aber ich verwende sie nur noch zum Nasespülen mit der Nasendusche. Eine Prise Salz dazu, fertig ist die Laube (kommerzielles Nasenspülsalz besteht gerne mal aus einem Drittel Kochsalz, zwei Dritteln Natriumhydrogencarbonat und ein paar anderen Mineralstoffen im Promillebereich. Mischt man die zwei Hauptzutaten selbst zusammen, ist das deutlich billiger – und bei Schnupfen trotzdem sehr effizient).

Und noch mal Wandern

Irgendwann im Frühjahr 2019 wollte ich es richtig wissen, bin morgens mit meinen Stöcken los und hatte mir vorgenommen, nicht heimzukehren, bevor es Abend wird. Das habe ich auch gemacht und am Schluss natürlich den obligaten Test: die Treppen hochspringen zur Wohnung – hat auch geklappt. Und dann genau aufpassen, ob sich in den Tagen danach ein Muskelkater meldet. Hat er nicht. Ich konnte, wie oben schon beschrieben, natürlich in den Füßen spüren, dass ich sehr weit gelaufen war, und am nächsten Abend waren die ersten Schritte nach zwei bis drei Stunden Stillsitzen vor dem Fernseher etwas steif. Muskelkater kann man das nicht nennen. Und ich hatte immerhin 52 000 Schritte getan, war in siebeneinhalb Stunden über 32 Kilometer gewandert.

1 t1p.de/l78c

Nahrungsergänzung im Selbstversuch

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