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Kapitel 5

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München-Giesing, 27. Mai 2019, mittags

Ich habe mir Mayra als Emanze fortgeschrittenen Alters vorgestellt, die in wallendem Gewand über den Straßenstrich latscht und ihre Kärtchen verteilt. Oder vielleicht auch als vertrocknete, hässliche alte Jungfer. Nach Georgs Dossier in meinem Postfach musste ich das bereits revidieren. Sie ist verdammt jung. Dazu die Adresse der Kanzlei, für die sie arbeitet: Residenzstraße. Da schlappt man nicht in Birkenstocks durchs Büro, jedenfalls nicht in Mayra Jennings Alter, wenn man erst noch Karriere machen will. Leider hatte Georg nur eine Kopie des Personalausweisfotos mitgeschickt, darauf wirkte sie streng und unnahbar. Also dachte ich an eine spröde Karrierefrau im Jil-Sander-Kostüm, sehr geschäftsmäßig und stets bemüht, nur keinen Hinweis auf irgendwelche weiblichen Formen zu zeigen.

Nun betritt sie nach dem kleinen Eklat vorhin zum zweiten Mal mein Büro, und ich sollte mich wirklich bei Carlo bedanken. Die Kleine ist definitiv heiß. Nicht sehr groß, aber mit überaus interessanten Kurven an den richtigen Stellen. Das braune Haar hat sie am Hinterkopf zu einem dicken Knoten zusammengesteckt, und den Mann möchte ich sehen, den es nicht in den Fingern juckt, die Spange zu lösen, damit sich ihre Haare über ihren Rücken ergießen. Es wird Spaß machen, die Hände in dieser Pracht zu vergraben, während ich sie zum Stöhnen bringe. Ich habe definitiv schon hässlichere Mädels gefickt.

Dass ihre Chefin alleine zurückkam, hat mich kurz irritiert. Doch die wollte nur die Unerfahrenheit ihrer Mitarbeiterin betonen und sich für die Scherereien entschuldigen. Was nicht nötig gewesen wäre. Dass die Kleine nicht weiß, mit wem sie es zu tun hat, habe ich auch so gemerkt.

»Entschuldigen Sie bitte das Missverständnis, Herr Silvers. Ich würde mich sehr freuen, für Sie tätig werden zu können.« Mayras Gesicht bleibt dabei ohne jeden Ausdruck. Sie muss entweder stinksauer oder verängstigt sein, je nachdem, was ihre Chefin ihr gesagt hat. Dass ich nicht erkennen kann, was es ist, zeigt, wie gut sie sich im Griff hat. Ganz schön nervig, diese kontrollierte Fassade.

»Nicht der Rede wert. Setzen Sie sich wieder.«

Ich verberge meine Gefühle nicht. Ich weiß, dass ich bei ihren Worten aussehe wie ein Kater, der von der Sahne genascht hat, und ich weiß, dass sie es sieht. Ja, ich provoziere sie absichtlich, na und? Das hier ist mein Spiel, und wenn ich es schon spielen muss, weil sich die Kleine in meine Angelegenheiten eingemischt hat, dann kann ich dabei doch wohl auch meinen Spaß haben.

Ich schiebe ihr den unterschriebenen Mandantenvertrag zu. »Ich erwarte, dass Sie in den nächsten Tagen ausschließlich mir zu Verfügung stehen«, sage ich.

»Kein Problem«, beeilt sich ihre Chefin zu versichern.

Ich zaubere ein Handy hervor und lege es vor Mayra auf den Tisch, doch die hebt abwehrend die Hände.

»Ich habe bereits ein Mobiltelefon. Ich kann Ihnen gerne eine Karte mit der Nummer geben.«

»Meine Arbeitszeiten sind ein wenig speziell. Ich erwarte, dass Sie rund um die Uhr erreichbar sind. Wenn ich etwas brauche, will ich nicht warten, bis der Tratsch mit Ihrer besten Freundin zu Ende ist.«

»Wie Sie wünschen«, sagt sie kühl.

Sie steckt das Handy ein, und ich frage mich, was mehr Spaß machen wird: Sie zu vögeln oder diese Eisfassade zum Bröckeln zu bringen. Denn beides wird passieren, früher oder später. Auch wenn Mayra jetzt noch glaubt, dass sie alles unter Kontrolle hat. Aber die Tatsache, dass sie zurückgekommen ist, sagt mir bereits, was ich wissen muss: Was immer ihre Chefin ihr versprochen oder angedroht hat, es ist Mayra so wichtig, dass sie entgegen ihrer Überzeugung wieder in meinem Büro aufgetaucht ist, sich entschuldigt und einer Zusammenarbeit zugestimmt hat.

Wenn dieser erste Schritt einmal gemacht ist, ist es meiner Erfahrung nach ganz leicht, noch mehr Vorsätze über Bord zu werfen. Denn mit jedem weiteren kleinen Schritt geht es ja nicht mehr nur um das Ziel, das Mayra erreichen will, sondern auch darum, dass alles, was sie bisher getan oder erduldet hat, nicht umsonst gewesen sein soll. Ich freue mich schon darauf, ihr dabei zuzusehen, wie sie das lernt. »Ich erwarte Sie dann morgen Nachmittag um drei«, beende ich das Gespräch, da die Formalitäten nun erledigt sind. Alles Weitere wird sich ergeben, wenn ich mit Mayra alleine bin.

Erst als die beiden Anwältinnen verschwunden sind, fällt mir auf, dass ich es plötzlich gar nicht mehr so eilig habe, Minnie wiederzufinden. Wahrscheinlich hat Mayra sie in einem Frauenhaus oder in einer Entzugsklinik untergebracht, soll die Nutte sich doch meinetwegen eine Weile da erholen, während ich ein bisschen mit ihrer Anwältin spiele. Für die unverdienten Ferien kann Minnie ja bezahlen, wenn ich sie wiederhabe.

Tosh - La Famiglia

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