Читать книгу Schockdiagnose ALS. Leben und Pflegen: Zwei Seiten einer unheilbaren Krankheit - Lucie Flebbe - Страница 11

BURKHARD

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Wie geplant kam ich im Sommer 2005 unters Messer. Im Krankenhaus in Bad Pyrmont spaltete das Ärzteteam die Fascia cruris meines rechten Unterschenkels. Der Eingriff erfolgte unter Vollnarkose. Durch zwei kleine Schnitte wurden die Operationsinstrumente in mein Bein geschoben. Der eine Schnitt war an der Außenseite des Unterschenkels, unterhalb des Kniegelenkes, der andere an der Innenseite, oberhalb des Knöchels.

Die Ärzte arbeiteten mit winzigen Skalpellen, Scheren und Absauganlagen, die das Blut entfernten.

Etwas Entscheidendes hatte ich vor der Operation nicht bedacht. Besser gesagt, gar nicht in Erwägung gezogen. Erst im gelb gestrichenen Doppelzimmer auf der neurologischen Station des Krankenhauses wurde mir klar, dass man mich von einem Moment auf den anderen ans Bett gefesselt hatte.

Das hatte ich nicht erwartet. Und niemand hatte mich vorher darauf hingewiesen, dass es passieren würde.

Jetzt stand ich vor vollendeten Tatsachen.

Während der sieben Tage, die mein Aufenthalt im Krankenhaus dauerte, durfte ich nicht aufstehen. Die Krankenschwestern und Pfleger versorgten mich im Bett.

Das Krankenzimmer wurde zu einem Gefängnis mit gelben Wänden und orange-roten Vorhängen.

Um die Durchblutung zu begünstigen, lag mein dick bandagiertes Bein erhöht auf einem großen Schaumstoffkeil. Drainageschläuche ragten aus den beiden Operationsnarben; Blut sickerte in die daran hängenden Plastikflaschen.

Jeden Morgen marschierte die Visite, angeführt vom Zwerg mit dem roten Bart, vor meinem Bett auf.

Doktor N. zog die Decke zur Seite und ließ die Assistenzärzte mein Bein begutachten. Alle schienen mit dem Ergebnis der Operation zufrieden. Der Eingriff war offenbar planmäßig verlaufen.

„Die Regeneration des gequetschten Nervs benötigt jetzt vor allem Zeit, Herr Linke“, klärte Doktor N. mich auf. „Jetzt müssen Sie Geduld haben.“

„Wie lange?“, erkundigte ich mich, denn meine große Stärke war Geduld nie gewesen.

„Da möchte ich mich nicht festlegen. Im Normalfall rechnen wir mit der Erholung der Nerven in einem Zeitraum zwischen zwei Monaten und zwei Jahren.“

„Zwei Jahre?“, wiederholte ich sichtlich entsetzt.

Der kleine Arzt zuckte die Schultern: „Möglich ist natürlich auch, dass der Nerv durch den langanhaltenden Druck bereits irreparabel geschädigt worden ist.“

Schockdiagnose ALS. Leben und Pflegen: Zwei Seiten einer unheilbaren Krankheit

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