Читать книгу Ich kann nichts dagegen tun - Lucie Persposti - Страница 5
4. Kapitel
ОглавлениеLucys Sicht
Unsere Drinks haben wir zur Hälfte geleert als ich merke, dass Julie und ich schon ein bisschen angetrunken sind. Wir sind beide nicht so trinkfest. Deshalb müssen wir wegen jedem Scheiss lachen. Gerade als Julie sich vor lauter Lachen den Bauch halten muss, setzt sich ein Typ zu uns hin.
„Na Ladys, amüsiert ihr euch schön?“, fragt er uns grinsend und lässt seinen Blick auf unsere Drinks gleiten.
Julie muss daraufhin nur noch mehr lachen. Ich finde es eigentlich nicht ganz so witzig. Deshalb rutscht mir ein „Na super, ein Deutscher“ raus. Normalerweise würde ich das nur denken, aber durch den ganzen Alkohol habe ich ein loses Mundwerk gekriegt. Beschämt schaue ich auf den Boden und streiche meine Haare zurück.
Jetzt muss auch der Typ lachen und nennt seinen Namen. Leider verstehe ich es aber nicht, da Julie schon wieder einen Lachanfall hat. Und dieses Mal muss ich mitlachen. Wir sind einfach so schlimm und peinlich! Wir können uns nicht mal normal mit einem Typen unterhalten. Dann ist es wohl kein Wunder, dass wir beide noch single sind.
Der Typ muss wieder grinsen und ich sehe, dass er plötzlich eine Zigarette in der Hand hat, die er anzündet. „Und ihr seid?“, fragt er mit einem leicht ungeduldigen und fordernden Unterton.
„Julie“, presst sie hervor und wedelt mit ihrer Hand vor ihrer Nase rum, um den Rauch zu vertreiben.
Ich nehme noch einen Schluck von meinem Drink, dann sage ich mit einer ungewöhnlich hohen Stimme: „Lucy“
Der Typ nickt bloss und bläst mir den Rauch seiner Zigarette einfach direkt ins Gesicht. So ein Arschloch! Das hätte ich ihm am liebsten auch gesagt, aber da packt mich ein Hustenanfall. Für einen kurzen Moment denke ich echt, dass ich sterben muss, aber so schlimm ist es dann auch wieder nicht. Oh man, ist das peinlich!
Und Julie, anstatt mir zu helfen, lacht sich halb tot. Auch dieser Typ muss lachen, klopft mir aber freundlicherweise auf den Rücken und fragt, ob alles okay ist.
„Jaja, es geht schon wieder“, murmle ich, als ich mich so halbwegs erholt habe. Hastig trinke ich ein paar Schlucke von meinem Drink.
„Darf ich auch einen Schluck?“, fragt mich der Typ. Ich strecke ihm wortlos meinen Drink hin. Er nimmt einen grossen Schluck und gibt mir den Becher zurück. „Was macht ihr zwei Ladies eigentlich hier hinten? Die Party findet vorne statt!“
„Wir warten“, platzt es aus Julie raus und sie muss wieder lachen. Uh, die ist aber schon ziemlich angetrunken. Das kann ja noch heiter werden heute Abend.
„Auf wen wartet ihr denn, wenn ich fragen darf?“, hakt der Typ grinsend nach. Julies Lachanfälle scheinen ihn zu amüsieren.
Muss der so neugierig sein? Langsam wünsche ich mir, dass er weg geht. Nicht dass er irgendwie gefährlich wirkt oder schlecht aussieht, ich wünschte halt einfach, ich könnte jetzt mit Julie alleine auf Niki warten. Ausserdem stellt er ziemlich viele Fragen.
„Auf eine Freundin“, antworte ich dann seufzend.
Der Typ beginnt nun seltsam mit seinen Augenbrauen zu wackeln und meint: „Hm, Ladies night, ich verstehe schon!“ Dann wirft er seinen noch glühenden Zigarettenstummel weg.
Ich weiss echt nicht, was ich zu ihm sagen soll. Erstens ist es mir immer noch total peinlich, dass ich ganz am Anfang über die Deutschen gelästert habe und zweitens weiss ich, dass ich unter Alkoholeinfluss oft Dinge sage, die ich später bereue, wie gerade eben schon.
Plötzlich wedelt dieser Typ mit seiner Hand vor meinen Augen rum. „Erde an Lucy!“, ruft er ein bisschen zu laut.
„Was denn?“, frage ich knapp. Peinlicher geht es echt nicht mehr. Ich muss mich zusammenreissen. Deshalb versuche ich zu lächeln. Anscheinend hat mir der Typ eine Frage gestellt. Er will wissen, wie alt wir sind.
„Wir sind beide siebzehn“, antworte ich zurückhaltend.
„Und wie alt bist du?“, fragt Julie gleich darauf.
Der Typ lächelt, ich würde sogar behaupten, dass es ein trauriges Lächeln ist, das seine Mundwinkel umspielt, aber ich könnte mich auch täuschen. „Zu alt für euch“, meint er dann nur.
Aha. Das sagt ja wohl schon viel über ihn aus. Julie hat wohl denselben Gedanken und fragt ihn direkt: „Heisst das, dass du uns nur aufreissen wolltest?“
Der Typ schaut uns jetzt ziemlich verstört an. „Äh nein, wie kommst du jetzt darauf?“
„Wie kannst du dann sonst zu alt sein für jemanden, wenn du nicht mit dieser Person ins Bett willst? Man kann sich ja auch einfach so nett unterhalten und dann spielt das Alter keine Rolle!“, erkläre ich ihm leicht genervt. Das ist echt das letzte!
Nervös spielt der Typ an seiner Uhr herum, als er sagt: „Ich wollte damit nur sagen, dass ich womöglich einen schlechten Einfluss auf euch habe, weil ich halt älter bin als ihr. Ich wollte mit keiner von euch ins Bett, ich bin nicht so einer!“
„Ist ja schon gut“, sagt Julie und klopft ihm ziemlich unsanft auf die Schulter.
Mein Drink ist leer, deshalb stehe ich kurz auf um den Becher in einen Abfalleimer zu werfen. Als ich nur wenige Augenblicke später wieder zurückkomme, sitzen der Typ und Julie einfach schweigend da.
Der Typ ist schon irgendwie seltsam. Ist der alleine da? Und zum ersten Mal kann ich ihn ein bisschen genauer anschauen. Er ist eher schmal gebaut, keine Ahnung ob er Muskeln hat, denn durch seinen dicken Pulli kann man nichts erkennen. Er hat braune, leicht gelockte Haare und dunkelbraune Augen. Nicht schlecht.
In diesem Moment kommt Niki zu uns. „Hey ihr beiden, da seid ihr ja!“
Julie und ich springen schnell, wenn auch wankend auf und umarmen sie stürmisch. So als hätten wir sie seit einem Jahr nicht gesehen. Niki lacht nur. Sie muss wohl gemerkt haben, dass wir schon ein bisschen etwas getrunken haben.
Als ich mich noch einmal umdrehe, stelle ich fest, dass der Typ verschwunden ist.