Читать книгу Ich kann nichts dagegen tun - Lucie Persposti - Страница 7
6. Kapitel
ОглавлениеLucys Sicht
Es ist schon fast zwölf Uhr, als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlage. Ich brauche einen kurzen Moment, um mich zu orientieren. Stimmt, gestern haben uns die Eltern von Niki abgeholt und wir waren so müde, dass wir einfach direkt eingeschlafen sind. Ich schaue mich kurz im Zimmer um. Niki und Julie scheinen noch zu schlafen. War ja klar, dass ich als erste aufwachen werde. Und ich muss feststellen, dass ich Kopfschmerzen habe. Und ich habe heiss. Deshalb schlage ich leise die Decke zurück und nehme mir mein Handy. Zum Glück habe ich noch genug Akku.
Ich gucke mal die Fotos durch, die ich gestern gemacht habe. Die meisten sind harmlos, mit der Ausnahme von dem Foto, wo Julie auf den Schultern von einem Typen sitzt und sich selbst betatscht. Das muss ich ihr auf jeden Fall gleich zeigen, sobald sie wach ist!
In diesem Moment geht eine Nachricht von Fiona ein. Sie fragt mich, wie es war und ich schildere ihr die wichtigsten Ereignisse. Dann schreiben wir noch kurz über den Film „Spy“, bis sie dann frühstücken geht.
Ich will mein Handy gerade weglegen, als ich eine Nachricht von Julie kriege. Hä? Die liegt doch auf der Matratze, weniger als drei Meter von mir entfernt?! Warum schreibt sie mir denn eine Nachricht?
Lulu, bist du auch schon wach?
Ich schaue kurz zu ihr rüber. Sie liegt tatsächlich auf der Matratze, mit ihrem Handy in der Hand. Das ist so typisch für Julie, dass ich leise lachen muss. Jeder Mensch hätte geredet, aber nein, Julie muss mir eine Nachricht schreiben!
„Seid ihr auch schon wach?“, fragt Niki leise. Das ist zu viel und ich muss laut los lachen! Wir liegen alle wach im gleichen Zimmer, aber trauen uns nicht zu sprechen. Ich frage mich, wie lange die anderen wohl schon wach sind.
„Leute, ich weiss, dass ich gestern leicht betrunken war, deshalb müsst ihr mir jetzt unbedingt erzählen, was alles passiert ist!“, verlangt Julie grinsend.
Niki und ich setzen uns zu ihr auf die Matratze und erzählen ihr alles und zeigen ihr die Fotos, die wir gemacht haben. Julie ist ziemlich geschockt, denn sie hat nicht erwartet, dass es so schlimm war. Also peinlich-schlimm. Deshalb verlangt sie von uns, dass wir diese Fotos niemandem zeigen und die Details unter uns bleiben. Niki und ich versprechen es ihr.
„Hast du diesem Typen eigentlich schon geschrieben, der dir seine Nummer gegeben hat?“, fragt mich Julie. Jetzt bin ich verwirrt! Hat mir irgendein Typ seine Nummer gegeben? Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern!
„Hä, welcher Typ meinst du denn?“, hake ich nach. Es könnte ja auch sein, dass Julie sich das nur eingebildet hat, so wie sie drauf war.
„Dieser Deutsche halt, der bei uns war, als wir auf Niki gewartet hat!“, antwortet sie mir.
Ach ja, an den kann ich mich erinnern. Aber der soll mir seine Nummer gegeben haben? Davon weiss ich nichts! „Wann hat der mir dann seine Nummer gegeben? Ich weiss von nichts!“
Jetzt muss Julie lachen und schlägt sich mit der Hand auf die Stirn. „Du weisst es ja gar nicht! Als du zum Abfalleimer gegangen bist, hat der dein Handy genommen und seine Nummer eingespeichert.“
Oh mein Gott! Lass das bitte nicht wahr sein! „Und warum hast du ihn nicht aufgehalten?“, frage ich, während ich mein Handy schnappe und meine Kontakte anschaue. Leider kann ich mich nicht an seinen Namen erinnern, weshalb ich seine Nummer nicht auf Anhieb finde. Gerade als ich schon aufgeben will, springt mir ein Kontakt Namens „Batman“ ins Auge. Das muss er sein!
Niki fragt schon ganz ungeduldig: „Und?“
„Naja, kann es sein, dass er sich als Batman eingespeichert hat?“, frage ich Julie zögernd. Diese zuckt nur mit den Schultern. „Kann schon sein, keine Ahnung.“
Als ich auf das Profilbild klicke, ist nur eine Aussicht aus einem Fenster auf einen Fluss zu sehen. Okay, das hilft mir also auch nicht weiter. Und auch das „zuletzt online“ fehlt. Soll ich ihm schreiben?
„Komm, trau dich was! Schreib ihm!“, drängt mich Julie. Und auch Niki nickt mir aufmunternd zu. Ich seufze und schreibe ein einfaches „Hey“. Mal schauen, ob er darauf antwortet.
In der Zwischenzeit gehen wir in die Küche um etwas zu essen. Ich habe keinen grossen Hunger, denn die Kopfschmerzen sind stärker geworden. Deshalb esse ich nur einen Apfel und trinke ein grosses Glas Orangensaft. So wie die anderen ausschauen, sind sie auch nicht in Topform. Das hat man halt davon, wenn man mal ausgeht.
Nach dem Essen gehen wir wieder in Nikis Zimmer, wo Julie und ich unsere Dinge zusammenpacken und uns dann verabschieden. Dann wird Julie von ihrer Mutter abgeholt und ich gehe zur Busstation. Gerade als ich meine Kopfhörer aufsetzen will, vibriert mein Handy. Der Typ hat mir zurück geschrieben.
Hey, wie geht’s? Noch gut gefeiert gestern?
Es ist definitiv der Typ von gestern. Hm, ich weiss seinen Namen noch immer nicht. Ob er meinen kennt? Ich will nicht doof dastehen, deshalb werde ich erstmal nicht nach seinem Namen fragen.
Ja, alles gut. Nur Kopfschmerzen und so. Und wie geht es dir?
Genau in dem Moment als ich auf „senden“ gedrückt habe, geht er offline. Ist das sein Ernst? Ich will immer noch wissen, wie er heisst, wie alt er ist und was er alleine auf einem Festival macht!
Egal, denn in dem Moment kommt der Bus und ich steige ein. Wie immer, Musik an und aus dem Fenster schauen. Da kommt mir Tobi wieder in den Sinn. Mein Schwarm aus der Achten. Ich habe ja gedacht, dass ich ihm heute schreiben werde. Aber soll ich wirklich? Vielleicht hat er mich schon längst vergessen, denn wir hatten seit ein paar Monaten keinen Kontakt mehr. Man merkt, ich bin echt schüchtern und zurückhaltend wenn es zu Jungs kommt. Ich verschiebe es deshalb auf zuhause. Wenn ich zuhause bin werde ich ihm schreiben! Es ist ja nicht so, dass ich total für ihn schwärme, aber er sieht nicht schlecht aus, ist total nett und ich würde ihn gerne besser kennenlernen.
Plötzlich vibriert mein Handy wieder. Dieser Typ hat mir wieder geschrieben.
Mir geht es super! Und Lucy, was hast du heute noch so vor?
Oh nein, er kennt meinen Namen! Was weiss er sonst noch über mich? Und warum fragt er, was ich heute noch vor habe, das geht ihn schliesslich nichts an! Ich kenne ihn nicht mal. Ausserdem hat er gestern doch selbst etwas von schlechtem Einfluss gesagt. Leicht wütend und genervt schreibe ich zurück:
Warum kennst du meinen Namen? Was weisst du sonst noch über mich? Und ich sehe keinen Grund, warum ich dir Dinge aus meinem Leben erzählen soll, wenn ich absolut nichts über dich weiss!
So, jetzt weiss er, dass er mich nicht einfach so rumkriegen kann. Hm, vielleicht war ich auch ein bisschen voreilig und fies. Schliesslich ist er eigentlich ganz nett. Immerhin schreibt er gleich zurück. Aber ich weiss nicht, ob ich seine Antwort überhaupt lesen will.
Autsch! Du hast mir deinen Namen gestern gesagt. Es tut mir leid, viel mehr weiss ich auch nicht über dich, aber ich würde ich gerne kennenlernen. Du kannst mich gerne alles fragen, was du willst, und ich beantworte es dir.
Bin ich doof! Er ist tatsächlich nett und ich bin so fies zu ihm. Aber warum will er mich kennenlernen? Zumindest habe ich jetzt die Chance, ihn nach seinem Namen zu fragen.
Wie heisst du?