Читать книгу Wiggerl's Weihnachtsgeschichten - Ludwig Khun - Страница 6
Wie das Christkind entstanden ist oder Wie Weihnachten beinahe ausgefallen wäre!
ОглавлениеMan merkt halt langsam, dass es auf Weihnachten zugeht. Wenn man sich die Leute so ansieht, wie sie geschäftig in den Geschäften umher rennen, um mit großen Paketen unterm Arm und natürlich auch mit leerem Geldbeutel wieder heraus kommen, oder auch die Tannenbäume, welche von oben bis unten mit vielen weißen und bunten Lichterketten geschmückt sind, dann weiß man, dass der Heilige Abend nicht mehr weit sein kann.
Am Christkindlmarkt ist ein jeder Stand hell beleuchtet von Kerzen- und von Lichterschein und ein Duft von Glühwein und Jagertee liegt über der ganzen Stadt. In jedem Schaufenster stehen Weihnachtsmänner und Christkindl und bei der Untermalung von Weihnachtsliedern könnte man fast meinen, dass man diese zuzwinkern sieht.
Und gerade von diesen beiden, vom Christkind und vom Weihnachtsmann, möchte ich euch heute eine Geschichte erzählen, um euch aufzuklären, was es mit denen so auf sich hat.
Ein paar Jahre zurück, ich glaub so an die 200 herum, gerade an einem Tag so wie heute - der Wind wehte recht kalt den Schnee von den Bergen herunter und obwohl es erst Mittag war, war es doch schon sehr dunkel und trüb - kurz gesagt: ein Wetter, wo man nicht einmal seinen Hund auf die Straße hinaus schicken wollte.
Aber nachdem sich das alles hoch droben am Nordpol abgespielte, war so ein Wetter an der üblichen Tagesordnung, obwohl es an diesem Tag doch schon, auch für so eine Region, ganz besonders kalt war.
Und überhaupt stand da im ewigen Eis ja eh nur ein Haus, welches man sich allerdings besser als Fabrik vorstellen sollte und das gehörte dem Weihnachtsmann - im speziellen auch Santa Claus genannt.
Und gerade in diesem besonderen Haus ging es diese Tage recht hektisch zu, denn vom Himmelspostamt her stapelten sich immer noch viele Briefe mit lauter Kinderwünsche für Weihnachten, die alle noch zu erfüllen waren.
Die Spielzeugmaschinen liefen auf Hochtouren und alle Engel, Wichteln und Elfen waren eifrig mit dem Einpacken beschäftigt. Es wurde gelacht und gesungen, gerade so, dass es eine wahre Freude zum Zuhören war. Und wenn man auf den großen Kalender über der Haustür schaute, konnte man erkennen, dass es bis zur großen Bescherung am Heiligen Abend nur noch zwei Tage waren.
Voller Eifer inspizierte der Oberzwerg die Lagerhallen mit den fertigen Paketen und klebte auf jedes den richtigen Namen der Kinder drauf, weil man ja schließlich wissen musste, an wen die Geschenke ausgeliefert werden sollten.
Am aufgeregtesten aber von allen war der große Chef, unser Weihnachtsmann, schon selbst, denn er musste ja schließlich alles managen, was bei so vielen verschiedenen Wünschen gar nicht so einfach war.
Ganz durcheinander lief er von einem Eck ins Andere, schaute den Engeln auf die Finger, ob auch wirklich alles schön eingepackt wurde, inspizierte immer wieder seine Rentiere im Stall und drückte jeden, der ihm über den Weg lief, einen guten Ratschlag auf.
Jeder nahm es gelassen hin, da sie ihren Chef und dessen selbst inszenierte Hektik so kurz vor Weihnachten kannten. Normalerweise war auch immer alles in bester Ordnung.
Als der Weihnachtsmann wieder bei einer seiner üblichen Stallrunden angelangt war, bemerkte er plötzlich, dass sich eines der Tiere selbständig gemacht hatte und hinaus in die Kälte gelaufen sein musste.
Ohne zu zögern machte er sich sofort auf den Weg, um den Ausreißer zu suchen, was sich bei diesem Schneegestöber als äußerst schwierig und zeitraubend herausstellte. Aber letztendlich fand er das Tier und konnte es wieder zu den anderen in den Stall stellen.
Ein paar Stunden später ging es dem Weihnachtsmann gar nicht gut. Mit starken Husten, einer verschnupften roten Nase und viel Kopfweh beutelte es ihn, geplagt vom Fieber und Schüttelfrost, hin und her. Die Sucherei nach seinem Rentier bei diesen tiefen Temperaturen heute, hatten weder ihm, noch seinem Rudolf - wie das Tier, nachdem er suchte hieß - gut getan. Auch dieser hatte vor lauter Schnupfen eine leuchtend rote Nase bekommen und stand jetzt in einem Einzelstall, um sich auskurieren zu können.
Trotz der vielen Tee`s und Kräuterbäder, die ihm seine Frau und die Engeln einflößten, wollte sich einfach keine Besserung einstellen.
Voller Sorge, wie das dieses Mal mit der Bescherung am Heiligen Abend werden sollte, ging er am Abend ins Bett und hoffte, dass es ihm so schnell wie nur gerade möglich wieder besser ging. Schließlich war ja in zwei Tagen schon Weihnachten und was wäre dies für die Kinder ohne den Weihnachtsmann und den ganzen Geschenken?
Nachdem er die ganze Nacht von Alpträumen geplagt wurde, fühlte er sich am nächsten Morgen zwar schon wieder etwas besser, war aber immer noch zu schwach um aufzustehen.
Voller Sorge beriefen sämtliche Zwerge, Engeln und Elfen eine Krisensitzung ein, ob vielleicht irgend jemand eine Idee hatte, wie man den Heiligen Abend managen könnte, nachdem der Weihnachtsmann allen Anschein nach ausfallen würde.
»Wie wäre es, wenn wir Weihnachten einfach verschieben?«, meldete sich ganz frech ein Zwerg. »Ich glaube, Du spinnst!«, erwiderte ein Engel. »Aber, wenn die Leute alle hierher kommen würden, um ihre Geschenke selbst abzuholen?«
Doch auch dieser Vorschlag wurde mit einem energischen, «Bist Du wahnsinnig geworden? Was glaubst Du denn, was das für einen Volksauflauf hier bei uns geben würde!«, sofort unterdrückt.
Nach langen Diskussionen kam dem Oberzwerg plötzlich eine grandiose Idee. »Wie wäre es, wenn wir einfach eine Aushilfe für unseren Weihnachtsmann anheuern würden?« - »Ja und wen?«, klang es aus aller Munde. - »Das weiß ich noch nicht, aber fragen wir halt den Herrgott, der hat im Himmel droben genug Leute, die das machen könnten. Wer ist dafür?«
Nachdem der Vorschlag einstimmig angenommen wurde, sandte man einen Engel aus, um den Himmelsvater das Verhängnis mit dem Weihnachtsmann und der Möglichkeit, ihn durch eine Aushilfe zu ersetzen, zu unterbreiten.
Obwohl diesem die ganze Sache gar nicht gefallen wollte, stimmte er schweren Herzens dem Notplan zu und kam nach längerer Überlegung schließlich zu einem Ergebnis. »Weißt du was?«, wendete er sich an den wartenden Engel. »Ich schicke Euch mein Sohnemann - einen anderen habe ich bei dem Personalmangel heutzutage für so eine Aufgabe gerade nicht frei. Aber tut mir bitte den Gefallen und passt auf ihn auf, damit er mir keinen Unfug anstellt und Weihnachten in Verruf bringt! Und noch was - verkündet überall auf der Welt, dass dieses Jahr nicht der Weihnachtsmann, sondern das Christkind - so nenne ich den Kleinen - die Geschenke bringen wird. In einer Stunde schicke ich ihn zu Euch hinunter, damit ihr ihn in sein neues Aufgabengebiet einweisen könnt. Und jetzt sag bitte den anderen Bescheid!«
Der Engel verabschiedet sich und flog eilig davon, um die frohe Botschaft seinen Freunden am Nordpol und vor allem dem Weihnachtsmann mitzuteilen.
Wie versprochen, stand eine Stunde später tatsächlich das Christkind vor der Türe. Alle waren überrascht, als ein junger Mann im besten Lausbubenalter den Raum betrat. Gehüllt in ein strahlend weißes, mit viel Goldstaub eingepudertes Gewand, erstrahlte sein ganzer Körper wie im hellen Licht. Die beiden großen goldenen Flügel ruhten sanft auf dem Rücken. Lediglich seinen Heiligenschein hatte er ein wenig frech in das Gesicht hängen. Damit erhoffte er sich, einen ganz besonderen Eindruck schinden zu können. Er lächelte spitzbübisch in die Runde.
Voller Bewunderung und mit einem großen »Hallo« wurde er sofort freudig empfangen und dem Weihnachtsmann vorgeführt, damit sich dieser einen ersten Eindruck von seiner Aushilfe machen konnte.
Noch ehe die Nacht hernieder sank, war das Christkind bereits in alle Geheimnisse der weihnachtlichen Paketpost samt seiner speziellen Brauchtümer eingeweiht. Lediglich die Sache mit dem Ausliefern der Geschenke durch den Kamin wollte ihm so gar nicht gefallen, weil dabei sein Gewand und seine Flügel dreckig werden könnten. Außerdem fehlte ihm ja schließlich die Übung mit der Kaminkletterei. Daher wurde vereinbart, dass das Christkind durch das Fenster kommen sollte, weil es dadurch viel schneller und schöner geht.
Endlich war der große Tag da. Schon in der Früh ging es in dem Haus recht hektisch zu.
Die letzten Adressen wurden geschrieben und alle Päckchen in große Säcke verstaut und fachmännisch verschnürt. Das Christkind fieberte schon seit Stunden seinem großen Auftritt entgegen. Auch der Weihnachtsmann, dem es heute wieder besser ging, rotierte fleißig zwischen seinen Helfern umher und erteilte wie üblich seine berühmten Ratschläge, die sowieso niemand hören wollte.
Um die Mittagszeit war es dann soweit. Das Christkind flog mit den ersten Säcken Richtung Europa los, um bald drauf mit dem Geschenke verteilen anfangen zu können. Voller Freude nahm er sich ein Haus nach dem anderen vor und bewunderte mit Begeisterung die schönen Christbäume, die in den Stuben aufgestellt waren. Ab und zu klaute er sich Plätzchen von den Weihnachtstellern und beobachtete neugierig die Kinder, welche sich ja schon so auf die Bescherung freuten und weihnachtliche Lieder sangen.
Noch ehe er sich versah, senkte sich langsam die Nacht hernieder. Er musste sich eingestehen, dass es doch mehr Arbeit war, als er sich das so vorgestellt hatte, denn mit dem Verteilen war er noch lange nicht fertig.
Eilig flog er zurück zum Nordpol, um sich die nächsten Säcke zu holen.
Dort angekommen glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Da stand der mit Säcken voll beladene Rentierschlitten samt dem Weihnachtsmann in roter Arbeitskleidung vor dem Haus. In Reih und Glied waren die Rentiere eingespannt. Rudolf, dessen Nase vor lauter Schnupfen immer noch rot leuchtete, musste alleine an vorderster Front laufen, damit er die anderen Tiere nicht anstecken konnte.
»Na, wo bleibst Du denn so lange?«, rief ihm der Weihnachtsmann voller Ungeduld zu. »Wir haben doch nicht ewig Zeit! Weißt Du was? Du machst jetzt Dein Revier fertig und ich mache mich nach Amerika auf. Die warten nämlich schon alle auf ihre Geschenke!«
Mit diesen Worten sprang er auf seinen Schlitten, welcher sich sogleich hoch in die Lüfte erhob, um mit ihm am Himmel zu verschwinden.
Auch das Christkind war nicht untätig und machte sich sofort mit den nächsten Säcken auf den Weg.
Gegen Mitternacht endlich hatte es seine Aufgabe erfüllt und kehrte müde und zufrieden wieder zurück.
Ein paar Stunden später, man schrieb bereits den 25.Dezember, traf auch der Weihnachtsmann ganz erschöpft und völlig außer Atem zu Hause ein.
»Das war ein Weihnachten, kann ich Euch sagen! Jetzt habe ich zuerst einmal den Kindern erklären müssen, warum ich erst am 25. und nicht schon am 24. gekommen bin. Ich habe einfach erzählt, dass wir die Auslieferung am Heiligen Abend ein bisschen umorganisiert haben und es in Zukunft immer so bleiben wird wie heute. Oder Christkind, was meinst Du? Teilen wir uns ab jetzt die Arbeit zu Weihnachten? Du in Europa und ich in Amerika. Wir sind doch ein gutes Team!«
Mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen zwinkerte das Christkind voller Freuden dem Weihnachtsmann zu. »Das möchte ich doch meinen, Herr Kollege! Abgemacht, ich bin dabei!«
Und mit diesen Worten endet auch meine Geschichte.
Ich hoffe, ihr seid nun im Bilde, warum nur wir in Europa ein Christkind haben, welches jedes Jahr am 24. Dezember zu uns kommt und in Amerika der Weihnachtsmann, der auch Santa Claus genannt wird, die Geschenke erst am 25. ausgibt.
Und übrigens, solltet ihr einmal den Weihnachtsmann mit seinem Schlitten am Himmel droben sehen und das vordere Rentier hat eine rote leuchtende Nase, dann kann das eigentlich nur der Rudolf sein, der sich schon wieder mal einen Schnupfen geholt hat.