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Auf der Suche nach dem Christkind

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»Es schneit«, ruft Sandra begeistert, »Mama, Papa, schaut raus, es schneit. Ist das schön! Endlich mal wieder weiße Weihnachten.«

Und wirklich, vom Himmel kommen dicke, weiße Flocken herunter ins Tal geweht. Der Garten hüllt sich in ein schimmerndes, glitzerndes und in tausend Farben funkelndes Weiß.

Ganz aufgeregt ist die Kleine jetzt, denn heute ist ja schließlich der Heilige Abend und da gehört Schnee doch auch dazu.

Während sie sich ein gutes Weihnachtsplätzchen in den Mund schiebt und den Schneeflocken durchs Fenster zuschaut, gehen ihr so allerlei Gedanken durch den Kopf, ob sie auch wirklich alles auf ihren Wunschzettel fürs Christkind geschrieben hat. Schnell geht sie im Geiste die Liste noch einmal durch: eine neue Puppe, Puppenwagen, Barbie-Schminkset, Malbuch, Stifte, Bilderbücher, Hörspielkassetten, Stofftiere, das rosa Kleidchen, welches sie sich schon so lange wünscht und ... - doch halt, es fällt ihr wie Schuppen von den Augen - »Oh Gott, ich habe ganz vergessen, die schöne goldene Haarspange drauf zu schreiben. Was mache ich denn jetzt, wenn ich das Kleid bekomme und keine goldene Haarspange dazu habe?«, ruft sie ganz entsetzt.

Für Sandra bricht fast eine ganze Welt zusammen, denn der Wunschzettel ist ja schon vor zwei Wochen vom Weihnachtsboten-Engel abgeholt worden. Wie soll denn jetzt das Christkind wissen, das etwas auf ihrem Zettel fehlt. Sie überlegt und überlegt. Es hilft alles nichts, sie muss sich auf die Suche nach dem Christkind machen und ihm den Wunsch persönlich sagen, denn es sind ja schließlich noch ein paar Stunden bis zur Bescherung Zeit.

»Schön und Gut«, überlegt sie sich, »nur - wo wohnt des Christkind und wie finde ich es? Da gibt es nur eines - Papa weiß doch immer alles. Der kann mir sicher helfen.«

Schnell läuft sie zu ihrem Vater und ruft: »Papa, Papa, weißt Du eigentlich, wo das Christkind zu Hause ist?« - »Nun«, erwidert dieser, »das wohnt ganz weit weg von hier ...«

»Können wir da mit dem Auto hinfahren?«, unterbricht ihn die Kleine ganz aufgeregt.

»Nein, das geht nicht«, lacht der Vater, »weil das Christkind im Himmel wohnt. Unser Auto kann ja schließlich nicht fliegen!«

Jetzt schaut die Kleine ganz enttäuscht. Wie soll sie bloß ihren Wunsch an das Christkind übermitteln?

Als der Vater die Enttäuschung in ihren Augen bemerkt, fügt er ganz schnell hinzu: »Aber weißt Du Sandra, heute an Weihnachten ist das Christkind eh nicht zu Hause im Himmel, weil es hier auf der Erde die ganzen Geschenke mit seinem Schlitten abliefern muss. Vielleicht siehst Du es ja, wenn es am Fenster vorbei fliegt. Bist Du am Ende schon so aufgeregt, dass Du es gar nicht mehr erwarten kannst?«

»Nein, nein«, kontert die Kleine, »aber ich habe was ganz, ganz wichtiges vergessen, auf meinen Wunschzettel drauf zu schreiben und da wollte ich es ihm halt persönlich noch sagen.«

Als der Vater das hört, muss er lauthals lachen.

In Sandras Kopf schwirren jetzt lauter Gedanken umher, als sie sich in ihr Zimmer schleicht. Wie war das nochmal, das Christkind fliegt hier am Fenster vorbei?

Geduldig setzt sie sich ans Fenster, schaut hinaus und wartet auf das Christkind.

Aber, als sich nach 10 Minuten noch überhaupt niemand im Garten, geschweige denn am Himmel droben blicken lässt, entschließt sie sich, das Christkind ganz einfach auf eigene Faust zu suchen.

Ganz heimlich zieht sie sich an und verschwindet durch die Hintertüre zur »Christkindlsuchaktion« nach draußen.

Alles ist verschneit und vom Himmel

kommen dicke Flocken herunter gefallen.

Ganz tapfer stapft sie durch den Schnee von Haus zu Haus und schaut durch jedes Fenster, ob vielleicht irgendwo das Christkind ist und seine Geschenke unter einen Christbaum legt. Aber alles vergebens. Auch die ständigen Blicke zum Himmel und auf die Straßen bringen nicht das gewünschte Ergebnis. Im Gegenteil, das ganze Dorf scheint wie ausgestorben zu sein, nicht einmal ein Hund, oder eine Katze läuft ihr über den Weg.

Plötzlich entdeckt sie am Dorfrand Schlittenspuren, die in den Wald führen.

»Was hatte Papa gesagt?«, denkt sie sich, »Das Christkind liefert die Geschenke - Geschenke müssen transportiert werden - und wenn es nicht gerade fliegt, dann transportiert es die Sachen mit dem Schlitten am Boden! Außerdem hat der Weihnachtsmann auch einen Schlitten, das weiß ich ganz sicher. Das sind demnach ganz bestimmt die Schlittenspuren vom Christkind!«

Von diesem Gedanken versessen, stapft sie fleißig den Spuren nach und somit immer weiter in den Wald hinein.

Langsam wird es dunkel. Als sie das bemerkt, kommt leise Panik in ihr auf.

Sie muss sofort wieder nach Hause, bevor noch jemand bemerkt, dass sie sich weggeschlichen hat und sie sich im Dunkeln irgendwo verläuft.

Enttäuscht, das Christkind nun doch nicht gefunden zu haben, macht sie kehrt und läuft wieder Richtung Dorf.

Auf halben Weg bemerkt sie auf einmal hinter einem Holzstapel ein leises Wimmern und Kratzen. Obwohl sie im ersten Augenblick erschrickt, ist die Neugierde doch größer und sie tritt an den Stapel heran. Ganz vorsichtig steckt sie ihren Kopf hinein und entdeckt dort einen kleinen Hund, der sich offenbar eine Pfote im Holz eingeklemmt hat.

»Du brauchst keine Angst zu haben, ich tue dir nichts. Ich möchte dir doch helfen«, bemitleidet sie das Tier.

Nachdem das Mädchen ein paar Holzscheite auf die Seite gezogen hat, ist der kleine Hund auch schon wieder frei. Ganz erschöpft schaut er die Kleine voller Hoffnung an.

Sie beugt sich zu ihm hinunter und nimmt den halb erfrorenen ganz liebevoll in die Arme. »Bist Du aber süß! Du bist ja viel besser als jede Puppe. Du gefällst mir. Weißt Du was? Ich nehme dich einfach mit zu mir, dann bekommst Du auch gleich einen ganzen Berg Plätzchen zum Essen und Du brauchst gar nicht mehr frieren.«, ruft Sandra ganz aufgeregt.

Als sie mit dem Hund auf dem Arm das Dorf erreicht ist es schon ziemlich dunkel geworden.

»Was ist denn das für ein Menschenauflauf da bei uns?«, denkt sich die Kleine, als sie die Straße zu ihrem Haus zusteuert.

In der Tat steht dort der halbe Ort zusammen und alle sind ganz aufgeregt.

»Mama, Papa, was ist denn los?«, ruft Sandra, als sie in unmittelbarer Nähe der Menschenmenge ist. Alle Leute drehen ihre Köpfe um und sind sofort still.

»Da ist sie ja«, ruft ihre Mutter und läuft mit Tränen in den Augen zu ihrer Tochter. «Gott sei dank, endlich bist Du wieder da. Wir wollten gerade einen Suchtrupp zusammenstellen und nach Dir suchen. Seit Stunden bist Du schon weg und keiner hat gewusst, wo Du bist!«

»Aber Mama«, entgegnet die Kleine ganz gelassen, »ich wollte doch nur das Christkind suchen, damit ich ihm meinen Wunsch, den ich vergessen habe auf den Wunschzettel zu schreiben, sagen kann.«

Alle Leute lachen voller Erleichterung, als sie das hören.

»Wen hast Du denn da mitgebracht?«, fragt sie ihr Vater, als er den kleinen Hund in den Armen seiner Tochter entdeckt.

»Den habe ich vor dem Erfrieren und Verhungern gerettet«, brüstet sie sich. »Seine Pfote war in einem Holzstapel eingeklemmt. Da habe ich ihn befreit und dann mitgenommen. Und jetzt gehört er mir. Bitte, bitte, Mama, Papa, darf ich ihn behalten?«.

»Na ja, ich weiß nicht so recht«, zweifelt der Vater, »er hat nicht einmal ein Halsband und auch keine Hundemarke.«

Er erkundigt sich erfolglos bei den anderen, ob jemand im Dorf einen kleinen Hund vermisst.

Nach kurzer Überlegung und überglücklich, seine Tochter gesund wieder zu haben, erlaubt er ihr den Hund zu behalten. »Na«, meint er, »das Christkind hast Du zwar nicht gefunden, aber dafür einen neuen Freund.« - »Und der ist mir viel lieber als mein Wunsch, den ich vergessen habe auf den Zettel zu schreiben«, entgegnet die Kleine voller Begeisterung.

Als ein paar Stunden später leise Weihnachtsmusik die Bescherung untermalt und unter dem Tannenbaum neben dem rosa Kleidchen eine goldene Haarspange glitzert, ist die Kleine überglücklich.

»Hätte ich gewusst, dass das Christkind Gedanken lesen kann, wäre ich nicht auf die Suche nach ihm gegangen. Aber trotzdem war es gut, dass ich einen Wunsch auf meinem Zettel vergessen habe, denn was wäre sonst aus dem kleinen Hund geworden? Oder war das vielleicht gar kein Zufall, sondern alles vom Christkind so eingefädelt?«, schmunzelt sie und kuschelt sich an ihren neuen Hundefreund.

Und genau in diesem Augenblick zwinkert ihr ein kleiner Engel, welcher vor dem Fenster gesessen und sie beobachtet hat ganz zufrieden zu, schiebt sich ein Weihnachtsplätzchen in den Mund und fliegt glücklich und zufrieden Richtung Himmel.

Wiggerl's Weihnachtsgeschichten

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