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Esel und Skelett
Оглавление„Die Zeit läuft ab.“
„Schau mal da, Blumen!"
„Die Zeit läuft ab, habe ich gesagt.“
„Ja, aber schau mal da, Blumen!“
Der Tod kratzte sich verlegen am Knochenkopf und war sich nicht sicher, ob er gerade richtig gehört hatte.
„Deine Zeit, sie neigt sich dem Ende zu!“, flüsterte er dem Esel mit Nachdruck in das Ohr hinein, weil das sonst bei jedem anderen Lebewesen sehr gut funktionierte und sie regelmäßig in hektischer Manier zurückließ, in Raserei und Wahn, in aufgescheuchter Blindheit.
„Wie, waff?“, hakte der Esel nach, während er auf einer der schlohweißen Blumenblüten herumkaute, die ihm so gut schmeckte wie eine zuckersüße Marzipanfigur.
„Du stirbst bald!“, bellte der Tod, schon vollkommen verzweifelt.
„Ich stink nicht!", konterte der Esel, weil er wegen der lauten Kaugeräusche falsch verstanden hatte und sich über die unverschämten Worte des Gerippes doch sehr echauffierte, „Du stinkst!“
„Ich kann nicht stinken. Ich bin der Tod. Und deine Zeit läuft ab.“
"Schau mal da, eine Blume!“
Das Foto, das mich zu dieser kleinen Schreiberei inspiriert hat, ist in Genf entstanden. Ich war damals für eine Moderation auf der Schumacher-Ranch gebucht worden. Ja genau, Michael Schuhmacher, der legendäre Rennfahrer, der heute leider immer noch mit den Folgen seines schweren Ski-Unfalls zu kämpfen hat. Seine Frau und Tochter sind beide leidenschaftliche Reiterinnen und haben sich eine beeindruckende Ranch am Genfer-See gebaut. Besonders spannend: Normalerweise riecht es auf einer Ranch nach… na ja, nach Pferden eben. Und wir brauchen nicht lange drum herumreden, Pferde äpfeln, sogar ziemlich beachtliche Mengen. Trotzdem riecht es bei Schumachers seltsamerweise nirgendwo nach Pferdemist und nach einer kurzen Unterhaltung mit dem Anlagen-Manager, war mir auch sofort klar, warum. Es gibt tatsächlich ein Beduftungskonzept, das mithilfe von strategisch positionierten Duftkerzen und elektronischen Duftspendern dafür sorgt, dass es überall so riecht, wie in den Armen eines frisch abgepuderten Supermodels… wobei Models bestimmt auch richtig stinken können, aber lassen wir das an dieser Stelle…
Ich habe auf jeden Fall nach meinem Job als Moderator für deren Reitturnier einen kleinen Abstecher nach Genf gemacht und dort bin ich dann in irgendeiner Seitengasse der Altstadt auf das Mauerbild dieser Sonnenuhr gestoßen. Mich hat das Motiv mit dem Esel nebst Skelett sofort in seinen Bann gezogen und ich wusste bereits beim Fotoknipsen, dass ich etwas darüber schreiben würde. Leider hab ich heute keine Ahnung mehr, wo genau das war, aber vielleicht weiß es ja jemand von euch und besucht eines Tages die Abbildung meiner zwei Lieblings-Streithähne…