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Der Sucher

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Ein Mann mit dem Kopf einer Katze ging Nacht für Nacht von Tür zu Tür. Vom Mondschein begleitet und von der Dunkelheit umschlungen, schmiegte sich sein langer, violetter Mantel um die breitschultrige Gestalt und seine Augen leuchteten dabei wie kristallisiertes Baumharz durch die Nachtesschwärze. Vor jeder Tür der Stadt blieb er stehen; betrachtete, beäugte, bedachte und beschloss meist doch, dass er sich getäuscht habe – denn an diesem Ort gab es für ihn nichts zu finden.

Einmal beobachtete ihn dabei – der Zufall richtete es so ein oder vielleicht auch der Wille des Mondes – ein kleiner Junge, der am offenen Fenster stand und doch schon längst hätte schlafen sollen.

„Wer bist du?“, fragte er den Mann, der einen Kopf wie eine Katze hatte und ihn mit Augen ansah, die glänzten wie die teuersten Topase.

„Ich? Ich bin ein Sammler.“

„Ein Sammler, der in der Nacht sammelt?“, fragte der Junge, denn er misstraute der Gestalt und glaubte, das Wesen sei wohl eher ein Dieb.

„Nun, wenn du es so willst, bin ich wohl ein Sucher, allerdings suche ich für den, der sammelt, was mich in zweiter Instanz zum Sammler macht und wenn eins und eins wieder eins ergeben, dann bin ich wohl genau das: ein Sammler.“ Der Mann lächelte ihn an und schnurrte dabei wie ein zufriedener Stubenkater.

„Eins und eins gibt aber zwei!“, entgegnete der Junge.

„Oh, ist das so?“, antwortet der Mann und fuhr sich dabei verdutzt über die Schnurrhaare (Seine Hände wurden von weißen Handschuhen verborgen und es war nicht zu erkennen, ob sie mehr denen eines Menschen oder denen eines Katers glichen). Schließlich wackelte er mit einem Ohr, grinste breit und gab zu: „Tja, dann liege ich wohl falsch und bin doch ein Sucher!“

Nach diesen Worten des Katzenkopfes befiel den Jungen eine unendliche Müdigkeit, die ihn so plötzlich und übermächtig unter sich begrub, dass er sogleich taumelnd zurückwich, weiters mit den Beinen einknickte und letztlich auf seinem weichen Bett landete. Im nächsten Augenblick war von ihm nur noch laut gleichmäßiges Atmen zu hören.

„Schlaf gut, mein Junge!“, flüsterte der sonderbare Mann, griff zur weißgoldenen Kreide in seiner Manteltasche und markierte die Tür des Hauses geschwind mit dem Zeichen des Sammlers. Dann huscht er zurück in die Dunkelheit.


Das Foto stammt aus der zaubrischen Kleinstadt Ochsenfurt in Unterfranken. In einer Nebengasse entdeckte ich diese kunstvoll gearbeitete Tür und zufälligerweise stand die Sonne genau richtig, um einen spannenden Schatten über den Türstock zu werfen. Sind euch auch die weißen Kreidezeichen aufgefallen? Ich habe ein bisschen recherchiert, konnte aber leider nicht herausfinden, wofür sie stehen. Sie wirken für mich zumindest nicht wie die typischen Neujahrssegen von Kaspar, Melchior und Balthasar. Weil ich auf diese Frage keine Antwort fand, habe ich eben kurzerhand eine erfunden. Dadurch entstand die Geschichte des suchenden Katzenmannes.

Konbini

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