Читать книгу Konbini - Lukas Kellner - Страница 7
Distel
ОглавлениеWeißt du Jenna, manchmal glaube ich, das Leben ist wie eine dornige Pflanze, murmelte er leise.
Eine Distel meinst du?
Ja genau, wie eine Distel!
Denkst du schon wieder viel zu viel über die Welt nach, alter Mann?, rügte sie ihn mit ausdrucksloser Miene.
Quatsch, das ist mir nur gerade in den Sinn gekommen.
Und warum ist das Leben jetzt wie eine Distel?, fragte sie und sah ihn dabei freundlich grinsend an, so wie man es tat, wenn man ein Foto von sich machen ließ.
Weil die Distel von außen fein zu betrachten ist, mit ihren kräftig grünen Blättern, den grazil-geschwungenen Umrissen, umgeben von Sonnenscheinglanz und anderen Pflanzen. Aber wenn man ihr zu nahekommt, wenn man ihre Schönheit wirklich fühlen, ihr Wesen wirklich spüren und ihre Kraft voll auskosten möchte, dann… wird sie einen verletzten.
Er blickte auf, aber ihn erreichte keine Antwort mehr, nur Stille. Denn er saß doch wieder allein in seiner dunklen Kammer, umgeben von Nichts und Schwärze. Vor ihm auf der Kommode stand das Bild seiner Frau, die schon vor Jahren gestorben war.
Bald Jenna, sprach er in die Nacht hinein, bald komme ich zu dir.
Diese Geschichte war nur zum Teil von der Distel inspiriert, die ich in einem Waldstück nicht weit entfernt von dem Haus meiner Eltern fotografiert habe. Hauptsächlich dachte ich beim Schreiben an das Buch Unsere Seelen bei Nacht von Kent Haruf. Mich hat damals fasziniert, dass Kent einfach keine Gänsefüßchen zum Markieren der direkten Rede verwendete. Außerdem hatte seine Geschichte etwas ganz Besonderes, eine wunderschöne Intimität und ein graziles Feingespür. Ich kann dieses Buch wirklich sehr empfehlen.