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Kapitel 6

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„Für mich bitte heute noch kein Chicha Miguel, mir wäre eine Flasche Wasser lieber, solange ich noch nicht hundertprozentig wiederhergestellt bin.“ entschuldige ich mich bei ihm und schiebe ihm das volle Glas wieder entgegen.

„Gerne Señor, no hay problema!“ Miguel nimmt das Glas Chicha weg und entfernt sich um mir eine Flasche Wasser zu holen.

Ich sehe Saundra von unten her möglichst streng an.

„Was ist das?“

„Warum wollen Sie immer so genau wissen was Sie essen, Matt? Genießen Sie es doch einfach!“ sagt sie und versucht dabei ihr Grinsen zu unterdrücken, doch ich sehe sie eindringlich an.

„Ich bin zwar nicht sehr wählerisch beim Essen, aber Miguels Chili-Fass ist mir seit heute Mittag eindeutig zu groß.“ antworte ich beleidigt.

„Keine Angst, das ist Chipotle mit Huhn und ich habe Miguel gebeten für Sie das ‚Chili-Fass’ heute zuzulassen, er hat es extra für Sie nicht scharf gemacht.“ sagt sie versöhnlich.

Zweifelnd steche ich mit dem Löffel ein Stück davon ab, schiebe es mir vorsichtig in den Mund und stelle fest, dass es sehr aromatisch schmeckt und ausnahmsweise tatsächlich einmal nicht scharf ist.

„Ich bin ja völlig überwältigt, Miguel kann tatsächlich auch ohne Chili gut kochen.“ sage ich ironisch.

Saundra lacht leise in sich hinein und schmunzelt.

„Ich dachte mir schon, dass es Ihnen nach dem super scharfen Barbacoa heute Mittag mit dem Chili zu viel geworden ist, man muss sich erst langsam daran gewöhnen!

Miguel hat sich aber nicht gewundert darüber, denn am Anfang ging es mir auch so wie Ihnen. Damals hat er für mich auch alles extra mit wenig Chili gemacht, bis ich mich daran gewöhnt hatte.“ berichtet sie.

Ich schüttle leicht mit dem Kopf und sehe ihr dabei tief in die Augen.

„Ich glaube aber, ich werde mich nie daran gewöhnen, immerhin bin ein einfacher Durchschnitts-Amerikaner aus Philadelphia und kein halber Maya oder Mexikaner.“ sage ich herausfordernd.

„Nun ja, wir haben ja nicht nur Maya-Blut in unseren Adern…“ mischt Mr. Dunaway sich ein „…sondern, wie ich Ihnen erzählt hatte, auch Ungarisches. In Ungarn liebt man ebenso den Knoblauch, den Paprika und alles was scharf ist.“ erklärt er und macht dabei eine entschuldigende Handbewegung.

„Ach, das hatte ich schon fast wieder vergessen! Entschuldigung! Dann liegt es offenbar in Ihren Genen, dass Sie das überaus pikante Essen genießen können.“ sage ich schmunzelnd.

Er schüttelt leicht mit dem Kopf und grinst.

„Nein daran liegt es sicher nicht! Erstens ist das schon Generationen her und wir sind eigentlich auch aufgewachsen wie ganz normale amerikanische Bürger.

Es liegt wirklich nur daran, dass man sich mit der Zeit an die Schärfe gewöhnen muss.“ gibt er nun augenzwinkernd zu.

„Na wunderbare Aussichten! Wenigstens ist das Frühstück ausnahmsweise nicht so scharf, das wundert mich schon fast.“ sage ich lachend.

„Normalerweise wäre es das auch, aber Miguel hat nach einer gewissen Zeit begriffen, dass wir Amerikaner es einfach nicht vertragen schon in aller Frühe solch’ pikante Sachen zu essen und lässt nur für uns das Chili weg.“ klärt mich Mr. Dunaway weiter auf.

Aha, Madre Tierra wäre eigentlich auch scharf, aber was ist hier in diesem Camp schon nicht scharf, einschließlich Saundra!

Diese Frau betört mich auf das Äußerste mit Ihren ausdrucksstarken grünen Augen, welche wie tausend Smaragde in der Sonne glitzern. Mit ihren langen schwarzen Haaren, ihrer schlanken Taille, ihrem bezaubernden Duft und wieder stelle ich mir vor, wie sie sich wohl nackt anfühlt.

Wir beenden das Mahl und ich verabschiede mich mit den Worten.

„Bis morgen früh Mr. Dunaway … Saundra! Es wird Zeit, dass wir endlich etwas bewegen und ich hoffe doch sehr, dass mich dieses verdammte Pflanzengift nicht noch einmal einholt und es mir morgen genauso gut geht wie heute Nachmittag, damit endlich etwas vorangeht.“

„Gute Nacht Mr. Bolder. Ich hoffe doch sehr, dass Sie jetzt wieder obenauf sind, obwohl das übrigens schneller ging, als ich dachte.“ entgegnet mir Mr. Dunaway.

„Gute Nacht, Matt! Schlafen Sie gut!“ säuselt Saundra und schenkt mir ihr reizendes Lächeln.

Schüchtern lächle ich zurück, womit ich einige Sekunden ihren Blick festhalte und mich dem Ausgang zuwende.

Mit einer Mineralwasserflasche unter dem Arm und der Gaslaterne in der Hand schlendere ich auf mein Zelt zu.

Nachdenklich betrete ich es und verschließe hinter mir sorgfältig das Fliegengitter, wobei mein Blick auf das Loch fällt, das ich notdürftig mit Draht geflickt hatte.

Offenbar hat sich inzwischen jemand daran zu schaffen gemacht und es professionell geschlossen.

Somit stelle ich die Wasserflasche neben mein Bett und ziehe meinen Laptop vom Stromnetz, klappe ihn auf und sehe meine neuesten Mails durch.

Erneut eine Mail von meiner Mum, wie erwartet und eine Mail von Professor Collins?

Zunächst öffne ich die Mail vom meiner Mutter um ihr Gezeter um meine schnelle Rückkehr hinter mir zu haben.

Absenderadresse: Laura Bolder

Datum: 19. Oktober 2014 EDT 10.32 a.m.

Empfänger: Matt Bolder

Betreff: Bitte komm’ endlich nach Hause!

Mein liebster Sohn Matt,

warum bist du immer noch in diesem verdammten Urwald? Bitte komm’ nach Hause, wenn es dort so gefährlich ist. Der Gedanke, dich fast verloren zu haben macht mich verrückt!

Warum gehst du nicht wieder an die Uni als Dozent? Das war doch ein schöner sicherer Job und er hat dir doch gefallen, zumindest wäre es dort nicht lebensgefährlich!

Bitte Matt!

Deine sich sorgende Mum, Laura!

Langsam geht mir das Getue auf die Nerven. Sie schreibt seit vorgestern jeden Tag fast den gleichen Text.

Absenderadresse: Matt Bolder

Datum: 19. Oktober 2014 UTC 8.58 p.m.

Empfänger: Laura Bolder

Betreff: Komme n i c h t nach Hause!

Meine liebste und besorgte Mum,

ich habe dir jetzt schon ein paar Mal geschrieben, dass ich nicht nach Hause kommen werde. Bitte hör endlich auf damit!

Mir gefällt es hier und mich hat das Grabungsfieber gepackt. Ich möchte wissen, ob unter dieser Pyramide wirklich noch etwas ist.

Natürlich hat mir die Dozententätigkeit gefallen, aber zuletzt hat sie mich gelangweilt, sonst hätte ich diesen Job hier gar nicht angenommen.

Außerdem ist es gar nicht so gefährlich wie du denkst.

Ich hätte einfach nur besser aufpassen müssen und es ist ja auch alles wieder in bester Ordnung!

Mir geht es gut und ich werde morgen mit meiner Arbeit beginnen, also bitte beruhige dich endlich und mach’ dir keine Sorgen mehr! Bitte!

Dein Sohn Matt!

So jetzt bin ich aber gespannt, was Collins von mir will.

Absenderadresse: Professor Robert Collins

Datum: 19. Oktober 2014 EDT 3.23 p.m.

Empfänger: Matt Bolder

Betreff: Wie gefällt es Ihnen!

Sehr geehrter Mr. Bolder,

nachdem ich Ihnen mehr oder weniger den Job im mittelamerikanischen Urwald verschafft habe, würde es mich sehr interessieren, wie es Ihnen dort gefällt.

Haben Sie schon Fortschritte gemacht?

Sie fehlen uns hier an der Universität und falls Sie Heimweh verspüren sollten können Sie jederzeit wieder bei uns anfangen.

Mit freundlichen Grüßen

Professor Robert Collins

Unweigerlich muss ich mit dem Kopf schütteln und mache mich an eine Antwortmail.

Absenderadresse: Matt Bolder

Datum: 19. Oktober 2014 UTC 9:12 p.m.

Empfänger: Professor Robert Collins

Betreff: Gefällt mir sehr gut!

Sehr geehrter Professor Collins,

es gefällt mir hier sehr gut und ich werde erst einmal nicht an die Universität zurückkehren.

Kann es übrigens sein, dass meine Mutter bei Ihnen angerufen hat?

Dann wissen Sie sicherlich, dass ich die letzten vier Tage außer Gefecht war, weil ich unvorsichtigerweise mit einer giftigen Pflanze in Berührung kam.

Jetzt ist aber alles wieder in Ordnung und ich fange morgen endlich mit dem Suchen an.

Mr. Dunaway hat übrigens ein ganz neues GPR und ich freue mich schon auf die Arbeit.

Ich gebe Ihnen gerne einen Zwischenstand, sobald wir etwas gefunden haben.

Nebenbei bemerkt ist Palenque ein ganz zauberhafter Grabungsort, der mich völlig in seinen Bann gezogen hat.

Ich fürchte ich werde diesen Ort nicht mehr so schnell verlassen, denn auch die Kultur der Maya interessiert mich inzwischen brennend.

Mit freundlichen Grüßen

Matt Bolder

Unglaublich, meine Mum lässt nichts unversucht, um mich dazu zu bewegen wieder nach Hause zu kommen.

Kopfschüttelnd fahre ich den Laptop herunter und verstaue ihn an seinem gewohnten Platz unter dem Bett.

Ich ziehe mich bis auf die Shorts aus, lösche die Gaslaterne und kuschle mich in die Kissen um in einen traumlosen Schlaf zu fallen, bis mich am nächsten Morgen das Gebrüll der Affen im nahegelegenen Urwald weckt.

Missmutig schaue ich auf meine Armbanduhr, es ist sechs Uhr fünfzehn. Na, dann kann ich auch gleich aufstehen und wenn ich Glück habe, bin ich vielleicht noch allein im Waschzelt.

Ich vergewissere mich, dass noch niemand vor mir im Zelt ist und betrete es um mich, nur in Shorts bekleidet, zu waschen und zu rasieren.

Bis ich mich jedoch versehe werden die Planen auseinandergeschlagen und Saundra erscheint nur in ein Badetuch gehüllt, mit nackten Beinen und entblößten Schultern.

Augenblicklich muss ich schwer schlucken und aufpassen, dass ich mich nicht schneide.

„Oh, Entschuldigung Matt! Ich habe gar nicht mit Ihnen gerechnet!“ lächelt sie und senkt zunächst den Blick um mich kurz darauf von oben bis unten mit ihren grünen Augen genau zu mustern.

„Bis jetzt war ich um diese Zeit meist alleine hier…“ räuspert sie sich „… mein Vater lässt sich meistens erst in einer Viertelstunde hier blicken, deshalb dachte ich…“ erneut blickt sie verstohlen auf den Boden „… ich wäre heute auch allein.“

Sie wendet sich zum Gehen und meine Gedanken schreien ‚Nein bitte nicht!’.

„Nein… Saundra bitte! Kommen Sie doch zurück! Ich ziehe mein Hemd über wenn Sie möchten und außerdem bin ich sowieso gleich fertig.

Sie können sich dann in aller Ruhe waschen, bis Ihr Vater erscheint.“ sage ich schnell und mache eine entschuldigende Handbewegung.

Fieberhaft und nervös rasiere ich mich weiter und sehe dabei wieder in den Spiegel.

„Die Affen mit ihrem Gekreische ließen mich nicht mehr schlafen, deshalb bin ich schon wach und ich freue mich auf meinen ersten richtigen Arbeitstag.“ sage ich möglichst belanglos.

Oh Mann, ist diese Frau schön!

Vor allem auch noch wenn sie halb nackt hinter mir steht und ihre Augen dieses gewisse Glitzern angenommen haben, während sie mich von oben bis unten begutachtet.

Zögernd stellt sie sich neben mich an die Waschschüssel, an der ihr Vater normalerweise steht und beginnt sich die Zähne zu putzen, was ich ihr nach der Rasur gleich tue.

Damit erlischt die Kommunikation erst einmal, aber unsere Blicke treffen sich im Spiegel immer wieder.

Eiligst mache ich mich fertig und raffe meine Kleider zusammen.

„Ich ziehe mich dann draußen an. Bis später Saundra.“ raune ich ihr zu.

Saundra antwortet mit der Zahnbürste im Mund nur mit einem „Hmm“ und sieht mir durch den Spiegel direkt in die Augen.

Eine warme Welle durchströmt meinen Körper wie Donnergrollen und ich verziehe mich eiligst nach draußen, wo ich genauso schnell in meine Kleider schlüpfe, bevor mich noch jemand sieht.

Ein paar Mal tief einatmend versuche ich mein in Wallung geratenes Blut wieder zu beruhigen und begebe mich zum Küchenzelt, wo ich mich an unseren Tisch setze und Miguel erst einmal bedeute, dass ich auf Mr. Dunaway und Saundra warten wolle.

In der Zwischenzeit vertreibe ich mir die Zeit damit, die Indios zu beobachten, wie sie im Bach ihre Morgentoilette verrichten, wobei sie offenbar sehr viel Spaß miteinander haben.

Aber ich muss ständig an Saundra, ihre nackten Beine und Schultern denken und an den Kontrast den das weiße Handtuch zu ihrer bronzefarbenen Haut abgegeben hat.

Ich bin völlig in Gedanken versunken, als sich Saundra mit ihrem Vater an meinen Tisch setzt und mich aus meiner Tagträumerei reißt.

„Woran denken Sie gerade, Matt? Sie sind ja ganz abwesend?“ fragt Saundra und schaut mir forschend mit ihren grünen Augen ins Gesicht.

„Oh, äh, Entschuldigung!“ stottere ich mühsam hervor und setze ein „Guten Morgen, Mr. Dunaway!“ hinterher in der Hoffnung, dass mir eine Ausrede einfällt.

Miguel verschafft mir zum Glück noch ein paar Sekunden, indem er uns Kaffee bringt. Ich kann Saundra ja schlecht eingestehen, dass ich mir gerade wieder einmal vorgestellt habe, wie sie sich nackt anfühlt.

„Nun Matt?“ nickt sie mir auffordernd zu.

Ich senke den Kopf und reibe mir mit den Fingerspitzen über die Stirn, wobei ich die Augen schließe.

„Ach, eigentlich nichts Besonderes, mir sind nur Teile dieses Albtraumes von vor ein paar Tagen wieder eingefallen.“ sage ich und hebe wieder den Kopf, schüttle ihn leicht und sehe in die schönsten grünen Augen auf dieser Welt.

Sie glitzern wie tausend Smaragde in der Sonne und ich schiebe ein „Nichts von Bedeutung!“ nach.

Sie schaut mich zweifelnd an und kneift dabei die Augen etwas zusammen.

„Ach und da lächelt man zufrieden, wenn man an einen schrecklichen Albtraum zurückdenkt?“

Verdammt!

Sie hat gemerkt, dass ich sie angelogen habe.

„Äh, nein natürlich nicht!“ stottere ich weiter.

„Ich habe mich nur darüber gefreut, dass das alles vorbei ist. Das ist alles.“ lüge ich sie weiter schulterzuckend an.

Sie hebt die Augenbrauen und grinst.

„Ach, so! Davon haben Sie vorhin gar nichts gesagt!“

Inzwischen hat Miguel unser Frühstück gebracht und ich beginne etwas verlegen und in der Hoffnung heute nicht mehr viel sprechen zu müssen meine Madre Tierra zu blasen, weil sie wieder einmal sehr heiß ist.

„Habt ihr euch heute Morgen irgendwie schon einmal getroffen?“ mischt sich Mr. Dunaway ins Gespräch ein und zieht seine Augenbrauen zusammen.

Saundra schaut mir tief in die Augen und ich habe das Gefühl, dass ich sogar rot werde, obwohl mir das normalerweise nie passiert.

„Ja, Dad! Im Waschzelt!“ sagt Saundra trocken.

„Im Waschzelt?“ braust er auf und schaut mich ärgerlich an.

„Mr. Bolder Sie wissen doch, dass wir…“

Saundra unterbricht ihn jedoch schnell.

„Nein, Dad, so war es nicht. Matt war schon vor mir da und ich war die diejenige, welche die Glocke nicht betätigt hat.“ stellt sie die Situation richtig und sucht weiterhin den Blickkontakt mit mir, aber ich sehe nur stur auf mein Frühstück.

„Ach so, entschuldigen Sie bitte Mr. Bolder! Aber ausgerechnet du Saundra solltest doch die Gepflogenheiten im Camp kennen?“ wirft er ihr scharf vor.

„Dad!“ echauffiert sie sich.

„Es ist doch nichts passiert! Erstens sind wir erwachsene Menschen und zweitens hatten wir beide etwas an, also was regst du dich so auf. Matt hat mir nichts weggeschaut, wenn du das meinst.“

„Das meine ich auch nicht Saundra, aber ich merke gerade an Mr. Bolders Reaktion, dass ihm die Begegnung offenbar unangenehm war, also bitte bring’ ihn nicht so in Verlegenheit!“ sagt er um seinen eigenen Fehler zu überspielen, denn so unangenehm war die Begegnung für mich ja gar nicht.

Verärgert steht er auf und geht schnellen Schrittes davon.

„Tut mir leid, Matt! Ich wollte Sie tatsächlich nicht in Bedrängnis bringen, vor allem nicht vor meinem Vater.“ raunt Saundra sanft.

Ich blicke ihr wieder ins Gesicht und sehe, dass sie trotzdem bezaubernd lächelt.

„Ich verstehe zwar im Moment überhaupt nicht, warum sich Ihr Vater so darüber aufregt, nur weil wir uns zufällig halb nackt im Waschzelt getroffen haben.

Schließlich sind wir, wie Sie schon sagten, erwachsene Menschen und ich denke jeder von uns weiß auch, wie das andere Geschlecht ganz nackt aussieht.“ antworte ich leise und sehe ihr zweifelnd in das schöne Gesicht.

Ihre grünen Augen fangen an zu Glitzern wie tausend Smaragde in der Sonne.

„Ja, allerdings! Mein Vater liebt es nur nicht, wenn zwischen den Teilnehmern seiner Ausgrabung eine … wie soll ich sagen… „ sie überlegt kurz indem sie die Augen nach oben dreht „… besondere Beziehung aufgebaut wird.“ raunt sie, schaut mir wieder direkt in die Augen und ich schlucke erst einmal schwer, um ihre atemberaubende Schönheit zu verkraften.

„Eine ‚besondere’ Beziehung?“ frage ich sie daher erstaunt.

„Ja, er möchte nicht, dass Liebesbeziehungen angefangen werden. Er sagt, das stört die Arbeiten und bringt Unruhe ins Camp.“ flüsterst sie nun, weil Miguel um uns herumwuselt.

„Oh! Gab es das denn schon einmal?“ frage ich sie nun schmunzelnd und sehr neugierig.

„Dazu möchte ich jetzt lieber nichts mehr sagen Matt.“ sagt sie augenzwinkernd, stützt den Kopf auf ihre verschränkten Handoberflächen und beginnt erneut zu fragen.

„Eigentlich weiß ich gar nicht viel von Ihnen, außer wie Sie halb nackt aussehen. Leben Sie in einer Beziehung? Vielmehr meine ich … wartet jemand zu Hause auf Sie?“

„So viele Fragen auf einmal Saundra? Ja es wartet jemand zu Hause auf mich…“ das Lächeln verschwindet zunächst aus ihrem Gesicht, bis ich weiter spreche „… meine Eltern und meine Schwester! Und Nein ich lebe zurzeit in keiner Beziehung! Die letzte ist vor vier Monaten schmerzvoll zu Ende gegangen und ich möchte jetzt bitte nicht darüber reden.“ gestehe ich ihr und das Lächeln kehrt ihr Gesicht zurück.

„Ich hätte mich auch gewundert, wenn Sie diesen Job angenommen hätten und eine glückliche Beziehung führen würden.“ sagt sie zwar bedauernd, scheint aber insgeheim fast erleichtert zu sein.

„Und wie sieht es bei Ihnen aus Saundra? Haben Sie einen festen Freund oder sind Sie vielleicht sogar verheiratet?“ wage ich es zu fragen.

Sie lacht kurz auf, legt ihre Hände auf den Tisch und schüttelt mit dem Kopf.

„Nein, Matt, wo denken Sie hin? Ich hatte noch nie eine längere ernsthaftere Beziehung, das liegt mir absolut nicht.

Außerdem habe ich in meinem europäischen Stammbaum eine gewisse ungarische Gräfin Erzébet Báthory, vielleicht sagt Ihnen das als Archäologe etwas?“

Der Name sagt mir gar nichts, denn europäische Geschichte gehörte nicht zu meinem Studium und ich schüttle mit dem Kopf.

„Erzébet Báthory? Nein, das sagt mir überhaupt nichts. Wer war sie?“ frage ich neugierig weiter.

„Lesen Sie das am besten im Internet nach und jetzt sollten wir glaube ich aufbrechen, um den Tempel der Inschriften unsicher zu machen.“ sagt sie knapp, steht auf und bindet sich ihr langes schwarzes Haar wieder zu einem Zopf zusammen.

„Kommen Sie etwa auch mit?“ staune ich erneut.

„Natürlich, deswegen bin ich ja da! Kommen Sie?“ fragt sie nochmals.

Ich erhebe mich ebenfalls und wir trotten beide schweigend nebeneinander zum Materialzelt wo Mr. Dunaway und Hernán bereits einige Werkzeuge und das Bodenradar zusammengetragen haben.

„Seid ihr beide dann auch soweit? Dann können wir ja endlich gehen!“ brummt Mr. Dunaway immer noch ärgerlich.

Hernán ruft noch einige Arbeiter heran, welche die Werkzeuge und das GPR auf die Pyramide bringen und schickt sie wieder weg.

„So jetzt sind wir auf uns allein gestellt, denn dort unten ist leider nicht so viel Platz für so viele Menschen. Wir werden die Sachen also selbst hinunter tragen müssen.“ klärt uns Mr. Dunaway auf.

Jeder von uns setzt eine Art Grubenhelm auf, auf dem jeweils eine Lampe montiert ist. Allerdings ist heute das eingebaute Licht eingeschaltet, das normalerweise den Touristen den Weg weist. Somit brauchen wir die Lampen vorerst gar nicht.

Hernán und ich tragen gemeinsam das GPR vorsichtig die steile Treppe hinunter und Mr. Dunaway und Saundra tragen einige Schaufeln und Besen mit sich.

Wir sind noch nicht ganz die letzten Stufen hinabgestiegen als ich sehe, dass das Gitter vor der eigentlichen Grabkammer offen ist und wir freien Zutritt haben.

Hernán und ich stellen das GPR vorsichtig auf den Boden und warten auf die beiden anderen, die zügig zu uns aufschließen und die Werkzeuge erst einmal an die Wand lehnen.

„Wie ich sehe, haben Sie es doch erreicht, dass wir die Grabkammer betreten dürfen Mr. Dunaway?“ frage ich verwundert.

„Sie sind sehr naiv Mr. Bolder. Natürlich habe ich das erreicht! Mit Geld erreicht man alles was man will, vor allem hier in Mexiko, was denken Sie denn?“ antwortet er schnippisch.

Mr. Dunaway scheint noch immer keine sehr viel bessere Laune zu haben als beim Frühstück. Na toll, diesen ersten Arbeitstag hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt.

„Also wo wollen Sie anfangen?“ fragt er ungeduldig.

Ich sehe mich kurz um, denn bei Licht sieht es hier unten ganz anders aus als im Schein meiner Taschenlampe vor ein paar Tagen und ich ziehe die Luft scharf ein.

„Ich denke am besten wäre es tatsächlich in der Grabkammer um den Sarkophag herum, aber dürfte ich mir vorher einmal die Grabplatte bei Licht genauer betrachten?“ antworte ich gelassen.

„Bitte! Tun Sie, was Sie nicht lassen können.“ blafft er mich an.

„Dad, bitte!“ zischt ihn Saundra mit einem schroffen Ton an und wirft ihm einen giftigen Blick zu.

Dadurch komme ich zu dem Schluss, dass die momentane Missstimmung zwischen den beiden herrscht und vielleicht mit mir selbst gar nichts zu tun hat, deshalb wende mich der sehr aufwändig gestalteten Grabplatte zu.

Die bildliche Darstellung der Maya unterscheidet sich stark von der ägyptischen, daher kann ich das Bild in keinster Weise deuten und kann nur beschreiben was ich sehe.

Auf den ersten Blick ist es ein wirres Durcheinander von komplexen und verschnörkelten Mustern und Hieroglyphen. Im unteren Teil kann man einen Maya erkennen, der halb liegend, halb sitzend irgendwelche Hebel oder Griffe betätigt.

Sehr plastisch dargestellt ist der Unterschied zwischen Vorder- und Hintergrund, denn das was der Maya offenbar bedient sticht sehr deutlich heraus.

Ich habe viele Meinungen dazu gelesen, einige Fachleute halten es für den Weltenbaum aus der Mythologie der Maya, wieder andere für ein Raumschiff und manche sogar für ein frühes Tauchboot.

Zunächst einmal entscheide ich mich für keine der angebotenen Meinungen. Für mich stellt es im Moment eher ein Buch mit sieben Siegeln dar und ich werde mich noch eingehender mit der Mythologie, der Lebensweise und dem Glauben der Maya beschäftigen müssen um irgendwann zu einer eigenen Meinung gelangen zu können.

Somit löse ich mich von dem fesselnden Bild und wende mich wieder den anderen zu, die nur noch auf mich warten um Anweisungen zu bekommen.

„Danke, dass Sie mir die Zeit erlaubt haben dieses faszinierende Kunstwerk genauer zu betrachten. Im Moment hat es zwar wenig Aussagekraft für mich, weil ich mit der Kunst und der Lebensweise der Maya nicht vertraut bin, aber ich werde mich auf jeden Fall noch eingehend damit befassen.

Aber nichts desto trotz, wir suchen ja keine Antworten auf dieses Bild, sondern eventuell einen Hohlraum unter dieser Grabkammer. Da spielt es keine Rolle, ob wir ihn in Mexiko, in Ägypten oder sonst wo auf der Welt suchen. Also lassen Sie uns anfangen.“ sage ich gebe damit den Startschuss.

Mr. Dunaway, der die ganze Zeit über mit Saundra getuschelt hat, von dem ich leider nichts verstehen konnte, lächelt mich inzwischen wieder wohlwollend an.

Also ist es doch eine Sache zwischen Vater und Tochter und er ist zum Glück nicht auf mich sauer, denn so arbeite ich nicht gerne, wenn mein Arbeitgeber ein Problem mit mir selbst hat.

„Wir sollten zunächst den Boden von Staub und kleinen Steinen befreien, damit das Bild des Radars so klar wie möglich wird!“ gebe ich vorsichtig den ersten Auftrag.

Hernán und Saundra greifen zu einem Besen und fangen zu fegen an, während ich mir die Schaufel schnappe und den Dreck in einen Eimer gebe.

Nachdem alles sauber ist, nehme ich das GPR in Betrieb und lasse das Gerät Zentimeter für Zentimeter über den Boden um den Sarkophag herum gleiten.

Die anderen säubern indessen gemeinsam den Nebenraum bis auf den feinen Staub, der zurückbleibt und ohnehin nicht weiter stört.

Doch als sie fertig sind, stehen sie mehr oder weniger im Weg herum und das stört mich bei der Arbeit, deshalb mache ich einen etwas genervten Gesichtsausdruck, den Mr. Dunaway wohl bemerkt hat.

„Saundra, ich denke wir sollten Mr. Bolder in Ruhe allein weiter arbeiten lassen. Komm’ wir gehen wieder! Wenn Sie fertig sind Mr. Bolder, lassen Sie am besten alles stehen, ich schicke dann Hernán und seine Männer um die Werkzeuge abzuholen.“ sagt Mr. Dunaway sehr versöhnlich.

„Ja, ist in Ordnung Mr. Dunaway!“ lächle ich zuerst ihn und dann Saundra an, die einen enttäuschten Ausdruck im Gesicht hat.

Sie schaut mir durchdringend in die Augen, so dass mir ein kalter Schauer den Rücken hinunterläuft.

Beide steigen mit Hernán im Rücken die steile Treppe wieder nach oben und lassen mich allein bei der Arbeit. Sie geht langsamer voran als ich dachte, was mir aber etwas Zeit verschafft über Saundra und ihren Vater nachzudenken.

Ein seltsames Verhältnis das die beiden haben. Zuerst dachte ich sie wären ein Herz und eine Seele, welche die Liebe zur Archäologie teilen. Auf der anderen Seite möchte er, dass sie in sein Maklerbüro einsteigt, sie läuft aber lieber auf großen Modenschauen als Model.

Doch seit unserer Begegnung im Waschzelt heute Morgen führt er sich auf wie ein eifersüchtiger Ehemann.

Unmerklich schüttle ich den Kopf!

Saundra ist doch erstens seine Tochter und zweitens eine erwachsene Frau, was stört ihn daran nur so sehr?

Oder hat er gemerkt, dass sie mir gefällt?

Aber offensichtlich bin ich ihr auch nicht ganz gleichgültig, bei den Blicken die mir zuwirft und was sollte der Hinweis auf ihren Stammbaum mit dieser ungarischen Gräfin?

Die muss ich heute Abend unbedingt einmal googeln.

Mit dem Radargerät habe ich nun die gesamte Grabkammer vermessen und verlege das GPR in den danebenliegenden leeren Raum, was die Sache sehr viel einfacher macht, weil ich ihn somit komplett vermessen kann und beginne erneut mit meiner Arbeit.

Als ich etwa mit dem halben Raum fertig bin, erscheint plötzlich Miguel mit einem zugedeckten Korb in der Hand unter der dreieckigen Tür.

„Señor Bolder! Essen por favor!“

„Oh, Miguel?“ sage ich überrascht und schaue auf meine Armbanduhr.

Es ist schon früher Nachmittag und ich merke in dem Moment auch, dass sich mein Magen verstimmt zu Wort meldet.

„Was hast du denn Gutes dabei?“ frage ich ihn daher freudig.

Miguel zieht das Tuch vom Korb und ich sehe, dass er mitgedacht hat. Der Korb enthält ein mit Salat und Hähnchenstreifen belegtes Baguette, das ich gut in die Hand nehmen kann. Wunderbar!

Ich beiße herzhaft hinein in der Hoffnung, dass er sein Chili-Fass nicht wieder aufgemacht hat und blicke in sein grinsendes Gesicht.

Hat dieser Mann eigentlich nie schlechte Laune?

Ich kaue vorsichtig und es ist tatsächlich nicht scharf, deshalb beiße ich erneut hinein und mit erhobenem Daumen zeige ich Miguel, dass es mir hervorragend schmeckt, wobei er sich immer noch grinsend mit seinem Korb wieder verzieht.

Nachdem ich aufgegessen habe vermesse ich den Raum zu Ende und schalte das GPR ab um den Teil mitzunehmen, der die gemessenen Daten enthält.

Damit kann ich heute Abend eventuell an meinem Laptop die ersten Messungen auswerten, sofern das ohne Vergleichsmöglichkeit vom Boden um den Tempel herum überhaupt möglich ist und steige die steile Treppe empor.

Oben angekommen atme ich erst einmal tief durch um meine Lungen mit frischem Sauerstoff zu füllen, denn die Luft unten in der Grabkammer ist stickig und nach dem Kehren auch noch staubig.

Ich hatte das Gefühl, dass der Staub ewig im Raum schwebte und sich gar nicht mehr legen wolle.

Bevor ich die große Treppe außen am Tempel hinuntereile, genieße ich noch für einen Augenblick die herrliche Aussicht über Palenque, den Dschungel und unser Camp und ich freue mich erneut, der Dozententätigkeit eine Weile entkommen zu sein.

Mit dem Datenspeicher steuere ich zunächst auf die Zelte der Arbeiter zu um Fernando zu suchen, den ich auch gleich unter einem Zapote-Baum ruhend finde.

„Fernando, ich bin fertig mit meiner Arbeit! Könnten Sie Hernán ausrichten, dass er die Werkzeuge und den anderen Teil des GPR aus der Pyramide holen kann und das Licht löschen möchte?“ bitte ich ihn.

„Sehr gern Señor!“ er nickt mir zu.

„Mache ich sofort!“

„Danke, Fernando!“

Ich drehe mich wieder von ihm weg um erst noch das Datenkabel und die Software für das GPR im Materialzelt zu holen und danach mein Zelt anzusteuern, wobei ich hoffe erst einmal niemandem zu begegnen.

In meinem Zelt angekommen platziere ich den Datenspeicher zunächst auf dem kleinen Tisch neben dem Eingang und packe diesen mit beiden Händen um ihn neben mein Bett zu stellen, auf das ich mich zunächst erschöpft fallen lasse.

Der erste Arbeitstag nach meiner Vergiftung war doch anstrengender als ich dachte und die schlechte Luft dort unten hat sicherlich auch noch ihr Übriges dazu beigetragen, also schließe ich kurz die Augen um mich etwas zu erholen.

Die Neugier auf die Messung lässt mir jedoch keine Ruhe und ich ziehe meinen Laptop vom Stromnetz, stelle ihn neben das GPR und spiele zunächst die Software auf. Leider dauert das eine ganze Weile, wobei ich schon ganz ungeduldig werde und anfange in meinem Zelt auf und ab zu laufen.

Endlich ertönt das ersehnte „Ping“ und ich verbinde meinen Laptop mit dem Datenspeicher, woraufhin sich selbsttätig das Menü des GPR-Programmes öffnet und ich klicke auf „Daten auswerten“!

Der Computer zeigt mir mehrere verschiedene Diagramme an, die mir im Moment allerdings noch nicht sehr viel Aufschluss geben, weil die Vergleichsmessungen des Bodens außerhalb des Tempels noch fehlen.

Aber ich kann zumindest so viel erkennen, dass es kein gewachsener, also ursprünglicher Untergrund ist.

Entweder wurde ein Fundament gelegt oder es handelt sich tatsächlich um einen Hohlraum, sprich einer weiteren Kammer.

Überwältigt starre ich auf den Bildschirm!

Somber Side of Love

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