Читать книгу Landwirtschaftlicher Hofjurist - Mag. Dr. Gerhard Putz - Страница 8

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II. So schützen Sie Ihre Rechte

A. Verwaltungsrecht

1. Ordentliches Verfahren

Ein Bescheid wird in diesen Verfahren üblicherweise erst nach einem Ermittlungsverfahren erlassen. In diesem wird der maßgebende Sachverhalt festgestellt, die Parteien erhalten die Gelegenheit, ihre Rechte durch eine Stellungnahme, Akteneinsicht etc. zu wahren. Nachdem die Behörde das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt hat, erlässt sie den Bescheid.

Mit 1. 1. 2014 wurden ca. 120 Sonderbehörden auf Bundes- und Landesebene, wie z. B. die Unabhängigen Verwaltungssenate, aufgelöst. An ihre Stelle traten die Verwaltungsgerichte. Wer den Bescheid einer Verwaltungsbehörde bekämpfen möchte, muss nun in der Regel binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides die Beschwerde bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, einbringen. Tage des Postlaufes werden nicht in die Beschwerdefrist eingerechnet. Die Beschwerde muss Folgendes beinhalten:

•die Bezeichnung des angefochtenen Bescheids (Beschwerdegegenstand),

•die Bezeichnung der belangten Behörde (jene, die den Bescheid erlassen hat),

•die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

•den Antrag, was mit dem Bescheid geschehen soll (abändern, beheben, zurückverweisen) und

•die Angaben, die zur Glaubhaftmachung der Rechtzeitigkeit der Beschwerdeerhebung dienen (wann wurde der Bescheid zugestellt).

Die Behörde kann binnen (meistens) zwei Monaten selbst entscheiden (gegen diese Beschwerdevorentscheidung kann die Partei dann allerdings binnen zwei Wochen die Vorlage an das Verwaltungsgericht beantragen) oder den Akt dem Verwaltungsgericht vorlegen. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens überprüft das Verwaltungsgericht den Bescheid lediglich dahingehend, ob die angeführten Beschwerdegründe vorliegen. Nachträglich können keine neuen Beschwerdegründe vorgebracht bzw. Verbesserungen nachgereicht werden. Selbst wenn der Bescheid offensichtlich rechtswidrig ist (z. B. die Sache ist verjährt), wird dies vom Verwaltungsgericht nicht bemängelt, wenn dies in der Beschwerde nicht kritisiert wurde. Die Beschwerde ist daher besonders sorgfältig zu erstellen. Unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung) kann in der Folge der Verwaltungsgerichtshof bzw. Verfassungsgerichtshof angerufen werden. In diesen Verfahren besteht Anwaltszwang.

Muster

1. Seite

An . . . (die Behörde, die den Bescheid erlassen hat)

Beschwerdeführer: . . .

(Vor- und Zuname, ev. Geburtsdatum, Straße, Nr., PLZ, Ort)

Belangte Behörde: . . .

(die Behörde, die den Bescheid erlassen hat)

wegen: Bescheid vom . . ., Geschäftszahl . . . (Daten dem Bescheid entnehmen), zugestellt am . . .

BESCHEIDBESCHWERDE

Beilagen (aufzählen)

——————————————————————————————————————————

2. Seite

Gegen den umseitig angeführten Bescheid der . . .behörde erhebe ich innerhalb der offenen Frist nachstehende

BESCHWERDE

an das . . . (Bundes- oder Landes-)Verwaltungsgericht und begründe dies wie folgt:

. . . (den Sachverhalt schildern und alle erdenklichen Gründe anführen, warum der Bescheid bekämpft wird. Das Verwaltungsgericht überprüft nämlich nur diese Gründe. Es können in der Beschwerde auch neue Tatsachen vorgebracht und neue Beweismittel angeboten werden. Danach ist das nicht mehr möglich) Aus all diesen Gründen stelle ich den

ANTRAG

das . . .(Bundes- oder Landes-)verwaltungsgericht möge den Bescheid . . . (schildern, was mit dem angefochtenen Bescheid geschehen soll: z.B. aufheben oder genau beschreiben, wie er inhaltlich abgeändert werden soll; ev. eine mündliche Verhandlung fordern)

Ort, Datum: . . . Unterschrift: . . .


Achtung

Lesen Sie die Rechtsmittelbelehrung Ihres Bescheides sorgfältig durch, da es in einzelnen Verfahren Abweichungen von obigen Grundsätzen gibt.

2. Verwaltungsstrafverfahren

Die Behörde muss dem Beschuldigten Gelegenheit geben, sich zu rechtfertigen. Zur Vernehmung kann er einen Rechtsbeistand beiziehen. Er hat auch das Recht, zur mündlichen Verhandlung eine Person seines Vertrauens beizuziehen. Wird die Übertretung als erwiesen angesehen, endet das ordentliche Strafverfahren mit einem Straferkenntnis. Es kann am Ende der Verhandlung mündlich verkündet oder anschließend schriftlich erlassen werden. Auch gegen ein Straferkenntnis ist binnen vier Wochen nach Verkündung bzw. Zustellung eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht möglich. Sie hat aufschiebende Wirkung. In der daraufhin ergehenden Beschwerdevorentscheidung bzw. im Erkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden.

B. Abgekürzte Verfahren

1. Strafverfügung

Wenn eine Amtsperson (z. B. Polizist, Parkraumüberwacher, Forstschutzorgan etc.) eine dienstlich wahrgenommene Verwaltungsübertretung anzeigt oder diese aufgrund einer automatischen Überwachung (Radarkasten etc.) festgestellt wird, kann die Behörde ohne weiteres Verfahren durch Strafverfügung eine Geldstrafe bis zu € 600,– festsetzen.

Rechtsmittel: Es kann binnen zwei Wochen Einspruch erhoben werden. Damit tritt die Strafverfügung außer Kraft und das ordentliche Verfahren wird eingeleitet. In dem aufgrund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis, darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung. (Ausnahme: Wenn nur die Höhe der Strafe oder die Kostenentscheidung beeinsprucht wird, entscheidet dieselbe Behörde und der restliche Bescheid wird rechtskräftig).

2. Anonymverfügung

Anonym bedeutet, dass der eigentliche Beschuldigte der Behörde nicht bekannt ist. Die Behörde stellt sie jener Person zu, von der sie annimmt, dass sie den Täter kennt oder leicht feststellen kann (z.B. Zulassungsbesitzer des Autos, welches falsch parkte). Sie wird nur dann erlassen, wenn die Übertretung aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht oder einer automatischen Überwachung (z.B. Radarüberwachung, Section Control) festgestellt wurde (Geldstrafen bis zu € 365,–).

Rechtsmittel: Keines. Wird sie nicht innerhalb von vier Wochen bezahlt, tritt sie außer Kraft und es wird eine Strafverfügung erlassen oder ein ordentliches Verwaltungsverfahren eingeleitet. Im anschließenden Verfahren kann auch eine höhere Strafe verhängt werden.


Tipp

Die Strafe ist geringer als im ordentlichen Verfahren. Sie wird sechs Monate nach Bezahlung gelöscht, weder in amtlichen Auskünften, noch bei einer späteren Strafbemessung berücksichtigt.

3. Organstrafverfügung

Die Behörde kann Organe der öffentlichen Aufsicht ermächtigen, wegen bestimmter von ihnen dienstlich wahrgenommener Verwaltungsübertretungen – z.B. gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) (z.B. Telefonieren ohne Freisprechanlage) oder Vorschriften für Kurzparkzonen (z. B. Falschparken) – mit Organstrafverfügungen (= Organmandat) Geldstrafen einzuheben. Ihre Höhe wird von der Behörde im Vorhinein festgesetzt (in der Regel bis zu € 90,–). Die Organe haben keinen Ermessenspielraum. Sie können entweder sofort kassieren oder einen Erlagschein hinterlassen.

Rechtsmittel: Keines. Wenn die Organstrafverfügung nicht innerhalb von zwei Wochen bezahlt ist, tritt sie außer Kraft und es wird eine Anonym- oder Strafverfügung erlassen oder ein ordentliches Verwaltungsverfahren eingeleitet. Die anschließend verhängte Strafe kann höher sein, als die in der Organstrafverfügung.


Tipp

Wenn Sie die Strafe elektronisch einzahlen, diese aufgrund der fehlenden Identifikationsnummer aber nicht zugeordnet werden kann, gilt sie als nicht bezahlt.

C. Verwaltungsbehörden und Instanzenzug

Bescheide einer Verwaltungsbehörde können mittels Beschwerde an ein Verwaltungsgericht bekämpft werden. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in Rechtssachen, die die unmittelbare Bundesverwaltung (z.B. AMA Förderungsverwaltung) betreffen, ansonsten ist das jeweilige Landesverwaltungsgericht zuständig. Für Rechtsmittel gegen Bescheide der Finanz- und Zollämter gibt es ein eigenes Bundesfinanzgericht. Nur im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (z. B. Baurecht) gibt es teilweise (Ausnahme: z.B. Tirol) noch die Berufung an eine zweite Verwaltungsbehörde (Gemeinderat etc.).

Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte können unter bestimmten Voraussetzungen beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden.

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit


D. Privatrecht

1. Eigenmacht/Selbsthilfe/Faustrecht?

Grundsätzlich hat sich jeder, dessen Rechte verletzt werden, der Hilfe der jeweiligen Behörde zu bedienen. Eigenmacht, also Selbsthilfe, ist nur dann erlaubt, wenn richterliche Hilfe zu spät käme. Wenn z.B. der Servitutsberechtigte den Weg mit leicht verderblichen Waren befahren möchte und dieser plötzlich versperrt ist, könnte er die Absperrung behutsam entfernen. Das Urteil des Gerichtes käme in diesem Fall zu spät. Die Ware wäre inzwischen längst verdorben. Hat der Servitutsbelastete den Weg aufgegraben, benötigt der Berechtigte ihn aber erst in einigen Monaten zur Heuernte, so ist die Selbsthilfe nicht gestattet. Der Beeinträchtigte müsste zum Bezirksgericht gehen und eine Klage einbringen.


Tipp

Unterlassen Sie eigenmächtige Selbsthilfe, wie mit Jauche Bespritzen des unzulässig auf Ihrem Grund abgestellten Autos oder Einparken des auf dem Forstweg stehenden Fahrzeuges des Schwammerlsuchers. Das gibt nur Ärger. Notieren Sie stattdessen das Kennzeichen und bringen Sie anschließend eine Besitzstörungsklage ein oder ermahnen sie ihn schriftlich.


Achtung

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Bundespolizei, Gemeindewachkörper, bestimmte Rechtskundige bei den Sicherheitsbehörden) sind auch ermächtigt, einen Menschen, der ohne Rechtsgrund und ohne Duldung des Besitzers dessen Grundstück oder Raum betreten hat und durch sein Verharren vor Ort schwerwiegend in die Rechte des Besitzers eingreift, auf Verlangen des Besitzers wegzuweisen.

2. Notwehr/Nothilfe

Der Verletzte darf nur die schonendste Verteidigungshandlung setzen mit der der Angriff sofort und endgültig abgewehrt werden kann. Faustschläge gegen einen körperlich überlegenen und bewaffneten Einbrecher sind unter diesem Gesichtspunkt zulässig, das Vertreiben von Eindringlingen mittels einer Selbstschussanlage nicht. Wer bemerkt, dass ein anderer in Gefahr ist, kann diesem unter denselben Voraussetzungen helfen (= Nothilfe).

3. Von Besitzstörungs- und anderen Klagen

Die Besitzstörungsklage kann binnen dreißig Tagen gegen jeden erhoben werden, der den letzten ruhigen Besitz stört (z.B. indem er auf fremdem Grund Bäume schlägert oder unbefugt einen Weg benutzt). Der Eigentümer hat auch das Recht, seine ihm vorenthaltene Sache von jedem durch die Eigentumsklage gerichtlich zu fordern. Darüber hinaus gibt es unzählige andere Arten: Klage auf Unterlassung, Schadenersatz oder Bezahlung einer offenen Forderung. Sie können innerhalb der, im jeweiligen Kapitel angeführten, Verjährungsfristen erhoben werden.

4. Zuständigkeit und Instanzenzug in Zivilrechtssachen


5. So geht’s zu bei Gericht

Der Beklagte erhält die Klage und im Verfahren vor dem Bezirksgericht (BG) die Ladung zur Tagsatzung (= Verhandlung) zugestellt. Im Verfahren vor dem Landesgericht (LG) muss der Beklagte zuerst schriftlich Stellung nehmen (= Klagebeantwortung). Hierfür benötigt er einen Anwalt. In der anschließenden Verhandlung können Kläger und Beklagter ihren Standpunkt darlegen, Zeugen und andere Beweise für ihre Behauptungen nennen. Verhandelt wird nur das, was die Parteien vorbringen. Wenn z.B. behauptet wird, dass die Forderung für die Eierlieferung bereits verjährt ist, kontrolliert der Richter nur, ob das stimmt. Er prüft aber nicht von sich aus, ob ein Gewährleistungsmangel vorliegt, weil die Eier zum Beispiel verdorben waren. Es gibt keine Vorschrift, dass etwa derjenige Recht bekommen muss, der mehr Zeugen auf seiner Seite hat. Der Richter hat einzig und allein nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden (= freie Beweiswürdigung). Wenn es notwendig ist, können auch mehrere Verhandlungen – auch am Ort des Geschehens (= Ortsaugenschein) – durchgeführt werden. Zur Klärung von Fachfragen können Sachverständige beigezogen werden.

Die meisten Gerichtsverfahren enden mit einem Urteil, das Besitzstörungsverfahren mit einem Endbeschluss. Dagegen kann der Verlierer ein Rechtsmittel erheben:

•gegen Urteile: Berufung (binnen vier Wochen),

•gegen Beschlüsse: Rekurs (binnen 14 Tagen bzw. vier Wochen).

Es entscheidet daraufhin die nächsthöhere Instanz, wer Recht bekommt. Sobald die letzte Instanz entschieden hat oder die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, wird die Entscheidung rechtskräftig. Das bedeutet, sie kann nicht mehr angefochten werden. (Vgl. auch das Mahnverfahren ab S. 351.)

6. Außerstreitiges Verfahren

Hier werden Angelegenheiten behandelt, bei denen es keinen Verlierer im eigentlichen Sinn gibt, wie Erbrecht, Familienrecht, Grenzfeststellung. Der Richter hat mehr Freiheiten als im streitigen Verfahren, da es im außerstreitigen keine so detaillierten Verfahrensvorschriften gibt.

Üblicher Instanzenzug: I. BG II. LG III. OGH.

In diesem Verfahren brauchen die Beteiligten keinen Rechtsanwalt.

E. Strafverfahren

Jede Privatperson ist zur Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft oder Polizeidienststelle berechtigt, aber nicht verpflichtet. Im Strafverfahren (Vorverfahren, Hauptverhandlung) wird eruiert, ob eine Person die ihr zur Last gelegte gerichtlich strafbare Handlung begangen hat. Opfer bestimmter Straftaten (etwa Beleidigung oder üble Nachrede) bekommen – wenn sie das wünschen – eine psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Opfern, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten und das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist jedenfalls psychosoziale Prozessbegleitung zu gewähren. Im Falle einer Verurteilung muss der Verurteilte sein Rechtsmittel binnen drei Tagen nach Verkündung anmelden und innerhalb von vier Wochen nach der Zustellung schriftlich ausführen. Die strafgerichtliche Verurteilung scheint für eine gewisse Zeit in der Strafregisterauskunft (= Leumundszeugnis) auf. Man ist vorbestraft. Der Geschädigte kann sich dem Verfahren als Privatbeteiligter anschließen. So kann etwa das Opfer einer Körperverletzung Schmerzengeld fordern. Der Strafrichter kann darüber selbst entscheiden oder an das Zivilgericht verweisen.

Viele Strafverfahren enden heute durch Diversion. Das ist die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts, bei hinreichend geklärtem Sachverhalt auf die Durchführung eines förmlichen Strafverfahrens zu verzichten. Der Beschuldigte bzw. Angeklagte erhält das Angebot, sich einer belastenden Maßnahme zu unterwerfen (gemeinnützige Arbeit, Geldbuße, Probezeit, außergerichtlicher Tatausgleich). Wenn ein Strafverfahren mittels Diversion beendet wird, erfolgt kein Schuldspruch und keine formelle Verurteilung. Es erfolgt auch keine Eintragung ins Strafregister, allerdings wird die Diversion justizintern für zehn Jahre gespeichert.

F. Hier bekommen Sie kostenlose rechtliche Beratung

•Amtstag des Gerichtes;

•Landwirtschaftskammer bzw. deren Außenstellen;

•Rechtsanwaltskammer;

•Erstauskunft beim Rechtsanwalt, wenn dies ausdrücklich angeboten bzw. vereinbart wurde;

•Ombudsmänner bzw. -frauen

•Frauenberatungsstellen, Familien- und Partner/innenberatungsstellen, Frauenbüros; Männerberatungsstellen

•Volksanwaltschaft (siehe S. 356)

G. Die häufigsten Fragen zum Rechtsschutz

1. Mein Antrag schlummert schon ewig bei der Behörde. Was kann ich tun?

Bleibt eine Behörde grundlos sechs Monate untätig, können Sie in den meisten Fällen eine Säumnisbeschwerde an das jeweilige Verwaltungsgericht (Ausnahme: eigener Wirkungsbereich der Gemeinde) erheben. Entscheidet ein Verwaltungsgericht nicht rechtzeitig, kann ein Fristsetzungsantrag an den VwGH gestellt werden.

2. Wie lange kann mich die Behörde wegen einer Verwaltungsstraftat verfolgen?

Verfolgungsverjährung: Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von (meistens) einem Jahr keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Sie muss sich gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte(n) richten, die begangene Tat ausreichend konkretisieren und den Bereich der Behörde verlassen (z. B. Straf- und Anonymverfügungen, Lenkererhebungen). Die Frist beginnt, wenn das strafbare Verhalten aufgehört hat oder der Erfolg eingetreten ist.

Strafbarkeitsverjährung: Drei Jahre nach dem obigen Zeitpunkt darf an sich keine Bestrafung mehr erfolgen.

Vollstreckungsverjährung: Eine Strafe darf in der Regel nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind (die Zeit eines VfGH-, VwGH-, EuGH-Verfahrens wird nicht eingerechnet).

3. Ein Anwalt droht mit Klage, weil mein Kind ein vermeintliches Gratisangebot im Internet angenommen und dabei ein falsches Geburtsdatum angegeben hat. Muss es die € 168,– bezahlen?

Grundsätzlich sind Verträge natürlich einzuhalten. Da es aber besonders im Internet viele Betrüger gibt, muss der Konsument (siehe S. 245f.) vor Vertragsabschluss klar und verständlich darauf hingewiesen werden, dass er binnen sieben Tagen ab Vertragsabschluss ohne Gründe angeben zu müssen, zurücktreten kann. Unterlässt der Anbieter dies, ist der Rücktritt sogar drei Monate lang möglich. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen gespeichert und ausgedruckt werden können. Außerdem muss der Vertragsabschluss unverzüglich schriftlich bestätigt und dabei ausdrücklich auf das Rücktrittsrecht hingewiesen werden. Da schwer nachzuweisen ist, dass man keinen Vertrag schließen wollte, sollte der Betroffene – bei Minderjährigen die Eltern – mit eingeschriebenem Brief zurücktreten. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich um kein für dieses Alter zulässiges Geschäft handelt. Wurde ein falsches Alter angegeben, ist dies zwar bedenklich, in der Regel aber kein strafrechtlicher Betrug.

Muster

„Da auf Ihrer Internetseite nicht klar und deutlich darauf hingewiesen wurde, dass durch die Eingabe der Daten ein kostenpflichtiger Vertrag abgeschlossen werden soll, war mein Sohn, Gerd Höll, geboren am 12. 12. 2007, der Meinung, ein Gratis-Angebot zu nutzen. Es fehlte somit ein Vertragsabschlusswille, weshalb schon aus diesem Grund kein gültiger Vertrag zustande kam. Zudem kann mein Sohn aufgrund seines Alters keinen derartigen Vertrag schließen. Sicherheitshalber mache ich, Ingrid Höll, Scherzgasse 12, 8010 Graz als seine gesetzliche Vertreterin hiermit zusätzlich von meinem Rücktrittsrecht nach jedem erdenklichen Rechtsgrund Gebrauch.“


Tipp

Hinweise auf bedenkliche Internetseiten finden sich z.B. auf der Website der deutschen Verbraucherzentrale: www.vzbv.de.

4. Muss ich mich immer von einem Anwalt vertreten lassen? Was kostet das?

Nein. In Verwaltungs- und Strafsachen, sowie im Zivilprozess bis zu einem Streitwert von € 5.000,– benötigen Sie grundsätzlich keinen Anwalt; ebenso wenig in außerstreitigen Verfahren, wie Vaterschafts-, Unterhalts- und Ehesachen, sowie in Besitzstörungs- und Mietrechtsangelegenheiten oder im Exekutionsverfahren.

Das Honorar richtet sich nach der Höhe des Streitwertes und der Art der erbrachten Leistung (Schreiben einer Klage, Telefonat etc.). Bei einem Streitwert von beispielsweise € 1.000,– kostet im Allgemeinen Zivilprozessverfahren eine Besprechung über zehn Minuten € 43,70 (Tarifpost 8), eine einfache Klage € 115,90. (TP 3)

5. Was kostet ein Gerichtsverfahren?

Wenn eine Klage eingebracht wird, muss der Kläger die Gerichtsgebühren vorstrecken. Mit der Bezahlung dieser Gerichtsgebühr sind die gesamten Gerichtskosten für das Verfahren in dieser Instanz beglichen (= Pauschalgebühr), unabhängig davon, wie viele Verhandlungen (= Tagsatzungen) notwendig werden. Natürlich kommen die Kosten für die Sachverständigen, Zeugen und Anwälte dazu.

Wie hoch die Gerichtsgebühren sind, richtet sich nach dem Streitwert: Bis zu einem Streitwert von € 150,– beträgt die Pauschalgebühr z.B. € 25,–. Bei € 3.700,– muss man bereits € 335,– bezahlen (Tarifpost 1, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. I 1997/114 i.d.g.F.).

•Im außerstreitigen Verfahren werden die Gerichtskosten üblicherweise aufgeteilt und jeder muss seine Anwaltskosten selbst bezahlen (Beispiel: Grenzfeststellungsverfahren).

•Im strittigen Verfahren (= Prozess) gilt allerdings: Der Verlierer zahlt alles! Er muss die Gerichtskosten (inklusive der Sachverständigenkosten), die Kosten seines Anwaltes und auch die des gegnerischen Anwaltes berappen.

•Wird der Klage nur teilweise stattgegeben (z.B. nur 40% des eingeklagten Betrages), so werden auch die Kosten nur anteilig ersetzt.

6. Verfahrenshilfe: Ich kann mir keinen Anwalt leisten. Was soll ich tun?

Wer einen Prozess führen muss, der nicht mutwillig oder aussichtslos ist, kann Verfahrenshilfe beim Gericht beantragen, wenn die Kosten seinen notwendigen Unterhalt gefährden würden. Die Verfahrenshilfe befreit – abhängig von den Umständen im Einzelfall – von den Gerichts- und Sachverständigengebühren und reicht bis zur kostenlosen Vertretung durch einen Anwalt. Die Befreiung gilt nur für die eigenen Kosten. Verliert der Antragsteller den Prozess, muss er trotzdem die Kosten seines Gegners bezahlen. Kommt der Antragsteller binnen drei Jahren nach Ende des Verfahrens zu Geld, ist die Verfahrenshilfe zurückzuzahlen. Im Verwaltungsstrafverfahren gibt es im Beschwerdeverfahren sogenannte Verfahrenshilfeverteidiger.

7. Wann habe ich ein Akteneinsichtsrecht? Darf ich den Akt kopieren?

Jede Partei kann im Verwaltungsverfahren in die sie betreffenden Akten Einsicht nehmen, Abschriften anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen. Soweit die Behörde die Akten elektronisch führt, kann der Partei die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden. Ausnahme: Schädigung berechtigter Interessen anderer Personen (z.B. Name und Adresse der Person, die Sie angezeigt hat), Gefährdung der Aufgaben der Behörde oder Beeinträchtigung des Verfahrens. Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist kein Rechtsmittel zulässig.

Entwürfe von Erkenntnissen und Beschlüssen des Verwaltungsgerichtes und Niederschriften über etwaige Beratungen und Abstimmungen sind von der Akteneinsicht ausgenommen. Im öffentlichen Interesse können Akten(bestandteile) von der Akteneinsicht ausgenommen werden.

Im Gerichtsverfahren können die Betroffenen in der Gerichtskanzlei in ihren Akt Einsicht nehmen.

8. Was muss ich beachten, damit ich keine Frist versäume?

Eine durch Vertrag oder Gesetz bestimmte Frist ist – sofern es keine andere ausdrückliche Regelung gibt – so zu berechnen, dass bei einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgezählt wird, mit dem der Fristenlauf beginnt.

Beispiel

Eine Besitzstörungsklage ist binnen 30 Tagen ab Kenntnis möglich. Bemerkte der Grundeigentümer am Montag, dass der Nachbar seinen Kirschbaum gefällt hat, so beginnt die 30-tägige Frist am Dienstag.

Das Ende einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist fällt auf denjenigen Tag, welcher die gleiche Bezeichnung trägt oder dieselbe Zahl wie der Tag, mit dem der Lauf der Frist beginnt. Fehlt dieser Tag in dem Monat, endet die Frist am letzten Tag dieses Monats. Ist eine Frist in Monaten und Tagen oder Bruchteilen von Monaten ausgedrückt, so sind zuerst die ganzen Monate und danach die Tage oder Bruchteile der Monate zu zählen; für die Berechnung von Bruchteilen von Monaten ist davon auszugehen, dass ein Monat aus 30 Tagen besteht. Rechte entstehen mit 0 Uhr des betreffenden Tages bzw. enden mit 24 Uhr.

Beispiel

Ein Fernsehgerät wurde am 29. März 2018 gekauft. Die zweijährige Gewährleistungsfrist beginnt somit am 30. März 2018 um 0 Uhr. Sie endet am 30. März 2020 um 24 Uhr. Fängt eine 6-wöchige Frist an einem Dienstag an, endet sie ebenfalls an einem Dienstag. Würde eine Frist an einem 29. Februar enden und existiert dieses Datum im betreffenden Kalenderjahr nicht, endet sie am 28. Februar.


Tipp

Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage werden bei der Berechnung einer Frist mitgezählt. Fällt jedoch das Ende einer Frist auf einen dieser oder einen Tag, der wie ein gesetzlicher Feiertag behandelt wird (z. B. Karfreitag), so endet die Frist am nächsten Werktag.

Zwischen dem 15. Juli und dem 17. August sowie dem 24. Dezember und dem 6. Jänner werden die Notfristen im gerichtlichen Berufungs- und Revisionsverfahren sowie im (Revisions-)Rekursverfahren gehemmt. Fällt der Anfang dieses Zeitraums in den Lauf einer solchen Notfrist oder der Beginn einer solchen Notfrist in diesen Zeitraum, so wird die Notfrist um die ganze Dauer oder um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil dieses Zeitraums verlängert.

9. Versäumungsurteil und zwangsweise Vorführung: Was passiert, wenn ich einfach nicht hingehe?

Gerichtliche (Ein-)Ladungen sollte man immer ernst nehmen. Wenn Sie mit dem Schriftstück nichts anzufangen wissen, fragen Sie bei Gericht nach. Die „Vogel-Strauß-Politik“ kann in solchen Fällen ins Auge gehen und nennt sich dann Versäumungsurteil. Erscheint der Gegner trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Verhandlung, so muss der Richter all das für wahr halten, was der Erschienene vorbringt, soweit es nicht durch die vorliegenden Beweise widerlegt wird. Ein Versäumungsurteil ergeht selbst dann, wenn Sie dem Richter einen Brief geschickt haben, dass Sie keine Zeit haben oder Sie trotz Anwaltspflicht alleine zur Verhandlung erscheinen. Der Ferngebliebene erhält nur mehr das Urteil. Dieses kann er nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen anfechten.

10. Wie verhalte ich mich, wenn Fremde in meinen Stall eindringen?

Wenn Sie bemerken, dass jemand unbefugt in Ihren Stall eingedrungen ist, rufen Sie die Polizei und sichern Sie die Beweise. Bemerken Sie, dass der Eindringling noch im Gebäude ist, können Sie ihn in angemessener Weise anhalten, wenn anzunehmen ist, dass er eine von Amts wegen zu verfolgende Straftat (z.B. Diebstahl) begeht oder unmittelbar zuvor begangen hat (vgl. S. 43 [Notwehr] und [Eigenmacht]). Sie müssen dann umgehend eine Anzeige erstatten. Ansonsten kann Ihre Vorgehensweise eine strafbare Freiheitsentziehung sein. Wenn Sie ihn unnötigerweise vermöbeln, kann er Sie u.U. wegen Körperverletzung verklagen – vgl. die Seiten 293f. (Diebstahl), 289 (Körperverletzung) und 291 (Sachbeschädigung). Zivilrechtlich ist es – falls sie den Täter erkennen – möglich, mittels Besitzstörungs- oder Unterlassungsklage (siehe S. 43) gegen den Eindringling vorzugehen und Schadenersatz zu fordern (siehe S. 194). Dem Abschnitt II der Schweinegesundheitsverordnung zufolge dürfen der Stall und der sonstige Aufenthaltsort der Schweine bei Auslaufhaltung von betriebsfremden Personen nur in Abstimmung mit dem Tierhalter betreten werden.

Rechtsgrundlagen
GesamtösterreichAllgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. I 1991/51 i.d.F. 2018/58Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. 1991/52 i.d.F. 2018/58Zivilprozessordnung (ZPO) RGBl. 1895/113 i.d.F. I 2020/148Europäisches Übereinkommen über die Berechnung von Fristen, BGBl. 1983/254 i.d.F. 2021/58Außerstreitgesetz, BGBl. I 2003/111 i.d.F. I 2019/38Strafprozessordnung, BGBl. 1975/631 i.d.F. I 2021/148Gerichtsgebührengesetz BGBl. 1984/501 i.d.F. I 2021/86Rechtsanwaltstarifgesetz, BGBl. 1969/189 i.d.F. I 2021/86Konsumentenschutzgesetz, BGBl. 1979/140 i.d.F. I 2018/58Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. 1991/566 i.d.F. 2021/124Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I 2013/10 i.d.F. 2021/87diverse Landesverwaltungsgerichtsgesetze
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