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Familie

III. Rechte und Pflichten innerhalb der bäuerlichen Familie

A. Rechte und Pflichten der Kinder

1. Kinder müssen folgsam sein

Das Gesetz formuliert seine Wertvorstellungen richtiggehend romantisch: Eltern und Kinder haben einander beizustehen und mit Achtung zu begegnen. Eltern haben das Wohl ihrer minderjährigen Kinder zu fördern, ihnen Fürsorge, Geborgenheit und eine sorgfältige Erziehung zu gewähren. Das minderjährige Kind hat die Anordnungen der Eltern zu befolgen. Die Eltern haben bei ihren Anordnungen und deren Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu nehmen.

2. Wer sein Kind liebt, züchtigt es? Hausarrest und andere Drangsale

Trotz dieser Folgepflicht sind die Anwendung von Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides unzulässig. Schläge, Ohrfeigen oder sonstige Misshandlungen oder Züchtigungsmaßnahmen sind eindeutig unstatthaft. Seelisches Leid ist aber nicht schon jedes Unmutgefühl. Fernsehverbote oder der Entzug der Nachspeise können daher gerichtlich nicht bekämpft werden. Verspotten und demütigen, wie z.B. anspucken, sind aber natürlich verboten.

Eine Überwindung widerstrebenden kindlichen Willens durch den Einsatz der eigenen Körperkraft, etwa durch Wegtragen oder Mitziehen – nicht aber das Mitschleifen an den Ohren oder Haaren – wird in der Regel von den Gerichten als faktisch pädagogische Maßnahme akzeptiert.


Überzeugen mit Argumenten, Lob oder Belohnungen ist natürlich in Ordnung, ebenso wie Ausgehverbot oder Entzug des Taschengeldes. Im üblichen Rahmen – also keine zwanzig Jahre bei Sterz und Wasser – ist auch der Hausarrest als erzieherische Maßnahme erlaubt.

3. Recht auf Ausbildung und Taschengeld

Hat ein mündiges Kind seinen Ausbildungswunsch (z.B. Angestellter der Landwirtschaftskammer) den Eltern erfolglos vorgetragen und sind diese damit nicht einverstanden, entscheidet das Gericht.

Sobald ein Kind fähig ist, zielgerichtet mit Geld umzugehen, hat es im Rahmen des Unterhalts Anspruch auf Taschengeld. Dessen Höhe ist vom Alter des Kindes und dem Einkommen der Eltern abhängig. Ausgehend von den Regelbedarfssätzen – also ohne Berücksichtigung des Einkommens der Eltern – kann man von folgenden Richtwerten pro Monat ausgehen:

vom 6. bis zum 7. Lebensjahrvom 7. bis 10. Lebensjahr:10. bis 14. Lebensjahr:14. bis 18. Lebensjahr:1% des Unterhaltsanspruchs (= € 2,13 bis € 3,52)5% des Unterhaltsanspruchs (= € 17,60)8% (= € 32,16)10% (= € 40,20,– bis 47,40–)

B. Rechte und Pflichten der Eltern

1. Eltern haben ein Recht auf persönlichen Verkehr mit ihren Kindern

Lebt ein Elternteil nicht im gemeinsamen Haushalt mit seinem minderjährigen Kind, so haben er und das Kind das Recht, miteinander persönlich zu verkehren. Ist keine einvernehmliche Regelung des Besuchsrechtes möglich, hat das Gericht zu entscheiden. Es kann im Falle der zwangsweisen Durchsetzung des Rechts die Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler einsetzen. Kinder ab 14 Jahren dürfen nicht gegen ihren Willen zum Kontakt mit dem nichtobsorgeberechtigten Elternteil gezwungen werden. Sie können ab diesem Zeitpunkt auch selbst Anträge, die ihre Pflege, Erziehung und das Besuchsrecht betreffen, stellen.


Tipp

Auch Enkel und ihre Großeltern haben das Recht, miteinander persönlich zu verkehren. Das darf aber weder das Familienleben der Eltern noch deren Beziehung zum Kind stören.

2. Eltern müssen Unterhalt gewähren

Die Eltern haben gemeinsam dafür zu sorgen, dass der Bedarf ihres Kindes – gemessen an den eigenen Lebensverhältnissen – gedeckt ist (sog. Unterhalt). Hierbei sind die Fähigkeiten und Neigungen des Kindes zu berücksichtigen. Das Kind eines Millionärs hat folglich einen höheren Unterhaltsanspruch als der Sprössling einer alleinverdienenden Sekretärin. Ein fünfjähriges Genie, das von sich aus so talentiert in die Tasten haut, dass selbst Mozart vor Neid noch blasser würde, hat Anspruch auf entsprechende Förderung seines Talentes; selbst wenn dies zusätzliche Kosten verursacht. Der Elternteil, der den Haushalt führt, leistet dadurch seinen Beitrag. Nur wenn der andere Elternteil nicht in der Lage ist, den Bedürfnissen des Kindes angemessen Rechnung zu tragen, muss auch er zum Unterhalt beitragen.


Tipp

Soweit das Kind kein eigenes verwertbares Vermögen hat und die Eltern zur Leistung des Unterhalts nicht imstande sind, schulden ihn die Großeltern. Hierbei orientieren sich die Bedürfnisse des Kindes aber weiterhin vorwiegend an den Lebensverhältnissen der eigenen Eltern vor Eintritt der Leistungsunfähigkeit.

3. Höhe des Unterhalts: Regelbedarf und Sonderbedarf

Jedes Kind braucht vor allem Nahrung, Kleidung, Wohnversorgung und Erziehung, sowie eine angemessene Freizeitgestaltung (Fahrrad, Tennis- oder Skiausrüstung), Urlaub und medizinische Versorgung. Der dafür notwendige monatliche Geldbetrag (= Regelbedarf) beträgt seit 1. 7. 2020:

0 bis zum 3. Lebensjahr: € 219,–10 bis zum 15. Lebensjahr: € 414,–
3 bis zum 6. Lebensjahr: € 282,–15 bis zum 19. Lebensjahr: € 488,–
6 bis zum 10. Lebensjahr: € 362,–19 bis zum 28. Lebensjahr: € 611,–

Da bei der Festsetzung des Unterhalts auch die Lebensverhältnisse der Eltern zu berücksichtigen sind, gibt es zusätzlich Prozentsätze mit deren Hilfe der Unterhalt des einzelnen Kindes anhand des Einkommens der Eltern genauer ermittelt wird:

•bis zum 6. Lebensjahr: 16%

•vom 6. bis zum 10. Lebensjahr: 18%

•vom 10. bis zum 15. Lebensjahr: 20%

•vom 15. Lebensjahr bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit: 22%

Davon wird für jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind unter zehn Jahren 1% (darüber 2%) abgezogen, für einen Ehegatten zwischen 1 und 3% (abhängig von seinem eigenen Einkommen).

Ist der Unterhaltspflichtige selbstständig tätig (z.B. Landwirt oder Gewerbetreibender) und gibt es Schwankungen im Einkommen, so ist für die Berechnung der erwirtschaftete Reinertrag der letzten drei Wirtschaftsjahre heranzuziehen. Die Obergrenze für den Unterhalt bildet das Zweieinhalbfache (bei Kindern bis zehn Jahren oft das Zweifache) des Regelbedarfsatzes (= „Playboygrenze“).


Tipp

Diese Beträge und Prozentsätze bieten lediglich eine Orientierungshilfe. Das Gericht kann den Unterhalt im Einzelfall auch niedriger festsetzen, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen.

Beispiel

Martha hat fünf Kinder – alle sind zwischen 15 und 19 Jahren alt.

Ihr Gatte Dietrich verdient als Geldeintreiber auf zwölf Kalendermonate umgerechnet € 3.400,– netto pro Monat.

Der Unterhaltsbetrag für fünf Kinder à 11%

(22% abzüglich 4x 2% + 3% für die Gattin)

beträgt ohne Berücksichtigung der Familienbeihilfe € 442,– pro Kind und € 578,– für Martha. Insgesamt wären das daher: € 2.346,–.

Über den Regelbedarf hinaus kann ein Kind im Einzelfall noch einen Sonder- oder Individualbedarf haben, z.B. für eine Zahnspange, den Schulskikurs oder Sprachferien. Auch dieser ist vom Unterhaltspflichtigen zu bezahlen.


Tipp

Zur Vertiefung in dieses Thema, das oft auch gerade bei Scheidung oder Trennung ein Thema wird, empfehlen wir den MANZ Obsorge-Ratgeber von Dr. Maurer, „Kinder & Scheidung“.

4. Unterhalt für ein „Topmodel“? – Eigenes Einkommen des Kindes

Kein Unterhaltsanspruch besteht, wenn das Kind sich – unabhängig vom Alter – selbst erhalten könnte. Eine solche Selbsterhaltungsfähigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung meistens dann vor, wenn das Kind ein eigenes Einkommen in der Höhe des Ausgleichszulagen-Richtsatzes (bei deren Unterschreiten eine Ausgleichszulage zusteht) hat. Das sind 2021 € 1.000,48.

Beispiel

Papa Ferdinand ist Landwirt. Er hat mit seinem kargen Einkommen sein Auskommen, gilt aber nicht gerade als finanziell „gute Partie“. Deshalb hat ihn seine Angetraute Edeltraud mitsamt ihrer gemeinsamen 16-jährigen Tochter Penelope verlassen. Penelope fungiert beim nächsten Landjugendfest als Model für den Jungbauernkalender. Bald ist sie als Model hoch begehrt und verdient weit mehr als ihr Vater. Muss Papa Ferdinand seiner erfolgreichen Tochter Unterhalt leisten?

Lösung

Wenn Penelope so viel verdient, dass sie selbsterhaltungsfähig ist, muss Vater Ferdinand keinen Unterhalt bezahlen.

5. Der ewige Student: Unterhalt während der Schulausbildung

Während seiner Schulausbildung hat ein Kind grundsätzlich Anspruch auf Unterhalt. Zumal auch seine Neigungen und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind, ist selbst eine im Vergleich zum Bildungsweg der Eltern höherwertige Ausbildung gerechtfertigt. Die hiefür geeigneten Abkömmlinge eines Landwirtes haben deshalb genauso einen Anspruch auf ein Hochschulstudium, wie der Spross eines Arztes, Hilfsarbeiters oder Gerichtsvollziehers. Der Anspruch besteht zumindest bis zum Ende der durchschnittlichen Studiendauer, wenn das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Ergreift der hoffnungsfrohe Nachwuchs weder eine Ausbildung noch einen Beruf, so gilt er als selbsterhaltungsfähig und bekommt keinen Unterhalt.


Tipp

Die Selbsterhaltungsfähigkeit kann in jedem Lebensalter wieder verloren gehen, etwa durch Erwerbsunfähigkeit infolge einer Krankheit oder Langzeitarbeitslosigkeit ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Hat das Kind diese Situation nicht selbst verschuldet, so lebt sein Unterhaltsanspruch den Eltern gegenüber wieder auf.

6. Obsorge/Pflege des Kindes

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, so obliegt die Obsorge der Mutter, ansonsten beiden Elternteilen. Die Eltern haben ihr minderjähriges Kind zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es zu vertreten. Hierbei sollten sie einvernehmlich vorgehen. Bestimmte Angelegenheiten bedürfen der Zustimmung beider Elternteile (z.B. Kirchenaustritt). Alltägliche Vertretungshandlungen eines Elternteils sind auch dann gültig, wenn der andere Elternteil damit nicht einverstanden ist. Kann ein Elternteil seinen Pflichten nicht nachkommen, so obliegt die Obsorge dem anderen Elternteil. Bei Verhinderung beider Eltern sind die Großeltern zur Obsorge berufen. Darüber entscheidet das Bezirksgericht.

Gefährden die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes (z.B. durch Drogenkonsum), so kann das Gericht die Obsorge ganz oder teilweise entziehen. Im Einzelfall darf das Gericht auch eine gesetzlich erforderliche Zustimmung ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen (z. B. Zustimmung zu einer lebensrettenden Bluttransfusion oder Operation, obwohl die Eltern dies aus religiösen Gründen ablehnen).

Nach der Scheidung bleibt die Obsorge beider Eltern aufrecht, wenn sie nichts anderes vereinbaren. Trennen sich die Eltern oder wünscht einer von beiden eine Änderung der Obsorge, so kann das Gericht eine sechsmonatige Probezeit verfügen und dann über die Obsorge entscheiden. Das Gericht hat Minderjährige in Verfahren über Pflege und Erziehung oder die persönlichen Kontakte persönlich zu hören. Der Minderjährige kann auch durch den Kinder- und Jugendhilfeträger, die Familiengerichtshilfe, durch Einrichtungen der Jugendgerichtshilfe oder in anderer geeigneter Weise, etwa durch Sachverständige, gehört werden, wenn er das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn dies seine Entwicklung oder sein Gesundheitszustand erfordert oder wenn sonst eine Äußerung der ernsthaften und unbeeinflussten Meinung des Minderjährigen nicht zu erwarten ist. Wenn es im Kampf ums Sorgerecht allzu heiß hergeht, wird für Kinder bis zum 14. (in besonderen Fällen auch bis zum 16.) Lebensjahr ein Kinderbeistand bestellt bzw. unterstützt die Familiengerichtshilfe das Gericht.


Achtung

Wer die ihm aufgrund eines Gesetzes obliegende Pflege, Erziehung oder Beaufsichtigung einer minderjährigen Person gröblich vernachlässigt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, deren Verwahrlosung bewirkt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

7. Eltern dürfen den Aufenthaltsort des Kindes bestimmen

Soweit die Pflege und Erziehung dies erfordern, haben die Eltern auch das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Hält sich das Kind woanders auf, haben die Behörden und Organe der öffentlichen Sicherheit (Polizei, Zollwache etc.) den Eltern zu helfen, den Aufenthaltsort ausfindig zu machen und erforderlichenfalls bei der Rückholung des Kindes mitzuwirken. Zu denken ist hier an Scheidungskinder, die vom nicht berechtigten Elternteil der Obsorge des anderen entzogen werden. Aber auch die 17-jährige Ausreißerin, die partout lieber bei ihrem neuen Freund als bei den Eltern leben möchte, könnte (insofern dies die Pflege und Erziehung erfordern) vom uniformierten Freund und Helfer wieder in die elterlichen Arme zurückgeführt werden. Wer eine minderjährige Person einer behördlich angeordneten Erziehungshilfe entzieht, sie verleitet, sich einer solchen zu entziehen, oder ihr dazu Hilfe leistet, ist nach § 196 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

8. Mama und Papa als Verwalter des Kindervermögens

Die Eltern haben das Vermögen ihres minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten. Sie haben es wertmäßig zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren. Geld ist mündelsicher anzulegen. Soll für einen Minderjährigen ein Geschäft größeren Umfangs getätigt werden (er erhält z.B. eine riesige Landwirtschaft oder einer großen Geldsumme geschenkt), ist unabhängig vom Alter des Kindes die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes (= Bezirksgericht) notwendig.

C. Allgemeine familiäre Beistandspflichten

Neben den aufgezählten gesetzlich geregelten Beistandspflichten der Eltern bzw. Kinder gibt es auch noch wechselseitige, die sich aus der allgemeinen Beistandspflicht in der Familie ergeben:

•psychische (dem anderen Anerkennung und Trost auszusprechen, im Altersheim oder Krankenhaus zu besuchen). Eltern können von ihren Kindern erwarten, dass sie den Kontakt niemals gänzlich abreißen lassen und insbesondere im hohen Alter bei schwerer körperlicher Gebrechlichkeit und/oder geistigem Verfall zumindest seelischen Beistand leisten.

•Arbeits-, Sach- und (kleine) Geldleistungen (Ausleihen von Werkzeug, Chauffeurdienste, Entgegennehmen von Telefonanrufen, Rasenmähen, Schneeräumen, Mitlösen eines Fahrscheins in der Straßenbahn etc.).

•Pflege, Betreuung, Beratung (Ausfüllen von Formularen etc.).


Tipp

Diese unentgeltlichen Beistandspflichten sind nur zu erbringen, soweit dies zumutbar ist. Zwischen sonstigen Familienangehörigen (wie Geschwistern, Onkel, Tanten, Cousinen) und Verschwägerten (z.B. Schwiegermutter) gibt es keine Beistandspflicht.

Beispiel

Karl ist 18 und hat schrecklich abstehende Ohren, Yvonne ist 20 und will unbedingt eine Brustoperation. Beide wollen sich dem Schönheitschirurgen anvertrauen. Muss ihre Mutter ihnen beistehen?

Lösung

Sie braucht ihnen nur beratend beizustehen. Die Eltern müssen im Rahmen der Beistandspflicht zwar unter Umständen eine lebensrettende Operation finanzieren, nicht aber unnötige – wenn auch sinnvolle – Schönheitsoperationen. Alles andere würde wohl so manchen Familienetat tragisch überfordern und die zahlungspflichtigen Eltern in den frühzeitigen Ruin treiben.

D. „Patchwork“-Familien

Eine Patchwork- (= Flickwerk-)Familie liegt vor, wenn ein Kind mit einem Stiefelternteil aufwächst. Seit 1. 1. 2010 müssen Stiefeltern und seit 1. 2. 2013 alle volljährigen Personen, die mit dem Elternteil und dessen minderjährigem Kind im gemeinsamen Haushalt in einem familiären Verhältnis leben, die leiblichen Eltern in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens kraft Gesetzes vertreten, wenn es die Umstände erfordern (z.B. eine Entschuldigung für die Schule schreiben). Über diesen Umfang hinaus könnte ihnen die Kindesmutter eine entsprechende Vollmacht erteilen.

E. Adoption

Durch die Adoption werden zwischen den Adoptiveltern und deren Nachkommen einerseits und dem Adoptivkind andererseits die gleichen Rechte, wie zwischen leiblichen Eltern und Kindern begründet. Diese sind daher ab Wirksamkeit der Adoption für die Pflege, Obsorge und Erziehung des Kindes verantwortlich. Im Verhältnis zu den leiblichen Eltern und deren Verwandtschaft ändert sich durch die Adoption nichts. Ein Adoptivkind hat daher z.B. ein zweifaches gesetzliches Erbrecht. Sobald das Kind volljährig ist, hat es das Recht, zu erfahren, wer seine leiblichen Eltern sind. Diese sind aber nicht verpflichtet, mit ihrem Kind Kontakt aufzunehmen. Die Stiefkindadoption ist auch für gleichgeschlechtliche Paare möglich. Die familiären Beziehungen des leiblichen Elternteils zum Kind bleiben aufrecht, wenn eine Adoption des Kindes durch die gleichgeschlechtliche Partnerin/den gleichgeschlechtlichen Partner dieses Elternteils erfolgt.

F. Nur altersübliche Verträge sind erlaubt: Die Geschäftsfähigkeit

1. Personen unter sieben Jahren („Kinder“): Da geht fast nichts

Personen unter sieben Jahren und solche, die nicht vernünftig handeln können (und deshalb einen Erwachsenenvertreter haben), sind an sich vollkommen geschäftsunfähig. Sie können weder Versprechen geben, noch solche annehmen. Sie erwerben Rechte und Pflichten nur durch ihren gesetzlichen Vertreter. Wenn allerdings ein Kind ein alterstypisches Rechtsgeschäft tätigt, das eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, wird dieses Rechtsgeschäft mit der Erfüllung der das Kind treffenden Pflichten wirksam.

Beispiel

Die sechsjährige Susi kann eine Wurstsemmel kaufen, aber kein Handy mit Vertragsbindung und monatlicher Grundgebühr. Der Wurstsemmelvertrag wird mit der Bezahlung des Kaufpreises gültig.

2. Unmündige Minderjährige (7–14-Jährige): Es darf ein bisserl mehr sein

Sie können bereits bloß zu ihrem Vorteil gemachte Versprechen annehmen. Übernehmen sie aber auch eine damit verknüpfte Last oder müssen sie selbst etwas versprechen, so hängt die Gültigkeit des Vertrages (ausgenommen die oben genannten geringfügigen, altersüblichen Geschäfte des täglichen Lebens) von der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ab. Bis diese Einwilligung erfolgt, ist der Vertragspartner an den Vertrag gebunden und kann nicht zurücktreten. Er kann aber eine angemessene Frist für diese Erklärung fordern. Der gesetzliche Vertreter kann seine Zustimmung ohne Angabe von Gründen verweigern.

Beispiel

Der achtjährige Wolfgang darf ein Harry-Potter-Buch annehmen, nicht aber einen Rottweiler (Tierhaltungskosten, Verwahrungspflicht!) oder eine Villa (Steuerpflicht, Erhaltungskosten etc.).

3. Mündige Minderjährige (14–18-Jährige): Viel, aber nicht alles

Sie können sich selbstständig durch Vertrag zu kurzfristigen Dienstleistungen (z.B. Autowaschen) verpflichten und ihre Einwilligung in medizinische Behandlungen erteilen. Sportausbildungsverträge beispielsweise bedürfen aber der elterlichen und pflegschaftsgerichtlichen Zustimmung. Mündige können über die Sachen, die ihnen zur freien Verfügung überlassen wurden und über ihr eigenes Einkommen verfügen und auch Verpflichtungen eingehen. Hierdurch darf aber nicht die Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse gefährdet werden.

Beispiel

Mündige können über ihr Taschengeld verfügen, für gewöhnlich aber nicht über ihre Kleidung, die Schulbücher oder ihre Spiel-und Sportgeräte. Letztere sind ihnen nämlich zum eigenen Gebrauch und nicht zur freien Verfügung überlassen.


Tipp

Hat Ihr Kind einen Kauf getätigt, zu dem es nicht berechtigt ist und mit dem Sie nicht einverstanden sind, gehen Sie sofort zum Verkäufer und geben Sie ihm die gekaufte Sache zurück. Er muss Ihnen den Kaufpreis in bar zurückgeben. Einen Gutschein müssen Sie nicht annehmen.

4. Volljährigkeit: Alles ist möglich

Die volle Geschäftsfähigkeit tritt üblicherweise mit der Erreichung des 18. Lebensjahres ein.

5. Geschäftsunfähige haben Helfer

Gesetzlicher Vertreter/Vormund: Minderjährige werden von ihren gesetzlichen Vertretern – den Eltern – vertreten. Können diese ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, bestellt das Bezirksgericht einen Vormund.

(Interessens)Kurator: Bei einem Interessenskonflikt zwischen einem Minderjährigen und seinem gesetzlichen Vertreter (z.B. Hofübergabe an das minderjährige Kind) bestellt das Gericht einen Interessenskurator zur Besorgung dieser Angelegenheit. Für Volljährige wird z.B. ein Abwesenheitskurator bestellt, wenn die betreffende Person unauffindbar ist.

Erwachsenenvertreter (bis 1. 7. 2018 Sachwalter genannt): Es gibt vier Arten der Erwachsenenvertretung: Die Vorsorgevollmacht im Vorhinein (siehe unten), die gewählte Erwachsenenvertretung im Bedarfsfall, die gesetzliche Erwachsenenvertretung (bisher: Vertretung nächster Angehöriger) und den gerichtlichen Erwachsenenvertreter.

Beispiel

Wenn die reiche Erbtante Kunigunde ihre Tierliebe entdeckt und eine Patenschaft nach der anderen übernimmt und Onkel Dagobert nur mehr mit Gewalt vom Roulettetisch zu entfernen ist, welche Möglichkeiten haben die lieben Anverwandten um ihr wohlverdientes Erbe zu sichern? Ist eine Erwachsenenvertretung nötig?

6. Das neue Erwachsenenschutzrecht seit 1. 7. 2018

a) Die Vorsorgevollmacht

Sie wird dann gültig, wenn der Vorsorgefall eingetreten (Vollmachtgeber ist nicht mehr entscheidungsfähig) und dies im Österreichischen Zentralen Vertretungsregister (ÖZVV) eingetragen ist.

Sie ist vor einem Notar, einem Rechtsanwalt oder einem Mitarbeiter eines Erwachsenenschutzvereines höchstpersönlich und schriftlich zu errichten. Der Vollmachtgeber ist über die Rechtsfolgen sowie über die Möglichkeit, die Weitergabe der Vorsorgevollmacht zu untersagen bzw. eine gemeinsame Vertretung durch zwei oder mehrere Bevollmächtigte vorzusehen, sowie des jederzeitigen Widerrufs persönlich zu belehren. Diese Belehrung ist in der Vollmachtsurkunde zu dokumentieren. Das Gericht entscheidet bei medizinischen Behandlungen, wenn sich Vertreter und Vertretener nicht einigen können sowie bei dauerhaftem Wohnortwechsel ins Ausland.

b) Die gewählte Erwachsenenvertretung

Diese kann eine Person wählen, wenn sie nicht mehr voll handlungsfähig ist. Voraussetzung ist, dass sie die Tragweite einer Bevollmächtigung zumindest in Grundzügen verstehen und sich entsprechend verhalten kann. Auch diese unbefristete Vertretungsbefugnis muss in das ÖZVV eingetragen werden und unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.

c) Die gesetzliche Erwachsenenvertretung

Sie löst die bisherige Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger ab. Sie tritt aber nicht mehr unmittelbar kraft Gesetzes ein, sondern nur, wenn sie im ÖZVV eingetragen wird. Die gesetzliche Erwachsenenvertretung verschafft Angehörigen weitergehende Befugnisse als bisher, unterliegt dafür aber auch einer gerichtlichen Kontrolle. Sie muss spätestens nach drei Jahren erneuert werden.

d) Die gerichtliche Erwachsenenvertretung

Sie ersetzt die bisherige Sachwalterschaft. Die Befugnisse werden auf bestimmte Vertretungshandlungen beschränkt. Eine Vertretung für alle Angelegenheiten ist nicht mehr vorgesehen. Sie endet mit Erledigung der Aufgabe bzw. spätestens nach drei Jahren.

Um die Autonomie des Vertretenen zu stärken, führt keine dieser Vertretungsarten zu einem automatischen Verlust der Handlungsfähigkeit der vertretenen Person. Bestimmte Entscheidungen kann nur der Vertretene selbst treffen: Errichtung eines Testaments, einer Patientenverfügung oder einer Vorsorgevollmacht, Eheschließung, Adoption eines Kindes oder die Anerkennung der Vaterschaft.

(2. Erwachsenenschutz-Gesetz – 2. ErwSchG, BGBl 59/2017)

G. Nicht jeder Schaden muss ersetzt werden: Die Deliktsfähigkeit

1. Haftung der Eltern für die von ihren Kindern verursachten Schäden

Verursacht ein Kind unter 14 Jahren einen Schaden, so kann der Geschädigte nur in Ausnahmefällen vom Kind selbst Schadenersatz fordern. Eltern haften für Schäden, die ihr Kind verursacht nur, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind, also nicht ordnungsgemäß auf ihr „Herzpinkerl“ aufgepasst haben (Ausnahme: Wenn der Geschädigte den Schaden selbst verschuldet hat, indem er beispielsweise dem Fünfjährigen den geladenen Revolver in die Hand gab). Die Aufsichtspflicht darf nicht überspannt werden. Niemand kann von den Eltern verlangen, dass sie ihr Kind ständig unter Kontrolle halten. Vor allem im ländlichen Bereich entspricht es den üblichen Gepflogenheiten, dass Kinder ab einem gewissen Alter beim Spielen auch in etwas größerer Entfernung vom Elternhaus ohne ständige Beaufsichtigung gelassen werden bzw. den Schulweg allein zurücklegen.


Tipp

Kommt ein Ferienkind aus der Stadt erstmals mit der fremden, ungewohnten ländlichen Umgebung in Berührung, so sind auch höhere Anforderungen an die Aufsichtspflicht zu stellen.

Beispiele aus der Gerichtspraxis

•Wer ein viereinhalbjähriges fremdes Kind während des Telefonierens mit einem ohne Beißkorb schlafenden Schäferhund allein lässt, verletzt seine Aufsichtspflicht ebenso wie derjenige, der einen Neuneinhalbjährigen mit Pfeil und Bogen bewaffnet zum Spielplatz gehen lässt ohne sich zu überzeugen, ob er Pfeile mit Schutzhülsen oder scharfe Munition verwendet.

•Dies gilt auch, wenn eine Kanne Benzin in der unversperrten Garage eines Bauernhofs und die Zünder in der Küchenkredenz verwahrt werden, sofern das Kind bisher kein besonderes Interesse an der Beschäftigung mit solchen Dingen zeigte.

•Ein Zweijähriger fährt in Begleitung seiner Familie in der Fußgängerzone mit seinem Laufrad und kollidiert mit einer 80-jährigen Sehbehinderten. Diese fordert von den Eltern € 46.072,97 s.A., eine monatlichen Rente von € 667,70, sowie die Feststellung der Haftung für Folgeschäden. Sie bekam Recht, da das Spielen und Befahren mit fahrzeugähnlichem Kinderspielzeug dann verboten ist, wenn hierdurch der Verkehr auf der Fahrbahn oder Fußgänger gefährdet oder behindert werden.

2. Auch Kinder können schadenersatzpflichtig werden

Kann der Geschädigte von den Eltern keinen Schadenersatz erhalten (z.B. weil sie schwer verschuldet sind), so könnte der Richter das Kind selbst zum Ersatz des Schadens verpflichten, wenn diesem im konkreten Fall trotz seines Alters sein Verhalten vorwerfbar ist.

Beispiel

Die achtjährige Ursula, die zwischen parkenden Autos hervor unvermutet auf die stark befahrene Straße läuft, kann durchaus zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens (demolierter Ferrari, Schmerzengeld für Schleudertrauma etc.) verurteilt werden. Ein Kind dieses Alters müsste wissen, wie gefährlich ein solches Verhalten ist.


Tipp

Da Kinder nur selten über derart hohe Geldsummen verfügen, wird der Geschädigte sein Geld nicht sofort erhalten. Wurde das Kind vom Gericht zum Ersatz des Schadens verurteilt, hat der Geschädigte dreißig Jahre lang Zeit, mit Hilfe von Pfändungen und mit tatkräftiger Unterstützung des Gerichtsvollziehers sein Geld einzutreiben. Dem Handy, Moped oder ersten Auto könnte daher unter Umständen nur ein kurzes Leben beim heranwachsenden Schuldner beschieden sein.

H. Die häufigsten Fragen zu den Personenrechten

1. Müssen Eltern die Schulden ihrer Kinder bezahlen?

Nein. Minderjährige sind beschränkt geschäftsfähig. Durch diese Regelung ist gewährleistet, dass Minderjährige keine großen Schulden machen können. Diese Schulden müssen sie selbst zahlen.

Volljährige Kinder sind voll geschäftsfähig und daher selbst für ihre Schulden verantwortlich. Auch wenn der hoffnungsfrohe Nachwuchs noch so schwer verschuldet ist, sind die Eltern nicht verpflichtet, diese Verbindlichkeiten zu begleichen.

2. Müssen Kinder ihre Eltern erhalten?

Ja. Das ABGB verfügt, dass Kinder sowohl ihren Eltern als auch ihren Großeltern Unterhalt zahlen müssen, soweit diese sich nicht selbst erhalten können und auch kein verwertbares Vermögen besitzen. Ein Kind muss nichts bezahlen, wenn es sich das nicht leisten kann oder die (Groß)Eltern ihrerseits ihre Unterhaltspflicht gröblich vernachlässigt haben.

3. Hotel Mama: Muss ich volljährige Kinder bei mir wohnen lassen?

Eltern sind nur bei Minderjährigen zur Pflege, Aufsicht, Erziehung etc. verpflichtet. Nach erreichter Volljährigkeit kann das Hotel Mama – notfalls mit einer gerichtlichen Räumungsklage – eine Delogierung fordern. Verweilt der Nesthocker und bezahlt er/sie etwas für den Aufenthalt, so könnte – abhängig von der Höhe des geleisteten Beitrages – eine Miete vorliegen. Dann wären die entsprechenden Vorschriften, unter Umständen sogar das Mietrechtsgesetz, zu beachten.


Tipp

Manche Menschen glauben, die weichenden Kinder hätten immer das Recht, zum landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern zurückzukehren. Ein solches gesetzliches Heimgangsrecht gibt es nicht. Dieses müsste eigens vereinbart werden.



Hinweis

Auch nach dem Patientenverfügungs-Gesetz besteht die Möglichkeit, im Vorhinein eine bestimmte medizinische Behandlung abzulehnen. Diese Willenserklärung wird wirksam, wenn Sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht entscheidungsfähig sind. Die Patientenverfügung ist nur dann verbindlich, wenn zuvor eine schriftlich dokumentierte, ärztliche Aufklärung erfolgte und sie von einem Rechtsanwalt, Notar oder rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretungen nach vorheriger Belehrung errichtet wurde. Sie gilt höchstens acht Jahre und muss dann erneuert werden (außer der Betroffene ist inzwischen unfähig geworden, sie zu ändern). Werden diese Vorgaben nicht eingehalten, ist der Wille der verfügenden Person zu ermitteln (= beachtliche Patientenverfügung) (Patientenverfügungs-Gesetz – PatVG, BGBl I 55/2006 i.d.g.F. Die Kosten einer Patientenverfügung (Beratung durch den Arzt, Rechtsanwaltskosten etc.) betragen in der Regel mindestens € 160,–.

Landwirtschaftlicher Hofjurist

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