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Das Gras im Moor mußte gemäht und das Laub für die Ziegen nach Hause geschleppt werden. Der Acker mußte gepflügt und der Roggen gesät werden. Holz mußte gehackt und draußen im Holzschuppen aufgestapelt werden.

Seit Vater unbeweglich im Haus saß, war vieles liegengeblieben.

„Jetzt wird alles anders“ sagte Vater zufrieden und sah Anneli an. „Jetzt wird es wieder wie früher. Übrigens kommt Tuija bestimmt auch bald wieder heim. Dann können wir sogar neues Ackerland urbar machen.“

Tapio schwieg. Er wußte, daß Tuija sich auf den Weg in die Stadt gemacht hatte, um daheim nicht mehr so hart arbeiten zu müssen. Tuija würde bestimmt nie mehr nach Hause zurückkehren.

Vater glaubte, daß Tapio bereits zwei Äcker gepflügt hatte. Er ahnte nicht, daß die Äcker zugewachsen waren. Tapio, der Sohn des Waldes, streifte lieber durch die Wälder, um Vogelschlingen zu legen, als sich mit der Hacke im harten Ackerboden abzuplagen. Am liebsten hätte er Vaters Flinte ausgeliehen. Eigentlich waren Schlingen und Pfeil und Bogen nichts mehr für ihn.

An die Flinte war er bisher allerdings noch nicht herangekommen. Die hing so an der Wand, daß Vater sie im Auge behalten konnte. Vater selbst konnte nicht mehr mit der Flinte auf Jagd gehen. Aber mindestens hundertmal hatte er von seinen Jagdabenteuern erzählt.

„Habt ihr schon gehört, wie ich den großen Bären erschoß?“

Ja, das hatten Anneli und Tapio schon oft gehört. Sie wußten, daß niemand jemals einen größeren Bären erlegt hatte. Der Schädel war an die Spitze der Bärenkiefer am Sundsee genagelt worden.

Tapio hatte Vater einmal dorthin begleitet und den weißen Schädel, der aus den Zweigen herabgrinste, gesehen. Der Schädel sollte den Jägern Jagdglück bringen.

Vater saß auf seiner Bank und träumte von seinem Jagdglück. Er erinnerte sich daran, wie er das Blut des Bären getrunken hatte, um stark und mutig zu werden. Und er erinnerte sich an das Fest, das sie anschließend gefeiert hatten. Gebratenes Bärenfleisch und Branntwein hatte es gegeben.

Aber plötzlich wachte er auf.

„Heute könnt ihr das Heu vom Moor holen“, sagte er barsch.

Anneli und Tapio machten sich den Weg. Das Moor lag am gegenüberliegenden Seeufer, aber sie hatten kein richtiges Boot, um das Heu nach Hause zu befördern, nur einen ausgehöhlten Baumstamm.

Tapio hatte heimlich einen Angelhaken und eine Leine in seine Tasche geschmuggelt. Am liebsten hätte er den ganzen Tag am Ufer gesessen und geangelt. Die Plackerei mit dem Heu war schwer und langweilig. Das könnten sie doch morgen machen, meinte er.

Doch da wurde Anneli genauso barsch wie Vater. Also wurde das Heu zusammengerecht und eingeladen.

Als sie sich auf den Heimweg machten, setzte Tapio sich aufs hintere Stammende.

„Ein Fisch!“

Rasch fuhr er mit der Hand in die Tasche, um den Haken rauszuholen. Aber das Boot schwankte und kippte um. Obwohl das Heu naß wurde, mußte Anneli unwillkürlich lachen. Tapio sah wie ein kleiner Biber aus, als er sich durchs Wasser schlängelte.

Wann hatte sie zuletzt gelacht? Das mußte sehr, sehr lange her sein.

Ja, Anneli lachte. Aber als Tapio endlich an Land gekommen war, sah sie, daß seine Hand blutete. Der Angelhaken war direkt unterhalb des Daumens eingedrungen.

Mit geübtem Griff nahm sie ihr Messer, das Ylva immer in der Tasche mit sich getragen hatte. Dann machte sie einen raschen Schnitt rings um den Haken. Der Haken ließ sich jetzt entfernen, doch das Blut floß heftiger als zuvor.

Die Wunde brannte, aber Vater hatte gesagt, daß ein Junge niemals weint. Also biß Tapio die Zähne zusammen und schluckte seine Tränen.

„Leck die Wunde immer wieder ab!“ rief Anneli und eilte in den Wald.

Gleich darauf kam sie mit einer Handvoll Spinnweben zurück, die sie auf die schmerzende Stelle legte. Murmelnd sprach sie einen Spruch, der Eiterbildung in schlimmen Wunden verhüten sollte.

„Fort mit dir, du Schmerz!

Fort mit dir, du gelber Eiter!

Sim, sim, silorum!“

Dann sah sie Tapio erschrocken an und hoffte, daß er den alten Spruch nicht gehört hatte. Sie hatte sich doch vorgenommen, nie mehr etwas zu tun, das für Hexerei gehalten werden konnte!

Die Hexentochter

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