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Die Geburt eines Stadtstaates: Medina

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Auf diese Weise vermischt sich die Geschichte Mohammeds mit der des Islam, was mit Beginn des Exodus nach Medina noch offenkundiger wird. Denn indem er sich in diese Stadt flüchtete, führte der Prophet das islamische oder Hedschra-Zeitalter ein, dessen Kalender erst im September 622 beginnt. Zu Beginn wandten sich die Gläubigen mit ihren Gebeten und Anrufungen nach Jerusalem hin. Ab 622 war diese antike Hauptstadt Palästinas für zwei Jahre die erste qibla (das Wort qibla bedeutet Orientierung), weshalb sie von allen Muslimen nach dem Vorbild der Juden und Christen verehrt wird. Sie erhielt den Namen Al-Quds asch-scharîf, die heilige Stadt. Nach Änderung der Lage wurde Mekka im Februar 624 zum Zentrum der muslimischen Weltkarte. Doch bewahrte man stets die besondere Beziehung zu Jerusalem, der Stadt, die den Felsendom beherbergt, in den Augen aller ein Symbol vorrangiger Heiligkeit. Die Pilgerfahrt aber richtete sich von da an zur Kaaba, dem Heiligtum, das im Herzen des islamischen Geozentrismus liegt. Genau zu diesem Brennpunkt nämlich führte Mohammed kurz vor seinem Tod etwa 2000 Pilger, auf einer Reise, die gleichzeitig einen Anfangs- und einen Endpunkt bildet. Tatsächlich wurde während dieser Pilgerfahrt (hadsch) die Vollendungsrede der Verkündigung gehalten, die man Abschied nennt:

Heute habe ich euch eure Religion vervollständigt und meine Gnade an euch vollendet, und ich bin damit zufrieden, dass ihr den Islam als Religion habt (Sure 5, 3).

Einige Tage danach wurde der Prophet, von plötzlichem Fieber befallen, bettlägerig. Er starb in seinem Haus in Medina im Juni 632, nach Quellenlage am 6. oder 8. Juni, was Montag, dem 13. rabîʿ al-awwal des Jahres 11 der Hedschra entspricht. Zum Zeitpunkt seines Todes war das Fasten ebenso kodifiziert wie die definitive Ausrichtung zur Kaaba hin, dem Heiligtum im Herzen der großen Moschee von Mekka. Zu ihr hin richten sich sämtliche muslimischen Gebete auf der ganzen Welt, aus vier Himmelsrichtungen, die zu diesem Brennpunkt leiten; dorthin muss sich der Gläubige zur Ausübung des Ritus positionieren. Gemäß diesem geozentrischen System stehen sich im Moment des Gebets der Iraner und der Sudanese gegenüber, ebenso der Istanbuler und der Jemenit, der Libyer und der Omani.

Zu Beginn hatte das Gebäude, das aus ganz gewöhnlichen Materialien wie Stampferde, Ziegeln und Stroh errichtet wurde, asymmetrische Ausmaße: 15 Meter hoch, auf zwei Seiten 12 Meter und auf den beiden anderen Seiten 10 Meter lang. Man müsste eigentlich wiedererrichtet sagen, denn nach der Legende hatten Abraham und sein Sohn Ismael das Gebäude ersonnen, das eine uralte, präislamische Gebetsstätte werden sollte. Der Koran nimmt darauf Bezug: Stätte Abrahams (Sure 5, 95 und 97). In Form eines Kubus gebaut (was exakt der Etymologie des Wortes Kaaba entspricht), ist sie von einem schwarzen Tuch bedeckt (kiswa), das man jedes Jahr austauscht. Im obersten Drittel sind um die gesamte Kaaba herum kalligraphische Koranverse auf das Tuch genäht. Seit Baibars (1223–1277) war diese langwierige Arbeit das Vorrecht der Mamelucken-Dynastie in Ägypten gewesen, die alljährlich die neue kiswa nach Mekka sandte. Im Zuge schwerwiegender Zwischenfälle mit den Wahhabiten, die ab Ende des 19. Jahrhunderts die Region beherrschten, wurde das ägyptische Geleit unterbrochen. Seit 1926, als man den ägyptischen Mahmal zurückwies (die Sänfte, die die kiswa auf einem Kamelrücken nach Mekka transportierte), hat sich Saudi-Arabien das alleinige Privileg zugestanden, alljährlich die Kaaba zu bekleiden. Auf einer Seite schließlich ist ein Schwarzer Stein (al-hadschar al-aswad) vulkanischen Ursprungs in das Heiligtum eingefasst, der, wie es die Tradition berichtet, schwarz geworden ist aufgrund der Sünden der Menschen. Die Kaaba und der Schwarze Stein bilden gemeinsam mit der großen Moschee, in der sie liegen, das Herz des haram, des Raumes, der allein der Verehrung Allahs geweiht und als solcher für Nicht-Muslime verboten ist. Die große Moschee von Mekka nennt man übrigens Al-masdschid al-haram, die heilige Moschee. Später wird der Begriff des haram die Gebiete von Mekka und Medina ebenso mit einschließen wie die Moscheen, Wege, Gebetsstätten, Gedenkstelen und Gräber der ersten Muslime, darunter natürlich auch das des Propheten.

Von da an wurde die gesamte arabische Halbinsel islamisiert, jedenfalls beinahe. Gleichzeitig wurden die 360 mittlerweile durch Historiker identifizierten Götzen bekämpft. Das Heiligtum der Kaaba füllte sich jetzt allein mit dem Namen Allahs, besungen und gepriesen auf tausend verschiedene Weisen. Das Dogma der neuen Religion war festgelegt, bestimmte Aspekte darin, wie die Pilgerfahrt zur Kaaba, sind aber tatsächlich nichts anderes als die Fortführung alter Praktiken, die vom Koran übernommen wurden. Auch die Speiseverbote sind die des Alten Testamentes, denen das Verbot des Weins hinzugefügt wurde.

Nun musste die Botschaft des Propheten (risala) nur noch in alle vier Ecken der Welt getragen werden. Dies ist der Beginn der islamischen Expansion (628). Sie manifestiert sich in Syrien durch Muʿawiya (605–680), und in Ägypten durch General Amr ibn al-As (gestorben 663). Doch entscheidender waren die Siege in Persien und im Maghreb, die den Islam in dem gewaltigen Herrschaftsbereich verankerten, den er heute sein Eigen nennt.

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