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Kapitel 1 Wer ist Mohammed? Arabien vor dem Islam

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Vor der Geburt des Islam war Arabien geprägt vom Lebensstil der Nomaden und Hirten. Die Clans Arabiens und des Jemen, durch Blutsbande liiert, rivalisierten untereinander, innerhalb ihres Universums, das von zwei Dingen geprägt war: dem Adel der Herkunft und den Handelsaktivitäten. Der Adel war keine Form von Angeberei. Er beruht auf der Vorstellung, dass Macht mit dem Namen und der Herkunft verbunden ist und eine wirtschaftliche Macht impliziert, den wichtigsten Sockel der politischen Macht. Diese doppelte Anforderung wurde sehr praktisch umgesetzt: Die Sicherheit der Karawanen war nur gewährleistet, wenn das große Prestige der Familie mit abschreckender Feuerkraft verbunden war.

Im Gedächtnis der Ahnen aber galt die arabische Wüste immer als die feindlichste der ganzen Welt. Alle Stämme dieser Region beachteten die Ahnenrituale, respektierten die Hausgötter und beteten eine beträchtliche Anzahl von Götzen an. Die Götzenanbetung ist im Übrigen das Phänomen, mit dem man diese Stämme am besten charakterisieren kann. Der Koran war ununterbrochen damit beschäftigt, den Pantheon von Mekka niederzumachen, ihn herabzusetzen und in den Augen seiner Anhänger zu entweihen. An deren Stelle setzte er die Ankunft Allahs, des alleinigen, einzigen Gottes. Die Dschinn spukten in verborgenen Falten der Erde und in Höhlen. Als Herren der feuchten Orte hatten sie eine Vorliebe für stehende und übel riechende Gewässer. Wenn ein tapferer Soldat sich verirrt hatte, wollte es die Legende, dass er sofort von ihnen „besessen“ war und ihnen dienstbar sein musste, bevor er in die Welt der Menschen zurückgeschickt wurde. Die Furcht vor diesem Schicksal quälte die jungen Rekruten derart, dass sie niemals die gekennzeichneten Wege verlassen hätten.

Jeder Stamm hatte seinen Weisen (hakîm), seinen Wahrsager (ʿârif) und seinen Zauberer (kâhin). Poesie (schiʿr) und Deklamation waren vorrangige Beschäftigungen der wohlhabenden Klassen. Auch liebten die Beduinen das Spiel, lange Diskussionen unter dem Zeltdach sowie prachtvolle Feste und Hochzeiten, die mit großem Pomp gefeiert wurden. Hier spielte sich ein Teil ihrer Darstellung der Welt ab, ihre Auffassung von Größe und Großzügigkeit. Solche Feiern dauerten manchmal Wochen.

Arabien war eine Art Zwischenreich, ein Kreuzungspunkt zwischen verschiedenen Zivilisationen: den Byzantinern im Norden, den Sassaniden im Osten; im Westen, lediglich durch die stürmische Fahrrinne des Roten Meeres getrennt, befand sich ein weiteres christliches und jüdisch-christliches Land, im Süden der Halbinsel äthiopisch, im Norden koptisch und pharaonisch. Außer den Schriftbesitzern (ahl al-kitâb, wörtlich Anhänger der Religionen des Buches, d.h. des Monotheismus), womit Juden und Christen gemeint waren – ein Ausdruck, der sich im Koran häufig findet – gab es in Arabien und an seinen Rändern Heiden, Verrückte und Abenteurer, die ihr Glück suchten. Zahlreiche ruchlose Wegelagerer trieben in der Region ihr Unwesen und brachten Reichtümer in Gefahr, zu dieser Zeit symbolisiert von Karawanenprozessionen, die die Halbinsel durchzogen und zwei Welten miteinander verbanden: die Welt des Indischen Ozeans im Süden mit der Welt des Mittelmeeres im Norden.

In diesem polytheistischen Kontext wurde Mohammed, der zukünftige Prophet des Islam, in Arabien geboren. Um ihn herum gab es alle Arten von Volksstämmen und ganz erstaunliche Glaubensüberzeugungen: Mazdaisten oder Zarathustra-Anhänger, Feueranbeter, monophysitische Christen in Nadschran, die Juden der Banu Qainuqaʿ und Banu Quraiza in Yathrib (Medina). Unter den Arabern gab es Händler, ekstatische Magier, Seher, Mystiker und Gottlose, schließlich Ritter, Dichter, wahre Edelleute. Im Okzident Mahomet genannt, hieß der Prophet mit vollständigem Namen Mohammed ibn Abdallah (sein Vater) ibn Abd al-Muttalib (sein Großvater) ibn Haschim (sein Urgroßvater). Er soll im August 570 in Mekka geboren worden sein (im Koran Bakka und Makka genannt), innerhalb des Stammes der Quraisch, im Clan der Banu Haschim, aus der Verbindung zwischen seinem Vater Abdallah und seiner Mutter Amina bint Wahb.

Sein Temperament wurde durch die Erfahrung mit dem Hedschas, der rauhen zentralarabischen Ebene, geformt: Mohammed (wörtlich Der, der des Lobes würdig ist; der Gepriesene) war gleichzeitig klug und asketisch, aber auch ein Mann der Überzeugung und des Engagements. Aus seiner Jugend ist uns wenig bekannt, außer dem einen oder anderen Detail, das durch die Tradition überliefert ist, allerdings nicht ohne von ihr immer wieder neu verfasst worden zu sein. So wird zum Beispiel berichtet, dass er, als er sich bei seiner Amme Halima im Stamm der Banu Saʿd aufhielt (wörtlich Die Glückseligen) – tatsächlich verlangte es der beduinische Brauch, dass bestimmte Kinder, vor allem auf dem Land, zu einer Amme kamen – dort Besuch von zwei Engeln bekam, die ihm das Herz öffneten, um ihm einen Klumpen schwarzen Blutes zu entnehmen, das Symbol der Unreinheit. Korankenner glauben diese Geschichte in folgendem Vers zu finden:

Haben wir nicht deine Brust geweitet, dir deine Last abgenommen, die dir schwer auf dem Rücken lag? (Sure 94, 1–3)

Seitdem, so sagt man, war Mohammed geschützt vor dem Bösen und jeder Versuchung. Diese Anekdoten, von denen es im Koran ebenso wimmelt wie in der Tradition, müssen im übertragenen Sinne gelesen werden.

Mohammeds Vater Abdallah starb einige Zeit vor seiner Geburt, und seine Mutter, Amina bint Wahb, wurde gleichfalls bald von einer Krankheit niedergestreckt. Sie starb bei der Rückkehr aus Yathrib, der großen arabischen Handelsstadt, die heute Medina heißt. Mohammed war zu diesem Zeitpunkt 6 oder 7 Jahre alt. Er wurde von seinem Großvater Abd al-Muttalib aufgenommen, der ebenfalls bald verstarb. Nun war sein Onkel, Abu Talib, an der Reihe, ihm die Tür seines Hauses zu öffnen. In der beduinischen Kultur war es Tradition, dass ein Waise niemals dazu verdammt sein sollte, allein umherzuirren. So wurde der Unglückliche von seinen Verwandten verhätschelt und erhielt dieselbe Ausbildung wie die Jugendlichen, die in diesem privilegierten Milieu geboren wurden. Der Wohlstand des Quraisch-Stamms beruhte auf dem Karawanenhandel, dem Warentauschhandel und vor allem auf den auf Wasser erhobenen Steuern, einem in dieser Region raren Nahrungsmittel. Zwar entstammte Mohammed diesem Volk, jedoch war er ein mittelloser Erbe, da er aus einem armen Familienzweig kam.

In der Lebensgeschichte des Propheten (Sîra), von Ibn Hischam im 9. Jahrhundert zusammengestellt, lernt man Mohammed als schüchternen Charakter mit rotblonden Haaren kennen, der sich der Meditation und Spiritualität widmet. Um die Wahrheit zu sagen, sind uns seine Kindheit und Jugend wenig bekannt, ungeachtet dessen, was die islamischen Historiker angeben. Im Jahr 610 oder 611 – zu diesem Zeitpunkt ist er 40 Jahre alt – wird Mohammed zum von Gott Auserwählten und überbringt in Erfüllung dieser Aufgabe dessen Botschaft; von nun an führt er ein extrem dichtes öffentliches Leben, das die Historiker praktisch Tag für Tag beschreiben.

Mit dem Beinamen Al-Amin versehen (zuverlässiger oder vertrauenswürdiger Mann), ist Mohammed von diesem Zeitpunkt an die Inkarnation des aufrechten Gläubigen, der sich unaufhörlich verbessert, gemäß einer alten Überzeugung, nach der Propheten für diese Mission vorbestimmt sind (fitra). Schon in seinen Handelsaktivitäten war dies festzustellen. Mohammed hatte bereits vor seinem 20. Lebensjahr damit begonnen, zweifellos mit etwa 17 oder 18 Jahren, und führte bis mindestens zu seinem 40. Lebensjahr Karawanen durch das Land.

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