Читать книгу Schwarzwald - FernSichten und EinSichten während einer Wanderung über den Westweg und den Ostweg - Malte Kerber - Страница 11

Vom Weitwandern

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Das Weitwandern wird zunehmend beschrieben und beredet. Das trifft auch auf das Pilgern zu. Manchmal könnte man meinen, letzteres sei zu einem modischen Trend geworden. Der Jakobsweg, der nach Santiago de Compostela im spanischen Galicien führt, ist zum Beispiel in vielen Mündern. Und die Zahl der Bücher über ihn und über das Weitwandern wächst stetig. Der Journalist, der Manager, die ältere Schauspielerin, die „mal zu sich finden wollen“, sie wandern beispielsweise einhundert oder zweihundert Kilometer auf dem Jakobsweg. Dann schreiben sie ein Buch über ihre Erkenntnisse, wie sie „zu sich gekommen sind“. Das ist zugespitzt und ironisch von mir formuliert. Ich gebe es zu. Aber keine Sorge, ich werde die Bemerkung sofort relativieren!

Die Zahl der Weitwanderer wird meist überschätzt. Fast alle Wanderer, die auf Weitwanderwegen unterwegs sind, wandern nur wenige Kilometer, sind auf einer Tages- oder Wochentour unterwegs. Viele nehmen sich vor, irgendwann auch einmal einen Weitwanderweg in voller Länge zu begehen. Meist bleibt es bei den Träumen. Wir trafen auf den zirka 540 Kilometern, die wir in einem Stück über den Schwarzwald gezogen sind, keine Wanderer, die allein, zu zweit oder in der Gruppe einen der drei Schwarzwaldfernwege insgesamt in Angriff genommen hätten. Geschweige denn gar zwei oder drei „zusammengeknüpft“!

Umso größer unsere Hochachtung vor denen, die sich auf die lange Strecke machen, um mit sich und mit der Natur wieder ins Reine zu kommen! Übereinstimmung mit denen, die die Einsamkeit suchen, die aber auch das Gespräch mit anderen Menschen finden möchten, um von deren Erfahrungen zu lernen! Gleiches Mitfühlen mit denjenigen, die „draußen“ Ruhe suchten und zu sich gefunden haben! Und von denen, die weit über die Lande und lange über die Tage, Wochen und gar Monate wandern, gibt es vielleicht doch mehr, als ich annehme. Ihnen meinen Respekt! Jetzt beim Aufschreiben fällt es mir ein: Einen dieser Art Wanderer, der gleich uns auf langer Strecke dahinzog, trafen wir auch im Schwarzwald.

Diejenigen, die von den langen unbeschwerten Wanderungen träumen, ihnen will ich Mut machen! Das Erlebnis, aus eigener Kraft durch Lande und Landschaften und über die Zeit zu ziehen, es führt zu Erinnerungen, die nicht zu löschen sind, und zu Erfahrungen, die man auf andere Art nur schwer gewinnen kann. Man wird durch das Dahinziehen über lange Strecken stärker, bescheidener und auch sich seiner selbst bewusster. Bei allem behält eine bekannte Prämisse ihre Gültigkeit:

Der Weg ist das Ziel.

Gleich, ob du wanderst, pilgerst oder trampst. Sportliches oder naturbezogenes Weitwandern und Pilgern haben ja manche Verwandtschaft miteinander. Aber der genannte Weg-Ziel-Grundsatz spiegelt doch nur einen Teil der Wirklichkeit wider. Um überhaupt auf den Weg zu kommen, musst du dich in Bewegung setzen!

Der erste Schritt ist der wichtigste!

lautet folglich eine weitere grundlegende Anforderung an dich. Oft ist der erste Schritt auch der schwerste. Noch eine Einschränkung zum Weg-Ziel-Verhältnis will ich formulieren:

Auf deinem Weg gibt es immer ein Ziel.

Dort angekommen, wächst dir ein neues Ziel!

Das eben macht den herausfordernden Reiz des Weitwanderns aus. Und da tun sich dir wieder Parallelen zu deinen Lebenswegen auf. Auch das ist, wie ich glaube, gemeint, wenn vom Wert und Sinn des Wanderns oder Pilgerns gesprochen wird: zu sich selbst und zu seinem Leben finden.

Schwarzwald - FernSichten und EinSichten während einer Wanderung über den Westweg und den Ostweg

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