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Mysterienkulte39

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Als Mysterien bezeichnete schon die antike Welt jene Geheimkulte, deren Wirksamkeit vom 7. vorchristlichen bis ins 4. nachchristliche Jahrhundert reicht. Konstitutiv für alle diese Kulte waren einerseits ein Schweigegebot, das Einzelheiten des Kultvollzugs vor Profanierung schützen sollte, und andererseits die Verheißung des Heils an die Eingeweihten.

Solche Mysterienreligionen bildeten Gemeinschaften, die sich durch den freien Zusammenschluss ihrer Mitglieder konstituierten. Wer sich anschließen wollte und die Voraussetzung zur Aufnahme erfüllte, war willkommen, gleichgültig, woher er stammte und welche soziale Stellung er hatte; allerdings wurde letztere in der Kultgemeinschaft nicht aufgehoben. Mysterienkulte waren in aller Regel nicht exklusiv, darin unterschieden sie sich vom Christentum. Die Zugehörigkeit zu einer solchen Gemeinschaft schloss weder die Teilnahme am offiziellen Stadt- und Staatskult, noch die Einweihung in andere Mysterien aus. Man vermochte problemlos neue religiöse Vorstellungen anzunehmen und konnte dabei an seinen alten festhalten.

Die Mysterienkulte zeigen eine Reihe von Elementen, die zum Gemeinplatz aller solcher Religionen gehören. Sie zeichneten sich durch einen Initiationsritus aus, der geheim, eben ein Mysterium war. Der Sinn dieses Geheimnisses lag in dem Wissen über die vollzogene Wandlung des neuen Mysten. Man war der Überzeugung, dass die Teilnahme am Kult einen Menschen veränderte, worin gerade die Voraussetzung für die Partizipation an der Heilsvermittlung gesehen wurde. Dabei vermochte dieses Heil alles zu umfassen, was sich der Mensch wünschte: Rettung aus allen Gefahren des irdischen Lebens sowie Schutz vor Krankheit und Misserfolg, vor allem aber das Heil der Seele nach dem Tod. Diese gegenwärtige und zukünftige Errettung wird normalerweise als Unsterblichkeit interpretiert oder als Verbindung mit der transzendenten Gottheit. Die Mysterien-Kulte teilten die Überzeugung, dass Errettung und Erlösung das Ziel der menschlichen Existenz auf Erden seien und dass sie durch den feierlichen Nachvollzug des göttlichen Schicksals erreicht werden. Ein probates Mittel, die Nachfolge des Gottes anzutreten, war die Nachahmung seiner Taten. Schließlich symbolisierte die bereits angesprochene Identifizierung mit der Gottheit (S. 19) das Erreichen der Erlösung.

Es war die Kenntnis dieses Geheimnisses, welche die Geweihten untereinander verband und von den Uneingeweihten unterschied; denn es gehörte zu den Grundprinzipien der Kulte, dass man das begehrte Heilsgut nur als eingeweihtes Mitglied erlangen konnte. Die Namen der heilsspendenden Gottheiten waren dagegen allgemein bekannt, ebenso, wer in welcher Kultgemeinschaft Mitglied war und wo man sich versammelte. Auch das Kultrelief, das Mithras als Stiertöter zeigte, durfte wohl jeder Außenstehende kennen, ebenso die Erklärung der eigentlichen Heilstat, die Kultlegende. So konnte ein Mithras-Anhänger beispielsweise den abgebildeten Ring tragen, der vielleicht Mithras auf dem Stier mit den beiden Dadophoren zeigt, um ‚seinen‘ Gott stets bei sich zu haben (Abb. 3). Das ‚Mysterium‘ solcher Kulte wird oft missverstanden. So wird gefragt, ob nicht-eingeweihte Töpfer Geschirr für den Mithras-Kult herstellen durften.40 Diese Frage lässt sich mit Sicherheit bejahen. Verborgen blieben lediglich der Ritus, die Kulthandlung und damit auch der Zugang zum Heil, da nur die Mysteriengemeinschaft über Mittel und Wege zu seiner Aneignung verfügte.


Abb. 3: Ring mit Stiertötung

Der Einweihung gingen allerlei Reinigungsriten wie Fastenperioden oder Kasteiungen voraus. Auf diese Vorbereitung folgte die Initiation mit der Übergabe der heiligen Formel. Die Mysten lernten geheime Parolen, Erkennungsmerkmale, Symbole und Handzeichen kennen. Daraufhin erfolgten endlich der Hauptritus, die Schau der Gottheit, bei der häufig Lichterscheinungen eine Rolle spielten, und schließlich die Vereinigung mit der Gottheit. Der Mensch nahm am Göttlichen teil, er erlebte an sich seine Vergottung, die Erlösung für den Tag versprach, an dem die Seele den irdischen Leib verlassen würde. Diese Vergottung verlangte einen spezifischen Seelenzustand: eine besondere religiöse Stimmung für den Heilsempfang, eine Erregung des Gemüts und der Phantasie, die vieles im Zwielicht der Ahnungen ließ, für Gefühlseindrücke offen war, welche durch effektvolle Veranschaulichung des Wesens der Gottheit und der Legende im Kult angeregt wurden. Es war die Kraft der in dem betreffenden Mysterienkult verwendeten geheimnisvollen Formeln, der symbolträchtigen Riten und dramatischen Darstellungen, ferner die Bekleidung mit besonderen Gewändern oder gemeinsame Mahlzeiten, die den Empfang des Heils ermöglichten.

In dieses Umfeld gehört der Mithras-Kult, so wie er uns in der Kaiserzeit in seinen zahlreichen inschriftlichen, archäologischen und wenigen literarischen Zeugnissen entgegentritt.

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