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K A P I T E L 1 1

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Es hatte zweifellos Vorteile, beim BKA statt in der „Ebene“ bei den Kollegen und Kolleginnen der Kripo beschäftigt zu sein. Statt mühsam Flug- und Bahnverbindungen möglichst unterster Kategorie – die Verwaltung war knauserig, was Dienstreisen betraf – heraussuchen und rechtfertigen zu müssen, kam KKzA Röhling in den Genuss eines Direktfluges nach Norwegen. Die Hawker Beechkraft 750 bot Platz für sechs Personen, doch er war der einzige Passagier. Sie brachte ihn mit einer Reisegeschwindigkeit von 825 Km/h so schnell an sein Ziel, dass er kaum Zeit hatte, den Flug zu genießen. Die Hawker landete auf dem winzigen Flughafen von Andenes, das etwa eine Autostunde von Olden entfernt liegt. Röhling stieg aus und sah sich um. Der Flughafen war direkt in eine Landspitze hinein gebaut, so dass sich von seinem Standpunkt ein grandioser Blick auf den Fjord und die gegenüberliegende Berglandschaft bot.

„Ich bin Mathisen“, begrüßte ihn ein an einem uralten LandRover lehnender und freundlich lächelnder Mann in deutsch.

„Mats Röhling“, stellte sich der Besucher vor. „Ich kann zwar etwas norwegisch. Aber wenn wir beim Deutschen bleiben können, wäre das großartig für mich.“

„Kein Problem. Pack' deine Tasche hinten rein und dann los.“

Die anschließende Fahrt ging zunächst am südlichen Teil der Landzunge entlang. Mathisen prügelte das Gefährt, ständig im Grenzbereich fahrend und das Getriebe mit viel zu schnellen Gangwechseln überfordernd, um die zahlreichen Kurven. Röhling wurde auf dem keinerlei Halt bietenden Sitz trotz des wie eine Fessel sitzenden Gurtes hin und her geworfen. Von den drei kleinen Orten (Vereide, Sandane und Breim) konnte er kaum etwas wahrnehmen, weil sie einfach zu schnell durch waren. Eine Unterhaltung war bei dem Lärm, den der Oldtimer verursachte, ebenfalls nicht möglich.

Von Breim aus führte sodann ein zunächst kurvenärmeres Teilstück in nordöstlicher Richtung. Röhling konnte für einige Zeit den Haltegriff loslassen, sich aufrecht positionieren und endlich eine höfliche Bemerkung zu der offenbar vorliegenden Absicht des Fahrers, einen neuen Streckenrekord aufzustellen, machen. Mathisen lachte nur und empfahl, sich demnächst wieder gut festzuhalten.

Tatsächlich legte Mathisen nach kurzer Zeit das Auto mit driftendem Heck in eine 90-Grad-Rechtskurve und nach einer gefühlt nur einen Meter langen Geradeausfahrt begann eine derart kurvenreiche Teilstrecke, wie sie Röhling noch nie erlebt hatte und die erst mit der Einfahrt in Utvik endete.

Von hier aus führte eine zu den vorherigen Erfahrungen geradezu entspannende Fahrt am nördlichen Uferstreifen über Invik bis zu ihrem Ziel: Olden.

Röhling sah auf seine Uhr. Sie hatten 56 Minuten gebraucht. Und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sie auf der ganzen Strecke nur zwei Autos begegnet waren. „Glückliches Norwegen, keine Verkehrsprobleme“, dachte er.

Als er ausstieg, musste er sich am Auto festhalten, denn seine Knie gaben nach. Mathisen grinste über das ganze Gesicht und meinte generös: „Feuertaufe bestanden!“

Wenn das hier so weitergeht“, dachte Röhling, „will ich zu Hause nur noch einen Schreibtischjob!“

§

Magnus Lunde war überrascht, als er Röhling hereinkommen sah. „Schicken die mir einen Abiturienten?, fragte er sich. Und da er nun einmal sein Herz auf der Zunge trug, war nach der Begrüßung seine erste Frage, wie alt der Besucher sei.

Röhling war nicht irritiert. Er kannte das schon. Obwohl er die dreißig überschritten hatte, wirkte er tatsächlich wesentlich jünger. Das war manchmal von Nachteil, manchmal aber hatte es ihm schon Vorteile gebracht, nicht ganz für voll genommen zu werden. Er würde sicherlich den Austausch des Chips problemlos vornehmen können.

„Ich würde gern gleich zur Sache kommen“, sagte er bestimmt. Hier ist mein LapTop. Wenn Sie mir den Chip geben, kann ich gleich die dritte Stufe öffnen.“

Lunde griff in die rechte Schreibtischschublade, entnahm ihr zunächst ein Tablet, das er Röhling mit den Worten „Wir schauen uns das auf dem Ding an“ reichte. Anschließend holte er eine feuerfeste Kassette aus dem linken Schubfach und schloss diese mit einem an seinem Taschenmesser baumelnden Schlüssel auf. Den Chip hielt er hoch und übergab ihn Mathisen.

Verdammt mißtrauisch, die Bande“, dachte Röhling.

Er sagte wahrheitswidrig: „Die dritte Stufe ist aus Sicherheitsgründen weder über eine Bluetooth- noch eine WLAN-Verbindung zu öffnen. Ich komme nur ran, wenn ich den Chip in diesen kleinen Leser – er hielt ein USB-Slot-ähnliches Teil hoch – stecke und den Stick mit dem LapTop verbinde. Natürlich passt der auch in Ihr Tablet, wenn es USB III hat.“

Er dachte: „Wäre toll, wenn wir so eine Sicherung hätten, die ich hier gerade erfunden habe.“

Seine Notlüge hatte Erfolg. Mathisen gab ihm den Chip. Es war ihm nun ein Leichtes, ihn gegen den Chip, den er bereits die ganze Zeit zwischen Ring- und Mittelfinger eingeklemmt hatte, auszutauschen und den falschen für alle gut sichtbar in den Slot zu stecken. Den eigentlichen Chip ließ er unauffällig in seine rechte Hosentasche gleiten. Er steckte den Slot in den USB-Port des Tablets, rief das Programm auf, passierte die zwei ersten Ebenen und eröffnete mit dem letzten Passwort die dritte. Mit den Worten „Bitte sehr“ drehte er das Tablet zu Lunde und bat, ihm nunmehr die Bilder von der Leiche und vom Fundort zu übergeben.

Lunde scrollte erst kurz durch die geöffnete Seite und erkannte, dass es sich um Aufnahmen vom Saatguttresor auf Spitzbergen handelte. Das würden sich die Spezialisten ansehen müssen. Er griff erneut in die linke Schublade und zog einen Hefter heraus. Mit den Worten „Hier, der Bildband“ übergab er ihn an Röhling.

Er schlug die erste Seite auf und sah zu seiner Zufriedenheit, dass die weibliche Leiche nicht die Agentin 7301 war.

„Und“, fragte Mathisen, „Kennst du sie? Ist das eure Agentin?“

„Nein, sie ist es zum Glück nicht. Aber ich hoffe, dass es mir gestattet wird, bei den Ermittlungen dabei zu sein. Denn es ist selbstverständlich auch in unserem Interesse, herauszufinden, weshalb diese Frau eine Wanze unseres Hauses trug.“

„Ich werde darüber nachdenken und mich mit Oslo abstimmen. Du erhältst dann Nachricht. Wo erreichen wir dich?“

„Ich werde zunächst im Olden-Fjord-Hotel Quartier nehmen. Sollte es erforderlich werden, dass mein Aufenthalt länger andauert, werde ich mich im Interesse unseres Staatshaushalts um eine günstigere Unterbringung kümmern.“

Mathisen nickte. „Ich bringe dich zum Hotel.“

Röhling verabschiedete sich von Lunde und verließ mit Mathisen das Haus.

Seltsam“, murmelte Lunde, „Wieso hat den Typen der Inhalt der Wanze gar nicht interessiert? Da stimmt doch was nicht!“

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