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K A P I T E L 2

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Auch der Jimny kam nicht mehr weiter. Zwar war das alte Gletscher-Flussbett seit vielen Jahren ausgetrocknet. Doch sowohl das lose Geröll als auch die selbst für dieses schmale Geländefahrzeug an einigen Stellen zu engen Passagen verhinderten eine Weiterfahrt.

So blieb Politibetjent3 Magnus Lunde keine Wahl. Fluchend machte er sich zu Fuss auf den beschwerlichen Weg. Nicht nur, dass er auf dem Geröll kaum Halt fand. Es ging auch noch recht steil bergauf.

Das vertreibt wenigstens den Kater“ murmelte er schnaufend vor sich hin.

Völlig außer Atem und verschwitzt erreichte er schließlich den Fuß des Briksdal-Gletschers. Um sich kurz zu erholen blieb er an dem Schild, das wegen Steinschlaggefahr vor dem Weitergehen warnte, stehen und genoß dabei den Anblick, den der Gletscher im beginnenden Sonnenlicht bot. Er hatte, nachdem er befördert und in den Bezirk Olden versetzt worden war, erst ein Mal kurz Gelegenheit gehabt, den Gletscher zu besuchen. Jahr für Jahr schmolz er und der Fuß zog sich Meter um Meter zurück.

Aber es gibt ja keinen Klimawandel, sagen diese Idioten von der rechten Partei“, dachte er bitter. Und dabei war es, wie er gehört hatte, nicht das erste Mal, dass das zurückgehende „ewige Eis“ (von wegen ewig) eine Leiche frei gegeben hatte.

Politibetjent1 Mathisen kam ihm entgegen. „Du siehst ja fürchterlich aus. War wohl doch etwas zu feucht gestern, oder?“

Wenn Lunde etwas auf die Palme brachte, war es diese jugendliche Schnöseligkeit von Mitarbeitern, die den Alkohol und das lange Aufbleiben besser vertrugen als er. Aber er schluckte die seiner Meinung nach passende Antwort hinunter und beschloss, den Kollegen einfach zu ignorieren. Deshalb ging er, ohne Mathisen anzusehen und ohne ein Wort zu sagen, an diesem vorbei und stapfte auf den Ort zu, an dem drei in weiße Schutzanzüge gezwängte Frauen standen.

„Nun, was haben wir?“, fragte er in die Runde.

Alena Myhre, die Leiterin der Gerichtsmedizin, wandte sich ihm zu und erklärte, dass es sich um eine etwa fünfzig Jahre alte Frau handele, deren gut erhaltener äußerer Zustand vielleicht langer Lagerung unter Eis geschuldet sei. Es sei aber wahrscheinlicher, dass sie erst vor sehr kurzer Zeit hier abgelegt wurde und man nur den Eindruck einer Gletschertoten hervorrufen wollte. Die punktuellen Einblutungen in den Augen und die Druckstellen am Hals sprächen dafür, dass sie keines natürlichen Todes gestorben, sondern erstickt worden sei. Die Verletzung des Schädels im hinteren Bereich sei wahrscheinlich beim Transport in die Gletscherspalte postmortal entstanden. Sie trat zur Seite und Lunde konnte einen Blick auf die Tote werfen.

„Ein Jammer“, ließ sich Mathisen ungefragt vernehmen. „So eine schöne Frau, und jetzt ist sie tot.“

Lunde wollte scharf erwidern. Aber tatsächlich ertappte auch er sich dabei, im Hinblick auf die außergewöhnliche Schönheit der Frau ein erhöhtes Bedauern zu empfinden. „Was ist das bloß, das uns Menschen – und wohl insbesondere uns Männer – den Tod einer schönen Frau mehr bedauern lässt, als wenn es eine unscheinbare oder gar hässliche wäre?“, fragte er sich. So ließ er die Äußerung seines Kollegen unkommentiert.

„Irgendwelche Papiere?“

„Nein, aber der oder die Täter haben die Frau offenbar nicht gründlich genug gefilzt. Der linke Ohrstecker ist wie ein Medaillon zu öffnen. Und darin befindet sich eine winzige Knopfzelle. Sieht aus wie eine Uhrenbatterie, ist aber wohl eher eine Wanze. So etwas ist mir schon einmal begegnet. Die deutsche Bundespolizei arbeitet mit solchen Geräten.“

„Wo ist dieses Winzding jetzt?“

„Hier in meinem Spurenbeutel. Ich denke, unsere IT-Abteilung wird etwas damit anfangen können.“

„In Ordnung, ihr untersucht noch die weitere Umgebung. Ich nehme die Spurenträger mit und bringe sie unseren IT-Jungs.“

„... und -Mädchen!“, ließ sich Alena Myhre vernehmen. „Ihr seid alle Chauvis!“ Dabei grinste sie über das ganze Gesicht.

„Na warte, eines Tages führt dich der Chauvi groß zum Konzert und zum Essen aus! Dann wirst du deine Meinung ändern!“

Sie klatschten sich ab und Lunde machte sich an den „Abstieg“.

So eine schöne Gegend, so nette Mitarbeiterinnen – und dann so eine unschöne Geschichte“, dachte er.

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