Читать книгу Auto-Identifikation - Glück und Mühsal der Selbstfindung - Manfred Kappes - Страница 10
Urängste beherrschen das ›ich‹
ОглавлениеAnläßlich einer Diagnose des Innersten im Menschen, um zu erkennen, ›wer bin ich?‹ könnte es erfolgversprechend sein, die Urängste im Mittelpunkt seiner Reflexionen zu betrachten. – Urängste sind Urgefühle misslicher Art?
Eine vorzugebende These geht davon aus, dass ein Geheimbund die Basis der Ängste begründet, ein Bündnis esoterischer Mächte? Wie ist dies zu erkennen? Ist die Bangigkeit hervorgerufen durch den Schwanengesang nach dem Glauben des Altertums – von Aischylos (525-456 v. Chr.) und Cicero (106-43 v. Chr.) kreiert – das hohe Lied vom baldigen Ende der Menschheit? Pünktlich vor der Theorie des Weltunterganges? – Der Schwanengesang belegt den Mythos obiger Aktuare der Antike, wonach die Singschwäne vor dem Sterben zum letzten Male ein traurig Lied anstimmen.
So gesehen ist die Angst des ›ich‹ beileibe keine Schöpfung unserer Tage. Die Urängste sind demnach archaischen Keimes? Die Bibel ist gerade einmal sieben Kapitel alt, fristgerecht schickt der Herr die Sintflut. Dieses Schreckensszenario kam aus der Tiefe der Zeiten und andauernd wieder verinnerlichte der Mensch diese Botschaft. Ist das ›ich‹ seit Urzeiten mit dem diesem grausigen Angsttrauma belastet?
Gleichermaßen wie im Gilgamesch-Epos bestellen die Götter als hervorragendes Motiv den großen Regen, setzt in der germanischen Eddasage beim Untergangsscenario eher auf den Weltenbrand, auf die uneingeschränkte Apokalypse, die mit der Bezeichnung Eschatologie – dem Endschicksal von Welt und Mensch – beschrieben werden kann.
Aber was ist Angst? Sind wir sicher, den Gefühlzustand, der uns zuweilen übermächtig bis in die innersten Tiefen unseres bewussten und unbewussten Daseins verfolgt, genau beschreiben zu können?
Angst kann sehr konkret sein, und ist eine überlebenswichtige Reaktion unserer Spezies. Die körperlichen Symptome dienen der Vorbereitung zur raschen Flucht, Angst ist also ein Überlebensvorteil.
Als Krankheitszeichen ohne erkennbare körperliche Gebrechen kommt Angst zum Beispiel als Phobie oder generalisierte Angststörung vor.
Unterstellt, dass wir die Angst philosophisch und unter der Prämisse des Gotteseinflusses deuten, also die Welt als abgefallen von Gott ansehen, wird der Gnosis, dem Okkultismus und dem frühen Christentum erstmalig die Weltangst offenbar: ›Das Vertrauen in die kosmische Ordnung ist verloren gegangen.‹
Die Unterweisung Søren Kierkegaard (1813-1855) weiterführend interpretiert Martin Heidegger (1889-1976) die Angst als Grundbefindlichkeit menschlichen Daseins:
»In der Angst erschließe sich, dass der Mensch in die Welt geworfen sei.«
An Heidegger orientiert und über ihn forschend sind andererseits Jean-Paul Sartre (1905-1980), Erich Fromm (1900-1980) und eine Anzahl einflussreiche Denker des 20.?Jh.
Zur Charakteristik des ›ich und die Angst‹ zählen viele Instinkte, sie sind weder in dieser Textstelle noch allgemein gültig beschreibbar. Die Erscheinungsformen der Angst sind so vielfältig, dass sie spätestens seit den segensreichen aufklärenden Leistungen von Sigmund Freud (1856-1939) untersucht werden, doch wohl letztendlich im Inneren des Einzelmenschen ihr Geheimnis niemals preisgeben.
Dass dieser Fakt schon in der Antike bekannt ist, dafür das Beispiel eines prominenten Kirchenmannes: Der Hl. Aurelius Augustinus (354-430) hat in seiner Not, sein eigenes ›ich‹ und seine Nächsten verstehen zu wollen, ohne es zu können, an Gott gezweifelt, in dem er die provokante Frage demütig zu stellen wagt, jedoch in seiner devoten Unsicherheit:
»Du hast seine Haare gezählt, oh Herr, aber leichter fürwahr ist es, seine Haare als seine Empfindungen und Neigungen seines Herzens zu zählen.«
Aus der Sagenwelt sind uns ansprechende Exempel überliefert, die wir teilweise in unsere heutige Vorstellungswelt übernommen haben. So ist Midgard im Altnordeutschen die Götterlehre von den Lebewesen der bewohnten Welt, aus den Augenbrauen des Urriesen Ymir geschaffen und über einen Regenbogen mit der Götterwelt Asgard verbundenen Erdscheibe.
Die Midgardschlange ist ein Mythos: Der Kampf des Göttergeschlechts der Asen mit den feindlichen Mächten, ihr Untergang und die Vernichtung der Erde. Thor erschlägt die Midgardschlange, stirbt aber an ihrem giftigen Hauch. Freyr wird vom Riesen Surt getötet, der den Weltkörper und den Sitz der Götter mit Feuer vernichtet.
Richard Wagner (1813-1883) verwendet diese Saga im ›Ring der Nibelungen‹. – Vorausgesetzt, wir vergegenwärtigen uns, welche Ängste die Urbewohner wegen ihrer Götter nicht zur Ruhe kommen lassen, schüren wir das im weiteren Verlauf so schrecklichere Szenarium und sehen Urzeitmenschen, die einem fürchterlichen Anzeichen gegenüber stehen: Sie entdecken am Firmament, dicht über der Erdoberfläche, die Midgardschlange, wie sie wolkengleich den Himmel verdunkelt und den Tag zur Nacht werden lässt.
Wir haben gegenwärtig die Erklärung für das außerirdische den Horizont umspannende Monstrum schnell zur Hand. In der Südsee hat es lange andauernde Vulkaneruptionen gegeben, die den Himmel mit ihrem Ascheauswurf verdunkelten und mutmaßlich über nicht bekannte Zeitmaße hinaus die lebensnotwendige Sonneneinwirkung auf unsere Lebensbereiche zunichte machten. Derzeit wird vermutet, dass das Aussterben der Dinosaurier darin seine Erklärung findet, weil das Wachstum ihrer pflanzlichen Ernährung nicht mehr gesichert war. – Sogar dieser Vorgang verursachte die uns Menschen innewohnenden Urängste des ›ich‹, von denen die moderne Psychologie gerne spricht.
Sintflut bedeutet – große Flut – sie ist in der mythologischen Überlieferung vieler Völker eine von Gott, besser gesagt, von den Göttern, ausgelöste urzeitliche Flut, die alles Leben auf der Erde vernichtet habe, mit Ausnahme des Helden Deukalion, der auf wunderbare Weise überlebte.
Die Sintflutsagen – es gibt etwa 250?(!) – sind weltweit verbreitet und eng verwandt mit der biblischen Sintflut-Fabel über den Stammvater Noah. Als babylonische Flutsage ist sie zuvor im Gilgamesch-Epos um 2.600?v.?Chr. aufgezeichnet worden. Eine große Flut findet zugleich im indischen Dämonenglauben um Manu, dem Urvater des Menschengeschlechtes, statt.
Schuruppak ist eine Stadt in Mittelbabylonien, zurzeit ist davon über die Jahrtausende der Ruinenhügel Tell Fara nördlich von Uruk im Irak übrig geblieben und wird archäologisch untersucht. In dieser Stadt residierte der König Xisuthros, der babylonische Noah. Nach der Fassung dieses Königs von Uruk entsteht das Gilgamesch-Heldengedicht von Ninive (2.700-2.350 v. Chr.). Allda spielt eine der Sintfluthistorie um den Helden Xisuthros. Funde von Tontafeln aus dem Zweistromland, unlängst aufgespürt, geben uns definitive Auskunft über die vorchristlichen Epochen mit den Ängsten des ›ich‹ der Menschheit gegenüber der Sintflut.
Der frühen christlichen Theologie waren die antiken Mythen heidnische Fabeln, doch wurden sie bei Vereinigung des Mittelalters als Bildungsgut tradiert. Das Interesse daran ist seit der Renaissance ungebrochen, vor allem als Stoffe und Motive in Literatur und bildender Kunst, werden sie fortgesetzt wieder aufgenommen und neu gedeutet.
In der Malerei schaffte u.?a. der italienische Künstler des Manierismus – Nachfolgestil der Renaissance – Michelangelo da Caravaggio (1571-1610) aussagekräftige Gemälde, die die Sünden der Bibelvorlagen interpretieren. Bei diesen Meisterwerken haben in vielen Fällen die Obsessionen des ›ich‹ des unerreichten Meistermalers eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt. Ob eine palliative Vorsorge den ungezügelten Impetus geschmälert hätte? Wir glauben nicht. –
Am Rande sei dazu bemerkt, dass zum ersten Male in biblischen Szenen Caravaggios Darstellung hüllenloser Menschen, besonders von klerikalen Kreisen konzediert. Wer die Viten der Päpste des 15. und 16. Jh. studiert, wird diese obskuren Vorlieben besser verstehen können.
Das Geschäft mit den Befürchtungen zum Zukunftsschicksal dürfte in Wahrheit das zweitälteste Gewerbe der Welt sein, es berührt das ›ich‹ in ganz besonderem Maße. Neu ist hingegen, dass die angeblichen Voraussetzungen für neue Furcht-samkeit in rasantem Wechsel abgelöst werden. Nicht nur die Anschwellung der angeblichen Krise verlangt jede Woche nach neuen theoretischen Maßnahmen. Medienorgane bekränzen sich mit angeblichem Chaos, bei dem der Lautstärkeregler offensichtlich nur in eine Richtung zu drehen ist, nämlich in Richtung Katastrophe:
»Es gibt Leute, die sich über den Weltuntergang trösten würden, wenn sie ihn mehr vorhergesagt hätten.«
Diese Worte fixierte 1845 Friedrich Hebbel (1813-1867) in seinem Almanach. Und Friedrich Sieburg (1893-1964) schreibt gut hundert Jahre später:
»Ein wesentlicher Reiz unserer Zivilisation besteht in der Reichhaltigkeit der Palette, mit der wir die Menschheit malen, die dem Grabe zuwankt. Angst muss ebenfalls eine Sache sein, von der man nichts weiß, ohne zu Ende denken zu können.«
Doch Sieburg spottet nicht nur, er bietet unaffektiert eine Erklärung für das Omen an, die Lust am Untergang, die er als Lebensgefühl selbst in dem damals aufstrebenden Wirtschaftswunder der Bundesrepublik allenthalben diagnostiziert:
»Der Alltag der Demokratie mit seinen tristen Problemen ist langweilig, aber die angeblich bevorstehenden Katastrophen sind hoch interessant. Wenn wir schon mit unserem Dasein nicht Rechtes mehr anzufangen wissen, dann wollen wir wenigstens am Ende einer weltgeschichtlichen Periode stehen.«
Die Beschäftigung mit dem eigenen ›ich‹ dürfte andererseits unter der von Sieburg geschilderten Langeweile zu sehen sein, zweckdienliche Aufgaben und feste Berufsbilder fehlen offenbar vielen Menschen in unseren Wohlstandsystemen. Spricht also der Freudsche Todestrieb aus uns?
»Das wunderbare Sehnen dem Abgrund zu…«,
wie Johann Christoph Hölderlin (1770-1843) es nannte? Auf den ersten Blick scheint die Annahme weit davon und unerreichbar, wie Wotan in Richard Wagners Oper im ›Ring der Nibelungen‹ donnerte:
»Nur Eines will ich noch, das Ende… das Ende…«
Das Todessehnen des deutschen Dichters Heinrich von Kleist (1777-1811) kam nach seiner handschriftlich hinterlassenen Botschaft in einem unvereinbarenden ›ich‹ mit diesem selbst, aber auch mit seinen Lebensumständen, ausgelöst durch äußerliche nicht zu behebende Einflüsse, zustande. Als testamentarische Hinterlassenschaft gilt die Offenbarung über sein ›ich‹, »Die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war.«
Der von ihm im Alter von nur 34 Jahren ausgelobte Freitod, gemeinsam mit der krebskranken Henriette Vogel begangen, brachte sein ›ich‹ wohl unwiderruflich ins Gleichgewicht; der Preis indes war das Leben. – Die Seligkeit im Tode erkannte Kleist auf dem Bild des französischen Malers Simon Vouet (1590-1649) ›Sterbende Hl. Magdalena‹. Sie ist darauf wie ein glücklicher Mensch abgebildet. Kleist junges Alter und sein Glauben vom Weiterleben nach dem Tode ließen ihn wohl kaum zweckvolle Nachforschungen nach dem ›wer bin ich?‹, bestallen.
Der Mythenbegriff der modernen Wissenschaft geht auf das Finale des 18. Jh. zurück und im 19. Jh. dehnt sich das dazugehörende Blickfeld aus: Die indischen Mythen wurden in Europa bekannt, die Brüder Grimm – Jakob (1785-1863) und Wilhelm (1786-1859) – brachten 1853 die Kinder- und Hausmärchen ›Deutsche Mythologie‹ heraus.
Im Schnittbereich von Soziologie, Ethnologie, Anthropologie und Religionswissenschaften wandten sie Spekulationen zur Erklärung der Mythen an und hinterließen uns wundervolle Geschichten, die gerne den Kindern vorgetragen werden. – Nicht verhehlen sollte man gleichwohl, dass diese Märchen meist recht grausam waren, man denke nur an ›Max und Moritz‹ des Wilhelm Busch (1832-1908), die zur Buße für die üblen Scherze durch die Mehlmühle gedreht, um sodann dem lieben Federvieh zum Fraß vorgeworfen wurden.
Und hat sich nicht Engelbert Humperdinck (1854-1921) mit dem Libretto zu ›Hänsel und Gretel‹, seiner glänzenden Musik zur gleichnamigen Oper, allen Gesetzen der Menschlichkeit zum Trotz, verhoben? Wer würde heuer einer Großmutter unterstellen wollen, dass sie dem Kannibalismus frönt? Diese Furcht wird oft Kleinkindern vermittelt, das ›ich‹ muss darunter leiden, man kann daran erkennen, wie es im Inneren ausschaut.
Die menschlichen Geschöpfe des Mittelalters hatten Angst, von einem Himmelskörper oder von der Pest kollektiv ausgelöscht zu werden. Daneben begann das zwanzigste Jahrhundert – vor dem realen Schrecken des ersten Weltkrieges – in ängstlich fiebriger Erwartung des sogenannten Halleyschen Kometen.
Der englische Mathematiker und Astronom Edmond Halley (1656-1742) sagte 1705 die Wiederkehr des von ihm entdeckten und benannten Halleyschen Kometen voraus. Das Ereignis sollte nach damaligen Voraussagen der Panikmacher zu Sylvester 1899, also zum Übergang auf das neue 20.?Jh. stattfinden. – Wie dem Autor dieser Schrift von seinen Vorfahren berichtet, haben die Menschen damals voller Schrecken versucht, ihre Vorsorge zur Unendlichkeit zu treffen, sie verschenkten Hab und Gut. Nicht Wenige wollten dem Todesereignis in der besagten Silvesternacht vorgreifen, um ihr Leben vor lauter Angst zu beenden.
Der Halleysche Schweifstern findet immerfort als Tragödie Platz in den Gazetten. Zum Ende des Jahres 2009 zeigt er sich im Sternbild des Orion und bei der Umlaufbahn um die Sonne wurden unzählige Staubteilchen abgestoßen, also Sternschnuppen, die nur etwa 10 Milligramm schwer, in der Atmosphäre verglühen. – Hat der Leser beim Anblick einer Sternschnuppe einen Wunsch? Vielleicht, angstfrei zu leben?
In Deutschland, und ansonsten in vielen westlichen Staaten wird schon lange begeistert ein solides Untergangszenario beschrieben. In den Achtzigern des letzten Jahrhunderts weiß der Öko-Aktivist Carl Amery (*1922), dass das Waldsterben der untrügliche Versuch der Gaia ist, die Welt zu vernichten.
Die Gaia-Hypothese – benannt nach der griechischen Erdgöttin, sie entstand aus dem Chaos – ist die in den 1970er Jahren aufgestellte Theorie, dass die Natur als eine Vielzahl von Ökosystemen, das heißt vielfältig gegliederten, selbst regulierenden Ganzheiten anzusehen ist, vielleicht sogar insgesamt eine Art Lebewesen darstellt. Begründet wurde sie von dem britischen Biologen James Lovelock (20. Jh.). – Zu dieser griechischen Sage nur so viel:
» Nach Hesiod gebar Gaia dem Himmel Uranos, die Berge, das Meer und, von Uranos begattet, Titanen und Zyklopen. Da Uranos seine Kinder hasste und sie in die Erde zurückstieß, entmannte der Jüngste, Kronos, mit Hilfe seiner Mutter den Vater. Aus den Blutstropfen, die auf die Erde fielen, gebar Gaia die Erinnyen und die Giganten. «
Haben wir nach all den schauerlichen Moritaten immer noch fortwährend Angst, die uns gruselig kribbelnd den Rücken hin-unter läuft?
Dennoch, die Apokalypse wäre ohne die Untersuchung des Philosophen Karl Jaspers (1883-1969) ›Die Atombombe und die Zukunft der Menschen‹ nur unvollständig. Dahinter ist sein Motto minuziös fassbar:
» Der Mensch möge zur Besinnung und zur radikalen Umkehr aufgerufen werden. «
Diese Verhaltensmaßregel irrlichtert andauernd in abgewandelter Form durch die Medien – Furcht verbreitend. So ist selbst jahrzehntelang vor dem Ende der nicht erneuerbaren Energie moralisiert worden, alle Zeitgenossen haben Unsicherheit gefühlt und wieder an das schwarz auf weiß Gedruckte, an das postulierte aktualisierte Gedankenziel beharrlich geglaubt.
Seit ihren Anfängen zielt die Warnung vor dem Weltuntergang darauf ab, die Menschheit in ihrem Größenwahn zu zügeln, sie daran zu erinnern, dass es Mächte gibt, größer als sie selbst, siehe Karl Jaspers. Die Menschheit wird von ihren Ängsten nicht zu befreien sein, seit Prometheus den Göttern das Feuer erschlichen, und Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gekostet haben. Alle Augenblicke haben sie die nächste Apokalypse herbei phantasiert, und im Stillen gehofft, somit den glückverheißenden Weg ins Paradies neu und geradewegs aufzuspüren.
Die Achtziger des letzten Säkulums bescherten uns eine spezifisch naturverliebte deutsche Spielart der Angst: Das Waldsterben. Eigenartigerweise haben uns damals die Franzosen aufs Maul geschaut, fanden jedoch in ihrer Sprache kein Äquivalent dieser Vokabel. So hat die französische Öffentlichkeit kurzerhand entschieden, die deutsche Kennzeichnung zu übernehmen und die Fingerzeige des Geschäftes mit der Angst recht populär als ›la waldsterben‹ übersetzt. Verfielen unsere westlichen Nachbarn etwa – von uns infiziert – in Elegie?
Jedenfalls deckt die angebliche Notlage mitnichten die Diagnose, die uns damals so sehr beängstigte, wir haben allen Grund in grüner Natur unsere fröhlichen Volkslieder zur Reputation des deutschen Baumes anzustimmen und notabene kommt der schöne alte Lindenbaum vor dem Vaterhaus ohne Blessuren in ungezählten Dezennien zu seiner verdienten Ehre.
Ein jedes Mitglied der vielen Wandervereine, das unsere wundervollen Lande durchstreift, um an der begrünten Baumnatur sein Vergnügen zu empfinden weiß, dass unglaubliche 34% der Fläche der Bundesrepublik mit überdurchschnittlich grünen Waldbeständen aufwarten können. Sie sind in hervorragend vitaler Konstellation. Gesundes Nutzholz überall, ob in Niedersachsen oder Bayern, Laub- Nadel- und Mischwald wechseln einander ab, keine Spur von Waldsterben, keine Anzeichen von Idiosynkrasien. – Selbst die Lobbyisten der Großgrundbesitzer sprechen nicht mehr von krankhaften Besätzen. Sie hatten in den Achtzigern vor einem immensen Baumsterben in Europa, besonders unserer Waldkulturen in der Bundesrepublik, gewarnt. Wüsten wurden vorausgesagt, alles zu Lasten des Automobilverkehrs.
Es waren die Großgrundbesitzer, die unsere Wälder zur Nutzung der Allgemeinheit pflegen, die bei vereinzelt auftretenden Schäden durch Regenmangel und Borkenkäfer in ihren ausgedehnten Beständen auf die Idee kamen, den Staat für einige kranke Bäume um Hilfe zu bitten, da die zu erreichenden Preise für Holz als Baustoff und als Ausgangsprodukt der Papierherstellung auf einem Tiefstand lagen.
Mit großem Erfolg wurden die Waldbesitzer von den Medien unterstützt, die bekanntlich Warnthemen besonders gerne aufgreifen, um ihren Absatz zu erhöhen. Das eigentliche Anzeichen war, es gab kein Gespräch am deutschen Stammtisch landauf, landab, das nicht mit dieser Kuriosität beschäftigt war. Von verkarsteten Wüsten in der Heimat war die Rede.
Nicht neu erscheint es, wenn besonders in unserer Periode die Ängste der Menschen geschürt werden. Nur auszugsweise kann aufgezeigt werden, auf welche Ideen angeblich seriöse mediale Gutmenschen kommen, um das ›ich‹ des irdischen Geschöpfes mit Panik zu verunsichern:
Abschmelzende Pole
Asiatische Viren
CO2-Gefahr
Deflation
Dioxin-Eier
Demographie
Bienensterben
Ehec-Bakterien
Erdbeben
Erderwärmung
Erdölschwund
Finanzblase
Flugzeugabsturz
Hochwasser
Hurrikane
Immigranten
Inflation
Integration
Islam
Jakobskreuzkraut
Klimakatastrophe
Kriege
Massenarbeitslose
Millennium-Bug
Robbensterben
Schweinevirus
Sintflut
Steuererhöhungen
Verkehrstote
Terroranschläge
Tsunami
Vogelgrippe
Waldsterben
Wassermangel
Wirtschaftskrise
u. v. a. m.
Kann sich das ›ich‹ an alle negativen Mutmaßungen erinnern, die den Untergang unserer Zivilisation hervorrufen mochten? Wie wird denn dabei das ›ich‹ reagieren, das ängstliche? Zweihundertfünfzig Sintfluten und immer noch nichts passiert? – Die Relation tödlicher Unfälle – 20.000 Menschen verstarben im Haus und Freizeit im Jahr, 15.000 an Krankenhauskeimen – gegenüber 46 verunglückten Flugpassagieren und 1.490 Autoinsassen. Seit 150 Jahren gibt es Viren.
Vermag nach all dem Krisengerede das ›ich‹ ohne physische Probleme dem Leben fröhlich und gelassen gegenüber stehen?
Im Frühjahr des Jahres 2009 kommt Kopflosigkeit auf, das Schweinevirus ist von Asien her im Vormarsch. Sogleich wird vor einer Pandemie – einer weltweiten Schweinepest – gewarnt. (Was nützt warnen?) In Deutschland geraten die Behörden in Hysterie. Das Therapeutikum Pandemrix soll bei normaler Grippe verabreicht werden. Jedoch ist deren Aktivität bisher nur im Labor erwiesen. Ob neue Mittel wirksam gegen den neuen Erregertyp sind, kann keiner sagen, zumal er ständig in andere Formen mutiert. Bei einer normalen Grippe könnte es den Effekt haben, die Krankheit um einen Wochentag?(!) zu verkürzen, also von etwa sechs auf fünf Tage. – Die Volkswirtschaft wurde mit hohen Ausgaben der Impfstoffe belastet. – Die Haltbarkeit ist im Herbst 2011 abgelaufen, die Kosten belaufen sich auf 240 Millionenen. Der amerikanische Epidemiologe Jefferson beurteilte alle Studien zum Ereignis Grippe aus dem Jahr 2010:
»Es stimmt, dass die Influenzaviren mitunter unberechenbar sind. Ich finde es trotzdem verrückt, welche Katastrophen uns Jahr für Jahr von Grippeexperten vorausgesagt werden. Diese Prophezeiungen werden schlimmer und schlimmer. Dabei ist bisher keine davon jemals eingetroffen. Was ist zum Beispiel aus der Vogelgrippe geworden, an der wir alle sterben sollten? Aber diese Leute machen trotzdem immer weiter mit ihren Vorhersagen. Es kommt mir vor, als wenn manche geradezu Sehnsucht nach der Pandemie hätten. Um diesen Begriff ist im Laufe der Jahre eine ganze Maschinerie aufgebaut worden.
Da hängt viel Geld dran, Einfluss, Karrieren, die Pharmaindustrie und ganze Institutionen. Es geht um Forschungsgelder, Macht und wissenschaftlichen Ruhm. Ich sehe keinen graduellen Unterschied der sogenannten Schweinegrippe zur normalen Grippe und keinen Grund für eine Impfung.«
Wasserknappheit wird seit einiger Zeit beschworen, geht in Zentraleuropa der Regen aus? Solche Äußerungen sind eine Farce. – Nun sind WC-Wasserspüler mit zwei Einstellungen versehen, mit Normal- und Sparprogramm. Die Folge ist, dass bei ideologisch grün-gewollter minimale Wassermenge – warum soll das gut sein – die Abwasserspülung in den Wohnhäusern und in den unterirdischen Kanälen nicht mehr funktioniert, die geringere Wasserführung kann den Schlamm nicht mehr auswaschen. Hohe Reparaturkosten in Privathäusern und öffentlichen Systemen sind unabwendbar.
Während dieses Buch der Entstehung entgegen drängt, trifft zu dieser Materie aus Brüssel die erwartete Antwort ein: Es sollen nur Duschköpfe mit Durchflußbegrenzer auf den Markt kommen. Das Gesetz ist im Jahre 2011 in Vorbereitung. Fließt aber weniger Wasser durch die Rohre, droht das nasse Medium zu verkeimen. Neue, schlankere Rohre müssten dann die Fließgeschwindigkeit erhöhen. Kosten allein bei dem Wasserunternehmen Gelsenwasser Aktiengesellschaft 400 Millionen Euro.
Und dabei sind unsere Talsperren bis zum Überlaufen mit dem unentbehrlichen nassen Elixier des Lebens gefüllt. – Was aber haben die Miesmacher mit ihren widersprechenden Parolen erreicht? Auf eine formale Beweisführung warten wir mit faustischer Befürchtung. Wir werden darauf vergeblich hoffen, denn anders als in Kriegszeiten, gibt es keine Entwarnung, der Angstzustand bleibt also unterschwellig im Besatz des ›ich‹ bewahrt. Über den Nutzen der einmal eingeführten und nicht mehr rückgängig zu machenden kontradiktorischen Maßnahme mit dem Markenzeichen von Gesetzen und Paragraphen denkt kein Mensch mehr nach.
Während Wissenschaftler gegen besseres Wissen annehmen, der Leitgedanke Wetter wird erst in der nachindustriellen Phase von besonderem Einfluss sein, besser gesagt, mitten in der Wohlstandphase, sollten wir nicht verkennen, dass ein Klimawandel seit Bestehen des Globus ein besonderes Merkmal unseres Weltkörpers ist.
Alle Politiker und viele Wissenschaftler sprechen von der Erderwärmung, als wäre sie ein von Menschen gemachtes Problem. Also muss mit einem nicht mehr erkennbaren finanziellen Aufwand der Globus, der sich angeblich erwärmt, geschützt werden. – Interessant und zur der Begutachtung der Leser wird es nun kühler als prognostiziert. Die Sonneneinstrahlung auf die Erde ist zurückgegangen, sie bestrahlt uns weniger, als kluge Leute erklären wollen. Im Jahre 2008 bestrahlte die Sonne pro m21.360 Watt. Klimaforscher gingen von 1.365 Watt aus. Welche Folgen diese Korrektur in der Klimadebatte hat, ist abzuschätzen: Politiker und Wissenschaftler werden die einmal eingeschlagene Prozedur einhalten wollen.
Als exzellenter und detailgenauer Romancier des ›ich‹ und der Lebenswelt ist Henry Miller (1891-1980) bekannt geworden. Zu einem Zeitpunkt, zu dem von einer Mehrung des Kraftfahrzeugverkehrs mit einem gewissen Ausstoß von C02 überhaupt keine Rede sein konnte, berichtete er bereits im Jahre 1934 in seinem Roman ›Wendekreis des Krebses‹:
»So ruhig fließt die Seine dahin, dass man ihr Vorhandensein kaum wahrnimmt; still und unaufdringlich, wie eine große, den menschlichen Körper durchlaufende Ader. Die Sonne geht unter. Ich fühle diesen Fluss durch mich hindurchfließen – seine Vergangenheit, seine altehrwürdige Erde, das wechselnde Klima. Die Hügel umgürten ihn sanft, sein Lauf ist festgelegt.«
Alles fließt – panta rei – sagt der griechische Philosoph Heraklit (550-480 v. Chr.), nicht nur die Pariser Seine, gleichfalls das Klima. Es hat seit Bestehen der Erde stets ein Alternieren von Warm- und Kaltzeiten gegeben. Wir stellen uns darauf ein. Beeinflusst diese naturgemäße Folge unser ›ich‹, unsere Furcht?
Zum Leitgedanken der Klimaveränderung hat der russische Gletscherforscher Kotljakow von massivem Rückgang der Gletscher bis zum Jahre 2350 geschrieben, die Schreckens-Forscher machten daraus den Jahrgang 2035, eilige Hilfe schien den Politikern geboten, es gäbe nur noch 25 Jahre Zeit zur Umkehr, den Planeten in Ordnung zu bringen. Ein Drehfehler der konstatierten These, eine kommentarlose Sensation.
Zu jener Zeit, kaum hatte man den Schrecken des Krieges von 1945 mit womöglich 55 Millionen Toten in Gedanken versucht zu verarbeiten, da erhitzte die Angst vor dem Atomtod. Einer völlig negativen Indoktrinierung dieser angeblichen Gefahr sahen sich die Bundesbürger ausgesetzt. Der absolute GAU – ›größter anzunehmender Unfall‹ – stand den erregten Gemütern angeblich unmittelbar ins Haus. Und wie reagierte das ›ich‹?
In den Sechzigern entdeckte dann der ›Club of Rome‹ die Ökologie als weites und fruchtbares Feld für Untergangsängste. Diese weltweit wichtige Institution, gegründet 1968 als informeller Zusammenschluss von Wissenschaftlern, Politikern und Wirtschaftsführern aus 53 Ländern, hatte als Ziel die Absicht der Erforschung der Menschheitsprobleme, vor allem der wirtschaftlichen, politischen, ökologischen, sozialen und demographischen Situation der Menschheit. Der Zeitpunkt der Gründung war für einen weltweiten Zuspruch gut gewählt, gab es doch in der westlichen Hemisphäre Aufbruch aus den alten Denkmodellen, die sich nicht nur mit den Studentenunruhen dokumentierten.
Gar nicht unklug und zu Recht behauptete die Vereinigung, die Ressourcen dieser Welt gehen zu Ende. Jedenfalls fehlte bei dieser Prophetie das Datum der zu erwartende Periode. Es gab keine Angabe zum zeitlich Sichtbarwerden des Exitus der von der Schöpfung zur Selbstbestimmung der Lebewesen einge-brachten Bodenschätze. In der Genesis heißt es, »…macht euch die Erde untertan…«. Die biblische Beschreibung des Paradieses mit der unbilligen Strafversetzung von Adam und Eva wegen begangener Sünde und die uns vorderhand in Furcht versetzende, ach so schreckliche Vergeltungsmaßnahme:
»Im Schweiße Deines Angesichtes…«
Angst pur? – Berichte wie ›Die Grenzen des Wachstums‹ von Denis Meadows 1972 fanden ein völkerumspannendes Echo; der Schriftsteller erhielt 1973 auf der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. – Der Verfasser dieser Abhandlung war selbst nach eingehendem Studium von Meadows beängstigenden Prognosen und dem aufgezeichneten Krisen-Scenario beeindruckt, die Endlichkeit der weltweit verfügbaren Ressourcen auf diesem Himmelskörper schien tatsächlich in unmittelbare Nähe gerückt. (s. Anhang S. 291)
Augenblicklich hat es Gott sei Dank den Anschein, dass die aufgezeichnete Endzeitstaffage des Club of Rome bis jetzt nur als Schall und Rauch zu gelten hat. Das Problem bleibt erhalten, jedoch für einen in der Zukunft liegenden und nicht bestimmbaren Zeitpunkt; gemessen am Bestehen der Weltkugel gleichwohl weniger als eine Mikrosekunde. Jedenfalls nehmen wir jetzt wahr, dass das Pamphlet ›Die Grenzen des Wachstums‹ voller unbewiesener Erklärungsversuche ist und dass darin Fehlprognosen überhand nahmen.
Zu den chemischen Rohstoffen übergehend, wissen wir, dass die großen Vier Erdöl, Erdgas, Kohle und Uran nicht erneuerbar und nach wie vor die Stützen unserer Energieversorgung sind. Dem Anschein nach sind explorierbare Erdgüter unbegrenzt vorhanden, die dem rasanten Ausbau der Weltwirtschaft und der Versorgung der über sieben Milliarden Menschen seit dem 19. Jahrhundert zu verdanken sind. –
Die Fossilien sind in Jahrmillionen der Erdzeit in unterirdischen Kavernen eingelagert und werden sich nie mehr ansammeln lassen. Das bedeutet, die Erdbewohner treiben seit mehr als einhundert Jahren einen nicht wieder gut zu machenden Raubbau. Die neueren Theorien besagen jedoch, die bekannten und nach jetzigen Maßstäben explorierbaren Reserven sind rund einhundert Mal?(!) größer, als die in der Geschichte geförderten Mengen, deren Abbau allerdings technisch zur Zeit nicht machbar, oder zu teuer ist, übersteigen die Reserven wieder einmal um den Faktor zehn. Dementsprechend ist Energie weit in Zukunft im Überfluss vorhanden. Im August 2011 berichtet die FAZ: ›Überall wird plötzlich Öl gefunden.‹ Ingenieure rechnen im Iran die Reserven für 100 Jahre hoch. –
Im Januar 2012 melden die Printmedien: »Die weltweit größten Erdölvorkommen liegen in Venezuela und Brasilien, sie müssen nur gefördert werden«
Die Automobilindustrie hat bis dahin Jahrzehnte Zeit, alternative Antriebssysteme zu erfinden. Eine überaus lange Zeit, wenn man bedenkt, dass das Automobil erst etwas länger als dieser Zeitabschnitt auf der Erdkugel erscheint, die Massenproduktion von Kraftfahrzeugen freilich erst vor rund achtzig Jahren in Gang kam. Welche überwältigenden Innovationen hat dieser industrielle Sektor seitdem hervorgebracht? Der Fortschritt wird gewiss die Antriebstechnik revolutionieren.
Die Fortbewegung in andere Regionen war seit Urzeiten ein gehegter Wunsch der Menschheit; das ergibt allein die Interpretation der Wanderbewegungen der frühen Sammler. Oder die Völkerwanderung der Stämme aus Osteuropa im 4.?Jh. Um nur einige zu nennen, es waren Hunnen, Ostgoten, Daker, Slaven, Wandalen, Langobarden und Alemannen. – Die frühgeschichtliche Reiselust des Menschen ist vielleicht damit zu erklären, dass Genforscher herausgefunden haben, die Fortbewegung ist in den Erbfaktoren impliziert. Demzufolge unreflektiert abzuleiten, Immanuel Kant, der zu Lebzeiten seine Geburtsstadt Königsberg nicht verlassen hat, hätte vielleicht einen Gendefekt gehabt? Diese Schlussfolgerung ist unangebracht und wird dem großen Philosophen nicht gerecht.
Das Reisen per Automobil ist heutzutage ungleich bequemer geworden, selbst die Pferdekutschen im vorvergangenen Jahrhundert waren nicht sonderlich komfortabel, wovon uns schon Goethe beiläufig, aber mit beredten Worten auf seiner ersten Reise nach Italien im Jahre 1786 berichtet. – Von dem Massenphänomen Auto- oder Flugverkehr konnte er überhaupt nichts ahnen.
In dem unterhalb zitierten Referat aber wird den Forschern der schwedischen Königlichen Hochschule in Stockholm eine besonders neutrale Interessenlage zugestanden werden müssen, da sie gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern und Experten von internationalem Renommee, allen Ängsten, die Öl- und Gaslagerstätten sind bald erschöpft, widersprechen.
Sie hatten unlängst in einer Studie widerlegt, dass Öl und Gas nur aus fossilen Pflanzen und Tieren entstanden seien, die im Erdboden über hunderttausende bis Millionen von Jahren verwitterten. Sollten diese Wissenschaftler recht behalten, so wäre das prognostizierte Finale der Erdöl- und Erdgaslagerstätten in ferne Zukunft verschoben.
Diese aufschlussreiche Studie ist in der Septemberausgabe 2009 des seriösen Magazins ›Nature Geosciecen‹ nachzulesen.
» Unser Blick in die Zukunft, die des nächsten Jahrhunderts, ist positiv: In hundert Jahren wird das Erdöl weltweit dabei in erheblicher Menge exploriert und raffiniert. Die Förderung wird wahrscheinlich teurer und mithin ebenso das Produkt Petroleum. Die Technik wird sich der Teuerung anpassen und infolgedessen alternative Möglichkeiten gegenüber den Verbrennungsmotoren der Straßenfahrzeuge entwickeln. «
Ein kaum zu glaubendes Ereignis aus der Vergangenheit in den Prinzipien von Bangigkeit: Die deutsche Grünenpolitik setzte vor mehr als 35?(!) Jahren für den 25.11.1976 ein Autofahrverbot durch, es gab daraufhin einen autofreien Sonntag. Angstmacher hatten davor gewarnt, die Vorräte an Erdöl seien nicht einmal bis zum Jahrtausendwechsel 2000 vorhanden.
Wie soll das ›ich‹ die Schreckmacher verstehen, sind sie rein ideologisch den Politikern der Grünen Fraktionen anzulasten, weil sie keine anderen Probleme bewältigen können?
In diesem Zusammenhang sollte so manch angeblich philanthropischer Klugmensch die Struktur zwischen vermeintlicher Umweltzerstörung und der Natur des Weltenkörpers in seinem Fortschreiten ansehen. Kann er aber nicht: Denn dann verliert er die Basis seiner argumentativen Rechtfertigung des eigenen Bestehens und seine Daseinsberechtigung als angeblicher Schutzherr aller hiesigen weltlichen Populationen.
Über abschmelzende Firne gibt es eine kuriose und zugleich wahre Begebenheit rund um den 24?km langen Aletsch-Gletscher im Schweizer Kanton Wallis. Die Bergbauern an dieser mächtigen Eisdecke sparen nun nicht mehr mit dem Selbstvorwurf, sie hätten früher um dieses Naturspiel zu viel gebetet. Doch der Strom des Eises bewegt sich entsprechend der Klimaschwankungen. Alle paar hundert Jahre stößt der Gletscher ins Tal vor, um sich anschließend wieder nach oben hin zu verringern.
Aber seit der napoleonischen Epoche, also zum Beginn des 19. Jh., setzte eine Rückzugsphase ein, die andauert. Derweil die Bauern damals für mehr Wärme und baldige Beseitigung der unwirtlichen Schneemassen beteten, fleht die allgegenwärtige Tourismusindustrie jetzt um einen Wiedervorstoß der Eismassen bis in die Täler hinein.
Deren Beschwörung könnte erhört worden sein, denn die Wettersatelliten sagen, dass die Temperatur seit fünf Jahren wieder abkühlt. Dieser Rapport zeigt konträr zur wieder behaupteten Erwärmung unseres blauen Planeten, es stimmt etwas nicht mit den Prognosen der angeblichen Wissenschaftler.
Indem diese Version entsteht, meldet DER SPIEGEL in einem Artikel zur Erwärmung der Weltkugel, sie sei ins Stocken geraten. Innerhalb von 30 Jahren ist die durchschnittliche Temperatur um 0,7° gestiegen. In den letzten 10 Jahren trat keine Veränderung ein, also beträgt die Temperatur 0,0 Grad Celsius. Verringerte Sonnenaktivität und Pazifische Dekaden-Oszillation, in der das Tiefenwasser dort als Strömungsfluss am Äquator aufsteigt, macht man momentan für den Wandel pflichtig.
Es reicht dem Anschein nach ein örtlich überschaubares Schreckensszenario nicht mehr aus, um Menschen zu verängstigen, nein, es muss eine gravierende Gefahr für den ganzen Erdball heraufbeschworen werden.
Und wieder ging eine Schreckensmeldung um die Welt, die die ganze Menschheit ausrotten könnte: ›Giftpflanze in ganz Europa auf dem Vormarsch!‹ Das Gift des Jakobskreuzkrauts kann Pferden und sogar Menschen quasi gefährlich werden. Es soll in geringen Mengen inkorporiert, langfristig Leberkrebs verursachen, bei größeren Gaben einen tödlichen Leberschaden. In Äthiopien seinen mehr als 300 Menschen an diesem Kraut gestorben. Gleichfalls verstarb in Baden-Württemberg ein Baby, die Mutter hatte verseuchten Tee getrunken.
Während in Deutschland exakt für den 22. November des Jahres 2010 Anschläge der Terroristen im inneren Kreis um Bin Laden (al Quaida) von den Staatssicherheitsdiensten attestiert worden sind, war dann die Enttäuschung der ermittelnden amerikanischen und deutschen Behörden groß: Alle starten auf diesen Termin, ein riesiges Aufgebot von Polizei und Sicherheitskräften überwachten schwerbewaffnet den Reichstag in Berlin, Bahn- und Flughäfen rund um die Uhr, doch blieb erwartungsgemäß der große Schlag aus. – Erst nach 8 Wochen wurde der blinde Alarm stillschweigend abgeblasen, der Steuerzahler blutete um eine dreistellige Millionensumme.
Der Informant der angeblichen Aktion war ein in Amerika gefolterter unbedarfter Araber, der sich die Sache aus den Fingern gesogen hat, um Ruhe vor den Ermittlern zu finden. In der westlichen Welt wurden wegen dieses aufgepfropften Eingeständnisses Millionen gegen Abwehr ausgegeben, die Öffentlichkeit war um besondere Aufmerksamkeit angehalten. Schließlich hatte die Sache doch einen sichtbaren Erfolg, denn die Bevölkerung wurde dadurch wiederum panikisiert, war es doch in der letzten Zeit nicht zu besonderen Vorkommnissen der Terroristen gekommen. Aber der Schauder muss ja erhalten bleiben. Das ›ich‹ war in großer Unruhe, wenn es denn überhaupt ob der Gefahr einzelner Personen bei einer Population der vielen Millionen Einwohner Europas und in Übersee in Gefahr war?
Die oben veranschaulichten Vorzeichen der Angsttreiberei sind eine Bagatelle gegenüber den in der Adventszeit des gleichen Jahres gemachten Äußerungen einer der höchsten Deutschen Politiker. Allen Ernstes wurde von der Politik behauptet, die Terroristen hätten die Absicht, als nächsten Anschlag einen Atombombeneinsatz zu planen. Gibt es darüber hinaus noch einen Komparativ der Angstmache?
Eine apokalyptische Prophezeiung dürfte weit über den Angstpegel der Nuklearwaffen hinausgehen, nämlich der Weltuntergang am 21. Dezember 2012 Jahres. Der Zyklus des alten Mayakalenders endet an diesem Tage, will heißen, der Untergang der Welt ist genau datiert. Weltweit bereiten sich Esoteriker auf das Ende vor, Kulturhistoriker und Sektenführer finden ein reichliches Betätigungsfeld.
Es würde Seiten füllen, wenn alle unverantwortlichen Panikmacher der letzten Jahrzehnte aufgelistet würden. Aber die Frage ist doch, von wem kommen die Hiobs-Weltuntergangs-Nachrichten und wem nützen sie?
Welche Fakultäten oder welche Disziplinen könnten an einer allgemeinen Schreckpsychose interessiert sein? Eine einleuchtende Begründung kann man nicht so leicht entdecken, es helfen nur Spekulationen, die da wären: Politiker, Journalisten, Medien, Religionen, Staaten, Regierungen, Behörden, Verkäufer von Mangelprodukten, Börsengurus, Diktatoren, Ärzte, Pharma- und Lebensmittelkonzerne, Warengattungen aller Art herstellende Industrieunternehmen und viele andere mehr.
Wem soll mit dem Gerede von grausigen Prognosen eine Heidenangst gemacht werden? Die Antwort kann gleichermaßen nur auf einem Erklärungsversuch basieren: Allen Menschen mit besonders ängstlichem ›ich‹-Bewusstsein wie Verbraucher, Alte, Eltern, Bezieher von Medien, TV-Gucker, Menschen wie Sie und ich. Sind wichtige Gruppen ausgelassen?
Kann es in dieser angstvollen Misslichkeit einen Balsam geben, um sozusagen einen Nutzen aus der Urangst zu erkennen? Søren Kierkegaard, der norwegische Philosoph aus Sædding hat eine besondere Auffassung zur Furcht, die Hoffnung machen soll, wenn er behauptet:
»Die Angst lähmt nicht nur, sondern enthält die unendliche Möglichkeit des Könnens, die den Motor menschlicher Entwicklung bildet.«
Mit unserer Kernfrage ›wer bin ich?‹ sieht es nach diesen strikten Vollzügen sinister aus. – (s. Seite 291)