Читать книгу 11 Top Thriller März 2022: Krimi Paket - Manfred Weinland - Страница 75

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ES WAR SCHON SPÄT, als wir wieder das Bundesgebäude an der Federal Plaza erreichten. Die meisten Kollegen hatten längst Feierabend gemacht. Nur in Mister McKees Büro brannte noch Licht. Seit unser Chef seine gesamte Familie durch ein Verbrechen verloren hatte, hatte er sich zu hundert Prozent dem Kampf gegen die Kriminalität gewidmet. Morgens war er in der Regel der erste von uns allen, der in seinem Büro saß und häufig genug war er bis spät in die Nacht noch tätig.

Milo und ich schauten bei ihm vorbei, um ihm einen kurzen, zusammenfassenden Bericht zu geben.

„Die Fingerabdrücke und das Suchergebnis der Computerabfrage sowie die Tatortfotos schicken uns die Kollegen aus Hoboken noch auf den Rechner“, meinte ich. „Ich werde gleich mal nachschauen, ob die Daten schon angekommen sind.“

„Aber spätestens dann machen Sie beide für heute Feierabend, Jesse.“

„Wenn das eine Dienstanweisung ist, Sir!“

Mister McKee lächelte verhalten. „Das ist es“, setzte er noch hinzu.

„Gibt es irgendetwas Neues von Ribesco?“, fragte ich.

„Allerdings!“, antwortete Mister McKee. „Clive und Orry waren ja heute mit ein paar anderen Kollegen in seiner Wohnung. Vergeblich. Ribesco schien bereits auf und davon zu sein. Vor fünfzehn Minuten hatte ich einen Anruf von der City Police. In einer Filiale von HOT & SPICY hat es eine Schießerei gegeben. Ribesco war irgendwie darin verwickelt. Die genauen Hintergründe liegen noch im Dunkeln. Ich weiß nicht, ob es was bringt, aber vielleicht lohnt es sich, wenn wir da mal genauer nachhaken.“

„Da scheint einfach jemand immer einen Schritt schneller als wir zu sein“, meinte ich. „Umso wichtiger ist es, Tasha Grath zu verhaften. Ich bin überzeugt davon, dass sie uns noch sehr viel mehr über die Hintergründe des Doppelmordes in der Elizabeth Street sagen könnte.“

„Es ist seltsam, Jesse. Clive hat versucht, seine Kontakte in Little Italy spielen zu lassen. Sobald der Tod von Jack Fabiano erwähnt wird, breitet sich überall Schweigen aus...“

„Ich glaube, da zittern einige große Bosse ganz schön, schließlich könnten die Ermittlungen noch so einiges an den Tag bringen, was den einen oder anderen von ihnen mit in den Abgrund reißt“, glaubte Milo. „Schließlich weiß ja niemand von uns, ob Jack Fabiano nicht bereits irgendwelche Aufzeichnungen über sein Leben angefertigt hat, die vielleicht irgendwann auftauchen.“

„Clive glaubt nicht daran, dass die Mafia hinter diesem Mord steckt“, gab Mister McKee zu bedenken. „Ich gebe allerdings zu, dass das lediglich eine sehr persönliche Einschätzung ist, die nicht mit genug Fakten unterlegt werden kann, um die Mafia-Spur wirklich schon völlig auszuschließen.“

Milo und ich gingen in unser gemeinsames Dienstzimmer. Ich fuhr den Computer hoch. Die Daten der Kollegen aus Hoboken waren eingetroffen.

Der Tote in Doreen Staffords Wohnung hieß Mace Collins, war 33 Jahre alt und hatte in den vergangenen Jahren als Türsteher und Leibwächter gearbeitet. Eine Bewerbung bei der Army war im Alter von 19 Jahren gescheitert. Er hatte weder den schriftlichen noch den psychologischen Eignungstest bestanden, während er allerdings in der sportlichen Prüfung überdurchschnittliche Ergebnisse erreicht hatte.

Es standen eine ganze Reihe von Verurteilungen auf seinem Strafkonto. Die meisten hatten etwas mit Drogen oder Körperverletzung zu tun. Ein Verfahren wegen Zuhälterei war nach einer Anhörung vor der Grand Jury wegen mangelhafter Beweisführung durch die Staatsanwaltschaft niedergeschlagen worden und in einem Mordprozess, bei dem bei einer Schießerei in einer Diskothek in Alphabet City fünf Menschen ums Leben gekommen waren, war er kurzzeitig als Verdächtiger festgenommen und verhört worden. Zu einer Anklage war es aber auch hier nicht gekommen. Der Hauptbelastungszeuge, der Mace Collins als einen der Schützen bei der Schießerei zunächst anhand eines Fotos eindeutig identifiziert hatte, änderte bei der Gegenüberstellung plötzlich die Meinung und konnte sich auf einmal nicht mehr daran erinnern, den Verdächtigen erkannt zu haben.

„Ein schlimmer Finger!“, meinte Milo.

„Naja, es gibt Schlimmere“, schränkte ich ein.

„In den letzten drei Jahren ist etwas ruhiger um ihn geworden“, meinte Milo. „Kann natürlich auch sein, dass er einfach etwas cleverer geworden ist und sich nicht mehr erwischen lässt.“

„Wir müssten wissen, mit wem der Kerl zurzeit arbeitet, mit wem er sich getroffen hat und dergleichen.“

„Die Frage ist doch, wer diesen Gorilla losgeschickt hat“, sagte Milo.

„Aber an die kommen wir nur über die Handlanger heran.“

„Vom verwendeten Kaliber her könnte er auch einer der beiden Mörder sein, die Fabiano und Carter auf dem Gewissen haben.“

„Warten wir einfach den ballistischen Bericht ab!“, schlug ich vor.

Ich fuhr den Rechner herunter.

Anschließend verließen wir das Bundesgebäude. Wir fuhren mit dem Sportwagen nordwärts Richtung Upper Eastside.

Bevor ich Milo an der bekannten Ecke absetzte, gingen wir noch in eine rund um die Uhr geöffnete Snack Bar, in er man auch um dies Zeit noch einen Hot Dog bekommen konnte.

Wenn man um diese Zeit in einer Snack Bar sitzt, trifft man einen ganz bestimmten Menschenschlag.

Subway-Angestellte, die von ihrer Nachtschicht kommen zum Beispiel. Oder Angehörige des Krankenhauspersonals, wo auch rund um die Uhr gearbeitet werden muss. Zeitungsausträger, Lieferanten, Kurierfahrer, die entweder mit dem Wagen oder per Fahrrad unterwegs sind.

„Fürs Frühstück ist es noch zu früh“, meinte Milo und hob dabei seinen Hot Dog etwas an. „Für so etwas hier aber eigentlich auch schon zu spät, oder?“

Ich war wohl nicht so richtig bei der Sache.

„Hey, bist du noch wach?“, fragte Milo.

„Klar doch!“, meinte ich.

„Worüber grübelst du nach?“

„Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir in diesem Fall den entscheidenden Dreh noch nicht gefunden haben. Das, was alles miteinander verbindet!“

„Vielleicht gibt es so eine Verbindung gar nicht, Jesse. Vielleicht sind es verschiedene Fälle, die nur oberflächlich betrachtet etwas miteinander zu tun haben.“

„Nein, das glaube ich nicht.“

„Egal was du glaubst. Es ist besser, wenn wir wenigstens noch ein paar Stunden schlafen!“ Und mit diesen Worten schlang er den letzten Rest seines Hot Dog hinunter. Ich ließ hingegen die Hälfte von meinem stehen. Irgendwie fehlte mir in dieser Nacht der richtige Appetit.


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