Читать книгу Dorfgeschichten und mehr ... - Manfred Wiedemann - Страница 16
Jagdgeschichten Ein neuer Jagdpächter
ОглавлениеEin Jäger hatte im fortgeschrittenen Alter eine Jagd gepachtet. Um seine Bauern näher kennenzulernen, war es die beste Möglichkeit, mit ihnen in der Dorfwirtschaft am Stammtisch zu sitzen. Aber auch die Bauern legten Wert darauf, über ihren neuen Jagdpächter Näheres zu erfahren. Und so ergab sich manches Gespräch über Gott und die Welt. Die Anwesenden waren alle im reiferen Alter, so blieb es nicht aus, dass man über Themen aus der guten alten Zeit sprach. Wie gut die Jagd noch in früheren Zeiten war, aber auch wie mühselig früher die Bauernarbeit gewesen sei. Natürlich behaupteten die Bauern, dass ihre Jagd auch heute noch von Hasen und Rehen nur so wimmele und dass man die Jagd eigentlich viel zu billig abgegeben habe. Der Jäger dagegen meinte, er habe die Jagd viel zu teuer erworben und die Bauern hätten sich auch früher bei der Arbeit nicht umgebracht. Darauf meinte einer der Anwesenden, ob der Jäger es nicht für schwere Arbeit halte, wenn man einen Zweizentnersack über mehrere Stiegen auf den Dachboden geschleppt habe. Der Jagdpächter antwortete, dass er dies schon anerkenne, aber dass er, der Jäger, dies auch jetzt noch schaffe. Die Antwort war ein hämisches Gelächter. Der Weidmann aber blieb bei seiner Behauptung.
Nun schlug einer der Bauern vor, dass man ja wetten könne, dann würde man sehen wie stark unser Jäger sei. Dieser erklärte, dass es schwieriger sei, eine Wildsau zu bergen, als so einen Zweizentnersack auf den Dachboden zu tragen. Er nehme die Wette aber gerne an und an zehn Maß Bier sei ihm nichts gelegen.
Da der Gastwirt neben seiner Kneipe auch eine Landwirtschaft betrieb, wurde nach einem entsprechenden Sack gesucht und dieser auch gefunden. Er wurde mit Getreide gefüllt und nun sollte der Jäger seine Kraft beweisen. Der Jäger schüttete das Getreide wieder zu dem übrigen Haufen, nahm den Sack und spazierte damit treppauf und treppab. Natürlich protestierten die Bauern, dass das ein Schwindel wäre und man so nicht gewettet habe. Der Jäger aber meinte, es wäre immer nur um einen Zweizentnersack gegangen, von einem Inhalt sei nie die Rede gewesen. Er sei aber gerne bereit, auf die Hälfte des Wetteinsatzes zu verzichten, denn er vermute, dass die Bauern auch heute noch weder zwei Zentner tragen könnten, noch all zuviel Bier vertragen würden. Hier aber hatte sich der Jäger geirrt. Denn die Bauern waren im Konsumieren von Bier noch weit standfester, als im Tragen von schweren Gewichten. Der Jäger zahlte deshalb freiwillig noch so manchen Liter Bier und es wurde ein langer und vergnüglicher Abend.
Das Kennenlernen des neuen Jagdpächters hatten sich die Jagdgenossen allerdings in mancher Hinsicht anders vorgestellt.