Читать книгу Dorfgeschichten und mehr ... - Manfred Wiedemann - Страница 17
Der gesunde Fuchs
ОглавлениеDurch meine Jagd zogen sich drei Bäche, die sich an der Jagdgrenze vereinigten. Eigentlich waren es keine Bäche, sondern künstlich angelegte Kanäle, die sich „Schandgräben“ nannten. Wie sie zu diesem Namen kamen, konnte ich leider nie feststellen. Möglicherweise wurden sie so genannt, weil es mühselig, also eine Schande war, diese Gräben mit Pickel und Schaufel vor langer Zeit anzulegen. Der Hauptkanal war aber etwa fünf Meter breit und führte auch bei normalem Wetter circa einen halben Meter hohes Wasser. Und in diesem Bach tummelten sich oft ein paar Enten.
Ich ging also mit Hund und Flinte diesen Bach entlang, um, wenn es sein wollte, einige Enten zu schießen. Mein Weimaraner-Langhaar-Rüde „Kuno vom Falkentann“ ging immer ein paar Meter vor mir, da der die Vögel, auch wenn ich sie nicht sehen konnte, hoch machte. An diesem Tag war leider keine Ente im Wasser.
Plötzlich sprang aus dem mit Schilf bewachsenen Ufer ein Fuchs ins freie Feld. Ich war davon überrascht, drehte mich in seine Richtung und warf ihm überhastet einen Schrotschuss nach. „Den hast du wohl nicht getroffen!“, dachte ich, denn er sprang wie gesund ab. Mein Hund folgte ihm und ich wusste, dass er die Jagd bei einem gesunden Fuchs nach einer kurzen Strecke aufgeben würde. Es kam aber anders. Hund und Fuchs verschwanden aus meinem Gesichtsfeld, was ich sonst bei Kuno und einem gesunden Fuchs nicht kannte.
Nach ungefähr zwanzig Minuten kam der Rüde mit dem Fuchs im Fang zu mir zurück, setzte sich und gab mir den Roten aus. Nur ein Jäger, der mit Hunden arbeitet, kann diese Leistung nachvollziehen. Ich liebelte meinen Hund überschwänglich ab und war in diesem Moment wohl der glücklichste Mensch der Welt. Beim Abbalgen des Fuchses wurde festgestellt, dass dieser drei Schrottreffer auf seinem Hinterteil hatte. Damit hätte der, wenn auch mit kurzzeitigen Schmerzen, sicher überlebt. Für den Hund aber war dies kein gesunder Fuchs und es war für ihn klar, dass er diesen Fuchs fangen, abwürgen und bringen musste.