Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Manuel Ladiges - Страница 20

2. Wahrheitsermittlung als Ziel des Strafprozesses

Оглавление

7

Häufig wird als das (bzw. zumindest als vorrangiges) Ziel des Strafprozesses die Ermittlung der materiellen Wahrheit genannt. Der Zusammenhang zwischen dieser Aufgabe und der Verwirklichung des materiellen Strafrechts liegt auf der Hand: Durchsetzung des Strafanspruches bedeutet, dann zu bestrafen, wenn tatsächlich eine pönalisierte Handlung erfolgte. Ob dies aber der Fall war, ist gerade eine Frage der zu ermittelnden Wahrheit, wenn man „Wahrheit“ als „Übereinstimmung von Vorstellung und Wirklichkeit“ versteht. Inwieweit man hier wissenschaftstheoretisch das Finden einer „wirklichen“ Wahrheit im Sinne einer Theorie der tatsächlichen Korrespondenz oder – überzeugender – stets nur das Erreichen einer mehr oder weniger großen Wahrscheinlichkeit für möglich hält,[20] spielt dafür keine ausschlaggebende Rolle (und wird im Übrigen auch durch § 261 StPO relativiert): Anzustrebendes Ziel des Strafprozesses muss stets die „Wahrheit“ sein, deren Erreichen man für möglich hält. Dieses hohe Maß an Wahrscheinlichkeit (und nicht nur ein geringfügiges Überwiegen der Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung) ist es nämlich auch, welches in der Wissenschaftstheorie verbreitet an die Stelle einer Wahrheit im Sinne der Korrespondenztheorie gesetzt wird.

8

Ein alleine auf die Wahrheitsermittlung (als Endzweck) gerichtetes Prozessziel würde dagegen zu kurz greifen. Dies nicht nur, weil der Prozess kein historisches Forschungsvorhaben ist[21] und an seinem Ende keine Verlesung eines Protokolls über den Tathergang, sondern die Verkündung einer Entscheidung steht.[22] Vielmehr ist zum einen die Suche nach der Wahrheit in zahlreichen Fällen bewusst „prozessual verfälscht“,[23] da es nach einer vielfach wiederholten Formulierung des BGH gerade „kein Grundsatz der StPO (ist), dass die Wahrheit um jeden Preis erforscht werden müsste“;[24] zum anderen erfolgt die Suche nach der Wahrheit sogar dort, wo nicht auf sie verzichtet werden soll, nicht um ihrer selbst willen, sondern als Grundlage für das spätere Urteil bzw. für die im Strafverfahren erstrebte „Beseitigung der Folgen einer Verdachtssituation“.[25]

Handbuch des Strafrechts

Подняться наверх