Читать книгу POLYGLOTT on tour Reiseführer Bella Italia - Manuela Blisse - Страница 13
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Die Laubengasse in Bozen – hier auf einem Foto aus den 1880er-Jahren – erwies sich als erfolgreiches Geschäftsmodell, das den Kaufleuten beachtlichen Wohlstand bescherte. Kein Wunder, dass die Häuserfassaden immer prächtiger gediehen und die 300 Meter lange Ladenstraße zu einer eleganten Flaniermeile wurde.
KLEIN, ABER FEIN
GESTERN Schon im 12. Jahrhundert ließen die Bischöfe von Trient eine Ladenstraße errichten, um den Handel anzukurbeln
HEUTE Laubengasse und Obstmarkt sind nach wie vor das Herzstück Bozens und stehen für höchstes Flanier- und Einkaufsvergnügen
GESTERN
Gerade einmal 3,60 m wies der Bischof von Trient im 12. Jh. den Händlern zu, die sich unter den Laubengängen in Bozen niederlassen wollten – Konkurrenz belebte eben schon immer das Geschäft. Das knappe Platzangebot glichen die Besitzer aus, indem sie ihre Häuser umso höher und in die Tiefe bauten. Die Geschäfte florierten und bescherten den Kaufleuten großen Wohlstand. So gerieten die Häuserfassaden im Laufe der Zeit immer prunkvoller, mit Stuckdekors, prächtig verzierten Portalen und verspielten Erkern.
Als Kaiser Franz 1765 auf dem Weg zur Hochzeit seines Sohnes in Bozen haltmachte, vertraute er den Laubenkaufleuten an, dass er in Geldnot sei und 200.000 Gulden bräuchte, am besten in Dukaten – ein damals ungeheurer Betrag. Der Kaufmann Johann Gumer fackelte nicht lange und übergab noch am selben Tag dem Regenten das Geld. Von da an hießen die Kaufleute »Laubenkönige« und galten als ungekrönte Herrscher der Stadt. Allerdings sind die alteingesessenen Familien heute unter den Geschäftsinhabern unter den Lauben in der Minderzahl.
HEUTE
Trotz ihrer jahrhundertelang gepflegten geschäftstüchtigen Ader galt die Landeshauptstadt Bozen (Bolzano, 266 m, 107.300 Einw.) lange als verschlafene Alpenmetropole. Sie ist längst aufgewacht und hat sich mittlerweile von Innsbruck, der »Hauptstadt der Alpen«, emanzipiert. Durch die noch junge Uni blüht das studentische Nachtleben, und die Stadt ist stolz auf ihre Edelboutiquen und die multikulturelle Szene.
Stadtplan und Adressen: >
© seasons.agency/Jalag/Lengler, Gregor
Zahlreiche Cafés laden in den Bozener Lauben zur Einkehr.
IN DER ALTSTADT
Den Stadtrundgang beginnt man am besten auf dem Waltherplatz A, unweit des Bahnhofs. Dort thront die Statue des Minnesängers Walther von der Vogelweide (Heinrich Natter, 1889).
An diesem Platz steht die Stadtpfarrkirche, seit 1964 auch Dom B. Ihr spätgotischer Turm erinnert an süddeutsche Münsterbauten – nicht ohne Grund, war es doch der Schwabe Hans von Schussenried, der den Turmaufsatz errichtete (1501–1519). Der Bau begann bereits im 13. Jh.; ab 1380 entstand der lichte Umgangschor. Das Hauptportal wurde 1499 von lombardischen Steinmetzen mit einer Vorhalle mit zwei säulentragenden Löwen erneuert.
Ein schöner Spaziergang führt vom Waltherplatz über den Kornplatz (Waaghaus mit freskengeschmückter Fassade), auf den die Silbergasse mündet, in die berühmten Lauben C, das merkantile Herz des alten Bozen. Die Enge der Laubengasse und die schmalen Fassaden verraten den mittelalterlichen Ursprung der Häuser.
In den Sälen des Merkantilmuseums Online-Karte erfahren Besucher mehr über die erfolgreiche Handelstätigkeit der bekannten Bozner Familie Menz im 18./19. Jh. (Laubengasse 39, Mo–Sa 10–12.30 Uhr).
Für Gaumenfreuden sorgt am anderen, westlichen Ende der Lauben der Obstmarkt D, der bereits Goethe beeindruckte. Mit seinem reichen Angebot ist er ein Muss für jeden Bozenbesucher.
Nach Osten mündet die Laubengasse in den Rathausplatz. Das Naturmuseum Online-Karte im ehemaligen Amtshaus von Kaiser Maximilian I. informiert über die Geologie Südtirols (Bindergasse 1, Di bis So 10–18 Uhr, www.naturmuseum.it).
Von der Bindergasse mit den hübschen Wirtshausschildern geht links die von alten Häusern gesäumte Dr.-Streiter-Gasse ab.
Die Kirche St. Georg E, ein zierlicher Bau (um 1400), steht ganz in der Nähe. Romanischen Kernbestand hat das um 1300 veränderte Kirchlein St. Johann im Dorf F, eine typische Bozner Chorturmkirche. Den Innenraum schmückt ein Freskenzyklus aus dem 14. Jh.
Über die Vintlerstraße sind es nur ein paar Schritte zum Franziskanerkloster G. Im Kreuzgang, um 1350 entstanden und im 15. Jh. eingewölbt, plätschert ein Brunnen, und man kann die herrlichen Fresken in Ruhe genießen. Im lichten, hohen Chor (Mitte 14. Jh.) im Stil der Bettelordensarchitektur steht eine besondere Kostbarkeit: der spätgotische Weihnachtsaltar, ein Werk des Brixner Meisters Hans Klocker (um 1500).
Auch der Dominikanerorden hatte in Bozen seit dem 13. Jh. eine Niederlassung. Die Dominikanerkirche H und der Kreuzgang sind gotisch; herausragend sind die von Giotto beeinflussten Fresken in der Johanneskapelle (1330–1340).
Wie stark Südtirol von der Gotik geprägt wurde, belegen viele Exponate des sehenswerten Stadtmuseums I Online-Karte (Sparkassenstr. 14, Di–So 10–18 Uhr). Schräg gegenüber fand der berühmte jungsteinzeitliche Gletschermann Ötzi im Südtiroler Archäologiemuseum Online-Karte seine endgültige Ruhestätte; weitere Originalfunde und Rekonstruktionen dokumentieren seine Lebenswelt (Museumstr. 43, Di–So 10–18 Uhr, Juli, Aug., Dez. auch Mo, www.iceman.it).
Wechselausstellungen im Museion - Museum für moderne und zeitgenössische Kunst J Online-Karte widmen sich in einem architektonisch interessanten Gebäude dem 20. und 21. Jh. (Piero-Siena-Platz 1, Di–So 10–18, Do bis 22 Uhr, www.museion.it).
Vom Städtischen Museum ist es nicht weit zur Talfer. Auf den Dammkronen, der Grieser und der Bozner Wassermauer, lässt es sich gut zum Schloss Maretsch K flanieren. Mit seinen vier Ecktürmen und dem massigen Bergfried liegt es malerisch inmitten von Weingärten. Die Burg stammt im Wesentlichen aus dem 16. Jh.; heute beherbergt sie ein modernes Tagungszentrum.
WESTLICH DER TALFERBRÜCKE
Das umstrittenste Bauwerk Bozens steht gleich jenseits der Talferbrücke: das Siegesdenkmal, ein unter Mussolini aufgestellter Triumphbogen. Hinter dem Monumento della Vittoria beginnt das andere Bozen, von den Faschisten als neues Zentrum der Stadt geplant.
Die Fortsetzung der Freiheitsstraße (Corso Libertà) führt schnurgerade nach Gries. Nicht nur Kunstfreunde steuern hier den mächtigen Gebäudekomplex des Benediktinerstifts Muri-Gries L Online-Karte an. In der Kirche verdienen vor allem die Deckengemälde Beachtung, ein Hauptwerk von Martin Knoller (1771–1773). Berühmt sind die Weine des Benediktinerstifts, ganz besonders der Lagrein Kretzer und der Dunkle Lagrein (Grieser Platz 21, Vinothek: Mo–Fr 8–12, 14–18 Uhr, www.muri-gries.com).
C ÖTZI
Laktoseintoleranz, erhöhter Cholesterinspiegel, Bandscheibenverschleiß – auch Ötzi hatte vor 5300 Jahren schon mit diesen Zipperlein zu kämpfen.
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Die Fresken am Bozener Dom Santa Maria Assunta entstanden um 1400 und werden einem Schüler Giottos zugeschrieben.
Etwas höher zum Hang hin steht die Alte Pfarrkirche M von Gries, urkundlich erstmals 1141 erwähnt, später gotisch umgebaut. Gotik gibt es auch innen zu bewundern: den Flügelaltar der Marienkrönung (1471–1475) von Michael Pacher – wohl das bedeutendste, leider nicht vollständig erhaltene Werk seiner Art in Südtirol. In den ausdrucksstarken Schreinfiguren und dem reichen Faltenwurf stellt Pacher seine Meisterschaft unter Beweis. Die 15 Gemälde auf der Rückseite mit Szenen aus dem Leben Jesu stammen von einem unbekannten Künstler und werden um 1480 datiert (Ende März–Okt. Mo–Fr 10–12, 14.30–16 Uhr, www.pfarregries.it).