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e) (Nicht) befreiter Vorerbe im Unternehmensbereich

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Der Vorerbe ist durch die §§ 2113 ff. BGB in seinen Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. § 2119 BGB etwa bestimmt, dass Geld mündelsicher anzulegen ist. Die Vorschrift bezieht sich allerdings nur auf Geld, das nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft dauernd anzulegen ist. Laufende Betriebsmittel, die kurzfristig benötigt werden, fallen nicht hierunter. Nach § 2113 Abs. 1 BGB sind Verfügungen über ein Grundstück bei Eintritt des Erbfalls insoweit unwirksam sind, als sie das Recht des Nacherben beeinträchtigen. Dem Vorerben wird es daher unmöglich sein, an einem Betriebsgrundstück etwa eine Grundschuld zu bestellen. Unwirksam sind schließlich unentgeltliche Verfügungen, § 2113 Abs. 2 BGB. Eine unentgeltliche Verfügung liegt bereits dann vor, wenn Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig sind und dies dem Vorerben bewusst ist.[201] In diesen Fällen ist die gesamte Verfügung (und nicht etwa nur der unentgeltliche Teil) unwirksam.

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Zwar sind Verfügungen i. S. d. § 2113 BGB dem Nacherben gegenüber wirksam, wenn dieser zustimmt. Diese Zustimmung wird der Vorerbe aber bei minderjährigen Nacherben oder gar noch unbekannten Nacherben faktisch nicht erlangen. Zumindest in den Fällen, in denen der Vorerbe nicht nach § 2136 BGB befreit ist, ist die Anordnung einer Nacherbentestamentsvollstreckung gemäß § 2222 BGB also geradezu zwingend. In diesem Fall übt ausschließlich der Testamentsvollstrecker die Rechte des Nacherben aus, die Zustimmung etwa des Familiengerichts ist nicht erforderlich. Der alleinige Vorerbe kann allerdings nicht zum alleinigen Testamentsvollstrecker des Nacherben ernannt werden, weil eine Befreiung des Vorerben über die in § 2136 BGB vorgesehenen Möglichkeiten hinaus grundsätzlich nicht möglich ist.[202] Denkbar ist es hingegen, den alleinigen Vorerben als Mittelstamentsvollstrecker einzusetzen, wenn gewährleistet ist, dass der Wegfall des anderen Testamentsvollstreckers nicht zur Alleinvollstreckung des Vorerben führt.[203]

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Formulierungsbeispiel:

Zu Nacherbentestamentsvollstreckern gemäß § 2222 BGB ernenne ich den Vorerben und …, ersatzweise … Sie führen das Amt gemeinschaftlich.

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Der Erblasser kann den Vorerben von den Beschränkungen der §§ 2113 ff. BGB weitestgehend befreien, § 2136 BGB. Dies gilt jedoch nicht für das Verbot, unentgeltliche Verfügungen zu tätigen, § 2113 Abs. 2 BGB.[204] Möchte der Erblasser dem Vorerben ermöglichen, auch unentgeltlich zu verfügen, kann der Erblasser dem Nacherben mittels Vermächtnis auferlegen, nach Eintritt des Nacherbfalls bestimmten unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben zuzustimmen.[205] Eine generelle vermächtnisweise Zustimmungspflicht des Nacherben zu allen unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben ist jedoch nicht statthaft.[206] Denkbar wäre schließlich, dass der Erblasser anordnet, dass das ererbte Unternehmen aufschiebend bedingt durch die unentgeltliche Zuwendung an einen der Nacherben dem Vorerben als Vorausvermächtnis zugewandt gilt. In der juristischen Sekunde der unentgeltlichen Verfügung fällt das Unternehmen damit in das unbeschränkte Vermögen des Vorerben mit der Folge, dass § 2113 Abs. 2 BGB nicht mehr anwendbar ist. Noch weitergehend könnte der Erblasser dem Vorerben eine (postmortale) Vollmacht erteilen, die dem Vorerben auch unentgeltliche Verfügungen erlaubt.

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Praxishinweis:

Der wirtschaftliche Handlungsspielraum des Vorerben ist durch das Verbot unentgeltlicher Verfügungen erheblich eingeschränkt. In der Praxis werden Geschäftspartner trotz der vorstehend genannten Ausweichmöglichkeiten zumindest bei bedeutsameren Geschäften ein Gutachten über den Wert des Vertragsobjekts verlangen oder auf die Zustimmung des Nacherben pochen.[207] Auch Banken werden i.d.R. auf der Zustimmung des Nacherben bestehen, bevor sie einen unternehmensbedingten Kredit gewähren, da der Vorerbe den Nachweis einer entgeltlichen Verwendung der Kreditmittel kaum wird führen können.[208] Sofern nicht eine Nacherbentestamentsvollstreckung angeordnet wurde, führt die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft damit faktisch zu einer Kreditsperre. Ein nicht dinglich wirkendes Vor- und Nachvermächtnis ist deutlich flexibler, vgl. hierzu Rn. 91 ff.

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